Thüringen - Thüringer Wald und Rhön







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Tabelle


BEDHEIM (Stadt Römhild, Landkreis Hildburghausen)
Ev. Kirche St. Kilian






Erbauer: Caspar Schippel (Hildburghausen) 1711 (Hauptorgel), Nicolaus Seeber (Römhild) 1721 (Schwalbennest-Orgel), Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Bedheim ist ein Stadtteil von Römhild im Landkreis Hildburghausen in Südthüringen und hat gegenwärtig 588 Einwohner. Bedheim liegt etwa 8 Kilometer südwestlich der Kreisstadt Hildburghausen. Das Dorf liegt im östlichen Vorland der Gleichberge, eingebettet in den Südhang des Hahnritz. Bedheim wurde 1169 erstmals urkundlich erwähnt und 2013 wurde der Ort in die Stadt Römhild eingemeindet. Besondere Bedeutung für Bedheim haben die Kirche und das Schloss. Seit 1778 befindet sich das Schloss im Besitz der Familie Rühle von Lilienstern, deren Nachkommen es noch heute bewohnen. Die Schlossanlage Bedheim ist ein bedeutendes Beispiel für ein barockes Gutshofensemble, dessen wesentliche Bestandteile erhalten sind. Altarraum und die Sakristei der Kirche St. Kilian wurden 1260 oder 1290 erbaut. Aus dem Jahre 1332 stammt die urkundliche Nachricht, dass der Bau dem Heiligen Kilian geweiht wurde. Was die Orgel angeht, so steht Bedheim in einer Reihe mit den Domkirchen in Köln, Speyer und anderen großen Kathedralen, denn die verhältnismäßig kleine Dorfkirche besitzt - zwei Orgeln und das seit rund 300 Jahren! Beide Orgeln können gemeinsam von einem Spieltisch aus gespielt werden. 1711 wurde die Hauptorgel auf dem „Singechor“ eingebaut, sie ist ein Werk von Caspar Schippel aus Hildburghausen. Zehn Jahre später wurde die zweite, kleinere Orgel gegenüber am Schwibbogen der Kirche aufgehängt. Ihr Erbauer ist Nicolaus Seeber aus Römhild. Durch die bauliche Anordnung, die an ein Schwalbennest erinnert, wird die kleine Orgel auch als „Schwalbennestorgel“ bezeichnet. Die mechanische Traktur für die Schwalbennestorgel ist gut 25 Meter lang und wird durch den Dachboden über das ganze Kirchenschiff hinweg geführt – eine geniale und weltweit einmalige und nie wieder so gebaute technische Meisterleistung des 18. Jahrhunderts.
Über den Erbauer der Hauptorgel in Bedheim, Caspar Schippel, ist relativ wenig bekannt. Er wurde um 1648 in Stressenhausen geboren, wo seine Eltern eine Mühle besaßen. 1691 siedelte Schippel nach Hildburghausen um und arbeitete hier als Orgelbauer und Müller. Er besaß von da an bis zu seinem Tode 1722 das Orgelbauprivileg für das Fürstentum Sachsen-Hildburghausen und fertigte einige neue Orgeln an. Erhalten blieben lediglich die Orgel in Bedheim und ein etwas kleineres Instrument im benachbarten Örtchen Pfersdorf. Etwas mehr wissen wir über den Erbauer der Schwalbennestorgel. Nicolaus Seeber wurde 1680 in Haina geboren und starb 1739 in Römhild. Haina liegt nur wenige Kilometer von Bedheim entfernt und in der dortigen Kirche befindet sich bis heute ein wohlerhaltenes und vor einigen Jahren restauriertes, zweimanualiges Werk von Nicolaus Seeber. Er erbaute der Überlieferung zufolge 56 Orgeln in den Regionen um Würzburg, Bamberg, Hildburghausen, Schleusingen, Römhild und Fulda. Er war auch als Musiker tätig, schrieb Kirchenkantaten und fungierte als Hofmusikus am Hof in Hildburghausen. Die Hauptorgel wurde 1711 von der Kirchengemeinde bezahlt. Der Bau der Schwalbennestorgel nur 10 Jahre später geschah auf Betreiben und auf Kosten des Kirchenpatrons, Johann Phillip von Heßberg. Am Prospekt dieser kleinen Orgel befinden sich 5 kleine Engelsfiguren und man nimmt an, dass die Stiftung der Orgel und die Darstellung der Engelsfiguren darauf zurückzuführen ist, dass besagter Kirchenpatron von Heßberg in den Jahren zuvor fünf seiner Kinder verloren hatte. Vielleicht – aber das ist eine Vermutung - wollte er die Orgel ursprünglich um ein Rückpositiv erweitern lassen, wie es in Thüringen nur wenige Orgeln besaßen und wie er es vielleicht von der Weiße-Orgel in der Stiftskirche in Römhild her kannte, die seit 1682 mit einem solchen Rückpositiv ausgestattet war. Die Tragkraft der kleineren Empore in Bedheim ließ dies aber nicht zu und so kam man auf die mutige und weltweit einmalige Idee, eine zweite Orgel sozusagen als Fernwerk am anderen Ende der Kirche aufzustellen und über eine freilich sehr komplizierte und höchst empfindliche mechanische Traktur miteinander zu verbinden.
In den Jahrzehnten nach dem Bau der Schwalbennestorgel ist immer wieder von Reparaturen die Rede. Ein gravierender klanglicher Umbau erfolgte 1856 durch den Orgelbauer Michael Schmidt aus Schmiedefeld am Rennsteig. In darauffolgenden Jahrhundert war die Schwalbennestorgel aufgrund ihrer hochempfindlichen Spieltraktur meist verstummt; erst 1956 wurde sie mit den damals vorhandenen Möglichkeiten instandgesetzt. In den 1970er Jahren erfolgte eine weitere Restaurierung und durch die Initiative des um die Bedheimer Orgel hochverdienten Pfarrers Abersfelder konnte schon damals eine regelmäßige Konzertreihe ins Leben gerufen werden, die seither und bis heute in den Sommermonaten die Bedheimer Orgelherrlichkeit unter den Händen und Füßen bedeutender Organisten hörbar werden läßt. 1994 bis 1996 erfolgte dann eine denkmalgerechte Restaurierung des Werkes durch die Orgelbauwerkstatt Alexander Schuke aus Potsdam. Genaue Voruntersuchungen hatten zur Zielsetzung geführt, die einmalige Anlage in ihrer ursprünglichen Konzeption von 1721 wiedererstehen zu lassen und das mit gutem Grund: 14 Register waren teils ganz original, teils in Einzelpfeifen erhalten. Vier neue Register wurden nach den Originalen aus der Seeber-Orgel in Haina und der Schippel-Orgel in Pfersdorf rekonstruiert. Die Orgeln haben 18 Register auf zwei Manualen und Pedal. Die Hauptorgel wird vom zweiten Manual aus angespielt und besitzt Gedackt, Viola di Gamba und Quintatön 8', Principal und Kleingedackt 4', eine Oktave 2', eine Sesquialtera und eine 4fache Mixtur. Die Schwalbennestorgel besitzt neben dem original erhaltenen Principal 2' im Prospekt noch Gedackt 8', Großprincipal und Hohlflöte 4', eine Quinta 1 1/2', eine 2fache Cymbel und eine Hautbois 8'. Das Pedal besitzt drei Register, nämlich Subbaß und Violon 16' sowie einen Principalbaß 8'. Der Tremulant und ein Zimbelstern vervollständigen die klangliche Ausstattung der Bedheimer Orgeln. Das Pedal ist ständig an die Hauptorgel gekoppelt, es sei denn, man betätigt die „Pedaltrennung“. Die Orgel hat also keine Pedalkoppel, sondern sozusagen das Umkehrmodell. 



Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Hauptorgel, CD-c3 Schwalbennest, CD-c3 Pedal, CD-c1  
Gedackt 8' Gedackt 8' Subbaß 16' Manualkoppel
Quintatön 8' Großprincipal 4' Violon 16' Pedaltrennung
Viola di Gamba 8' Hohlflöte 4' Principalbaß 8' Tremulant
Principal 4' Principal 2'   Cymbelstern
Kleingedackt 4' Quinta 1 1/2'    
Octave 2' Cymbel 2f.    
Sesquialtera 2f. Hautbois 8'    
Mixtur 4f.      

In Bedheim gespielte Stücke:
Johann Michael Bach: O Herre Gott, Vater in Ewigkeit >>>
Johann Sebastian Bach: Präludium und Fuge d-moll BWV 554 >>>
Johann Decker: Praeludium in e >>>
Johann Zacharias Franck: Aria ex d >>>
Johann Zacharias Franck: Praeludium ex d >>>
Johann Zacharias Franck: Praeludium ex e >>>
Johann Zacharias Franck: Praeludium ex g >>>
Georg Andreas Sorge: Praeludium g-moll >>>
Georg Andreas Sorge: Vater unser im Himmelreich >>>
Georg Andreas Sorge: Wo Gott der Herr nicht gibt sein Gunst >>>



BELRIETH (Verwaltungsgemeinschaft Dolmar-Salzbrücke, Landkreis Schmalkalden-Meiningen)
Ev. Friedenskirche




Erbauer: Johann Michael Wagner (Schmiedefeld) um 1800 (oder früher? 1760?), Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Das Werratal im Süden des Freistaates, kulturell schon stark fränkisch geprägt, gehört zu den schönsten Regionen Thüringens. Unter den zahlreichen, liebevoll gepflegten Fachwerkdörfern wirkt Belrieth, zwischen Themar und Meiningen im Landkreis Hildburghausen, durch seine Lage direkt an der Werra, durch die trutzige Kirchenburg und die gotische Werrabrücke ganz besonders idyllisch. Dazu ist der Ort, in dem heute rund 350 Einwohnerinnen und Einwohner leben, eines der ältesten Dörfer im Landkreis Schmalkalden-Meiningen: zwischen 802 und 817 wurde Belrieth in einer Urkunde des Klosters Fulda erstmals genannt. Es gehörte zur fränkischen Grafschaft Henneberg und nach einigen Besitzwechseln ab 1680 bis 1918 zum Herzogtum Sachsen-Meiningen. An der Stelle der heutigen Kirche stand im Mittelalter eine Burg, die nach dem hennebergischen Erbfolgekrieg 1379 in eine Wehrkirche umgewandelt wurde. Die vollständig erhaltene Umwehrung um die 1588 bis 1614 neu erbaute Kirche verfügt noch heute über 27 Kellergaden, die den umliegenden Bewohnern zur Bevorratung dienten, da sie durch die erhöhte Lage vor dem Werrahochwasser geschützt waren. Dieser ganz eigene Charme des Dorfes spiegelt sich auch im reich verzierten barocken Orgelprospekt wider. Er stammt aus der Werkstatt des Meisters Johann Michael Wagner aus Schmiedefeld am Rennsteig. 
Die kleine Stadt Schmiedefeld am Rennsteig war im 18. und 19. Jahrhundert Heimat einer ganzen Reihe von Orgelbauern. Der Begründer der Schmiedefelder Orgeltradition war Johann Michael Wagner, der 1723 ebendort geboren wurde und sein Handwerk bei dem Gothaer Hoforgelmacher Heinrich Carl Christian Hoffmann lernte. Er hatte noch einen jüngeren Bruder, Johannes Wagner, geboren 1734, der ebenfalls Orgelbauer wurde. Später machten sie sich gemeinsam selbstständig und nannten sich fortan Gebrüder Wagner. Nachdem Johann Michael Wagner eine Weile als Geselle bei Johann Caspar Beck in Herrenbreitungen gearbeitet hat, errichtete er 1751 seine erste eigenständige Orgel mit 22 Registern in Döschnitz bei Rudolstadt. 1757 bis 1762 errichtete er ein neues Instrument in der Hauptpfarrkirche St. Marien zu Suhl. Im Schaffen der Gebrüder Wagner ragen zwei Instrumente besonders heraus, die allerdings in weit entfernten Gegenden errichtet wurden. 1768 bis 1770 entstand eine große Orgel mit drei Manualen inklusive Rückpositiv und 47 Registern für die Eusebiuskirche im niederländischen Arnheim. Und 1786 erhielten die Gebrüder Wagner den ehrenvollen Auftrag, eine neue Orgel mit 50 Stimmen auf drei Manualen und Pedal in der Dresdner Kreuzkirche zu errichten. Welchen Ruhm würden die Gebrüder Wagner noch heute genießen, wenn ihre großen Orgelwerke von Arnheim und Dresden erhalten geblieben wären. In den 1790er Jahren ging die Firmenleitung der Firma Wagner nach und nach an deren Gesellen Johann Caspar Holland über, der die Schmiedefelder Orgelbautradition nach dem Ableben der Gebrüder Wagner – Johann Michael starb 1801 und Johannes 1804 – ungebrochen und glanzvoll ins 19. Jahrhundert hinüberführte. Wann genau die Orgel in Belrieth erbaut wurde, konnte auch nach der umfassenden, 2020 durch die Firma Orgelbau Waltershausen fertiggestellten Restaurierung nicht zweifelsfrei geklärt werden. Wahrscheinlich entstand die Orgel um das Jahr 1800 herum – und nicht schon 1760, wie hier und da zu lesen ist. Da uns hier die schriftlichen Quellen etwas im Stich lassen, wollen wir das zunächst so stehen lassen.
Die Wagner-Orgel in Belrieth wurde im 19. Jahrhundert klanglich leicht verändert. Bei der jüngsten Restaurierung wurde dieser gewachsene Zustand beibehalten. 20 Register sind verteilt auf zwei Manuale und Pedal. Das Hauptwerk auf Basis eines Principal 4' besitzt darüber hinaus die Stimmen Gedackt, Quintatöne und Viola di Gamba 8', Flöte und Gemshorn 4', Oktave 2' sowie eine Sesquialtera und eine 3fache Mixtur. Das Oberwerk ist fein schattiert mit Lieblich Gedackt, Hohlflöte, Flaut travers und Salicional 8', Geigenprincipal und Gedackt 4' sowie einer hellen Waldflöte 2'. Das Pedal besitzt Subbaß und Violon 16' sowie Principalbaß und Violon 8'. Die Holzpfeifen des Principalbaß im Inneren sind an den Vorderseiten halbrund ausgearbeitet, so als wollten sie einmal Prospektpfeifen werden. Solche seitlichen Holzpfeifenfelder im Prospekt sind eine charakteristische Eigenheit des südthüringischen sowie des angrenzenden fränkischen Orgelbaues in der Barockzeit. Der im 19. Jahrhundert eingebaute Violonbaß wurde – etwas kurios – auf die Unterteile der ehemaligen Posaune sozusagen aufgepropft. Diese kleinen Kuriositäten mögen manchem Fanatiker der reinen Kunst ein Dorn im Auge sein, doch tragen solche sehr individuellen Lösungen, die uns manchmal schmunzeln lassen, auch zur faszinierenden Vielfalt unserer Orgellandschaft bei und machen deren Reiz mit aus. 

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Hauptwerk, C-c3 Oberwerk, C-c3 Pedal, C-c1  
Gedact 8' Lieblich Gedact 8' Subbaß 16' Manualkoppel
Quintatöne 8' Hohlflöte 8' Violon 16' Pedalkoppel
Viol di Gambe 8' Flaut travers 8' Principalbaß 8'  
Principal 4' Salicional 8' Violon 8'  
Flöte 4' Geigenprincipal 4'    
Gemshorn 4' Gedact 4'    
Octave 2' Waldflöte 2'    
Sesquialtera 2f.      
Mixtur 3f.      

In Belrieth gespielte Stücke:
Johann Michael Anding: Adagio e-moll >>>
Johann Michael Anding: Moderato c-moll >>>
Johann Sebastian Bach: Ich hab mein Sach Gott heimgestellt BWV 707 >>>
Charles Burney: Cornet Piece in e minor >>>
Johann Andreas Butzert: Largo F-Dur >>>
Johann Andreas Butzert: Moderato a-moll >>>
Johann Zacharias Franck: Allegro ex D >>>
Johann Zacharias Franck: Caprice in C >>>
Friedrich Heinrich Himmel: Andante F-Dur >>>
Johann Peter Kellner: Präludium und Fuge C-Dur >>>
Christian Friedrich Schale: Larghetto g-moll >>>
Christian Friedrich Schale: Un poco largo Es-Dur >>>
Johann Gottfried Walther: Alcuni Variazioni sopra un Basso di Corelli >>>
Johann Gottfried Walther: Concerto del Signor Taglietti >>>



BETTENHAUSEN (Einheitsgemeinde Rhönblick, Landkreis Schmalkalden-Meiningen)
Ev. Kirche




Erbauer: Johann Ernst Döring (Ostheim vor der Rhön) 1747, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Bettenhausen ist ein Dorf mit 820 Einwohnerinnen und Einwohnern in der Thüringer Rhön und der größte Ortsteil der Einheitsgemeinde Rhönblick im Landkreis Schmalkalden-Meiningen. Das Dorf liegt auf 350 Metern Höhe im Herpfgrund an der Stedtlingsbach-Mündung, südlich der Hohen Geba. Die erste urkundliche Erwähnung von Bettenhausen stammt aus dem Jahr 850. Der Ort war ursprünglich im Besitz des Klosters Neuenberg bei Fulda. 1320 gingen die fuldischen Orte Seeba und Bettenhausen in den Besitz der Grafen von Henneberg- Schleusingen über. Später gehörten die beiden Orte zum hennebergischen Amt Maßfeld, mit dem sie nach dem Aussterben der Henneberger 1680 zum Herzogtum Sachsen-Meiningen kamen. Ein Kuriosum der Ortsgeschichte ist, dass Fulda die Lehnshoheit über das seit 1320 ansonsten hennebergische Dorf samt Kirchenpatronat bis 1808 behaupten konnte. 1996 wurde Bettenhausen Teil der Einheitsgemeinde Rhönblick. In strategisch günstiger Lage auf der höchsten Stelle des Dorfes befindet sich die evangelische Wehrkirche „Zum Heiligen Kreuz“. Der mittelalterliche Wehrturm ist mit einem Hocheingang geschützt. Von den Wehrbauten blieben auch Reste der Ringmauer mit Schießscharten und drei Gadengebäude erhalten. Das als Chorturmkirche im Jahr 1617 neu errichtete Gotteshaus besitzt einen herrlichen Orgel-Kanzel-Altar, gleichsam eine sinnbildliche Darstellung der Erhöhung des Wortes durch die Musik. Die Orgel wurde 1747 von Johann Ernst Döring aus Ostheim vor der Rhön erbaut. Der ungemein prachtvoll verzierte Orgelprospekt sucht selbst im an historischen Orgeln so reichen Thüringen und darüber hinaus seinesgleichen.
Der Erbauer der prachtvollen Barockorgel in Bettenhausen ist Johann Ernst Döring. Er wurde 1704 in Nordthüringen, wahrscheinlich in Voigtstedt im heutigen Kyffhäuserkreis geboren und erlernte das Orgelbauhandwerk zunächst in Erfurt, bevor er Schüler des „kunstberühmten“ Nicolaus Seeber in Römhild wurde. Nach einigen Jahren auf Wanderschaft ließ er sich in Ostheim vor der Rhön nieder und erhielt den Titel eines „Fürstlich-Sächsisch-Eisenachischen privilegierten Hoforgelbauers“. 1737 erhielt er den Auftrag zum Bau einer neuen Orgel in Ostheim. Sie ist erhalten, allerdings in stark verändertem Zustand. 1742 geschah ein Unglück in Bettenhausen, ein Jägersbursche verletzte Erasmus Siebenfreund bei der Wildschweinjagd durch einen unglücklichen Schuß. Siebenfreund starb an der Verletzung, vermachte jedoch unmittelbar vor seinem Tod der Kirchengemeinde 300 Gulden zum Bau einer neuen Orgel. Es folgten längere Verhandlungen mit mehreren Orgelbauern und schließlich wurde im März 1747 der Kontrakt mit Johann Ernst Döring abgeschlossen. Bereits im Oktober 1747 erfolgte die Abnahme und Einweihung. Diese ungewöhnlich schnelle Bauzeit erklärt sich durch die Tatsache, dass die Orgel, die heute in Bettenhausen steht, ursprünglich gar nicht für diesen Ort gedacht war. Zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung stand die Orgel nahezu fertig in Dörings Werkstatt und war eigentlich für die Kirche in Unterweid, ebenfalls in der Hohen Rhön, gedacht. Doch finanzielle Gründe zwangen die Gemeinde in Unterweid dazu, den Bau etwas kleiner als geplant ausfallen lassen; sie bekamen ihre Döring-Orgel dann ein Jahr darauf, 1748. Das schließlich in Bettenhausen errichtete Instrument bekam 17 Register auf zwei Manualen und Pedal. In den folgenden rund 250 Jahren wurde verschiedentlich an der Orgel gearbeitet, doch glücklicherweise wurde sie nie wesentlich verändert, so daß das wertvolle Werk in den Jahren 1992 bis 1993 durch die Firma Otto Hoffmann aus Ostheim vor der Rhön restauriert werden konnte. Hierbei wurden alle späteren Änderungen rückgängig gemacht und der gut dokumentierte Erbauungszustand des Jahres 1747 wiederhergestellt. In den Folgejahren erbaute Johann Ernst Döring noch einige weitere Instrumente, teilweise unter Verwendung älterer Bausubstanz wie etwa in Oberwaldbehrungen, wo er eine Orgel von Johann Christian Hart grundlegend umbaute. Auch sein 1747 geborener Sohn Johann Melchior Döring wurde Orgelbauer, starb aber bereits 1783 als Soldat in Böhmen. Johann Ernst Döring überlebte seinen Sohn um vier Jahre und starb am 17.Juli 1787 in Ostheim.
Die so überaus prachtvolle Orgel von Johann Ernst Döring ist in wesentlichen Teilen original erhalten. Dies gilt sowohl für das Pfeifenwerk als auch für die Windladen und Trakturen. Bemerkenswert sind auch die originalen Klaviaturen aus Rosenholz oder Speierling. Zum Abschluß der Restaurierungsarbeiten erhielt die Orgel die originale Stimmtonhöhe von 485 Hz sowie eine wohltemperierte Stimmung nach Bach-Kellner. Die beiden Manuale haben einen Umfang vom Ton C bis zum c3 ohne das Cis. Das Hauptwerk, das vom zweiten Manual aus angespielt wird, besitzt die Register Principal, Violdigamba und Quintatön 8', eine Spitzflöte 4', Quinta 3', Octava 2', eine Tertia 1 3/5' und als Klangspitze eine 3fache Mixtur. Das Positiv, dem die untere Klaviatur zugeordnet ist, verfügt über die Stimmen Grobgedackt und Fleutravers 8', Kleingedackt 4', Principal 2', eine Quinta 1 1/2' sowie ebenfalls eine 3fache Mixtur. Aufmerksame Leser werden bemerkt haben, dass in der ganzen Orgel keine Oktave oder Principal 4' vorhanden ist. Das Pedal besitzt einen Umfang bis zum a°, also insgesamt 21 Tasten und verfügt über Subbaß 16' sowie Principalbaß und eine Posaune 8'. Dazu kommen eine Manual- und eine Pedalkoppel sowie zwei Cymbelsterne, einen in G-Dur und einen in C-Dur. Die vorbildliche Restaurierung der Bettenhäuser Orgelherrlichkeit hat kurz nach der politischen Wende Maßstäbe gesetzt und führte in der Folge zu einer ganzen Reihe von weiteren Restaurierungen und auch Entdeckungen in der Orgellandschaft Südthüringens. Zwischenzeitlich haben auch einige CD-Aufnahmen mit namhaften Organisten in Bettenhausen stattgefunden, so haben beispielsweise Gerhard Weinberger und Bernard Foccroulle Teile ihrer Bach-Gesamtaufnahme hier in Bettenhausen eingespielt. 

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Hauptwerk, CD-c3 Positiv, CD-c3 Pedal, CD-a°  
Principal 8' Grobgedackt 8' Subbaß 16' Manualkoppel
Quintatön 8' Fleutravers 8' Principalbaß 8' Pedalkoppel
Violdigamba 8' Kleingedackt 4' Posaune 8' 2 Cymbelsterne
Spitzflöte 4' Principal 2'    
Quinta 3' Quinta 1 1/2'    
Octava 2' Mixtur 3f.    
Tertia 1 3/5'      
Mixtur 3f.      

In Bettenhausen gespielte Stücke:
Johann Friedrich Agricola: Erbarm dich mein, o Herre Gott >>>
Johann Friedrich Agricola: Es ist das Heil uns kommen her >>>
Johann Sebastian Bach: Ach Herr, mich armen Sünder BWV 742 >>>
Johann Heinrich Buttstedt: Partita "Allein Gott in der Höh sei Ehr" >>>
Johann Heinrich Buttstedt: Herr Jesu Christ, meins Lebens Licht >>>
Christian Michael: Praeludium a 3 in a >>>
Christian Michael: Praeludium a 4 in d >>>
Johann Caspar Simon: Ach Herr, mich armen Sünder >>>
Georg Andreas Sorge: Praeludium Es-Dur >>>



BIBRA (Gemeinde Grabfeld, Landkreis Schmalkalden-Meiningen)
Ev. Kirche St. Leo




Erbauer: Johann Michael Schmidt (Schmiedefeld) 1855, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Bibra ist ein Dorf im Landkreis Schmalkalden-Meiningen im fränkisch geprägten Süden Thüringens. Seit 2007 gehört der rund 580 Einwohnerinnen und Einwohner zählende Ort zur Gemeinde Grabfeld. Bibra liegt etwa zwölf Kilometer südlich von Meiningen im Tal des gleichnamigen Baches und bildet das Tor zur historischen Landschaft Grabfeld zwischen Thüringen und Bayern. Erstmals erwähnt wurde Bibra in einer Schenkungsurkunde an das Kloster Fulda im Jahre 825. 1119 wurde das Adelsgeschlecht derer von Bibra erstmals genannt. Die Herren von Bibra waren reichsfrei und wurden deshalb sehr von der Obrigkeit umworben. 1486 wurde dem Ort durch Kaiser Friedrich den Dritten das Marktrecht verliehen. 1805 nahm man die Herren von Bibra in den Reichsritterstand auf. Der Ort selbst kam zum Herzogtum Sachsen-Meiningen. Die gut erhaltene Burg der Herren von Bibra befindet sich bis heute im Besitz der Adelsfamilie. Der Grundstein für die evangelische Kirche St. Leo wurde 1492 gelegt. Sie erhielt in der Folge eine prachtvolle Ausstattung durch keinen Geringeren als Tilman Riemenschneider, denn Lorenz von Bibra war zu jener Zeit Fürstbischof von Würzburg. Die hochbedeutenden Riemenschneider-Flügelaltäre, weitere Figuren aus seiner Werkstatt sowie insgesamt 36 Epitaphe der Familie von Bibra machen den kleinen Ort im Grabfeld heute zu einem Anziehungspunkt für Kunstinteressierte aus nah und fern. Jüngstes Ausstattungsstück der Kirche und darum wohl oft übersehen ist die Orgel, die 1855 von Johann Michael Schmidt aus Schmiedefeld erbaut wurde.
Der Erbauer der Orgel in Bibra, jener Johann Michael Schmidt, wurde 1798 in Schmiedefeld geboren. Er erlernte das Orgelbauhandwerk bei Johann Michael Holland in seinem Heimatort Schmiedefeld, denn dieser Ort am Rennsteig war damals bereits in der dritten Generation Sitz von Orgelbauern. Der erste war Johann Michael Wagner, sein Mitarbeiter Johann Caspar Holland übernahm später die Werkstatt seines Meisters. Fast zeitgleich mit Michael Schmidt erhielt der Sohn von Johann Michael Holland, Friedrich Wilhelm Holland, seine Ausbildung in der väterlichen Werkstatt. 1837 machte sich Michael Schmidt zusammen mit seinem ebenfalls als Orgelbauer tätigen Onkel Heinrich Schmidt in Schmiedefeld selbstständig. Er stand also fortan in Konkurrenz zu Holland und fertigte sein erstes Werk im selben Jahr 1837 für die Kirche des Dorfes Gleicherwiesen. In den Folgejahren entstanden eine ganze Reihe von kleineren und größeren Orgeln, hauptsächlich im südlichen Thüringen. Die sehr solide Bauweise der Orgeln aus der Werkstatt Schmidts ist ein wesentlicher Grund, weshalb heute noch fast alle Instrumente erhalten sind. Seine größte Orgel erbaute Schmidt im Jahr 1846 für die Stadtkirche in Eisfeld, sie bekam 28 Register. Obwohl es in jener Zeit eher unüblich war, bei Orgelneubauten den barocken Prospekt wiederzuverwenden, so hat dies Michael Schmidt einige Male gemacht, vor allem bei Orgeln von Nikolaus Seeber. Offenbar hatte Schmidt eine hohe Achtung vor Seebers Werken, vor allem vor seinen prachtvollen und fantasievollen Prospekten. So befinden sich heute hinter den Seeber-Prospekten in Mendhausen und Milz Orgeln von Michael Schmidt, und auch die berühmte Schwalbennestorgel in Bedheim wurde 1856 von Michael Schmidt umgebaut. Nach 1865 übergab Michael Schmidt die Werkstatt an seinen Mitarbeiter Theodor Kühn und starb im Jahre 1876. Ein Jahr vor dem Umbau in Bedheim errichtete Michael Schmidt den Neubau in Bibra, ein klangprächtiges Werk von 24 Stimmen auf zwei Manualen und Pedal. 1994 erfolgte eine Restaurierung durch die Firma Hoffmann Orgelbau aus Ostheim vor der Rhön.
Die optisch und auch klanglich beeindruckende Orgel von Michael Schmidt in Bibra besitzt 24 Register auf zwei Manualen und Pedal. Sie ist im Wesentlichen unverändert erhalten und legt Zeugnis ab vom hohen Stand der Orgelbaukunst in Schmiedefeld in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die großzügig bemessenen Ventile in den Manualen haben freilich eine relativ schwere Spielweise zur Folge, doch mit solchen Voraussetzungen müssen heutige Organisten umgehen können. Die Manuale haben einen Umfang vom Ton C bis zum d3. Ein fülliges Bordun 16' grundiert den Klang, dazu kommen Principal, Hohlflöte, Bordun, Viola di Gamba und Trompete 8', Oktave und Hohlflöte 4', eine Octave 2' sowie ein 4faches Cornett und eine 4fache Mixtur. Das Oberwerk besitzt eine farbige, romantische Disposition mit neun Stimmen. Geigenprincipal, Gedackt, Traversflöte, Flöte dolce, Salicional und eine Oboe 8', sodann Oktave 4', eine Spitzflöte 2' und eine milde 3fache Mixtur. Das Pedal mit konkav geschwungener Klaviatur wie etwa auch bei Johann Friedrich Schulze besitzt einen Tonumfang bis zum d1. Die nur vier Register geben ein mächtiges Fundament mit Subbaß, Violonbaß und Posaune 16' sowie einem Octavenbaß 8'. Dazu kommt eine Manual- und eine Pedalkoppel. Die St.-Leo-Kirche in Bibra ist nicht nur wegen ihrer Riemenschneider-Kunstwerke einen Besuch wert, auch für Orgelfreunde hat Bibra mit seiner gut erhaltenen, romantischen Orgel etwas Besonderes zu bieten.

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Hauptwerk, C-d3 Oberwerk, C-d3 Pedal, C-d1  
Bordun 16' Geigenprincipal 8' Subbaß 16' Manualkoppel
Principal 8' Gedackt 8' Violonbaß 16' Pedalkoppel
Hohlflöte 8' Traversflöte 8' Octavenbaß 8'  
Bordun 8' Flöte dolce 8' Posaune 16'  
Viola di Gamba 8' Salicional 8'    
Octave 4' Octave 4'    
Hohlflöte 4' Spitzflöte 2'    
Octave 2' Mixtur 3f.    
Cornett 4f. Oboe 8'    
Mixtur 4f.      
Trompete 8'      

In Bibra gespielte Stücke:
Carl Czerny: Präludium und Fuge d-moll >>>
August Eduard Grell: Präludium Nr. 9 E-Dur >>>
August Eduard Grell: Präludium Nr. 10 e-moll >>>
Christian Heinrich Rinck: Alles ist an Gottes Segen >>>
Christian Heinrich Rinck: Auf diesen Tag bedenken wir >>>
Christian Heinrich Rinck: Auf meinen lieben Gott >>>
Christian Heinrich Rinck: Auf auf, mein Herz, mit Freuden I >>>
Christian Heinrich Rinck: Auf auf, mein Herz, mit Freuden II >>>
August Gottfried Ritter: Auf meinen lieben Gott >>>
August Gottfried Ritter: Den die Hirten lobten sehre >>>



BIRX (Verwaltungsgemeinschaft Hohe Rhön, Landkreis Schmalkalden-Meiningen)
Ev. Martin-Luther-Kirche




Erbauer: Georg Markert (Ostheim vor der Rhön) 1878, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Birx ist eine Gemeinde im Landkreis Schmalkalden-Meiningen in Thüringen. Sie gehört der Verwaltungsgemeinschaft Hohe Rhön an. Birx liegt im äußersten südwestlichen Zipfel von Thüringen, nur einen Kilometer vom Dreiländereck Thüringen–Hessen–Bayern entfernt. Der Ort liegt auf dem Südabfall des Hochplateaus zwischen dem Dungberg und dem Grabenberg auf einer Höhe von 740 Metern. Die Entfernung zur ehemaligen innerdeutschen Grenze beträgt nur 200 Meter, so dass Birx vor der politischen Wende nicht nur im Sperrgebiet, sondern sogar innerhalb der besonders gesicherten 500-Meter-Schutzzone lag. Es war damit für Außenstehende, selbst für Bürger der DDR, praktisch nicht erreichbar. Zudem war das Dorf, da es in einem spitzen Winkel von Thüringen liegt, der ins Hessische hineinragt, an drei Seiten von Zäunen und Grenzanlagen umgeben. Heute leben 167 Einwohnerinnen und Einwohner in dem Ort, der bereits im Jahre 783 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Nach örtlicher Überlieferung soll der heilige Bonifatius die Gründung des Ortes bewirkt haben. Er hieß anfangs „Perkühes“, also Berghaus. 1569 kam Birx durch einen Vergleich zum Amt Kaltennordheim der Grafschaft Henneberg, später gehörte er zum Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach. Im 17.Jahrhundert hatte der Ort eine kleine Holzkirche, die im Jahre 1870 durch die heutige, neuromanische Martin-Luther-Kirche ersetzt wurde. Im Jahre 1878 erhielt die Kirche eine Orgel aus der Werkstatt von Georg Markert aus Ostheim vor der Rhön. Da die arme Gemeinde, die schon immer Grenzort war, sich keine Orgel leisten konnte, fand sich eine großzügige Stifterin in Person der Großherzogin Sophie von Sachsen-Weimar-Eisenach, die aus der Familie von Oranien-Nassau stammte. Im ärmsten Landesteil des Großherzogtums, der Rhön, unterstützte Sophie - ganz bewusst fernab der öffentlichen Wahrnehmung – mehrfach Gemeinden, Schulen und Kirchen.
Der Erbauer der kleinen Orgel in Birx, Georg Markert, wurde 1813 in Ostheim vor der Rhön geboren. Sein Vater war Schreiner und Instrumentenmacher, wir kennen von seiner Hand ein bundfreies Pedalclavichord. Sein Handwerk erlernte Georg Markert bei dem Orgelbauer Hartmann Bernhard in Romrod bei Alsfeld. Sein Gesellenstück ist die Orgel in Ober-Hörgern, über deren Bau Hartmann Bernhard gestorben ist und die Markert zusammen mit einem weiteren Mitarbeiter vollendete. Nach einigen Jahren auf Wanderschaft machte sich Georg Markert 1847 in seinem Heimatort Ostheim vor der Rhön selbständig. In den folgenden 20 Jahren schuf Markert eine ganze Reihe von Orgelneu- und Umbauten. Seine Werkliste beginnt 1848 mit dem Umbau der Döring-Orgel in Ostheim selbst. Es folgte der Umbau der Orgel in der Eisenacher Nicolaikirche 1855 sowie Neubauten in Neidhartshausen in der thüringischen Rhön 1857 und Heustreu in der Bayerischen Rhön 1859. Nach 1865 verschlechterte sich Markerts Auftragslage deutlich. Dies hing einerseits mit den Kriegen von 1866 und 1870 zusammen, die gerade das Dreiländereck zwischen Hessen, Bayern und Thüringen empfindlich traf. Zum anderen hat Markert nur sehr zögerlich neue und damals moderne Entwicklungen im Orgelbau übernommen. Auch war er mit seiner kleinen Werkstatt gegen Konkurrenzfirmen, die mit einer Dampfmaschine arbeiteten wie etwa Eifert in Stadtilm oder Peternell in Seligenthal, kaum mehr konkurrenzfähig. Seine Lage besserte sich erst wieder, als er 1874 in Kontakt mit dem Weimarer Hoforganisten Alexander Wilhelm Gottschalg trat, der ihm einige Aufträge im Eisenacher Oberland vermittelte. Und sicher ist die Tatsache, daß die von Großherzogin Sophie 1878 gestiftete Orgel in Birx von Georg Markert gebaut wurde, kein Zufall, sondern diesem – wenn man so will – „Draht“ zwischen Gottschalg, Markert und dem Großherzoglichen Haus zuzuschreiben. Sein 1860 geborener Sohn Otto Markert übernahm 1886 die Werkstatt des Vaters, der 1891 verstorben ist. Otto Markerts Enkel Louis und Otto Hoffmann übernahmen nach dessen Tod 1944 die Orgelbauwerkstatt, womit eine ununterbrochene Traditionslinie von Georg Markert und seinen Sohn Otto Markert bis zur bis heute noch bestehenden Orgelbaufirma Hoffmann und Schindler besteht.
Die kleine, 1878 erbaute Orgel von Georg Markert in Birx besitzt sieben Register auf einem Manual und Pedal. Sie ist ein gutes Beispiel für eine Rhöner Dorforgel in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, auf der der Dorfschulmeister zu spielen hatte. Georg Markert bevorzugte grundtönige Dispositionen mit viel Holz, so sind auch in Birx von insgesamt 351 Pfeifen 201 aus Holz gefertigt. Das Manual hat einen Umfang vom Ton C bis zum f3. Wir finden hier die Register Principal, Flauto Traverso, Gedackt und Gambe 8' sowie Octave und Flauto 4'. Das Pedal, das bis zum d1 ausgebaut ist, besitzt einen Subbaß 16', dazu kommt eine Pedalkoppel. Das Instrument ist im Prinzip unverändert erhalten und wurde 2009 durch die Firma Hoffmann und Schindler aus Ostheim vor der Rhön, die wie bereits erwähnt, die Nachfolgefirma Markerts ist, restauriert und konserviert. 

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Disposition:

Manual, C-f3 Pedal, C-d1  
Principal 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Flauto traverso 8'    
Gedackt 8'    
Gambe 8'    
Octave 4'    
Flauto 4'    

In Birx gespielte Stücke:
Karl Davin: Dir, dir, Jehovah, will ich singen >>>
Johannes Diebold: Andante serioso a-moll >>>
Johannes Diebold: Nachspiel A-Dur >>>
Johannes Diebold: Vorspiel d-moll >>>
Georg Christoph Grosheim: O Lamm Gottes unschuldig >>>
August Reinbrecht: So nimm denn meine Hände >>>
Christian Heinrich Rinck: Nun laßt uns den Leib begraben I >>>
Christian Heinrich Rinck: Nun laßt uns den Leib begraben II >>>
Christian Heinrich Rinck: Nun laßt uns Gott, dem Herren >>>
Christian Heinrich Rinck: Nun lob, mein Seel, den Herren >>>
Christian Heinrich Rinck: Nun sich der Tag geendet hat >>>
Robert Schaab: Aus tiefer Not schrei ich zu dir >>>
Robert Schaab: Mein Gott, ich danke herzlich dir >>>



BREMEN (Stadt Geisa, Wartburgkreis)
Kath. Pfarrkirche St. Jakobus




Erbauer: Johann Markus Oestreich (Oberbimbach) um 1800, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Wenn man Bremen hört, denkt man natürlich zuerst an die norddeutsche Großstadt. Es gibt aber noch ein Bremen und zwar ist dies ein Ortsteil von Geisa im thüringischen Wartburgkreis und hat heute 309 Einwohner. Unser Bremen liegt nahe der hessischen-thüringischen Landesgrenze an der Nordwestabdachung der thüringischen Rhön. 1150 wurde das Dorf erstmals urkundlich erwähnt. 1341 besaß der Ort bereits die erste Kirche und die zweite wurde 1460 erbaut. Der historische Dorfkern besteht neben mehreren Fachwerkhäusern aus dem Pfarrhaus, erbaut 1713 und der katholischen Barockkirche St. Jakobus der Ältere, die von 1730 bis 1735 errichtet wurde. Bremen gehörte seit jeher zum Besitz des Klosters Fulda und nach der Säkularisation zum „Geisaer Amt“. Darum war der Ort auch immer katholisch geblieben. Nach dem Zweiten Weltkrieg lag der Ort im Sperrgebiet entlang der Innerdeutschen Grenze und war nur schwer erreichbar. 1994 schloss sich der Ort vertraglich mit mehreren anderen Dörfern der Umgebung zur Einheitsgemeinde Geisa zusammen. Die barocke Pfarrkirche St. Jakobus wurde, wie bereits erwähnt, 1730 bis 1735 unter dem Fuldaer Fürstabt Adolph von Dalberg errichtet. Besonders erwähnenswert ist die interessante, hauptsächlich von einheimischen Künstlern gestaltete barocke Ausstattung. Hervorzuheben ist hier neben der schön geschnitzten Kommunionbank mit ihren fein ausgearbeiteten Darstellungen auch die Orgel der Kirche, die aus der Werkstatt von Johann Markus Oestreich in Oberbimbach bei Fulda stammt.
Johann Markus Oestreich, der bedeutendste Vertreter der über fünf Generationen in Hessen, Thüringen und dem „Lippischen“ wirkendenden Orgelbauerfamilie Oestreich wurde 1737 geboren. Seit etwa 1760 ist er mit Orgelarbeiten nachweisbar, anfangs zusammen mit seinem Vater Jost Oestreich. Typisch für Johann Markus Oestreich sind breit angelegte, meist 15teilige Prospekte, bei denen alle Pfeifenfelder nebeneinander angeordnet sind. Bekannte Orgeln mit dieser Prospektform, allesamt zweimanualig, stehen etwa in Nieder-Moos im Vogelsberg, Gemünden an der Wohra in Nordhessen oder Bigge im Sauerland. Daneben fertigte Oestreich aber auch einen einmanualigen, seitenspieligen Orgeltyp. Zu diesen gehört die Orgel in Bremen mit ihren zwölf Registern auf einem Manual und Pedal. Eine fast gleich aufgebaute Orgel steht im nur wenige Kilometer entfernten Dorf Kranlucken. Leider ist diese zur Zeit unspielbar und wird dem Vernehmen nach in absehbarer Zeit auch nicht wieder zum Klingen gebracht. Die Orgel in Kranlucken wurde 1796 eingeweiht; das Instrument in Bremen vermutlich in etwa zeitgleich, doch wir wissen dies leider nicht genauer und so wird die Entstehungszeit der Bremer Orgel üblicherweise mit „um 1800“ angegeben. Wie die meisten spätbarocken Orgeln wurde auch die Oestreich-Orgel in Bremen mehrfach verändert; es arbeiteten im 19. und frühen 20.Jahrhundert die Orgelbauer Guido Knauf aus Gotha, Otto Markert aus Ostheim vor der Rhön und Kaspar Schedel aus Fulda an der Orgel. All dies führte sukzessive zur Verschlechterung des Zustandes und so entschloß man im Jahre 2002, die Orgel auf ihren ursprünglichen Zustand zurückzuführen und fehlende Teile stilgetreu – nach dem Vorbild anderer Oestreich-Orgeln – zu rekonstruieren. Diese anspruchsvollen Arbeiten wurden der Firma Orgelbau Waltershausen anvertraut.
Da in Bremen die originalen Registerschilder aus Papier erhalten sind, ließ sich die ursprüngliche Disposition zweifelsfrei rekonstruieren. Aufgebaut ist das Klangspektrum im Manual, das vom C bis zum d3 ohne Cis führt, auf den Principal 4'. Im 8'-Bereich finden wir die für Johann Markus Oestreich so typische Registerkombination Gedackt, Gambe und Flöte, im 4'-Bereich neben dem erwähnten Principal ebenfalls eine Flöte und ein Gedackt. Ein „Quintatöne“ 3' – so die originale Bezeichnung -, eine Oktave 2' und eine 4fache, terzhaltige Mixtur ergänzen die Manualdisposition. Das Pedal geht vom C bis zum g°, hat also lediglich 19 Tasten, da auch im Pedal das Cis fehlt. Hier finden wir Subbaß 16', Octavbaß 8' – beide Register stammen aus späterer Zeit, wurden aber beibehalten - und einen Trompetenbaß 8', der rekonstruiert wurde. Dazu kommt noch ein Kanaltremulant. Bei der Restaurierung stellte sich heraus, dass die Orgel in Bremen nicht – wie in jener Zeit allgemein üblich – im etwa einen Halbton über unserer heutigen Stimmung liegenden Chorton gestimmt war, sondern im Kammerton, der mit 415 Hz einen halben Ton tiefer als unser heutiger Stimmton lag. So etwas geschah meist nur bei besonderen Orgelbauten, z.B. Instrumenten bei Hof, um mit der Hofkapelle gemeinsam musizieren zu können und war wegen der dadurch notwendigen größeren Pfeifen auch eine Geldfrage. Umgekehrt hat man aber in Manual und Pedal das große Cis ausgespart. Bis heute nicht bekannt ist, ob im Bistum Fulda um 1800 vielleicht generell der Stimmton bei 415 Hz lag. Im Laufe der Geschichte wurde die Stimmung der Orgel immer etwas höher – Abschneiden geht ja bekanntlich einfacher als Anlängen. Heute liegt sie bei 425,9 Hz. Die Temperatur wurde spätestens beim ersten Höherstimmen gleichstufig gelegt, bei der Restaurierung durch Orgelbau Waltershausen wurde mangels besonderer Anhaltspunkte eine fast gleichstufige Temperatur nach Neidhardt III verwendet. Die Orgel zu Bremen gibt uns einen durch die Restaurierung wieder erlebbar gewordenen Eindruck vom Klang einer kleineren, gleichwohl prächtigen Oestreich-Dorforgel aus der Zeit um 1800. Ihr kerniger, manche Orgelkundler sagen „rustikaler“ Klang ist typisch für die Orgeln von Johann Markus Oestreich in jener Zeit.

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Disposition:

Manual, CD-d3 Pedal, CD-g°  
Gedackt 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Gambe 8' Octavbaß 8' Tremulant
Flöte 8' Trompetenbaß 8'  
Principal 4'    
Gedackt 4'    
Flöte 4'    
Quintatöne 3'    
Octave 2'    
Mixtur 4f.    

In Bremen gespielte Stücke:
Johann Pachelbel: Ciacona in f >>>
Johann Gottfried Vierling: Ach Gott, erhör mein Seufzen >>>
Johann Gottfried Vierling: Ach wie flüchtig, ach wie nichtig >>>
Johann Gottfried Vierling: Allegretto A-Dur >>>
Johann Gottfried Vierling: Andantino G-Dur >>>
Johann Gottfried Vierling: Andantino g-moll >>>
Johann Gottfried Vierling: Der lieben Sonne Licht und Pracht >>>
Johann Gottfried Vierling: Fantasie f-moll >>>
Johann Gottfried Vierling: Ich dank dir schon durch deinen Sohn >>>
Johann Gottfried Vierling: Ich hab mein Sach Gott heimgestellt >>>
Johann Gottfried Vierling: Larghetto A-Dur >>>
Johann Gottfried Vierling: Larghetto f-moll >>>
Johann Gottfried Vierling: Larghetto G-Dur >>>
Johann Gottfried Vierling: Larghetto g-moll >>>
Johann Gottfried Vierling: O Traurigkeit, o Herzeleid >>>
Johann Gottfried Vierling: Vorspiel und Fughetta d-dorisch >>>
Johann Gottfried Vierling: Vorspiel und Fughetta G-Dur >>>
Johann Gottfried Vierling: Wer Gott vertraut >>>
Johann Gottfried Vierling: Wie schön leuchtet der Morgenstern >>>
Johann Gottfried Walther: Jesu, meine Freude >>>
Johann Gottfried Walther: Komm, Gott Schöpfer, Heiliger Geist >>>



BROTTERODE (Stadt Brotterode-Trusetal, Landkreis Schmalkalden-Meiningen)
Ev. Kirche St. Nicolai




Erbauer: Wilhelm Rühlmann (Zörbig) 1901, Umbau Hans Helfenbein (Gotha) 1965, Kegelladen, pneumatische Spiel- und Registertraktur

Die Stadt Brotterode mit rund 2.800 Einwohnerinnen und Einwohnern, die sich 2011 mit der Gemeinde Trusetal zur neuen Stadt Brotterode-Trusetal zusammenschloß, liegt im Thüringer Wald am Fuße des Großen Inselsberges, unmittelbar am Rennsteig zwischen Tabarz und Trusetal. Im Jahre 1039 finden wir die erste urkundliche Erwähnung als „Brunwardesrot“. Brotterode liegt am Nordrand der früheren „Herrschaft Schmalkalden“, die bis zur Gebietsreform 1944 als Exklave zur Landgrafschaft Hessen und später zur preußischen Provinz Hessen-Nassau zählte. Kirchlich gehört der Kirchenkreis Schmalkalden und damit auch Brotterode bis heute zur Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck. Seit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert wird Brotterode gern als Sommerfrische, als Ausgangspunkt für Rennsteig-Wanderungen und natürlich als Wintersportort aufgesucht und trägt heute das Prädikat eines staatlich anerkannten Erholungsortes. 1895 wurde der Ort durch einen Großbrand fast vollständig zerstört. Im Jahre 1900 konnte nach zweijähriger Bauzeit die neugotische Kirche St. Nicolai eingeweiht werden, deren neugotische Innenausstattung komplett erhalten ist. Ein Jahr später erhielt die Kirche eine repräsentative Orgel aus der Werkstatt von Wilhelm Rühlmann in Zörbig. 
Wilhelm Rühlmann wurde 1842 in Zörbig, einer Stadt im Süden Sachsen-Anhalts zwischen Bitterfeld und Köthen geboren. Er erlernte das Orgelbauhandwerk bei seinem Vater Friedrich Wilhelm Rühlmann, der aber nur eine kleine Werkstatt besaß. Seine entscheidende künstlerische Prägung erhielt er ab 1860 als Geselle bei Friedrich Ladegast in Weißenfels. 1866 übernahm er die Werkstatt des Vaters und vertiefte auf Anregung Ladegasts seine Kenntnisse durch Studienreisen ins baltische Livland und 1879 nach Paris, um Aristide Cavaille-Coll und seine Kunst kennenzulernen. 1883 errichtete er am Stadtrand Zörbigs die Orgelbau-Anstalt Wilhelm Rühlmann, die in den folgenden Jahrzehnten zu einer der größten Werkstätten Mitteldeutschlands werden sollte. Sein Erstlingswerk erbaute Rühlmann 1866 in der Dorfkirche zu Domnitz im nördlichen Saalekreis, das zum Glück bis heute wohl erhalten ist. In der Folge entstanden zahlreiche Instrumente, darunter nicht wenige mit drei Manualen und 40 und mehr Registern. Exemplarisch seien nur die Orgeln in der Agnuskirche in Köthen von 1881 mit 33 Registern, in Herzberg/Elster mit 47 Stimmen von 1896 und in der Stadtkirche zu Hettstedt im östlichen Harzvorland mit 45 Registern aus dem Jahr 1905 genannt. 1887 hatte Rühlmann in einer ebenfalls dreimanualigen Orgel für Bernburg erstmals die pneumatische Traktur angewandt und gehörte damit zu den ersten Firmen in Deutschland, die das neuartige Traktursystem zum Werkstattstandard erhoben. 1912 trat der 1882 geborene Sohn Wilhelm Rühlmann junior als Geschäftsführer in das Unternehmen ein und führte es bis zum Zweiten Weltkrieg fort. Der Firmengründer starb 1922 in Zörbig. Zwischen 1866 und 1939 entstanden rund 460 Orgeln in der Rühlmann-Werkstatt, wozu Neubauten ebenso zählen wie größere Umbauten. Wir finden sie vor allem in der damaligen Provinz Sachsen, was im Wesentlichen dem heutigen Sachsen-Anhalt entspricht, aber auch in den angrenzenden Gebieten Sachsens, Brandenburgs und Thüringens. Die Orgel in Brotterode, 1901 fertiggestellt, trägt die Opus-Nummer 229 und erhielt 25 Register auf zwei Manualen und Pedal auf Kegelladen mit Zustrompneumatik. Diese Variante der pneumatischen Traktur funktioniert wesentlich präziser als von den meisten anderen Orgelbauern angewandte pneumatische Traktur nach dem Abstromprinzip. Ein Jahr zuvor hatte Rühlmann bereits eine kleine Interimsorgel mit vier Registern aufgestellt, über deren weiteres Schicksal wir jedoch keine Informationen besitzen. In den 1960er Jahren wurde die Orgel nach dem Geschmack der damaligen Zeit klanglich in Richtung Neobarock verändert. Doch ist in absehbarer Zeit eine Restaurierung samt Rückführung auf die von Wilhelm Rühlmann geplante Disposition vogesegen. 
Die Rühlmann-Orgel in Brotterode gehört zu den bedeutenden romantischen Orgeln Thüringens. Ihre derzeit noch veränderte Klanggestalt besteht aus 23 Registern, von denen aktuell 17 spielbar sind. Die Manuale sind bis zum f3 ausgebaut. Im Hauptwerk stehen Bordun 16', dann der Principal 8' mit original erhaltenen Prospektpfeifen, Holzflöte 8', Oktave und Flöte 4' und den Neobarock-Stimmen Quinte 2 2/3', Schwiegel 2', Octävlein 1', eine 3-4fache Mixtur und eine originale Trompete 8'. Auch das Oberwerk ist klanglich verändert und besitzt derzeit Gedackt und Salicional 8', Principal und Rohrflöte 4', Waldflöte 2', Quinte 1 1/3' und ein 3faches Scharff. Im Pedal mit einem Umfang bis zum d1 finden wir Principalbaß und Subbaß 16', Principalbaß 8', sodann Choralbaß 4', eine 2fache Rauschquinte und eine glücklicherweise ebenfalls originale, kraftvoll-schmetternde Posaune 16'. 

 
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Disposition:

Hauptwerk, C-f3 Oberwerk, C-f3 Pedal, C-d1  
Bordun 16' Gedackt 8' Principalbaß 16' Manualkoppel
Principal 8' Salicional 8' Subbaß 16' Pedalkoppel zu I
Holzflöte 8' Principal 4' Principalbaß 8' Pedalkoppel zu II
Oktave 4' Rohrflöte 4' (Choralbaß 4') Manual-Oktavkoppel
Flöte 4' Waldflöte 2' (Rauschpfeife 2f.) 2 feste Kombinationen
(Quinte 2 2/3') Quinte 1 1/3' Posaune 16'  
(Schwiegel 2') Scharff 3f.    
(Oktävlein 1')      
(Mixtur 3-4f.)      
Trompete 8'      

In Brotterode gespielte Stücke:

Dezsö Antalffy-Zsiross: Priere pour l'enfant >>>
Hermann Grabner: Liebster Jesu, wir sind hier >>>
Hermann Grabner: Morgenglanz der Ewigkeit >>>
Günther Ramin: Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort >>>
Günther Ramin: Mit Fried und Freud ich fahr dahin >>>
Günther Ramin: Wunderbarer König >>>
Günter Raphael: O Gott, du frommer Gott >>>
Wilhelm Rudnick: Auferstehn, ja auferstehn wirst du >>>
Wilhelm Rudnick: Ein feste Burg ist unser Gott >>>
Wilhelm Rudnick: Es ist das Heil uns kommen her >>>
Wilhelm Rudnick: Herzlich tut mich verlangen >>>
Hans Ferdinand Schaub: Herzlich tut mich verlangen >>>



CRAULA (Gemeinde Hörselberg-Hainich, Wartburgkreis)
Ev. Liebfrauenkirche




Erbauer: Johann Friedrich Heinrich Ratzmann (Ohrdruf) 1835, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Craula ist ein Ortsteil der thüringischen Gemeinde Hörselberg-Hainich im Wartburgkreis. Das Dorf – genannt „die Pforte des Nationalparks Hainich“ - hat 337 Einwohnerinnen und Einwohnern und liegt auf 442 Metern Höhe. Die Landschaft um Craula wird durch die Berge und Täler des Hainich bestimmt. Der Ort wurde erstmals im Jahre 1280 als „Crowela“ urkundlich erwähnt. Wesentlich älter ist wohl die Thiemsburg, eine frühgeschichtliche Wallburg nördlich der Gemeinde. Craula wurde 1294 dem Eisenacher Marienstift mit allen Rechten und Gütern geschenkt und im Jahr 1333 gelangte es in den Besitz der Herren von Wangenheim. Die Herren von Hopffgarten traten in Craula im ausgehenden 15. Jahrhundert die Nachfolge der Wangenheimer als Gerichtsherren an und behielten die Herrschaft über den Ort bis zur Aufhebung der Patrimonialherrschaft im Herzogtum Sachsen-Coburg und Gotha. Im 20.Jahrhundert gehörte Craula bis 1952 zum Landkreis Gotha, dann zum Kreis Bad Langensalza und seit der Kreisgebietsreform in Thüringen 1994 zum Wartburgkreis. 1999 erfolgte die Eingemeindung nach Behringen, welches 2007 in der Gemeinde Hörselberg-Hainich aufging. Die Craulaer Kirche wurde bereits im Mittelalter errichtet - vermutlich während der Zeit des Eisenacher Marienstiftes - und im Jahr 1604 umgebaut. Sie heißt von alters her Liebfrauenkirche und erhielt 1835 neue Emporen und eine neue Orgel. Diese stammte aus der Werkstatt von Friedrich Heinrich Ratzmann in „Ohrdruff“, wie ein altes, fast verblichenes Firmenschild über dem Spieltisch bezeugt.
Stammvater der Orgelbauerfamilie Ratzmann war Georg Franz Ratzmann. 1771 in Cumbach bei Friedrichroda geboren, ließ er sich als Orgelbauer in Ohrdruf nieder, wo er in eine Schreinerei einheiratete. Ab kurz nach 1800 ist er mit eigenen Orgelbauen nachweisbar. Drei seiner Söhne erlernten ebenfalls das Orgelbauerhandwerk. Der drittälteste Sohn Johann Heinrich Ludwig Ratzmann, geboren 1804, führte nach dem Tod des Vaters 1846 die Ohrdrufer Werkstatt fort und zwar gemeinsam mit seinem vier Jahre älteren Bruder Johann Friedrich Heinrich Ratzmann. Ein dritter Sohn, Wilhelm August Ratzmann, geboren 1812, übersiedelte 1839 nach Gelnhausen, heiratete die Tochter eines Gastwirts und gründete daraufhin eine eigene Werkstatt in Gelnhausen. Der derzeit früheste bekannte Orgelneubau des Stammvaters Georg Franz Ratzmann entstand 1802 für die Kirche in Reinholdshain bei Glauchau, die allerdings nicht erhalten ist. 1814 bekam der Meister die Gelegenheit, für die Trinitatiskirche seiner Heimatstadt ein repräsentatives Werk zu errichten. Dem Werk in Ohrdruf folgten weitere größere Werke, z.B. in Friedrichroda, Wölfis, Finsterbergen oder Töttelstädt. 1835 erfolgte dann der Orgelbau in Craula mit 18 Registern auf zwei Manualen und Pedal und einem klassizistischen Prospekt. Zwei Jahre später, 1837 entstand als Gemeinschaftsarbeit von Vater und beiden Söhnen die größte Orgel der Werkstatt in der Stadtpfarrkirche zu Fulda. Insgesamt entstammten den verschiedenen Zweigen der Firma Ratzmann zwischen 1802 und etwa 1920 rund 170 Orgeln, von denen allerdings nur wenige in unverändertem Zustand erhalten sind. Zu diesen besonderen Juwelen gehört auch die Orgel in Craula, die im Laufe der letzten rund 180 Jahre, abgesehen vom Einbau eines elektrischen Gebläses, nicht verändert wurde. 2007 wurde sie durch Thomas Hübener instandgesetzt und gereinigt, aber bis heute wurde die Orgel nicht grundlegend restauriert.
Die 1835 vollendete Orgel von Friedrich Heinrich Ratzmann in Craula besitzt 18 Register auf zwei Manualen und Pedal. Die Manuale haben einen Umfang vom Ton C bis zum f3. Der Klang des Hauptwerks wird von einem Bordun 16' grundiert, es folgen sodann Principal, Viola di Gamba, Bordun und Hohlflöte 8' sowie Octave und Hohlflöte 4'. Kontur erhält der Klang des Hauptwerks durch eine 2fache Sesquialtera und Glanz durch eine interessanterweise ebenfalls terzhaltige Mixtur. Die Windladen für Hauptwerk und Pedal sind geteilt, wie üblich steht auch in Craula links die sogenannte C-Seite und rechts die Cis-Seite. Kurioserweise ist es abweichend von dieser Norm im Oberwerk genau umgekehrt, hier steht also die C-Seite rechts und die Cis-Seite links. Ein Grund hierfür erschließt sich mir nicht. Das Oberwerk besitzt sechs Stimmen, nämlich Geigenprincipal, Traversflöte und Lieblich Gedackt 8', Principal und Traversflöte 4' sowie eine Octave 2'. Ob das Geigenprincipal original ist oder später eingebaut wurde, ist nicht erwiesen. Klanglich ist es jedenfalls eher ein Salicional. Das Pedal schließlich, ausgebaut bis zum d1, besitzt Subbaß und Violonbaß 16' sowie einen Octavenbaß 8'; dazu kommen wie üblich eine Manual- und eine Pedalkoppel. Subjektiv möchte ich noch die wirklich überaus schönen Registerzüge erwähnen, sie sind eine Augenweide und es macht regelrecht Spaß, sie zu betätigen. Der besondere Wert der Ratzmann-Orgel in Craula ist ihr so gut wie unveränderter Zustand in allen technischen und klanglichen Details. Dieses Erbe langfristig zu bewahren und im Wert zu erkennen, ist eine Verpflichtung, die wir von den Alten Meistern übertragen bekommen haben.

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Disposition:

Hauptwerk, C-f3 Oberwerk, C-f3 Pedal, C-d1  
Bordun 16' Geigenprincipal 8' Subbaß 16' Manualkoppel
Principal 8' Lieblich Gedackt 8' Violonbaß 16' Pedalkoppel
Bordun 8' Traversflöte 8' Octavenbaß 8'  
Hohlflöte 8' Principal 4'    
Viola di Gamba 8' Traversflöte 4'    
Octave 4' Octave 2'    
Hohlflöte 4'      
Sesquialtera 2f.      
Mixtur 4f.      

In Craula gespielte Stücke:
Johann Andreas Dröbs: Ach, was soll ich Sünder machen >>>
Johann Christian Haring: Nun komm der Heiden Heiland >>>
Jeremias Nicolaus Kühne: Ich dank dir schon durch deinen Sohn >>>
Christian Heinrich Rinck: Allegretto C-Dur >>>
Christian Heinrich Rinck: Jesus, meine Zuversicht I & II >>>
Christian Heinrich Rinck: Komm, Heiliger Geist, erfüll die Herzen >>>
Christian Heinrich Rinck: Mache dich, mein Geist bereit I & II >>>
Christian Heinrich Rinck: Mach's mit mir, Gott, nach deiner Güt I & II >>>
Christian Heinrich Rinck: Moderato d-moll >>>
H. W. Tauscher: Jesus, meine Zuversicht >>>
H. W. Tauscher: Nun danket alle Gott >>>



CROCK (Gemeinde Auengrund, Landkreis Hildburghausen)
Ev. Kirche St. Veit




Erbauer: Johann Christian Dotzauer (Hildburghausen) 1731, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Crock ist ein Ortsteil der Gemeinde Auengrund im südthüringischen Landkreis Hildburghausen mit aktuell rund 910 Einwohnerinnen und Einwohnern. Der Ort liegt am Südhang des Thüringer Waldes knapp 3 Kilometer nördlich der Stadt Eisfeld. 1996 wurde Crock in die neugeschaffene Gemeinde Auengrund eingemeindet. Erstmals urkundlich erwähnt wurde der Ort im Jahre 1152, als das Kloster Banz und das Hochstift Bamberg ihre Besitzungen in „Cracte“ an die Grafen von Henneberg übertrugen. Doch reicht die Geschichte der Siedlung vermutlich weit länger zurück. Die heutige evangelische Pfarrkirche St. Veit sucht man innerhalb des eigentlichen Dorfes vergebens, vielmehr steht sie rund 800 Meter vom Ort entfernt auf dem Gipfel des Irmelsberges. Irmelsberg – dieser Name verweist auf Irmin, einer literarischen Figur aus Widukind von Corveys „Sachsengeschichte“. Irmin war wohl, wenn wir die frühen Schriften richtig deuten, eine altsächsische Gottheit, zu deren Ehren Heiligtümer auf markanten Berggipfeln errichtet wurden. Das bekannteste war die sogenannte „Irminsul“, die im Jahre 772 auf Veranlassung Karls des Großen zerstört wurde. Der Legende nach wurde das Irmin-Heiligtum auf dem Irmelsberg bei Crock durch den englischen Missionar Winfried Bonifatius zerstört und stattdessen eine erste, dem Heiligen Veit geweihte Kapelle errichtet. Bemerkenswert ist, dass dieser Heilige Berg später nie umbenannt wurde, in Bonifatiusberg etwa oder Veitsberg nach dem Patron der Kirche. Vielmehr trägt er noch heute, fast 1.300 Jahre nach der Christianisierung der Gegend, den alten heidnischen Namen Irmelsberg. Im Mittelalter war dieser Berg mit der Kapelle ein vielbesuchtes Wallfahrtsziel. Darum ließ der Würzburger Dompropst Kilian von Bibra 1489 anstelle der alten Kapelle eine neue, spätgotische Kirche errichten, die nach der Reformation mehrfach in ihrem Inneren umgestaltet wurde. 1731 erhielt die Kirche eine neue, barocke Orgel. Ihr Schöpfer ist Johann Christian Dotzauer, Orgelmacher aus Hildburghausen.
Der Orgelbauer Johann Christoph Dotzauer wurde 1696 in Hildburghausen geboren. Er erlernte das Orgelbau-Handwerk bei Franziskus Volckland in Erfurt, der allerdings interessanterweise vier Monate jünger war als sein Schüler Dotzauer. 1725, nach einem Neubau für die St. Laurentiuskirche in Hildburghausen, erhielt Dotzauer das begehrte Orgelbauprivileg im Fürstentum Sachsen-Hildburghausen; sehr zum Ärger von Nicolaus Seeber, der bis dahin dieses Privileg innehatte und mit dem sich Dotzauer fortan dieses Amt bis zu Seebers Tod 1739 teilen musste. Diese bedeutendste Orgel Dotzauers verbrannte allerdings schon 1779 beim großen Stadtbrand in Hildburghausen. Doch erlebte Dotzauer dieses schreckliche Ereignis nicht mehr, da er ein Jahr zuvor, 1778 gestorben ist. Doch der Reihe nach. 1730 erbaute er eine Orgel in Behrungen, deren prachtvoller Prospekt bis heute erhalten ist und 1731 dann die Orgel in Crock. Weitere Werke, die allerdings zumeist nicht erhalten sind, entstanden in der Folge für Queienfeld 1732, Rentwertshausen 1735, Rodach 1736 und Streufdorf 1737. Ab etwa 1750 arbeitete Johann Georg Henne in Dotzauers Werkstatt mit, er heiratete die Tochter des Hauses und übernahm ab etwa Mitte der 1760er Jahre die Geschicke der Werkstatt. So erbauten Dotzauer und sein Schwiegersohn gemeinsam etwa die Orgeln in Brünn 1767 und Dingsleben, 1771 vollendet. Das Orgelbauprivileg fiel nach dem Tod Dotzauers dann an Johann Georg Henne und wurde später auch von dessen Sohn Heinrich Henne weitergeführt. Die Orgel in Crock wurde 1818 bis 1819 von dem Orgelbauer Georg Christoph Hofmann aus Neustadt an der Heide – heute Neustadt bei Coburg – klanglich und technisch erheblich verändert. 1908 wurde das Instrument vom Altarraum auf die zweite Empore versetzt und nochmals umgestaltet. Durch einen Glücksfall wurde im Vorfeld der 1997 durch die Firma Rösel&Hercher aus Saalfeld abgeschlossenen Restaurierung die bis dahin nicht belegte Originaldisposition Dotzauers aufgefunden, so dass man sich zu einer Rekonstruktion des barocken Klangbildes entschloss.
Als die Windladen 1996 zur Restaurierung in der Orgelbauerwerkstatt lagen, kam es, dass eines Morgens die Sonne im tiefen Winkel zum Werkstattfenster hineinschien. Durch diese besondere Sonneneinstrahlung waren plötzlich auf den Schleifen schwache Beschriftungen mit Rötelkreide erkennbar, die vorher niemand bemerkt hatte und es konnte festgestellt werden, dass es die originale Dotzauer-Disposition war, die man hiermit wiederentdeckt hatte. 13 Register verteilen sich auf zwei Manualen und Pedal. Die Manuale haben einen Tonumfang bis zum c3, das große Cis ist bereits vorhanden. Im Hauptwerk finden wir die Stimmen Principal und Gedackt 8', die Octaven 4' und 2', dazu die Quinta 3' und eine 4fache Mixtur. Das Oberwerk verfügt über die Register Quintatön und Flöte 8', ein Gedackt 4' und eine Sesquialtera. Das Pedal schließlich mit einem Tonumfang bis zum c1, besitzt Subbaß 16', Octavenbaß 8' und einen Posaunenbaß 16', dazu kommen eine Manual- und eine Pedalkoppel. Die Orgel in Crock ist heute die einzige, die mit dem originalen, wenn auch teilrekonstruierten Klangbild ihres Erbauers gespielt werden kann. 

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Disposition:

Hauptwerk, C-c3 Oberwerk, C-c3 Pedal, C-c1  
Principal 8' Quintatön 8' Subbaß 16' Manualkoppel
Gedackt 8' Flöte 8' Octavenbaß 8' Pedalkoppel
Octave 4' Gedackt 4' Posaunenbaß 16'  
Quinta 3' Sesquialtera 2f.    
Octave 2'      
Mixtur 4f.      

In Crock gespielte Stücke:
Johann Sebastian Bach: Wir Christenleut BWV 1090 >>>
Wolfgang Carl Briegel: Vom Himmel hoch, da komm ich her >>>
Johann Heinrich Buttstedt: Partita "Wo Gott zum Haus nicht gibt sein Gunst" >>>
Johann Christoph Conrad: Fuga c-moll >>>
Johann Christoph Conrad: O Jesu, du edle Gabe >>>
Johann Kaspar Ferdinand Fischer: Praeludium und Fuge fis-moll >>>
Gottfried Kirchhoff: Meinen Jesum laß ich nicht >>>
Gottfried Kirchhoff: Wer nur den lieben Gott läßt walten >>>



DERMBACH (Wartburgkreis)
Kath. Pfarrkirche St. Peter und Paul




Erbauer: Gebrüder Carl Friedrich und Wilhelm Peternell (Seligenthal) 1864, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Dermbach ist eine Gemeinde des Wartburgkreises in der Thüringischen Rhön und Verwaltungssitz der Verwaltungsgemeinschaft Dermbach. Der Ort liegt zentral in der kuppenreichen Vorderrhön im mittleren Feldatal. Die erste urkundliche Erwähnung ist für 1186 überliefert, damals stand in der Ortsmitte wohl schon eine Burg. Der Gerichtssitz am Ort kam 1317 von den Herren von Frankenstein an das Kloster Fulda, das 1326 den gesamten Ort mit allem Zugehör erwarb. Nach dem Wiener Kongress 1815 kam Dermbach an das Großherzogtum Sachsen-Weimar und wurde 1850 zum Sitz der Bezirksdirektion für die Amtsbezirke Dermbach, Geisa, Kaltennordheim, Lengsfeld, Ostheim vor der Rhön und Vacha. 1922 kam Dermbach zum Landkreis Eisenach, 1950 zum Kreis Bad Salzungen und 1994 zum heutigen Wartburgkreis. Das heutige barocke Dermbacher Schloss entstand 1707 als Sitz der Amtsverwaltung unter dem Fuldaer Fürstabt Adalbert von Schleifras. Direkt gegenüber entstand 1731 bis 1735 die Franziskaner-Klosterkirche - und heutige katholische Pfarrkirche St. Peter und Paul. Ihre Pläne stammten vom Fuldaer Hofarchitekten Andrea Gallasini. Die reiche barocke Ausstattung der Saalkirche ist überwiegend erhalten. Lediglich die ursprüngliche Barockorgel wurde 1864 durch ein romantisches Instrument ersetzt. Dieser Neubau stammte aus der Werkstatt der Gebrüder Peternell aus Seligenthal.
1847 gründeten der 1815 geborene Carl Friedrich Peternell und sein Bruder Wilhelm in Seligenthal bei Schmalkalden eine Orgelbauwerkstatt. 1850 kam der 1836 geborene jüngere Bruder August Peternell als Lehrling hinzu. Dieser wurde 1869 Teilhaber und 1877 Alleininhaber des Unternehmens, in dem schon bald die industrielle Arbeitsteilung Einzug hielt. 1865 waren 22 Gehilfen beschäftigt und eine Dampfmaschine versorgte die ersten Holzbearbeitungsmaschinen mit Antriebskraft. Eine enge Zusammenarbeit bestand zwischen den Gebrüdern Peternell, dem Weimarer Stadtorganisten und Orgelbautheoretiker Johann Gottlob Töpfer und Liszts „legendarischem Cantor“ Alexander Wilhelm Gottschalg. Die Peternells übernahm Töpfers Hinweise zu Mensuration und Intonation, waren zeitlebens Verfechter der Schleiflade gegen die aufkommende Kegellade und liefern nicht nur Orgeln, sondern auch zahlreiche Harmonien und ganze Kircheneinrichtungen. Gottschalg als Orgelsachverständiger sorgte durch Empfehlungen für so manchen Orgelbau der Peternells auch außerhalb der Thüringer Lande und so reichte das Arbeitsgebiet der Seligenthaler Werkstatt schold bald bis nach Hamburg und Westfalen und einzelne Werke gingen sogar nach Rußland und in die Schweiz. Etwa 1890 ging auch August Peternell zur Röhrenpneumatik über - weil das alle so machten - und baute zunehmend Orgelteile für andere Orgelbauer. Mit dem Tod von August Peternell 1909 erlosch das Unternehmen. Die ganz im Geiste der Romantik erbauten Orgeln der Gebrüder Peternell wurden spätestens seit dem Beginn der Orgelbewegung ab etwa 1930 entweder radikal umgebaut oder gleich ganz durch Neubauten ersetzt, zumal die Mechanik vieler Peternell-Orgeln durch die doppelten Spielventile oftmals sehr schwergängig ist. Und so sind heute nur noch wenige Orgeln der Gebrüder Peternell erhalten, die von Gottschlag einmal in überschwenglichen Worten als die „Silbermanns des 19.Jahrhunderts“ bezeichnet wurden. Die bereits erwähnte Orgel in Denstedt bei Weimar wurde 1859 erbaut. Liszt und Gottschalg führten dort ihre sogenannten „Orgelconferencen“ durch und sie erschien beiden als adäquat für die von ihnen komponierte, improvisierte oder bevorzugte Orgelmusik. Die Orgel in Denstedt besitzt 19 Register auf zwei Manualen und Pedal, genau wie die fünf Jahre später erbaute Orgel in Dermbach. Auch der Klangaufbau, die Disposition beider Instrumente ist nahezu identisch.
Die 1864 erbaute Orgel der Gebrüder Peternell in der Katholischen Kirche zu Dermbach ist in einem sehr guten und nahezu unveränderten Zustand auf uns gekommen. 2013 wurde die Orgel durch die Orgelbaufirma Anton Skrabl aus Rogaska slatina in Slowenien denkmalgerecht restauriert. Das Instrument besitzt 19 Register auf zwei Manualen und Pedal. Der Tonumfang der beiden Manuale geht vom Ton C bis zum f3. Ein fülliger, dabei nicht dumpfer Bordun 16' grundiert den Klang, dazu kommen die Register Principal, Hohlflöte, Viola di Gamba und Gedackt 8', Octave und Hohlflöte 4', eine Octave 2' sowie als Klangkrone eine 4fache Mixtur. Zum Vergleich: die Orgel in Denstadt hat statt des Bordun 16' ein Quintatön 16' und statt des dort fehlenden Gedackt 8' eine Quintflöte 2 2/3', ansonsten ist die Disposition identisch. Das Oberwerk besitzt sechs Stimmen, nämlich Geigenprincipal, Lieblich Gedackt, Salicional und Harmonika 8', sowie Geigenprincipal und Flauto dolce 4'. Wieder der Vergleich zu Denstedt, dort fehlt das Salicional 8', dafür finden wir dort noch ein Lieblich Gedackt 16'. Das Pedal mit einem Tonumfang bis zum d1 besitzt die Stimmen Principalbaß und Subbaß 16' sowie Octavbaß und Gedacktbaß 8'. Und letztmals der Vergleich zu Denstedt, einziger Unterschied im Pedal ist dort ein Violonbaß 16', dafür fehlt der in Dermbach vorhandene Principalbaß 16'. Die einzelnen Stimmen wie auch das Plenum beeindrucken nach der Restaurierung wieder mit der für die Werkstatt Peternell typischen, edlen und vielfach ein wenig zurückhaltenden Klanggebung. Zwar hat Liszt nie selbst auf der Orgel in Dermbach gespielt, doch klanglich entspricht das Instrument ganz seinem Klangideal einer Orgel.

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Disposition:

Hauptwerk, C-f3 Oberwerk, C-f3 Pedal, C-d1  
Bordun 16' Geigenprincipal 8' Principalbaß 16' Manualkoppel
Principal 8' Lieblich Gedackt 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Gedackt 8' Salicional 8' Octavbaß 8'  
Hohlflöte 8' Harmonika 8' Gedacktbaß 8'  
Viola di Gamba 8' Geigenprincipal 4'    
Octave 4' Flauto dolce 4'    
Hohlflöte 4'      
Octave 2'      
Mixtur 4f.      

In Dermbach gespielte Stücke:
Franz Liszt: Am Grabe Richard Wagners >>>
Franz Liszt: Ave maris stella >>>
Franz Liszt: Introitus >>>
Franz Liszt: Slavimo, slavno, Slaweni! >>>
Franz Liszt: Ungarns Gott >>>
Christian Heinrich Rinck: Morgenglanz der Ewigkeit >>>
Christian Heinrich Rinck: Nun danket all und bringet Ehr >>>
Christian Heinrich Rinck: Nun danket alle Gott >>>
Christian Heinrich Rinck: Nun freut euch, lieben Christen g'mein >>>
Christian Heinrich Rinck: Nun komm der Heiden Heiland >>>



DINGSLEBEN (Verwaltungsgemeinschaft Feldstein, Landkreis Hildburghausen)
Ev. Kirche St. Nicolaus und Margarethe




Erbauer: Johann Georg Henne (Hildburghausen) 1770-1771, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Dingsleben ist eine Gemeinde im Landkreis Hildburghausen im fränkisch geprägten Süden des Freistaats Thüringen. Sie gehört der Verwaltungsgemeinschaft Feldstein an, deren Verwaltungssitz sich in der Stadt Themar befindet. Dingsleben liegt am Fuße der Gleichberge im Städtedreieck zwischen Hildburghausen, Römhild und Themar. Dingsleben wurde erstmals urkundlich erwähnt, als die Äbtissin Emhild des Klosters Milz es im Jahre 799 samt „Zugehörungen“ dem Stift Fulda übertrug. Während der Zeit der Stammesherzogtümer lag der Ort im Herzogtum Franken. Später gehörte der Ort im Amt Themar zunächst zur Grafschaft Henneberg, nach 1583 zu verschiedenen sächsischen Herzogtümern und seit 1826 zum Herzogtum Sachsen-Meiningen. Die Ruhe und die Beschaulichkeit des Ortes rühren von dem heute selten anzutreffenden Umstand her, dass nur wenige Autos die Dorfstraße befahren; denn am Ortsrand mündet diese in beiden Richtungen ihrer Hauptachse jeweils in befestigte Radwanderwege ein. Überregional bekannt ist der kleine Ort mit gerade einmal 245 Einwohnerinnen und Einwohnern durch seine feinen Bierspezialitäten, die im Ort von der Privatbrauerei Metzler hergestellt werden. Biergeschmack ist ja wie Musikgeschmack: zum Glück grundsätzlich verschieden. Mir persönlich schmeckt das würzige Dingslebener Landbier am besten – aber das nur am Rande. Die evangelische Kirche St. Nicolaus und Margarethe entstand in ihrer heutigen Form in den Jahren 1740 bis 1742 anstelle einer spätmittelalterlichen Vorgängerkirche. Der Altarraum wird durch Chorschranken vom übrigen Kirchenraum abgetrennt. Und hoch oben, auf der zweiten Empore, steht die prachtvolle spätbarocke Orgel, die 1770 von Johann Georg Henne aus Hildburghausen errichtet wurde.
Der Erbauer der Orgel in Dingsleben, Johann Georg Henne, wurde 1725 in Kleinmünster, heute ein Ortsteil der Gemeinde Riedbach im unterfränkischen Landkreis Haßberge geboren. Er erlernte das Handwerk des Orgelbaues bei Johann Christian Dotzauer in Hildburghausen, der ab 1725 das Privileg im Fürstentum Sachsen-Hildburghausen innehatte. 1752 heiratete Dotzauers Geselle Henne die Tochter seines Meisters und übernahm in den Folgejahren zunehmend mehr Verantwortung in der Werkstatt seines Schwiegervaters. Weitgehend eigenständig errichtete Henne wohl spätestens die 1767 fertiggestellte Orgel in Brünn im Landkreis Hildburghausen. Es scheint so, dass der betagte Dotzauer sich in jener Zeit vor allem auf das Unterzeichnen der Kontrakte beschränkte und seinem Schwiegersohn ansonsten große Freiheiten zugestand. Der am 24. September 1770 aufgestellte Orgelbauvertrag für Dingsleben trägt sogar die Unterschriften vom Dotzauer und Henne und nennt als vereinbarten Preis 575 Gulden nebst Kost beim Einbau sowie die alte Orgel. Das Instrument erhielt 22 Register auf zwei Manualen und Pedal. Nach dem Tod Johann Christian Dotzauers 1778 ging dessen Orgelbauprivileg auf Henne über, der sich fortan „Hof- und Landorgelbauer zu Hildburghausen“ nannte. Hennes größte und bedeutendste Arbeit ist sicher der 1787 vollendete Bau der zweimanualigen Orgel in der von 1781 bis 1785 errichteten neuen Hildburghäuser Stadtkirche, der heutigen Christuskirche. Weitere Instrumente erbaute Henne 1777 in Beinerstadt, nicht weit von Dingsleben entfernt und 1780 in Gompertshausen bei Heldburg. Doch sind beide Werke bereits im 19. Jahrhundert durch Neubauten ersetzt worden und auch die große Orgel in der Christuskirche zu Hildburghausen wurde im Zeitalter der Romantik bis zur Unkenntlichkeit verändert. Einzig die Orgel in Dingsleben ist bis heute aus dem Schaffen Johann Georg Hennes, der 1799 starb, weitgehend unverändert auf uns gekommen. Das Orgelbauprivileg für das Fürstentum Sachsen-Hildburghausen ging danach auf seinen Sohn Heinrich Salomo Henne über, von dem auch nur eine einzige Orgel, nämlich das im Jahre 1800 erbaute Instrument in Stressenhausen, einem Ortsteil der Gemeinde Straufhain, weitgehend erhalten ist.
Die von Johann Georg Henne erbaute Orgel in Dingsleben wurde im Jahre 2007 durch die Firma Hey-Orgelbau aus Urspringen in der Rhön restauriert. Der marode Zustand des Kirchendaches war damals leider noch nicht bekannt. Bei den 2015 kurzfristig notwendig gewordenen umfangreichen Arbeiten am Dach hat auch die Orgel hörbar ein wenig gelitten. Die beiden Manuale sind jeweils bis zum c3, das Pedal bis zum c1 ausgebaut. Im Hauptwerk finden wir die Stimmen Bordun 16', Principal, Gedackt und Gamba 8', Octave, Gedackt und Spitzflöte 4', eine Quinte 2 2/3', die Octave 2' sowie eine 3fache Mixtur und ein Scharf. Im Oberwerk oder Positiv stehen die Register Lieblich Gedackt und Quintatön 8', Principal, Flöte und Nachthorn 4', ein Gemshorn 2' sowie eine 2fache Sesquialtera. Im Pedal schließlich sind derzeit Subbaß und Violonbaß 16' sowie der Octavenbaß 8' spielbar, dazu kommt eine Pedalkoppel. Der Posaunenbaß 16' ist ebenso wie der Zimbelstern noch nicht wiederhergestellt. Und gerade dieser Zimbelstern würde die „gebaute Weihnachtsgeschichte“, die in Dingsleben geradezu vorbildhaft realisiert wurde, ganz wunderbar ergänzen. Unten die Anbetung am Altar, in der Mitte die Verkündigung des Wortes von der Kanzel und von ganz oben, sozusagen als Krönung, der Lobpreis der Orgel und der Musik.

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Disposition:

Hauptwerk, C-c3 Oberwerk, C-c3 Pedal, C-c1  
Bordun 16' Lieblich Gedackt 8' Subbaß 16' Manualkoppel
Principal 8' Quintatön 8' Violonbaß 16' Pedalkoppel
Gedackt 8' Principal 4' Octavenbaß 8' (Cymbelstern)
Gamba 8' Flöte 4' (Posaunenbaß 16')  
Octave 4' Nachthorn 4'    
Gedackt 4' Gemshorn 2'    
Spitzflöte 4' Sesquialtera 2f.    
Quinte 2 2/3'      
Octave 2'      
Mixtur 3f.      
Scharf 3f.      

In Dingsleben gespielte Stücke:
Johann Christoph Bach: Ein feste Burg ist unser Gott >>>
Johann Christoph Friedrich Bach: Fuge c-moll >>>
Johann Samuel Beyer: Nun komm der Heiden Heiland >>>
Christlieb Siegmund Binder: Adagio F-Dur >>>
Christlieb Siegmund Binder: Andante e-moll >>>
Christlieb Siegmund Binder: Un poco allegro g-moll >>>
Johann Christoph Kellner: Fuge D-Dur >>>
Johann Christoph Kellner: Fuge d-moll >>>
Johann Christoph Kellner: Herr Jesu Christ, dich zu uns wend >>>
Johann Christoph Kellner: Liebster Jesu, wir sind hier >>>



ECKARDTS (Gemeinde Schwallungen, Landkreis Schmalkalden-Meiningen)
Ev. Laurentiuskirche




Unbekannter Erbauer, 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts, Umbau Johann Hofmann (Eckardts) 1836, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

(Text folgt)



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Disposition:

Manual, CD-d1 Pedal, CD-d1  
Gedackt 8' Subbaß 16' Pedalkoppel (fest)
Hohlflöte 8' (Violonbaß 8')  
(Traversflöte 8')    
Principal 4'    
Gedackt 4'    
(Salicional 4')    
Octave 2'    
(zwei Leerschleifen)    

In Eckardts gespielte Stücke:
Anonymus: Aria variata in d >>>
Anonymus: Fantasia in d >>>
Simon Lohet: Fuga Decima Octava >>>
Johann Caspar Simon: Suite C-Dur >>>
Johann Gottfried Vierling: Nun lob, mein Seel, den Herren >>>
Friedrich Wilhelm Zachow: Allein zu dir, Herr Jesu Christ >>>
Friedrich Wilhelm Zachow: An Wasserflüssen Babylon >>>
Friedrich Wilhelm Zachow: Auf meinen lieben Gott >>>



EISENACH (Wartburgkreis)
Bachhaus




Unbekannter Erbauer um 1650 - das sog. "Kleinschwabhäuser Orgelpositiv", Schleiflade, mechanische Spiel- und Registertraktur

Wahrscheinlich jeder Musikfreund kennt das Bachhaus in Eisenach, jenes 1907 in der Geburtsstadt Johann Sebastian Bachs eröffnete Museum, das heute jährlich etwa 60.000 Besucherinnen und Besucher empfängt. Das historische Bachhaus auf dem Frauenplan Nr. 21 zählt zu den beiden ältesten erhaltenen Wohnhäusern Eisenachs. Wie man heute weiß, war es jedoch nicht das Wohnhaus Johann Sebastian Bachs in den ersten zehn Jahren seines Lebens, denn dieses stand wohl etwa 100 Meter nördlich des heutigen Museums etwa anstelle des heutigen Hauses Lutherstraße 35 und ist nicht erhalten. Allerdings lebte im heutigen Bachhaus, das 1905 von der „Leipziger Neuen Bachgesellschaft“ erworben wurde, die Familie von Caroline Amalie Rausch geb. Bach, die Tochter von Bachs Urgroßcousin und Freund Johann Bernhard Bach und die Schwester des Eisenacher Hofkapellmeisters und Bach-Schülers Johann Ernst Bach. 2005 bis 2007 erfolgten ein Neubau am Bachhaus, die Restaurierung sämtlicher Bauten und die vollständige Erneuerung der ständigen Ausstellung. Der Instrumentensaal im Altbau zeigt mit 28 weitgehend originalen barocken Instrumenten einen Ausschnitt aus der ca. 400 Musikinstrumente umfassenden Sammlung des Museums. Darunter befinden sich auch zwei historische Orgelpositive, ein um 1750 erbautes Instrument aus der Schweiz und seit 2011 das sogenannte „Kleinschwabhäuser Orgelpositiv“. Dieses ist um 1650 entstanden und das älteste erhaltene Thüringer Orgelpositiv überhaupt.
Kleinschwabhausen ist eine Gemeinde im Süden des Landkreises Weimarer Land, unweit von Mellingen. Die spätmittelalterliche, heute noch erhaltene Dorfkirche erhielt 1714 eine kleine Orgel. Wir lesen hierüber: „Anno 1714 gleich auf Weyhnachten wurde das Positiv vor 36 Taler in die Kirche erhandelt, welches bei unserem Gottesdienst durch den Schuldiener ordentlich pflegt geschlagen zu werden, davor derselbe jährlich 2 1/2 Schefel Gersten bekommt.“ Das Orgelpositiv wurde also „erhandelt“, sprich gebraucht erworben. Wir wissen leider nicht, wo es vorher gestanden hat und auch nicht, wer es erbaut hat. Die Entstehungszeit kann man jedoch ziemlich sicher auf etwa um 1650 ansetzen. Nach 1714 sind mehrere Reparaturen und Stimmarbeiten dokumentiert, die von der mit Johann Sebastian Bach befreundeten Weimarer Hoforgelmacherfamilie Trebs ausgeführt worden sind. Und Johann Caspar Vogler, einer von Bachs bedeutendsten Schülern und dessen späterer Nachfolger in Weimar, hat das Positiv in den Jahren 1738, 1740 und 1744 „visitiert“. 1816 erwarb der Zuchthausdirektor Johann August Stickel das Instrument, das fortan, bis 1873 die Gottesdienste im Weimarer Zuchthaus begleitete. 1873 kam die Orgel in den Privatbesitz eines Weimarer Lehrers und 1939 übernahm der Orgelbauer Gerhard Kirchner das zwischenzeitlich arg heruntergekommene Instrument. 1947 erwarb es der Berliner Organist und Buxtehude-Experte Traugott Fedtke und ließ es von der Orgelbauanstalt Wilhelm Sauer aus Frankfurt/Oder instandsetzen. Und der Berliner Komponist Joseph Ahrens schuf für dieses Orgelpositiv sein Concertino G-Dur. Nach Fedtkes Tod 1988 wurde das Instrument erneut verkauft und kam schließlich 2009 beim „Kunstauktionshaus Chiemsee“ in Traunstein zur Versteigerung. Für rund 24.000 Euro konnte das Bachhaus dieses außergewöhnliche Instrument käuflich erwerben. In enger Zusammenarbeit mit dem Kustos der Musikinstrumentensammlung im Bachhaus, Uwe Fischer, erfolgte eine behutsame und stilgerechte Restaurierung dieses wertvollen Werks durch die Firma Orgelbau Waltershausen GmbH und seit 2012 erfreut es täglich die Besucher des Bachhauses, wenn es im Rahmen einer Museumsführung zum Klingen gebracht wird.
Nicht nur die abenteuerliche und gut dokumentierte Geschichte des Instruments, auch die Restaurierung steckte voller Überraschungen. Die Eisenacher Kunstrestauratorin Denise Motschmann entdeckte unter dem grünen Anstrich des 20. Jahrhunderts die noch genau erkennbare barocke Farbfassung – eine grauschwarze Marmorierung. Plötzlich erschien eine originalgetreue Herstellung des Äußeren möglich, mit der das Bachhaus den Neudietendorfer Restaurator Albert Hornemann beauftragte. Dieser war eigentlich bereits im Ruhestand, doch die Wiederherstellung dieser Kostbarkeit ließ er sich nicht nehmen. Eine elektrische Windversorgung besitzt das sogenannte Kleinschwabhäuser Orgelpositiv nicht und so muß, wie in alter Zeit, ein Calcant den Balg treten. Fünf jeweils in Baß und Diskant geteilte Register besitzt das kostbare Kleinod und einen Tonumfang von Ton C ohne das Cis bis zum c3. Der Principal 2' steht im Prospekt, dahinter finden wir die Stimmen Gedackt 8', Quintadena 4', Sifflöt 1' und eine 1-2fache Cimbel. Das Kleinschwabhäuser Orgelpositiv präsentiert sich seit der Restaurierung in einem stilistisch einheitlichen Bild, auch wenn die Substanz verschiedenen Jahrhunderten entstammt. Es ermöglicht das Musizieren gemäß historischer Aufführungspraxis, authentisch von der manuellen Winderzeugung über die historische Klaviatur, die Disposition, bis hin zur Tonhöhe von 465 Herz und der gemildert mitteltönigen Stimmung. 

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Disposition:

Manual, CD-c3  
Gedackt 8' (B/D) (kein Pedal)
Quintadena 4' (B/D)  
Principal 2' (B/D)  
Sifflöt 1' (B/D)  
Cymbel 1-2f. (B/D)  

In Eisenach gespielte Stücke:
Johann Rudolf Ahle: Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ >>>
Johann Rudolf Ahle: Nun komm der Heiden Heiland >>>
Anonymus: Erhaldt uns Herr bey deinem Wortt >>>
Anonymus: O Gott wir danken deiner Guethe >>>
Johann Krieger: Praeludium in F >>>
Johann Krieger: Ricercar in F >>>
Christian Michael: Praeludium a 4 in G >>>



FARNRODA (Gemeinde Wutha-Farnroda, Wartburgkreis)
Ev. Kirche St. Laurentius



Erbauer: Christian Adolf Hoßfeldt (Farnroda) 1824, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Farnroda ist ein Ortsteil der Gemeinde Wutha-Farnroda im Wartburgkreis in Westthüringen. Der Ortsteil mit etwa 1485 Einwohnerinnen und Einwohnern liegt am Nordrand des Thüringer Waldes, etwa 10 Kilometer Luftlinie südöstlich von Eisenach. Eine erste urkundliche Erwähnung des Ortes erfolgte 1260 als ein Ritter Helmricus de Varnrod in Erscheinung trat. Der Ortsname nimmt offenbar Bezug auf die in dieser Zeit ihren Höhepunkt erreichende Rodungsperiode bei Eisenach. Die aus dem Lehen der Herren von Farnroda abgeleitete „Herrschaft Farnroda“ umfasste neben Farnroda unter anderem auch Eichrodt, Wutha, Seebach und Burbach und war seit dem 15. Jahrhundert im Besitz der Burggrafen von Kirchberg, die Farnroda lange Zeit als Hauptsitz nutzten, bis es 1799 als „Erledigtes Landgräflich-Thüringisches Lehen“ an den Herzog Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach zurückfiel. 1987 entstand die heutige Gemeinde Wutha-Farnroda durch den Zusammenschluss der bis dahin selbständigen Gemeinden Wutha und Farnroda. Die evangelische Pfarrkirche St. Laurentius wurde 1278 erstmals genannt. Die mittelalterliche Kirche aus dicken Feldsteinmauern ist im Wesentlichen erhalten, wurde jedoch im Laufe der Zeit einige Male leicht verändert. Der wehrhafte Glockenturm steht rund 20 Meter von der eigentlichen Kirche entfernt, diese Konstellation ist in der Form einmalig in Deutschland. In der Kirche sind wir beeindruckt von dem spätgotischen Schnitzaltar, vermutlich aus einer Saalfelder Werkstatt. Er gehört zu den besten Werken der zu Recht berühmten, spätgotischen Thüringer Holzschnitzkunst. Und dann wenden wir unseren Blick zur rückwärtigen Empore, wo eine sehr interessante, spätklassizistische Orgel steht.
Schöpfer der Orgel in Farnroda ist ein gewisser Christian Adolf Hoßfeldt. Wir wissen über ihn nur sehr wenig. Er wurde 1781 geboren und war in Farnroda ansässig, wo er vermutlich auch das Licht der Welt erblickte. Erstmals tritt er uns 1819 entgegen, als er eine allerdings nicht erhaltene Orgel in Mülverstedt im Hainich erbaute. 1824 erfolgte sodann die Vertragsunterzeichnung für den Orgelneubau in seinem Heimatort Farnroda. Mit dem Bau daselbst wurde 1825 begonnen und 1828 war die Orgel vollendet. In den Jahren 1829 bis 1849 finden wir seinen Namen immer wieder in Akten der Großherzoglichen Regierung. Er ersucht immer wieder, Konzessionen zum Orgelbau und zur Wiederherstellung alter Orgeln im Kreise Eisenach zu erlangen. 1835 gibt er ein Angebot für eine neue Orgel für Berka vor dem Hainich ab. Den Zuschlag für dieses Projekt erhielt allerdings der ebenfalls mitbietende Friedrich Knauf aus Gotha. In den 1830er Jahren finden wir Spuren seiner Tätigkeit, wohl Reparaturarbeiten im heutigen Kyffhäuserkreis, 1831 in Billleben und 1838 in Niederbösa. Er musste sich also offensichtlich neue Wirkungskreise erschließen und dabei auch weitere Wege in Kauf nehmen. Letztmals erkundigt sich die Großherzogliche Regierung 1849 beim Consistorialamt in Eisenach über die „Geschicklichkeit des Orgelbauers Hoßfeldt“, danach hören wir nichts mehr von ihm. Christian Adolf Hoßfeldt starb zu unbekannter Zeit nach 1849. Auf einigen Quittungen für den Orgelbau in Farnroda unterzeichnet auch ein Johann Heinrich Hoßfeldt als Orgelbaugeselle, der 1793 bis 1844 lebte. Unklar ist, ob es sich hierbei um einen Bruder oder vielleicht um einen Neffen von Christian Adolf Hoßfeldt handelte. Möglicherweise existieren noch weitere Akten, die mir aber derzeit nicht zugänglich sind, aus denen sich irgendwann einmal die genaueren Lebensdaten und Lebensumstände jenes Christian Adolf Hoßfeldt, der sich übrigens selbst immer mit „dt“ am Ende schrieb, ablesen lassen. Die Orgel in Farnroda ist die einzige erhaltene Orgelarbeit dieses lokalen Meisters.
Die Orgel in der Laurentiuskirche zu Farnroda besitzt 19 Register auf zwei Manualen und Pedal. Die beiden Manuale haben einen Tonumfang bis zum d1. Das Hauptwerk ist klanglich auf dem Principal 4' aufgebaut und verfügt neben diesem Principal über die Stimmen Bordun, Quintatön und Viola di Gamba 8', eine Octave 2', dazu Sesquialtera, eine 4fache Mixtur und eine Vox humana 8'. Das Oberwerk besitzt Lieblich Gedackt 8', sodann Flöte, Hohlflöte und Gedackt 4', Principal und Spitzflöte 2' sowie ein 3-4faches Scharff. Im Pedal schließlich, mit einem Tonumfang bis zum c1, finden wir die Stimmen Bordun und Violon 16' sowie Oktavbaß und Violon 8'. Dazu kommen eine Manual- und eine Pedalkoppel, ein Tremulant und drei Sperrventile zu Hauptwerk, Oberwerk und Pedal. Bemerkenswert ist ferner die liebevoll gestaltete und offensichtlich originale erhaltene Orgelbank. Bereits Anfang der 1990er Jahre erfolgte eine Restaurierung durch die Firma Orgelbau Waltershausen GmbH. Nach über 25 Jahren war 2018 eine erneute Instandsetzung und Nachintonation des Instruments durch Orgelbau Waltershausen notwendig, vor allem hatten sich über die Jahre Probleme mit der Windversorgung ergeben. 

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Disposition:

Hauptwerk, C-d3 Oberwerk, C-d3 Pedal, C-c1  
Bordun 8' Lieblich Gedackt 8' Bordun 16' Manualkoppel
Quintatön 8' Flöte 4' Violon 16' Pedalkoppel
Viola di Gamba 8' Hohlflöte 4' Octavbaß 8' Tremulant
Principal 4' Gedackt 4' Violon 8'  
Octave 2' Spitzflöte 2'    
Sesquialtera 2f. Scharff 3-4f.    
Mixtur 4f.      
Vox humana 8'      

In Farnroda gespielte Stücke:
Carl Czerny: Präludium und Fuge C-Dur >>>
August Eberhard Müller: Moderato D-Dur >>>
Christian Heinrich Rinck: Adagio D-Dur >>>
Christian Heinrich Rinck: Adagio E-Dur >>>
Christian Heinrich Rinck: Du Geist des Herrn >>>
Christian Heinrich Rinck: Gott woll'n wir loben >>>



FLOH (Einheitsgemeinde Floh-Seligenthal, Landkreis Schmalkalden-Meiningen)
Ev. Kirche




Erbauer: Johann Markus Oestreich (Oberbimbach) 1788-1789, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Floh ist ein Ortsteil der Einheitsgemeinde Floh-Seligenthal im Landkreis Schmalkalden-Meiningen im fränkisch geprägten Süden des Freistaats Thüringen. Floh liegt im Norden des Landkreises Schmalkalden-Meiningen an einem Südwesthang des Thüringer Waldes direkt am Rennsteig. Der Ort mit seinem einprägsamen Namen befindet sich an der stetig aufwärts windenden Landesstraße 1026, die über Kleinschmalkalden und den Heuberg führt. Sie überquert den Thüringer Wald. Durch Floh verläuft der Mommelstein-Bahnradweg. Die Geschichte Flohs ist immer eng mit der Entwicklung der Stadt Schmalkalden und der Herrschaft Schmalkalden verbunden gewesen. Vom Main her siedelten sich im frühen Mittelalter die Franken zunächst am Rande des Gebirges an, was Siedlungen wie Schmalkalden entstehen ließ. In einem hennebergischen Urbar wird Floh 1340 dann erstmals urkundlich erwähnt. Der Ortsname geht auf das mittelhochdeutsche Wort „vlowe“ (waschen, spülen) zurück, das auch dem Flohbach seinen Namen gab. 1537 passierte Martin Luther auf seiner Reise zum Konvent nach Schmalkalden Floh. Zusammen mit dem gesamten Amte Schmalkalden gehörte auch Floh ab 1583 zur Landgrafschaft Hessen-Kassel und später dann zum Kurfürstentum Hessen. Der daraus hervorgegangene Landkreis Herrschaft Schmalkalden wurde erst 1944 nach Thüringen eingegliedert; bis dahin gehörte es als Exklave zur Provinz Hessen-Nassau. 1994 schlossen sich Floh, Seligenthal und Hohleborn zur neuen Gemeinde Floh-Seligenthal zusammen. Die Evangelisch-Reformierte Kirche in Floh wurde 1712 erbaut. Mit ihrem prächtigen, gemalten Wolkenhimmel zählt sie zu den schönsten Bauernbarockkirchen der Umgebung. Vor diesem Neubau stand an derselben Stelle schon eine ältere Holzkirche. Am Ostersonntag 1712 wurde der erste Gottesdienst gefeiert. Insgesamt kostete die Kirche 3.064 Taler. Die prachtvolle, spätbarocke Orgel wurde 1788 bis 1789 erbaut. Ihr Meister ist Johann Markus Oestreich aus Oberbimbach bei Fulda. Übrigens hieß er nicht „Österreich“, wie in den meisten Aufsätzen zur Floher Orgel zu lesen ist, sondern tatsächlich Oestreich mit „Oe“ am Anfang und ohne die Füllsilbe in der Mitte.
Johann Markus Oestreich war der bedeutendste Vertreter der Orgelbauer-Familie Oestreich, die über fünf Generationen und fast eineinhalb Jahrhunderte hinweg den Orgelbau in Osthessen und darüber hinaus maßgeblich prägte. Geboren wurde er 1737 in Oberbimbach bei Fulda. Wo er sein Handwerk erlernte, ist nicht sicher; man vermutet aber eine längere Zusammenarbeit mit Philipp Ernst Wegmann in Frankfurt, bevor Johann Markus ab Mitte der 1760er Jahre zusammen mit seinem Vater Jost Oestreich mit eigenen Orgelarbeiten nachweisbar ist. Die Empfehlung nach Floh kam vermutlich über Johann Gottfried Vierling zustande, der über freundschaftliche Beziehungen ins Fuldische verfügte und dort die Oestreichs und ihre Werke kennengelernt haben dürfte. Am 3. Juni 1789 – acht Tage nach Pfingsten – wurde die Orgel schließlich durch Vierling abgenommen. Sie hatte 25 Register auf zwei Manualen und Pedal, Tremulant und Manualkoppel. Im 19. Jahrhundert erfolgten Reparaturen und kleine Veränderungen durch die in Floh ansässige Orgelbauerfamilie Hilpert. 1851 baute Martin Friedrich Hilpert ein Flauto dolce 4' ein und änderte die Zuordnung der Manualklaviaturen zu den Werken; seither wird das Hauptwerk vom ersten Manual aus angespielt. Im Ersten Weltkrieg wurden, wie üblich, die Prospektpfeifen abgegeben und schon Mitte des 20. Jahrhunderts wurde der historische Wert des Instruments allgemein anerkannt. 1960 wurden kleinere Veränderungen durch die Fa. Schüßler in Greiz vorgenommen, so wurde damals die bis dahin noch originale Trompete 8' im Hauptwerk gegen ein neues Register ausgetauscht. Aber in ihrer Grundsubstanz blieb die Orgel über alle Zeiten hinweg mehr oder weniger unangetastet. Die Akten zum Orgelbau wurden erst im Zuge der Restaurierungsvorbereitungen Anfang des 21. Jahrhunderts durch den um die Restaurierung der Orgel sehr verdienten Ortschronisten Rainer Erbe aufgefunden. Bis zur Auffindung des Kontrakts zwischen Oestreich und der Gemeinde im Jahre 2002 galt die Orgel als Werk eines unbekannten Erbauers. Bei der 2002 bis 2008 durch die Fa. Orgelbau Waltershausen durchgeführten Restaurierung konnte man für die Ergänzung der wenigen fehlenden Teile nun gezielt Vorbilder in anderen Oestreich-Orgeln heranziehen.
Die Oestreich-Orgel in Floh besitzt 26 Register auf zwei Manualen und Pedal. 23 Register hiervon sind original erhalten; ein besonderer Glücksfall, denn in keiner anderen Orgel sind geschlossen mehr unveränderte Oestreich-Pfeifen auf uns gekommen als in Floh. Principal, Gemshorn, Gedackt und Viola di Gamba 8' bilden die Grundlage der 13 Register umfassenden Hauptwerks-Disposition, die von einem Quintatön 16' grundiert wird. Oktave, Spitzflöte und Lieblich Gedackt 4', eine Quinte 3' und eine Oktave 2' ergänzen das Klangbild und bekrönt wird es von einer 4fachen Mixtur und einer 3fachen Cimbel. Mit Ausnahme des Prospektprincipals 8' sind alle Register original erhalten. Die Trompete 8' wurde nach dem Vorbild der einzig erhaltenen Oestreich-Trompete in Nieder-Moos rekonstruiert. Das Oberwerk besitzt acht Register. Mit Quintatön, Flauto traverso und Salicional 8' und Principal 4', Flageolet 2', Quinte 1 1/3' und einer 3fachen Mixtur finden wir hier eine ganz typische Johann-Markus-Oestreich-Disposition vor. Das Flauto dolce 4', von Martin Friedrich Hilpert 1851 ergänzt, besitzt selbst hohen Denkmalwert und wurde darum beibehalten. Das Pedal enthält Subbaß, Violon und Posaunenbaß 16', Principalbaß 8' und einen Oktavbaß 4'. Eine Manualkoppel, eine Pedalkoppel und ein Tremulant ergänzen die Klanggestalt. Nahezu unverändert von Johann Markus Oestreich erhalten sind das Gehäuse, die Windladen, die Spielanlage, die Registertraktur und 23 von insgesamt 26 Registern. Lediglich die Balganlage wurde im Laufe der Zeit vollständig erneuert. Die Gemeinde in Floh besitzt nach der Restaurierung ein bedeutendes und wertvolles Instrument, ein Glanzpunkt im Schaffen der Orgelbauerfamilie Oestreich und eines der Schlüsselinstrumente der so ungemein reichen Thüringischen Orgellandschaft jener Zeit. Es steht seinen Schwesterinstrumenten würdig zur Seite, allen voran der berühmten Oestreich-Orgel im hessischen Nieder-Moos, die komplett original erhalten ist, allerdings mit 21 Registern auch etwas kleiner ist als die Orgel in Floh. 

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Disposition:

Hauptwerk, C-d3 Oberwerk, C-d3 Pedal, C-d1  
Quintatön 16' Quintatön 8' Subbaß 16' Manualkoppel
Principal 8' Flauto traverso 8' Violon 16' Pedalkoppel
Gedackt 8' Salicional 8' Principalbaß 8' Tremulant
Gemshorn 8' Principal 4' Octavbaß 4'  
Viola di Gamba 8' Flauto dolce 4' Posaune 16'  
Octave 4' Flageolet 2'    
Spitzflöte 4' Quinte 1 1/3'    
Lieblich Gedackt 4' Mixtur 3f.    
Quinte 3'      
Octave 2'      
Mixtur 4f.      
Cimbel 3f.      
Trompete 8'      

In Floh gespielte Stücke:
Georg Andreas Henkel: Praeludium und Fuge c-moll / C-Dur >>>
Gottfried Ernst Pestel: Praeludium ex C >>>
Gottfried Ernst Pestel: Praeludium ex F >>>
Johann Gottfried Vierling: Ach, was soll ich Sünder machen >>>
Johann Gottfried Vierling: Christe, du Lamm Gottes >>>
Johann Gottfried Vierling: Christus, der ist mein Leben >>>
Johann Gottfried Vierling: Freu dich sehr, o meine Seele >>>
Johann Gottfried Vierling: Herr, sei gelobet >>>
Johann Gottfried Vierling: Herzliebster Jesu >>>
Johann Gottfried Vierling: Jesus, meine Zuversicht >>>
Johann Gottfried Vierling: Mach's mit mir, Gott, nach deiner Güt >>>
Johann Gottfried Vierling: Nun lob, mein Seel, den Herren >>>
Johann Gottfried Vierling: O Lamm Gottes unschuldig >>>
Johann Gottfried Vierling: Schwing dich auf zu deinem Gott >>>
Johann Gottfried Vierling: Wenn mein Stündlein vorhanden ist >>>
Johann Gottfried Vierling: Werde munter, mein Gemüte >>>
Johann Gottfried Vierling: Zion klagt mit Angst und Schmerzen >>>



FÖRTHA (Gemeinde Marksuhl, Wartburgkreis)
Ev. Kirche




Erbauer: Johann Georg Oestreich (Oberbimbach) 1826, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Förtha ist ein Ortsteil der Gemeinde Marksuhl im Wartburgkreis in Thüringen. Der Ort befindet sich im westlichen Teil des Thüringer Waldes im Tal der Elte, etwa drei Kilometer nördlich der Ortslage von Marksuhl und etwa 14 Kilometer Luftlinie von der Kreisstadt Bad Salzungen entfernt. Urkundlich wurde Förtha 1239 erstmals erwähnt. Auf der alten Handelsstraße „Via Regia“ gab es eine Furt durch die Elte. Aus der hier entstandenen Siedlung „Furtha“ wurde Förtha. Eine kleine mittelalterliche Befestigungsanlage hat an der Stelle des Förthaer Kirchhofs im Westteil des Ortes gestanden. Der Kirchturm besitzt noch schmale schießschartenähnliche Fenster und deutet so noch auf seinen Charakter als Wehrturm hin. Der übrige Teil der Förthaer Kirche stammt ursprünglich aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Der Bau war wahrscheinlich einst mit einer Wehrmauer umgeben. Trotzdem kam es im Dreißigjährigen Krieg zu Plünderungen und die Kirche wurde 1634 durch vorbeiziehende Truppen gebrandschatzt. So, wie wir sie heute kennen, wurde die Kirche 1674 neu aufgebaut. Aus vorreformatorischer Zeit hat sich eine Sakramentsnische erhalten. Die heutige Orgel wurde 1826 eingebaut. Sie ist ein Werk der Orgelbauerfamilie Oestreich aus Oberbimbach bei Fulda; wir werden auf den Erbauer gleich noch näher eingehen. Die Orgel wurde später, vermutlich um 1900, jedoch erheblich verändert und war bis zu ihrer ersten Instandsetzung vor einigen Jahren lange nur sehr eingeschränkt spielbar. Einschränkungen technischer und klanglicher Art müssen auch heute und vermutlich auch noch einige Zeit in Kauf genommen werden, denn eine Rekonstruktion auf den ursprünglichen Zustand ist aus finanziellen Gründen derzeit nicht realisierbar.
Dass ein Orgelbauer Oestreich das Instrument in Förtha erbaut ist, lesen wir erstmals im Förthaer Meldebogen der Reichs-Orgelerfassungsaktion 1944. Als Erbauungsjahr wird dort 1826 angegeben. Die Geschichte der Orgelbauerfamilie Oestreich aus Oberbimbach bei Fulda beginnt Mitte des 18. Jahrhunderts mit Jost Oestreich, einem Schreiner und Orgelbauer, über dessen Ausbildung wir wenig Konkretes wissen. Sein Sohn Johann Markus Oestreich, 1737 geboren, sollte zum bedeutendsten Orgelbauer der über fünf Generationen wirkenden Oestreich-Orgeldynastie werden. Von ihm sind eine ganze Reihe kleinerer und mittelgroßer Instrumente mehr oder weniger original erhalten, die im Laufe der Zeit sämtlich in dieser Reihe vorgestellt werden. Johann Markus Oestreich erreicht das für jene Zeit hohe Alter von 95 Jahren und stirbt 1833. Er kommt als Erbauer in Förtha allerdings nicht in Betracht, wohl aber seine beiden Söhne. Der Ältere, Johann Georg, wurde 1770 geboren, sein jüngerer Bruder Johann Adam 1776. Beide erlernten ihr Handwerk natürlich in der väterlichen Werkstatt und arbeiteten von frühester Jugend an bei den Orgelbauten Johann Markus Oestreichs mit. Die erste selbstständige Orgelarbeit des älteren Sohnes Johann Georg war eine Reparatur in Großentaft 1795, dann im Jahr 1800 ein erster eigenständiger Neubau in Marbach bei Fulda. Diese Orgel ist allerdings nicht erhalten. In den Jahren zwischen 1795 und etwa 1820 ist es häufig schwer, eine Arbeit der Oestreichs konkret dem Vater oder einem der beiden Söhne zuzuordnen, da sie häufig gemeinsam arbeiteten. Lediglich die Prospektform deutet an, ob Johann Georg oder Johann Adam Oestreich der Urheber war. Während Johann Georg Oestreich ausschließlich Prospekte in eher klassischen, nachbarocken Formen baut, so finden wir bei Johann Adam Oestreich stets deutliche Anklänge an klassizistische Formen. Der künstlerisch bedeutendere der beiden Söhne war Johann Adam Oestreich. Er knüpfte auch an frühere Aufträge der Familie im Westfälischen an und war von 1825 bis 1827 mit Umbaumaßnahmen an der berühmten Orgel der Klosterkirche Corvey bei Höxter beschäftigt, und übrigens gleichzeitig als deren Organist angestellt. Wenn die Erbauung in Förtha nun also für 1826 nachgewiesen ist, so kommt nur Johann Georg Oestreich als ihr Schöpfer in Frage.
Die Aktenlage über die Orgel in Förtha ist sehr lückenhaft. Vermutlich besaß die Orgel zum Zeitpunkt ihrer Erbauung 1826 durch Johann Georg Oestreich neun Register, sieben im Manual und zwei im Pedal. Eine typische Oestreich-Disposition dieser Größenordnung jener Jahre bestand im Manual üblicherweise aus Gedackt, Traversflöte und Gambe 8', Principal und Kleingedackt 4', Oktave 2' und einer 3fachen Mixtur. So könnte es auch in Förtha gewesen sein. Vermutlich um 1900 wurde die Orgel allerdings stark umgebaut; unser derzeitiger Erkenntnisstand läßt jedoch keine Aussage darüber zu, welcher Orgelbauer diese Arbeiten durchgeführt hat. Das Instrument besitzt seither folgende Register. Im Manual, das vom Ton C bis zum d3 geht, steht eine Hohlflöte und ein Geigenprincipal 8' mit extrem enger Mensur aus der Zeit um 1900 neben dem vermutlich originalen Gedackt 8'. Original dürften ebenfalls die Register Kleingedackt 4' und Oktave 2' sein. Der Principal 4' besteht aus Zink und ist auch im Inneren von sehr mangelhafter Qualität, also vermutlich ebenfalls nicht ursprünglich. Das derzeit nicht benutzbare Pedal enthält Subbaß 16' und Oktavbaß 8', wobei es sich sehr wahrscheinlich um originale Oestreich-Substanz handelt. Das Instrument steht in der verhältnismäßig kleinen Wehrkirche auf der zweiten Empore und ist darum relativ forsch intoniert. Trotz – oder wegen? - des Umbaus um 1900 ist der Klang insgesamt recht herb, was teilweise sicher an der erwähnten, kräftigen Intonation und der trockenen Raumakustik liegt. Eine 2014 durchgeführte Instandsetzung durch Bernhard Kutter aus Friedrichroda hatte das Ziel, die bestehende Substanz zu erhalten und die Orgel überhaupt erst mal wieder spielbar zu machen. Wann und in welcher Form weitere Arbeiten an dem Instrument stattfinden, ist derzeit nicht zu sagen. Eine Rückführung auf den mutmaßlichen Ursprungszustand ist sicher wünschenswert, doch scheitert dies kurz- und mittelfristig an dem notwendigen Geld. Also wird man wohl noch eine ganze Weile mit dem jetzigen Zustand leben und umgehen müssen. 

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Disposition:

Manual, C-d3 Pedal, C-c1  
Geigenprincipal 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Gedackt 8' Octavbaß 8'  
Hohlflöte 8'    
Principal 4'    
Kleingedackt 4'    
Octave 2'    

In Förtha gespielte Stücke:
Johann Christoph Bach: An Wasserflüssen Babylon >>>
Johann Michael Bach: Der du bist drei in Einigkeit >>>
Johann Michael Bach: Der Herr ist mein getreuer Hirt >>>
Johann Michael Bach: Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ >>>
Carl Maria von Weber: Sechs Fughetten >>>



FRIEDELSHAUSEN (Verwaltungsgemeinschaft Wasungen-Amt Sand, Landkreis Schmalkalden-Meiningen)
Ev. Kirche




Unbekannter Erbauer 1699, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Friedelshausen ist eine Gemeinde im thüringischen Landkreis Schmalkalden-Meiningen. Sie gehört der Verwaltungsgemeinschaft Wasungen-Amt Sand an, die ihren Verwaltungssitz in der Stadt Wasungen hat. Der Ort mit seinen rund 320 Einwohnerinnen und Einwohnern liegt in der Thüringischen Vorderrhön. Die erste urkundliche Erwähnung des Ortes ist für das Jahr 1186 nachgewiesen. Der Ort war der Sitz der mittelalterlichen „Zent Friedelshausen“, die 1297 erstmals erwähnt wurde, als sie vom Bischof von Würzburg an die Grafschaft Henneberg-Schleusingen verpfändet wurde. Für den Bereich des Gerichts Friedelshausen, trat erstmals 1350 die Bezeichnung „Amt Sand“ auf, ohne dass eine sichere Erklärung des Namens gegeben werden kann. 1995 wurde die Verwaltungsgemeinschaft Wasungen-Amt Sand gegründet, die heute aus elf Gemeinden besteht. Die evangelisch-lutherische Dorfkirche steht auf einem kleinen Hügel in der Mitte des Ortes. Ihr Ursprung geht wohl bereits auf das 13.Jahrhundert zurück. Ihr heutiges Aussehen erhielt die Kirche im Jahre 1602. Sie besitzt ein Kreuzgewölbe im Altarraum und in der Sakristei, zwei gotische Spitzbogenfenster mit Maßwerk und ein gotisches Gestühl mit geschnitzten Köpfen im Altarraum. Ihre erste Orgel erhielt das Gotteshaus vermutlich 1610. Das heutige Instrument stammt im Wesentlichen aus dem Jahre 1699, ist also eine der ältesten erhaltenen Orgeln in ganz Thüringen. Wer ihr Erbauer ist, wissen wir nicht sicher. Einige Vermutungen sind jedoch erlaubt.
Der Erbauer der Orgel in Friedelshausen ist, wie bereits erwähnt, nicht bekannt. Aus meiner Sicht kommen vor allem drei Orgelbauer in Frage, die um 1700 im Gebiet der östlichen Rhön tätig waren. Da wäre zunächst Johann Christian Hart zu nennen. 1641 in Ostheim vor der Rhön getauft, war er ab 1670 als Schulmeister und Organist in Kaltensundheim tätig. 1682 wohnte und arbeitete er in gleichen Funktionen im benachbarten Kaltenwestheim, wo er darüber hinaus auch als Gastwirt tätig war. Die Instrumente in Oberwaldbehrungen bei Ostheim und in Hartershausen bei Schlitz in Hessen sind teilweise erhalten. Darüber hinaus hat Hart zwischen 1683 und 1701 in Kaltensundheim, Kaltenwestheim und Helmershausen gebaut, alles nicht gerade weit von Friedelshausen entfernt. Johann Christian Hart starb 1719 in Kaltensundheim. Ein zweiter möglicher Kandidat ist Christian Roth, der ursprünglich aus Gotha stammte und sich dann als Orgelbauer in Salzungen niederließ. Er hatte Beziehungen zur Ohrdrufer Familie Bach und ist mit Orgelarbeiten zwischen 1690 und 1726 nachweisbar, unter anderem 1702 in Geisa, ebenfalls in der Thüringischen Rhön gelegen. Allerdings ist Roths Orgeln nichts mehr erhalten, so daß wir keine Vergleichsinstrumente heranziehen können. Schließlich muß noch auf Caspar Schippel hingewiesen werden. Geboren 1648 in Stressenhausen in Südthüringen, betrieb er zunächst die von den Eltern geerbte Mühle, verkaufte diese jedoch 1691 und siedelte nach Hildburghausen über. Als privilegierter Orgelbauer fertigte Caspar Schippel mehrere barocke Instrumente im Fürstentum Sachsen-Hildburghausen an. 1694 erbaute er zusammen mit seinem Taufpaten Christoph Crapp eine Orgel für die Hospitalkirche St. Kilian in Schleusingen, die in Krölpa bis heute erhalten ist. Ebenfalls erhalten ist die 1716 erbaute Orgel in Pfersdorf und natürlich das berühmteste Instrument Schippels, die 1711 in Bedheim errichtete Orgel auf dem dortigen Singechor. Klammern wir dieses Ausnahmeinstrument einmal aus und vergleichen die Orgelgehäuse in Krölpa, Pfersdorf und Friedelshausen, so sind diese nahezu identisch in Aufbau und Zierrat. Freilich abgesehen von den seitlichen Pedalflügeln in Krölpa und Pfersdorf, die in Friedelshausen aus Platzgründen nicht vorhanden sind. Das muß jetzt noch nichts heißen, könnte aber doch ein Hinweis sein auf die Schule, aus der der noch nicht identifizierte Erbauer der Orgel in Friedelshausen stammen könnte.
Bereits im Jahre 1990 wurde die Orgel in Friedelshausen durch die Restaurierungswerkstatt Schloß Kaulsdorf restauriert. Seither erklingt das Instrument in der Kirche auch zu gelegentlichen Konzerten und auch zwei CD-Aufnahmen haben hier bereits stattgefunden. Die Orgel besitzt zehn Register auf einem Manual und Pedal. Das Manual ist ohne das Cis bis zum c3 ausgebaut und verfügt über die Stimmen Grobgedackt, Quintadena und Flöte traversiere 8', Principal und Gedackt 4', die Octava 2' sowie eine Sesquialtera und eine 3fache Mixtur. Das Pedal besitzt einen Umfang bis zum c1 und die beiden üblichen Register Subbaß 16' und Oktavbaß 8', dazu kommt eine Pedalkoppel und ein Tremulant. Als eine der ältesten Orgeln Thüringens stellt das Instrument in Friedelshausen einen besonderen Schatz dar. Den großen Wert solcher kleinen Instrumente abseits der großen Städte und Musikzentren immer wieder herauszustellen und diese teilweise erst bekannt zu machen, ist wichtig. Es sind keine lauten Instrumente, keine auf denen man glänzende Widor-Toccaten oder so etwas spielen kann. Diese kleinen Orgeln in den oftmals auf wundersame Weise charmanten Thüringer Dorfkirchen wollen entdeckt werden und wollen, dass man sich Zeit für sie nimmt und auf ihre Eigenheiten einlässt. Und nur so kommt man ihnen nahe. In der reichen und vielgestaltigen Orgellandschaft im Grünen Herzen Deutschlands gibt es noch viele Perlen, aus nahezu allen Epochen der Orgelbaukunst zu entdecken.

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Disposition:

Manual, CD-c3 Pedal, CD-c1  
Grobgedackt 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Quintadena 8' Octavbaß 8' Tremulant
Flöte traversiere 8'    
Principal 4'    
Gedackt 4'    
Octava 2'    
Sesquialtera 2f.    
Mixtur 3f.    

In Friedelshausen gespielte Stücke:
Andreas Armsdorff: Partita "Jesu, meines Lebens Leben" >>>
Johann Sebastian Bach: Der Tag, der ist so freudenreich BWV 719 >>>
Johann Kaspar Ferdinand Fischer: Praeludium und Fuge A-Dur >>>
Christian Herbig: Nun komm der Heiden Heiland >>>
Johann Erasmus Kindermann: Toccata in C >>>
Tobias Volckmar: Christ lag in Todesbanden >>>



GEBA (Einheitsgemeinde Rhönblick, Landkreis Schmalkalden-Meiningen)
Ev. Kapelle




Erbauer: Johann Caspar Rommel (Roßdorf) 1793, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Geba ist ein Dorf mit 78 Einwohnern in der thüringischen Rhön auf dem Plateau des Gebabergs auf ca. 670 m Höhe. Es gehört als Ortsteil von Helmershausen zur Einheitsgemeinde Rhönblick und liegt im Landkreis Schmalkalden-Meiningen. Das Dorf soll durch den Zusammenschluss der Einzelhöfe Grauer Hof, Alter Hof und Klingerrodhof entstanden sein und wurde 1189 erstmals urkundlich als „Gepa“ erwähnt. Der Ort gehörte zum alten Besitz der Grafschaft Henneberg und befand sich beim Aussterben der Grafen von Henneberg-Schleusingen im Jahr 1583 samt der Niedergerichtsbarkeit in adligen Händen, ab 1680 zum Herzogtum Sachsen-Meiningen. 1978 wurde Geba in die Gemeinde Helmershausen eingegliedert. Bekannt ist das Dorf hauptsächlich durch den 1 km nördlich liegenden Gebaberg. Etwa 1 km westlich am Rhön-Rennsteig-Wanderweg bietet sich eine gute Aussicht auf die Rhön von Helmershausen über die Wasserkuppe bis zur Diesburg – unbedingt sehenswert. Am westlichen Rand des Dorfes steht die achteckige evangelische Kirche. Sie wurde 1791 bis 1793 an der damals höchsten Stelle des Ortes erbaut, nachdem die vorherige Kirche niedergebrannt worden war. 1994 wurde sie restauriert. Die Kirche in Geba ist in ihrer Art einmalig; vergleichbar in Deutschland vielleicht nur mit der Schinkel-Kapelle in Vitt auf Rügen. Der Altar befindet sich in der Mitte, darüber die Orgel, die 1793 von Johann Caspar Rommel aus Roßdorf erbaut wurde. Die Kanzel steht rechts vom Altar frei inmitten des Raumes. Die Sitzbänke ziehen sich wie in einem Amphitheater auf drei Stufen ansteigend um die Seiten herum; und übrigens besitzt die kleine Kirche weder Turm noch Geläute.
Johann Caspar Rommel, der Erbauer der kleinen Orgel in Geba, wurde 1721 in Roßdorf bei Breitungen in Thüringen geboren. Über seinen beruflichen Werdegang liegen noch keine Informationen vor, sein Vater war Drechsler. Seine erste nachgewiesene Arbeit ist die mit 21 Registern recht große und bis heute gut erhaltene Orgel in Herpf, für die der Kontrakt 1752 geschlossen wurde. Es folgten weitere Neubauten in der näheren Umgebung, so in Seeba, Kaltenlengsfeld und Wohlmuthausen. Eine seiner bedeutendsten Arbeiten war der 1779 vollendete Neubau in der Kirche St. Blasii zu Zella-Mehlis. Sie erhielt 25 Register auf zwei Manualen und Pedal, ist gut erhalten und wurde bereits 1990 in hervorragender Weise restauriert. Die letzte Orgelarbeit Johann Caspar Rommels ist die kleine Orgel in Geba mit 9 Registern auf einem Manual und Pedal. Danach übergab er die Werkstatt seinem Sohn Theodor Gabriel Rommel. Im Jahr 1800 ist Johann Caspar Rommel gestorben. Die sehr hohe technische Qualität seiner Instrumente und der interessante, unverwechselbare Klang lassen uns Johann Caspar Rommel als einen der bedeutendsten Orgelbaumeister in der 2.Hälfte des 18.Jahrhunderts in Thüringen erkennen. Die kleine Orgel in Geba ist relativ unbeschadet auf uns gekommen. In der 2.Hälfte des 20.Jahrhunderts verfielen Kirche und Orgel mehr und mehr; der letzte Gottesdienst wurde Weihnachten 1977 gefeiert. Die Wende 1989/90 verhieß auch für die kleine Kirche im Rhöner Grenzgebiet eine Art Wiedergeburt. Die Überreste der Orgel wurden gesichert und in der Orgelbauwerkstatt Hoffmann in Ostheim eingelagert. 1994 wurde zunächst die Kirche wieder eingeweiht und am 3. Advent 1996 konnte auch die restaurierte Rommel-Orgel wieder erklingen.
Die Rommel-Orgel in der Kirche zu Geba besitzt 9 Register auf einem Manual und Pedal. Die Klanggestalt ist dem kleinen, sehr intimen, aber akustisch überaus angenehmen Kirchenraum angepasst. Das Manual, das vom Ton C bis zum c3 reicht, besitzt Gedackt und Flaut Travers 8', Principal und Kleingedackt 4' und eine Spitzflöte 2'. Silbrigen Blanz bringt die Quinta 1 1/2', strahlende, doch nie aufdringliche Helligkeit eine 3fache Mixtur und Kontur und Farbe im Plenum eine Sesuialtera. Das Pedal besitzt nur ein einziges Register, nämlich einen Oktavbaß 8' und einen Tonumfang von zwei Oktaven bis zum c1. Eine 16'-Stimme besitzt die Orgel also selbst im Pedal nicht, das im Übrigen fest ans Manual gekoppelt ist. Die 1996 abgeschlossene Restaurierung durch die Fa. Hoffmann aus Ostheim vor der Rhön hat der so überaus reichen Thüringer Orgellandschaft ein ganz besonderes klangliches und optisches Juwel zurückgegeben, das nicht seinesgleichen hat. Es ist erstaunlich, wie abwechslungsreich und farbig die Orgel klingt und wie sie dabei doch immer einen kammermusikalischen Charakter bewahrt. Erfreulich ist die Tatsache, dass in der kleinen Kirche des Dorfes Geba heutzutage auch ab und an Konzerte stattfinden, die gut angenommen werden. 

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Manual, C-c3 Pedal, C-c1  
Gedackt 8' Octavbaß 8' Pedalkoppel (fest)
Flaut Travers 8'    
Principal 4'    
Kleingedackt 4'    
Spitzflöte 2'    
Quinta 1 1/2'    
Sesquialtera 2f.    
Mixtur 3f.    

In Geba gespielte Stücke:
Johann Sebastian Bach: Komm, Heiliger Geist, erfüll die Herzen >>>
Johann Sebastian Bach: Präludium und Fuge g-moll BWV 558 >>>
Johann Pachelbel: Christ, der du bist der helle Tag >>>
Johann Valentin Rathgeber: Aria Nr. 26 in A >>>
Johann Valentin Rathgeber: Aria Nr. 27 in A >>>
Johann Valentin Rathgeber: Aria Nr. 28 in A >>>
Johann Valentin Rathgeber: Aria Nr. 29 in B >>>
Johann Valentin Rathgeber: Aria Nr. 30 in B >>>
Georg Andreas Sorge: Freu dich sehr, o meine Seele >>>
Georg Andreas Sorge: Praeludium a-moll >>>
Friedrich Wilhelm Zachow: Jesus Christus, unser Heiland >>>
Friedrich Wilhelm Zachow: Nun komm der Heiden Heiland (Partita) >>>



GEISA (Wartburgkreis)
Kath. Stadtpfarrkirche St. Jakobus




Erbauer: Friedrich Knauf (Großtabarz) 1846-1848, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Geisa ist eine Landstadt im Süden des Wartburgkreises in der thüringischen Rhön, genau genommen der sogenannten Kuppenrhön. Die kleine Stadt mit rund 4.750 Einwohnerinnen und Einwohnern befindet sich unmittelbar an der hessisch-thüringischen Landesgrenze und so lag Geisa während der Zeit der Deutschen Teilung, als „westlichste Stadt des sozialistischen Europa“ im Sperrgebiet an der innerdeutschen Grenze. An diese Zeit erinnert heute die Gedenkstätte Point Alpha unweit von Geisa. Die erste urkundliche Erwähnung von Geisa stammt aus dem Jahr 817. Die spätere Stadt und das Umland, das Geisaer Amt, war bis 1803 ununterbrochen im Besitz der Abtei Fulda, weshalb die Gegend neben dem Eichsfeld heute eine der beiden katholischen Gegenden im ansonsten evangelischen Thüringen darstellt. Die erste Nennung als Stadt erfolgte in einer Urkunde aus dem Jahr 1302. Das für eine Stadt typische Schank- und Braurecht wurde ihr 1340 verliehen. Nach dem Reichsdeputationshauptschluss kam Geisa zum Verwaltungsbezirk Dermbach im thüringischen Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach. 1994 wurden die Kreise Bad Salzungen und Eisenach zum heutigen Wartburgkreis zusammengelegt. Die als Denkmalensemble ausgewiesene Altstadt verfügt über eine im Wesentlichen erhaltene historische Bausubstanz mit der Stadtpfarrkirche St. Philippus und Jakobus sowie dem Schlossbezirk. Die Stadt Geisa hat drei Kirchen, neben der 1489 bis 1504 erbauten, spätgotischen Stadtpfarrkirche noch die evangelische Kirche am Schloßberg und die kleine Gangolfikapelle auf dem Friedhof am Rande der Stadt. Alle drei Kirchen besitzen Orgeln aus der Werkstatt der Familie Knauf. Die größte unter ihnen ist die Orgel der Stadtpfarrkirche, 1848 eingeweiht. Es handelt sich um die einzige dreimanualige Orgel, die aus der Werkstatt der Familie Knauf erhalten ist.
Die Orgelbauerfamilie Knauf ist in Großtabarz bei Gotha beheimatet gewesen, wo seit dem späten 18. Jahrhundert Johann Valentin Knauf als Orgelbauer nachzuweisen ist. Seine beiden Söhne Friedrich und Gottlieb erlernten ihr Handwerk natürlich in der väterlichen Werkstatt. Während der jüngere, 1810 geborene Gottlieb Knauf später seine Werkstatt nach Bleicherode verlegte, übernahm der 1802 geborene Friedrich Knauf nach dem Tod des Vaters dessen Werkstatt in Großtabarz. Friedrichs Sohn Guido Knauf trat später in die Familienwerkstatt ein und arbeitete ab Mitte der 1850er Jahre mit dem Vater zusammen, der aber bis zu seinem Tod mit 81 Jahren 1883 mitarbeiten konnte. Unter der Ägide von Friedrich Knauf entwickelte sich die Firma Knauf zu einer der produktivsten Orgelbauwerkstätten zwischen Thüringer Wald und Harz. Die erste selbstständige Arbeit Friedrich Knaufs ist die 1833 aufgestellte Orgel in Klettenberg, Landkreis Nordhausen. 1840 errichtete Knauf in der Servatiuskirche zu Duderstadt sein größtes Instrument mit 42 Registern auf drei Manualen und Pedal. Beide genannten Orgeln sind nicht erhalten. Seine 1848 fertiggestellte Orgel in der Stadtpfarrkirche zu Geisa besitzt 29 Register auf ebenfalls drei Manualen und Pedal. Sie ist heute die einzige, dreimanualige Orgel, die aus dem Oeuvre der Familie Knauf erhalten ist. Die Orgel verfügt über die bei Friedrich Knauf seit etwa 1840 übliche Strahlentraktur, chromatische Laden und einen stummen Prospekt. Bei der Erweiterung seines üblichen technischen Konzeptes einer zweimanualigen Orgel zur Dreimanualigkeit hatte sich Knauf allerdings, wie es im Restaurierungsbericht zu lesen ist, „recht nah an die Grenze der Funktionstüchtigkeit herangewagt.“ Bei der im Jahre 2000 durch die Orgelbaufirma Gerald Woehl aus Marburg abgeschlossenen, stilgerechten Restaurierung mußte man hier äußerst behutsam vorgehen, um wieder eine volle Funktionsfähigkeit sicherzustellen.
Die 1848 fertiggestellte Orgel in der Stadtpfarrkirche zu Geisa besitzt 29 Register auf drei Manualen und Pedal. Das Pfeifenwerk ist erfreulich vollständig erhalten und nur wenig verändert. Das klangliche Angebot verfügt über Wärme und Fülle und einen großen Farbenreichtum. Die Manuale haben jeweils einen Umfang vom Ton C bis zum f3. Das Hauptwerk besitzt zunächst den klassischen Prinzipalchor, aufgebaut auf dem Principal 8', den Oktaven 4' und 2' sowie einer Quinta 3'. Dazu kommen Bordun 16', Gambe, Hohlflöte und Gedackt 8' sowie eine Flaute dulce 4'. Die doppelte Klangkrone wird gebildet aus einer 4fachen Mixtur und einer 3fachen Cimbel. Über das mittlere Manual wird das Oberwerk angespielt. Hier finden wir die Register Gedeckt 16', Geigenprincipal, Gemshorn und Stillgedackt 8', Octave und Spielflöte 4', eine Octave 2' und ein Scharf 3fach. Das Hinterwerk auf dem dritten Manual, dessen Pfeifen auf der Oberwerkslade stehen, besitzt die Stimmen Salicional, Harmonika, Flaute traverse und Aeoline 8' sowie ein Kleingedackt 4'. Das Register Salicional stammt von einem Umbau durch Otto Markert aus Ostheim vor der Rhön im Jahre 1905. Damals wurde der ursprüngliche Knauf-Salicional leicht umintoniert und mit der Bezeichnung Aeoline versehen. Im Pedal schließlich, das bis zum d1 ausgebaut ist, finden wir Subbaß, Violonbaß und einen durchschlagenden Posaunenbaß 16' sowie Octavbaß und Violoncell 8'. Insgesamt verfügt die Orgel über 1.584 Pfeifen, 603 davon bestehen aus Holz. Die große Knauf-Orgel in der Geisaer Stadtpfarrkirche ist eines der bedeutendsten Orgeldenkmale des Bistums Fulda, in hervorragenden Zustand in einem geschichtsträchtigen Kirchenraum.

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Disposition:

Hauptwerk, C-f3 Oberwerk, C-f3 Hinterwerk, C-f3 Pedal, C-d1  
Bordun 16' Gedeckt 16' Salicional 8' Subbaß 16' Manualkoppel II-I
Principal 8' Geigenprincipal 8' Harmonika 8' Violonbaß 16' Manualkoppel III-I
Gedackt 8' Gemshorn 8' Flaute traverse 8' Octavbaß 8' Manualkoppel III-II
Gambe 8' Stillgedackt 8' Aeoline 8' Violoncell 8' Pedalkoppel
Hohlflöte 8' Octave 4' Kleingedackt 4' Posaunenbaß 16'  
Octave 4' Spielflöte 4'      
Flaute dulce 4' Octave 2'      
Quinta 3' Scharf 3f.      
Octave 2'        
Mixtur 4f.        
Cimbel 3f.        

In der Stadtpfarrkirche Geisa gespielte Stücke:
Alexandre Pierre Francois Boely: Offertoire pour la messe du Jour de Noel >>>
Johannes Brahms: O Welt, ich muß dich lassen >>>
August Eduard Grell: Präludium Nr. 35 G-Dur >>>
August Eduard Grell: Präludium Nr. 36 A-Dur >>>
Ernst Friedrich Richter: O Traurigkeit, o Herzeleid >>>
Christian Heinrich Rinck: Andante E-Dur >>>
Christian Heinrich Rinck: Freuet euch, ihr Christen alle >>>
Christian Heinrich Rinck: Gott des Himmels und der Erden I & II >>>
Christian Heinrich Rinck: Gottes Sohn ist kommen >>>
Christian Heinrich Rinck: Herr Gott, dich loben wir >>>
Christian Heinrich Rinck: Maestoso e-moll



GEISA (Wartburgkreis)
Kath. Friedhofskapelle St. Gangolf (Gangolfikapelle)




Erbauer: Guido Knauf (Gotha) 1875, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Geisa ist eine Landstadt im Süden des Wartburgkreises in der thüringischen Rhön, genau genommen der sogenannten Kuppenrhön. Die kleine Stadt mit rund 4.750 Einwohnerinnen und Einwohnern befindet sich unmittelbar an der hessisch-thüringischen Landesgrenze und so lag Geisa während der Zeit der Deutschen Teilung, als „westlichste Stadt des sozialistischen Europa“ im Sperrgebiet an der innerdeutschen Grenze. An diese Zeit erinnert heute die Gedenkstätte Point Alpha unweit von Geisa. Die erste urkundliche Erwähnung von Geisa stammt aus dem Jahr 817. Die spätere Stadt und das Umland, das Geisaer Amt, war bis 1803 ununterbrochen im Besitz der Abtei Fulda, weshalb die Gegend neben dem Eichsfeld heute eine der beiden katholischen Gegenden im ansonsten evangelischen Thüringen darstellt. Die erste Nennung als Stadt erfolgte in einer Urkunde aus dem Jahr 1302. Das für eine Stadt typische Schank- und Braurecht wurde ihr 1340 verliehen. Nach dem Reichsdeputationshauptschluss kam Geisa zum Verwaltungsbezirk Dermbach im thüringischen Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach. 1994 wurden die Kreise Bad Salzungen und Eisenach zum heutigen Wartburgkreis zusammengelegt. Die als Denkmalensemble ausgewiesene Altstadt verfügt über eine im Wesentlichen erhaltene historische Bausubstanz mit der Stadtpfarrkirche St. Philippus und Jakobus sowie dem Schlossbezirk. Die Stadt Geisa hat drei Kirchen, neben der spätgotischen Stadtpfarrkirche noch die evangelische Kirche am Schloßberg und die kleine Gangolfikapelle auf dem Friedhof am Rande der Stadt. Alle drei Kirchen besitzen Orgeln aus der Werkstatt der Familie Knauf. Die kleinste und jüngste unter ihnen ist die 1875 erbaute Orgel in der Gangolfikapelle. Die Gangolfikapelle steht vermutlich an der Stelle einer vorchristlichen Kultstätte, sie ist seit dem 15. Jahrhundert nachweisbar. Die am Gebäude zu findenden Jahreszahlen 1564 und 1604 deuten auf spätere Umbaumaßnahmen hin. Die mittelalterliche Wallfahrtskirche ist heute die Friedhofskapelle der Stadt Geisa.
Guido Knauf, der Erbauer der Orgel in der Geisaer Gangolfikapelle, wurde 1830 in die Orgelbauerfamilie der Knaufs hineingeboren, die ihren Stammsitz damals in Großtabarz bei Gotha hatte. Er erlernte bei seinem Vater Friedrich Knauf das Orgelbau-Handwerk und war ab 1857 Mitteilhaber des väterlichen Unternehmens. Es begann eine lange Zeit des gemeinsamen Wirkens von Vater und Sohn und die Orgelbauverträge wurden in jener Zeit, soweit bekannt, immer mit Friedrich Knauf & Sohn abgeschlossen wurden. 1864 wurde auch die Firmenbezeichnung offiziell in Friedrich Knauf & Sohn geändert und 1870 wurde die Werkstatt von Großtabarz nach Gotha verlegt. Über sein traditionelles Absatzgebiet hinaus erschloß sich die Firma Knauf damals neue Absatzgebiete. 1866 wurden zwei Orgeln nach Estland geliefert und um 1870 gingen einige Instrumente in die Gegend von Wetzlar und Dillenburg. In den Jahren 1875 bis 1877 wurden laut Firmenchronik auch einige Werke nach Rußland geliefert, und auch die baltischen Länder Estland und Lettland erhielten in den 1870er Jahren einige Instrumente. Diese sind teilweise sogar bis heute erhalten und einige der estnischen Knauf-Orgeln kamen schon in den 1970er Jahren zur Ehre von Schallplatten-Aufnahmen, als in Westdeutschland die wenigen dort erhaltenen Knauf-Orgeln noch relativ bedenkenlos dem entsprechenden Verdikt von Sachverständigen geopfert wurden. 1875 erfolgte sodann der Orgelbau in der Geisaer Gangolfikapelle. Sie erhielt 7 Register auf einem Manual und Pedal. Nachdem sie in den folgenden Jahrzehnten nur notdürftig instandgesetzt wurde, war sie zuletzt viele Jahre nicht mehr spielbar. Erst 2015 konnte eine umfassende Restaurierung in Angriff genommen werden. Finanziert wurden die Arbeiten durch eine Stiftung des Geisaer Ehrenbürgers Werner Deschauer, wofür ihm ganz besonderer Dank gebührt. Ausgeführt wurde die Restaurierung von der Firma Hoffmann und Schindler aus Ostheim vor der Rhön. Im Jahre 1900 verkaufte Knauf seine Werkstatt an seinen Mitarbeiter Hugo Böhm aus Waltershausen. Bis 1911 war Guido Knauf noch als „Privatmann“ in Gotha ansässig, danach verliert sich seine Spur.
Die 1875 erbaute Orgel in der Gangolfikapelle zu Geisa besitzt sieben Register auf einem Manual und Pedal. Das Pfeifenwerk ist komplett unverändert erhalten und konnte 2015 restauriert werden. Das Manual hat einen Tonumfang vom Ton C bis zum f3. Wir finden hier die Register Gedackt, Salicional und Flauto Travers 8', Principal und Flauto 4' sowie eine Oktave 2'. Das Pedal mit einem Tonumfang bis zum c1 ist fest an das Manual angekoppelt und besitzt zusätzlich noch einen Bordun 16'. Insgesamt enthält die Orgel 331 Pfeifen. Nach der 2015 abgeschlossenen Restaurierung hat die Stadt Geisa nun ihre dritte Knauf-Orgel in voller Klangschönheit zurückerhalten. 

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Disposition:

Manual, C-f3 Pedal, C-c1  
Gedackt 8' Bordun 16' Pedalkoppel (fest)
Salicional 8'    
Flauto Travers 8'    
Principal 4'    
Flauto 4'    
Octave 2'    

In der Gangolfikapelle Geisa gespielte Stücke:
Johannes Brahms: Es ist ein Ros entsprungen >>>
August Eduard Grell: Präludium Nr. 33 a-moll >>>
August Eduard Grell: Präludium Nr. 34 G-mixolydisch >>>
Christian Heinrich Rinck: Andante a-moll >>>
Christian Heinrich Rinck: Es spricht der Unweisen Mund wohl >>>
Christian Heinrich Rinck: Gott ist getreu >>>
Christian Heinrich Rinck: Herr Jesu Christ, dich zu uns wend I & II >>>
Christian Heinrich Rinck: Herzlich lieb hab ich dich, o Herr >>>
Christian Heinrich Rinck: Moderato As-Dur >>>
Friedrich Wilhelm Roch: Elegie für Orgel, Trauernden geweiht >>>
Johann Gottlob Töpfer: Nun laßt uns Gott, dem Herren >>>



GLEICHERWIESEN (Stadt Römhild, Landkreis Hildburghausen)
Ev. Kirche St. Nikolaus




Erbauer: Johann Michael Schmidt (Schmiedefeld) 1838-1843, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Gleicherwiesen ist ein Ortsteil der Stadt Römhild im südthüringischen Landkreis Hildburghausen mit etwa 350 Einwohnerinnen und Einwohnern. Die Gemarkung wird vom Fluss Milz im Norden, vom Hexenberg im Süden und den Ausläufern des Kuhberges und des Leithenberges im Osten und Westen begrenzt. Die Siedlung wurde 1100 erstmals unter dem Namen „Glychon“ erwähnt. Sie teilte sich im Jahre 1182 in „Glychon an der Wysen“ und „Glychon am Berg“, dem heutigen Nachbarort Gleichamberg und war ein Lehen des Hochstifts Würzburg. Im Jahr 1808 einigten sich das Herzogtum Sachsen-Meiningen und das Großherzogtum Würzburg auf einen Gebietstausch: die sächsischen Lehen Filke, Neustädtles, Sands, Völkershausen und Willmars kamen an Würzburg, die Würzburger Lehen Berkach, Gleicherwiesen und Nordheim im Grabfeld gingen im Gegenzug wie die gemischten Lehen Bibra und Walldorf an Sachsen-Meiningen. Gleicherwiesen ist heute zum einen für den weit und breit einzigartigen Brauch des Hahnenschlagens bei der alljährlichen Kirmes berühmt. Und seit vielen Jahren verwöhnt das Ehepaar Carl im Zentrum des Ortes die Besucherinnen und Besucherinnen ihres Restaurants mit hervorragenden russischen Spezialitäten. 1993 wurde der Ort in die Gemeinde Gleichamberg eingegliedert und 2012 in die Stadt Römhild. 1841 bis 1843 wurde die heutige evangelische Dorfkirche anstelle eines älteren, spätmittelalterlichen Baues errichtet. Das Innere der neugotischen Kirche, deren Pläne der Meininger Baumeister August Wilhelm Döbner entwarf, ist schlicht und in warmen Farben gehalten. Den Vertrag zum Bau der Orgel hatte die Gemeinde bereits 1837 mit dem Schmiedefelder Orgelbauer Michael Schmidt geschlossen. Bis heute ist das Instrument praktisch unverändert erhalten.
Der Erbauer der Orgel in Gleicherwiesen, jener Johann Michael Schmidt, wurde 1798 in Schmiedefeld geboren. Er erlernte das Orgelbauhandwerk bei Johann Michael Holland in seinem Heimatort Schmiedefeld, denn dieser Ort am Rennsteig war damals bereits in der dritten Generation Sitz von Orgelbauern. Der erste war Johann Michael Wagner, sein Mitarbeiter Johann Caspar Holland übernahm später die Werkstatt seines Meisters. Fast zeitgleich mit Michael Schmidt erhielt der Sohn von Johann Michael Holland, Friedrich Wilhelm Holland, seine Ausbildung in der väterlichen Werkstatt. 1837 machte sich Michael Schmidt zusammen mit seinem ebenfalls als Orgelbauer tätigen Onkel Heinrich Schmidt in Schmiedefeld selbstständig. Er stand also fortan in Konkurrenz zu Holland und sein im selben Jahr vertraglich vereinbartes op. 1 errichtete er in Gleicherwiesen, wenngleich die Aufstellung erst nach Vollendung der Kirche 1843 erfolgen konnte. In den Folgejahren entstanden eine ganze Reihe von kleineren und größeren Orgeln, hauptsächlich im südlichen Thüringen. Die sehr solide Bauweise der Orgeln aus der Werkstatt Schmidts ist ein wesentlicher Grund, weshalb heute noch fast alle Instrumente erhalten sind. Seine größte Orgel erbaute er im Jahr 1846 für die Stadtkirche in Eisfeld, sie bekam 28 Register. Obwohl es in jener Zeit eher unüblich war, bei Orgelneubauten den barocken Prospekt wiederzuverwenden, so hat dies Michael Schmidt einige Male gemacht, vor allem bei Orgeln von Nikolaus Seeber. Offenbar hatte Schmidt eine hohe Achtung vor Seebers Werken, vor allem vor seinen prachtvollen und fantasievollen Prospekten. So befinden sich heute hinter den Seeber-Prospekten in Mendhausen und Milz Orgeln von Michael Schmidt, und auch die berühmte Schwalbennestorgel in Bedheim wurde 1856 von Michael Schmidt umgebaut. In einem anderen Orgelportrait dieser Reihe wird dieses in mehrfacher Hinsicht einmalige Instrument von Bedheim näher vorgestellt, ebenso wie das große, ein Jahr früher vollendete Werk in Bibra im Grabfeld. Nach 1865 übergab Michael Schmidt die Werkstatt an seinen Mitarbeiter Theodor Kühn und starb im Jahre 1876.
Auch wenn die Orgel in Gleicherwiesen allgemein als Erstlingswerk Michael Schmidts gilt, so stimmt das nur in Anbetracht des 1837 unterzeichneten Vertrages. Tatsächlich sind die Orgeln in Bürden und in Rentwertshausen, beide 1838 kontraktiert, noch vor der Orgel in Gleicherwiesen fertig geworden, die dann mit der Kirche zusammen 1843 eingeweiht werden konnte. Das bemerkenswert gut erhaltene frühromantische Werk besitzt zehn Register auf einem Manual und Pedal. Das Manual mit einem Tonumfang bis zum d3 verfügt über Gedackt, Viola di Gambe und Flöt traverse 8', Principal und Kleingedackt 4', Octave 2' sowie eine 3fache Mixtur und ein prägnant färbendes, ebenfalls 3faches Cornett. Das Pedal ist bis zum c1 ausgebaut und verfügt über Subbaß 16' und Octavenbaß 8', dazu kommt eine Pedalkoppel. 

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Manual, C-d3 Pedal, C-c1  
Gedackt 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Viola di Gambe 8' Octavenbaß 8'  
Flöt traverse 8'    
Principal 4'    
Kleingedackt 4'    
Octave 2'    
Mixtur 3f.    
Cornett 3f.    

In Gleicherwiesen gespielte Stücke:
Carl Anton Gleitz: Adagio Es-Dur >>>
Carl Anton Gleitz: Auf, auf, mein Herz, zu loben >>>
Johann Wilhelm Cornelius von Königslöw: Introduction und Fuge g-moll >>>
Hermann Küster: Vorspiel C-Dur >>>
Hermann Küster: Vorspiel G-Dur >>>
Johann Georg Meister: Andante A-Dur >>>
Johann Georg Meister: Fughette f-moll >>>
Christian Heinrich Rinck: Adagio D-Dur >>>
Christian Heinrich Rinck: Andante d-moll >>>
Christian Heinrich Rinck: Largo a-moll >>>
Ernst Adolph Wendt: Allein zu dir, Herr Jesu Christ >>>
Ernst Adolph Wendt: Herr Christ, der einig Gottes Sohn >>>
Ernst Adolph Wendt: Wie nach einer Wasserquelle >>>



HAINA (Stadt Römhild, Landkreis Hildburghausen)
Ev. Johanniskirche




Erbauer: Nicolaus Seeber (Römhild) 1720, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Haina ist ein Ortsteil der Stadt Römhild im Landkreis Hildburghausen in Thüringen. Der Ort mit seinen heute knapp eintausend Einwohnerinnen und Einwohnern liegt nördlich von Römhild in der historischen Landschaft des Grabfeldes in Südthüringen. Das Dorf wird von der Landesstraße 1131 tangiert, die den Südthüringer Raum mit Bayern verbindet. Haina ist ein Haufendorf und wurde erstmals 839 urkundlich erwähnt. 2012 löste sich die Gemeinde Haina auf und schloss sich mit der Stadt Römhild und weiteren Gemeinden zur neuen Stadt Römhild zusammen. Die Ersterwähnung der Hainaer Johanniskirche erfolgte 1300 in einem Wachszinsbüchlein. 1315 gründeten die Herren von Herbilstadt, ein Rittergeschlecht, das in Haina ansässig war und Ende des 16. Jahrhunderts ausstarb, eine eigene Pfarrei. Sie besaßen das Patronatsrecht und stellten den ersten Pfarrer. Belegt ist für das Jahr 1443 die Ausstattung mit fünf Altären. Die ältesten Teile der Kirche stammen aus dem Ende des 15. Jahrhunderts. Dies sind der gotische Chor und die Sakristei sowie der untere Teil des Kirchturms. Der obere Turmabschnitt und das Dach wurden wohl im 18. Jahrhundert erneuert. Das Langhaus entstand 1838 bis 1839 im gotischen Stil neu. Das Innere der Kirche wird durch einen für eine evangelische Kirche untypischen, prunkvollen barocken Altaraufsatz geprägt, der wohl in Münnerstadt gefertigt und 1734 von Peter Seeber gestiftet wurde. Peter Seeber war der Bruder von Nicolaus Seeber, der 1680 in Haina geboren wurde und der 1720 in der Kirche seines Heimatortes die heute noch existierende, prachtvolle barocke Orgel erbaut hat.
Nicolaus Seeber, der Erbauer der Orgel in Haina, ist gewiss eine der interessantesten Persönlichkeiten unter den Orgelbauern in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts – nicht nur in Thüringen, sondern auch darüber hinaus. Geboren wurde er 1680 in Haina, er starb 1739 in Römhild. Er erlernte, wie es in Matthesons Ehrenpforte 1740 heißt „das Clavierspielen und die Organistenkunst bei Johann Günther Harres, Organist in Römhild, legte sich sodann aus Orgelbauen und bekam anno 1705 einen Beruf nach Amsterdam. Diesen nahm er aber nicht an, weil Herzog Hinrich zu Römhild ihn zu seinem Hofmusikanten und Stadtorganisten erforderte.“ Wir zitieren weiter aus Matthesons Ehrenpforte: „Er legte die Grunde zur Setzkunst bey dem berühmten Hoforganisten Johann Philipp Käfer, der zuletzt Capellmeister in Durlach wurde; that darauf verschiedene Reisen, um viele andere Künstler zu hören und Nutzen daraus zu schöpffen. Der Orgelwercke, so er im Wirtenbergischen, Bambergischen, Bayreuthischen, Hildburgshausischen, Schleusingischen, Römhildischen und Fuldaischen verfertiget, sind 56 Neue, ohne die ausgebesserten oder erneuerten. Der Scholaren, so er auf dem Clavier unterrichtet, sind 132, von denen etliche Capellmeister, theils Organisten und Schuldiener geworden sind. Unter anderm sind auch zween Jahrgänge Kirchenkantaten von ihm ausgeführet worden. Er ist 1739 im April gestorben, und verdient, mit so vieler nützlichen Arbeit, ein gutes Ehren-Andencken bey der musikalischen Welt." Soweit Johann Mattheson. Die berühmteste Orgel Nicolaus Seebers ist sicher die 1721 von ihm in Bedheim erbaute Schwalbennestorgel, die dort in Bedheim zusammen mit der Hauptorgel ein Orgelensemble von europäischer Bedeutung darstellt. Seebers Orgeln sind stets auf das Prächtigste verziert und besitzen meist neben den normalen Prospektpfeifen an den Seiten Pedalpfeifenfelder mit teilweise phantasievoll bemalten Holzpfeifen. Erhalten blieb neben der Bedheimer Schwalbennestorgel noch die Orgel in Leutersdorf, 1718 errichtet sowie einige Orgelprospekte in Marisfeld, Milz und Mendhausen, hinter denen sich allerdings meist nur noch sehr wenig oder gar kein Seeber-Pfeifenmaterial mehr befinden. Mit seinen hochbarocken, farbigen Dispositionen konnte man im 19. Jahrhundert nicht mehr viel anfangen. Das Instrument in Haina besitzt, gemessen an der Gesamtzahl der Register, den größten Anteil an originalem Pfeifenwerk aller erhaltenen Seeber-Orgeln.
Die Orgel von Nicolaus Seeber in Haina besitzt 20 Register auf zwei Manualen und Pedal. Das Hauptwerk, das vom Ton C bis zum c3 ohne Cis geht, besitzt als Basis den Principal 4' im Prospekt, dazu Oktav 2' und Quinta 3'. Der für Seeber typische Großprincipal 8' ist aus Holz gefertigt und steht innen. Weiterhin besitzt das Hauptwerk Grobgedackt und Viol di Gamba 8', Quintatöna 4' und Spitzflöthe 2', dazu kommt eine Sesquialtera und eine 3fache Mixtur. Das Seitenwerk – das nach rechts und links aufgeteilt ist - besitzt Salicional 8', Hohlflöte 4', Principal 2', Quinta 1 1/2' sowie eine Cymbel. Dazu kommt eine Hautbois 8'. Das Pedal, das bis zum c1 geführt ist, besitzt Subbaß und Posaunenbaß 16', einen Principalbaß 8' und einen Waldflötenbaß 2'. Solche cantus-firmus-Register in hoher Lage waren in Thüringen um 1700 durchaus verbreitet, in städtischen Kirchen war dies meist ein Cornetbaß 2', also eine Zungenstimme. In den Dispositionen der Römhilder Orgelbauer Caspar Schippel und Johann Moritz Weiße findet sich sogar mehrfach ein 1'-Register im Pedal. Im Laufe der Zeit hat die Klanggestalt der Hainaer Orgel nur relativ wenig Veränderungen über sich ergehen lassen müssen und diese betrafen auch nur das Seitenwerk und das Pedal. 1994 bis 1995 wurde das Instrument durch die Firma Alexander Schuke aus Potsdam restauriert. Als Stimmungsart wurde eine ungleichschwebende Stimmung nach Kirnberger II gewählt. 

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Disposition:

Hauptwerk, CD-c3 Seitenwerk, CD-c3 Pedal, CD-c1  
Großprincipal 8' Salicional 8' Subbaß 16' Manualkoppel
Grobgedackt 8' Hohlflöte 4' Principalbaß 8' Pedalkoppel
Viol di Gamba 8' Principal 2' Waldflötenbaß 2' Tremulant
Principal 4' Quinta 1 1/2' Posaunenbaß 16'  
Quintatöna 4' Cymbel 2f.    
Quinta 3' Hautbois 8'    
Octav 2'      
Spitzflöthe 2'      
Sesquialtera 2f.      
Mixtur 3f.      

In Haina gespielte Stücke:
Johann Christoph Bach: Ach Herr, mich armen Sünder (Partita) >>>
Johann Heinrich Buttstedt: Nun komm der Heiden Heiland I >>>
Johann Heinrich Buttstedt: Nun komm der Heiden Heiland II >>>
Johann Zacharias Franck: Siciliano in Es >>>
Johann Kuhnau: Biblische Sonate Nr. 4 "Der todkranke und wieder gesunde Hiskias" >>>



HAINDORF (Stadt Schmalkalden, Landkreis Schmalkalden-Meiningen)
Ev. Kirche




Erbauer: Johann Wilhelm Hartmann (Ernstroda) 1692, Umbau Johann Markus Oestreich (Oberbimbach) 1775-1778, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Haindorf ist ein Stadtteil der Hochschulstadt Schmalkalden im Landkreis Schmalkalden-Meiningen und liegt im unteren Schmalkaldetal in Thüringen. Heute leben im Ort etwa 290 Menschen. Haindorf wurde 1335 erstmals urkundlich erwähnt, ist aber mit Sicherheit schon deutlich älter. Im ausgehenden Mittelalter gehörte das Dorf zur Herrschaft Schmalkalden, die von 1360 bis zum Aussterben des Hauses Henneberg 1583 gemeinschaftlicher Besitz und feudales Eigentum der Grafen von Henneberg-Schleusingen und der Landgrafen von Hessen war. Durch die Jahrhunderte war der Ort landwirtschaftlich dominiert. Heute ist Haindorf ein Stadtteil der Stadt Schmalkalden. Seine Eigenständigkeit verlor Haindorf 1950, als es zusammen mit Aue nach Mittelschmalkalden eingemeindet wurde. 1994 wurde Mittelschmalkalden und damit auch der Ortsteil Haindorf in die Stadt Schmalkalden eingegliedert. Geschichtlich bedeutend ist die ehemalige Wallfahrtskirche, mit deren Bau 1444 begonnen wurde. Wie wir der Ortschronik entnehmen können, dauerte der Bau der Kirche 23 Jahre und war 1467 vollendet. Sie ist die älteste und einzige gotische Landkirche des Dekanates Schmalkalden ist. Ihre Vorgängerin dürfte allerdings bereits im Mittelalter bestanden haben, sie gehörte aller Wahrscheinlichkeit nach zu den zahlreichen Wallfahrtskirchen, die damals auf Initiative des Bistums Würzburg im südthüringischen Raum entstanden sind. Die altehrwürdige, einstige Wallfahrtskirche, die seit der Reformation als Gemeindekirche benutzt wird, ist in den Jahrhunderten nur wenig verändert worden und enthält auch in ihrem Inneren noch manchen bedeutenden Ausstattungsgegenstand aus der Gründungszeit. Doch beschränken wir uns auf die Orgel, die eine interessante, vielseitige Geschichte hat.
Die Geschichte der Orgel in der ehemaligen Wallfahrts- und heutigen Pfarrkirche zu Haindorf ist lang und erstreckt sich über Jahrhunderte. In den örtlichen Akten lesen wir folgendes: „Anno 1691 ist die Orgel angefangen worden zu bauen nach Mariä Verkündigung von Johann Wilhelm, Orgelmacher zu Ernstode, 1692 ist sie im Oktober fertig geworden. Sie hat 120 Thaler gekostet.“ Aufgrund dieses Akteneintrags lesen wir heute auf einem nach der letzten Renovierung angebrachten Schild an der Orgel, dass dieser Orgelbauer Ende des 17. Jahrhunderts "Johann Wilhelm" hieß. Das ist aber nur die halbe Wahrheit, denn sein voller Name lautete Johann Wilhelm Hartmann. In den Kirchenbüchern der Pfarrei Ernstroda finden wir den Eintrag, dass 1738 der „Orgelmacher Johann Wilhelm Hartmann, 87 Jahr alt“, gestorben ist. Somit müsste er 1651 geboren sein. Aber mehr als diese rudimentären Informationen sind über Johann Wilhelm Hartmann bislang nicht bekannt. Bei dem damals erbauten Instrument handelte es sich vermutlich um eine einmanualige Orgel mit angehängtem Pedal. Der schön geschnitzte Prospekt ist bis heute hiervon erhalten geblieben und darüber hinaus vermutlich einige Pfeifen in verschiedenen Registern des Hauptwerks. 1775 bis 1778 erfolgten größere Instandsetzungs- und Umbauarbeiten durch Johann Markus Oestreich aus Oberbimbach bei Fulda. Er lieferte unter anderem Windladen und zwei Register „zum Pedal“ und erweiterte den Prospekt rechts und links um die heute noch vorhandenen Harfenfelder mit Pfeifenatrappen aus Holz. Damals erhielt die Orgel also erstmals ein selbstständiges Pedal mit zwei Registern. Ein weiterer Umbau erfolgte 1852 durch den Orgelbauer Martin Friedrich Hilpert aus Floh. Vermutlich durch Hilpert erfolgte die Erweiterung des Instruments auf zwei Manuale, aber dies ist nicht ganz sicher. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts erfolgten kleinere Veränderungen des Instruments hin zu mehr Grundtönigkeit. In den 60er Jahren des 20.Jahrhunderts wurde die Disposition hingegen in Richtung Neobarock verändert. Nachdem die Orgel eine ganze Zeit lang nur eingeschränkt spielbar war, erfolgte 2003 bis 2004 eine Restaurierung durch die Firma Jäger&Brommer Orgelbau aus Waldkirch im Schwarzwald. Hierbei wurde der historisch gewachsene Bestand belassen und man war bestrebt, durch eine behutsame Intonation die unterschiedlich alten Pfeifen klanglich zu einem geschlossenen Ganzen werden zu lassen.
Die mehrfach veränderte Hartmann-/Oestreich-/Hilpert-Orgel in Haindorf besitzt heute 11 Register auf zwei Manualen und Pedal. Fünf Register bilden das Hauptwerk, das vom Ton C bis zum d3 ausgebaut ist. Wir finden hier Principal, Bordun und Gambe 8', Oktave 4' sowie eine 3fache Mixtur. Das Oberwerk besitzt lediglich drei Register und zwar eine Flöte 8', ein Flauto dolce 8' und einen Principal 4'. Das Pedal besitzt ebenfalls drei Register, Subbaß 16', Oktavbaß 8' – beide stammen größtenteils von Johann Markus Oestreich sowie einen Choralbaß 4'. Die Haindorfer Orgel ist ein interessantes Instrument, über einen langen Zeitraum gewachsen und trotzdem heute klanglich erstaunlich geschlossen klingend. 

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Hauptwerk, C-d3 Oberwerk, C-d3 Pedal, C-c1  
Principal 8' Flöte 8' Subbaß 16' Manualkoppel
Bordun 8' Flauto dolce 8' Octavbaß 8'  
Gambe 8' Principal 4' Choralbaß 4'  
Octave 4'      
Mixtur 3f.      

In Haindorf gespielte Stücke:
Johann Sebastian Bach: Herr Jesu Christ, dich zu uns wend BWV 749 >>>
Samuel Scheidt: Toccata in g >>>
Johann Gottfried Vierling: Allegro a-moll >>>
Johann Gottfried Vierling: Trio allegretto e-moll >>>
Friedrich Wilhelm Zachow: Christ, unser Herr, zum Jordan kam >>>



HELMERS (Stadt Schmalkalden, Landkreis Schmalkalden-Meiningen)
Ev. Kirche




Erbauer: Johann Markus und Johann Adam Oestreich (Oberbimbach) 1811, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Helmers ist ein Ortsteil der Stadt Schmalkalden im Landkreis Schmalkalden-Meiningen in Thüringen. Es ist der westlichste Ortsteil der Stadt Schmalkalden. Helmers befindet sich im Rosatal westlich von Wernshausen. Die Gemarkung ist stark kupiert von Hängen und Rainen durchsetzt, dann folgt Wald auf den Steilhängen und Bergen. Helmers ist ein typisches Walddorf, was einst den Fuhrmannsverkehr unterstützte. Im Jahr 1340 wurde das Dorf erstmals urkundlich genannt. Der Ort gehörte damals zum Amt Frankenberg in der Grafschaft Henneberg-Schleusingen, dessen Amtssitz, die Burg Frankenberg, sich bei Helmers befand. Helmers gehörte als Teil des Amts Frauenbreitungen seit 1680 zum Herzogtum Sachsen-Meiningen und kam dann 1920 zum Land Thüringen. 2008 wurde Helmers zusammen mit dem benachbarten Wernshausen in die Stadt Schmalkalden eingemeindet. Über dem Ort thront die bereits erwähnte Burg Frankenberg. Die vermutlich um 1200 erbaute Burganlage war Stammsitz der Herren von Frankenberg. Nach der Zerstörung im Bauernkrieg sind heute noch Mauerreste des Palas und der 24 m hohe Bergfried erhalten. Die evangelische Filialkirche ist ein kleiner Saalbau aus Fachwerk und mit der Jahreszahl 1672 bezeichnet. Der hölzerne Turm stammt aus dem Jahr 1908. Zu der kleinen Orgel heißt in den Wernshäuser Pfarrakten: „1811 wurde bei einer Kirchenrenovation die alte Orgel entfernt und die jetzige unter Verwendung alter Teile von Orgelbauer Oestreich und Vater aus Oberbimbach bei Fulda verfertiget für 240 Gulden.“ Im benachbarten Schmalkalden wirkte um jene Zeit Johann Gottfried Vierling. 1750 in Metzels bei Meiningen geboren, war er seit 1768 Organist in Schmalkalden und zu seinen Amtspflichten gehörte seinerzeit auch die Abnahme der neuen Orgel in Helmers.
Die Orgelbauerfamilie Oestreich prägte über fünf Generationen hinweg Orgelbau und Orgelästhetik in Osthessen und den angrenzenden Gebieten. Ihr bedeutendster Vertreter war Johann Markus Oestreich, 1738 geboren und seit etwa 1770 mit eigenständigen Arbeiten nachweisbar. Neben seinen großen, zweimanualigen Orgelwerken erbaute Johann Markus Oestreich gegen Ende des 18. Jahrhunderts eine ganze Reihe von kleineren, seitenspieligen Instrumenten, von denen einige in mehr oder weniger gutem Zustand erhalten geblieben sind, zum Beispiel in Bremen bei Geisa, in Kranlucken und in Fraurombach. Das Instrument in Helmers gehört, 1811 erbaut, in vielen technischen Details ebenfalls in diese Reihe, auch wenn die Prospektgestaltung hier in Helmers eine gänzlich andere ist. Die beiden Söhne von Johannn Markus Oestreich, der 1770 geborene Johann Georg und der sechs Jahre jüngere Johann Adam, erlernten ihr Handwerk natürlich in der väterlichen Werkstatt und arbeiteten bei vielen Orgelbauten zusammen, was eine genaue Zuordnung so mancher Instrumente zu „diesem oder jenem“ der Oestreichs oftmals schwierig macht. Anfang des 19. Jahrhunderts agierten die beiden Söhne zunehmend selbstständig und es scheint so gewesen zu sein, dass der rüstige Seniorchef, so lange es ging, unter der Federführung der nächsten Generation mitarbeitete. Immerhin wurde er 95 Jahre alt und starb 1833. Doch zurück zur Orgel in Helmers. Wir finden hier dreiteiligen Orgelprospekt, den die Oestreichs je gebaut haben. Die klassizistischen Zierelemente weisen ganz eindeutig auf Johann Adam Oestreich, den jüngeren der Söhne, hin. Denn im Gegensatz zu seinem Bruder, der zeitlebens klassisch-nachbarocke Prospekte erbaut hat, findet man im Schaffen von Johann Adam in jenen Jahren häufiger solchen klassizistischen Zierrat. Johann Adam Oestreich war der künstlerisch bedeutendere der beiden Söhne. 1825 bis 1827 arbeitete er unter anderem als „anerkannter Orgelbauer für den Bezirk Minden“ in Westfalen. Sein großes Projekt in jenen Jahren war der Umbau der berühmten Orgel in der Klosterkirche Corvey, wo er auch als Organist wirkte.
Im Intelligenzblatt für das Departement Fulda findet sich folgender Artikel: „Mit dem größten Vergnügen habe ich in dem 21. Stück der Meinungischen Nachrichten das Lob gelesen, welches einigen Fuldaischen Künstlern, den Orgelbauern Oestreich von Oberbimbach gesprochen ist. Diese habe in der Kirche zu Helmers ein neues Orgelwerk aufgestellt, welches das größte Lob aller Orgelkenner, die es sahen, erhalten hat, und Herr Organist Vierling zu Schmalkalden gab ein Attest, das den inneren Werth dieser neuen Orgel hinlänglich ausspricht; auch Nichtkenner wurden durch die Vortrefflichkeit derselben gerührt. Dank, hieß es unter anderem in der öffentliche nBekanntmachung, Dan unseren braven Orgelbauern Oestreich, die ihren Arbeiten an unserer Orgel so gewissenhaft und mit so vieler Geschicklichkeit und Kunst vollendeten. Ihre Namen und gutes Betragen werden uns unvergeßlich sein, und unsere Nachkommen werden sich noch mit Freude und Dank ihrer erinnern.“ Abgesehen von einem kleinen Umbau durch Günter Bahr aus Weimar im Jahr 1974, bei dem zwei Register verändert wurden, ist die Oestreich-Orgel in Helmers relativ unbeschadet auf uns gekommen. Allerdings wurde sie 1974 auch das letzte Mal instandgesetzt, so dass sie derzeit mit erheblichen Einschränkungen spielbar ist. Sie besitzt 10 Register auf einem Manual und Pedal. Im Manual, das vom Ton C bis zum d3 geführt ist, besitzt Gedackt, Flöte und Quintatön 8', Principal und Gedackt 4', eine Octave 2', eine nicht originale Sifflöte 1 1/3' sowie eine leider derzeit sehr stark verstimmte 4fache Mixtur. Das derzeit nicht verwendbare, seitlich angebaute Pedal besitzt Subbaß 16' und Oktavbaß 8', dazu gesellt sich noch ein Kanaltremulant. Derzeit wird die optisch sehr hübsche und einst so hochgerühmte Orgel nur noch sehr selten gespielt; für die Gottesdienste steht ein elektronisches Orgel-Imitat im Kirchenraum. Hoffen wir, dass sie eines Tages restauriert wird und es ihr nicht so ergeht wie den etwa zeitgleich erbauten Oestreich-Orgeln in Spahl und Kranlucken – beide habe ich nach der Wende noch gespielt; und heute ist in beide Prospekte eine elektronische Pseudo-Orgel eingebaut. 

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Disposition:


Manual, C-d3 Pedal, C-c1  
Gedackt 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Flöte 8' Octavbaß 8' Tremulant
Quintatön 8'    
Principal 4'    
Gedackt 4'    
Octave 2'    
Sifflöte 1 1/3'    
Mixtur 4f.    

In Helmers gespielte Stücke:
Johann Sebastian Bach: Jesu, meine Freude BWV 753 >>>
Johann Gottfried Vierling: Adagio con afflizione a-moll >>>
Johann Gottfried Vierling: Amoroso G-Dur >>>
Johann Gottfried Vierling: Andante G-Dur >>>
Johann Gottfried Vierling: Andantino con tenerezza E-Dur >>>
Friedrich Wilhelm Zachow: Vater unser im Himmelreich >>>
Friedrich Wilhelm Zachow: Vom Himmel hoch, da komm ich her >>>



HELMERSHAUSEN (Einheitsgemeinde Rhönblick, Landkreis Schmalkalden-Meiningen)
Ev. Kirche




Erbauer: Johann Michael Voit (Schweinfurt) 1786, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Helmershausen ist ein Ortsteil der Gemeinde Rhönblick im thüringischen Landkreis Schmalkalden-Meiningen. Das Dorf hat etwa 620 Einwohner und liegt im Tal der Herpf, am Fuße des Gebabergs und des Hutsberges, auf dem sich die gleichnamige Burgruine befindet. Das Gebiet von Helmershausen gehört zum Biosphärenreservat Rhön. Der Ort wurde 856 erstmals in einem Schenkungsbrief der Abtei Fulda als „Helmrichshusun“ erwähnt. Neben der Abtei Fulda waren auch die Grafen von Henneberg hier begütert. Außer dem „Hennebergischen Freihof“ am Markt befanden sich in Helmershausen fünf weitere Rittersitze. Später gehörte der Ort zum Herzogtum Sachsen-Eisenach bzw. Sachsen-Weimar-Eisenach. 1991 wurde die Verwaltungsgemeinschaft Rhönblick gegründet, aus der 1996 die heutige Gemeinde Rhönblick hervorging, deren Hauptverwaltung in Helmershausen ansässig ist. 1736 wurde der Grundstein für die heutige Kirche gelegt, ein außergewöhnlich großes und prunkvolles Gotteshaus im fränkischen Barockstil, dessen Vollendung sich bis 1777 hinzog. Der „Dom der Rhön“, wie die imposante Dorfkirche im Volksmund genannt wird, beeindruckt mit seinem großzügigen barocken Innenraum, der prächtigen Ausmalung und nicht zuletzt mit der bedeutenden Orgel, die 1786 als krönender Abschluss der Ausgestaltung der Kirche eingeweiht werden konnte. Ihr Schöpfer ist der Orgelbauer Johann Michael Voit aus Schweinfurt.
Johann Michael Voit wurde 1744 in Schweinfurt geboren. Er war der Sohn eines Orgelbauers, des 1695 zur Welt gekommenen Johann Rudolf Voit. Dieser erlernte zunächst den Beruf des Schreiners und kam später auf uns bis heute nicht bekannten Wegen zum Orgelbau. Ab 1728 ist der Vater mit Orgelbauten nachweisbar. Der Sohn Johann Michael Voit erlernte sein Handwerk beim Vater und übernahm nach dessen Tod 1768 die Werkstatt. Als evangelischer Bürger der Freien Reichsstadt Schweinfurt belieferte Voit vorwiegend die reichsritterschaftlichen Patronatskirchen im östlichen Unterfranken bis Südthüringen. In Schweinfurt stand Johann Michael Voit als zeitweiliger Bürgerhauptmann auch ganz direkt im Dienste der Stadt. Von ihm sind etwa 25 Orgelneubauten nachweisbar, von denen jedoch nur einige wenige die Zeiten bis heute überstanden haben. Zu nennen ist hier etwa das 1773 gefertigte Instrument in Gädheim im Landkreis Haßberge und die 1776 fertiggestellte Orgel in Escherndorf bei Volkach. Eine gänzlich außergewöhnliche Prospektgestaltung zeigt das gut erhaltene, 1791 vollendete Instrument in Wetzhausen bei Stadtlauringen nordöstlich von Schweinfurt. In der Werkstatt von Johann Michael Voit arbeitete seit etwa 1810 auch sein 1774 geborener Sohn Carl Friedrich Voit mit, der das Unternehmen nach dem Tod des Vaters 1819 üebrnahm und die Firma weg vom Orgelbau, hin zur Fertigung von Hammerflügeln orientierte. Johann Michael Voits älterer Sohn Johann Volkmar Voit, geboren 1772, ging 1794 als Geselle zu Georg Markus Stein nach Durlach. Er heiratete dessen Tochter, wurde badischer Hoforgelmacher und begründete die bis ins 20. Jahrhundert hinein aktive Orgelbauanstalt Voit in Durlach bei Karlsruhe. Doch zurück zu Johann Michael Voit. Von allen seinen erhaltenen Orgeln ist das 1786 in Helmershausen errichtete Instrument das mit Abstand größte und bedeutendste. Noch dazu ist es in einem bemerkenswert guten Zustand erhalten. Orgelbaumeister Christoph Schindler, der das wertvolle Werk mit seiner Firma Hofmann und Schindler aus Ostheim vor der Rhön von 2006 bis 2011 schrittweise restaurierte, formulierte es so: „Wir haben hier ein Instrument, das selbst in der an Superlativen so reichen Thüringer Orgellandschaft durch die einmalig erhaltene historische Symbiose aus Klang und Raum ein Alleinstellungsmerkmal besitzt.“
Die prachtvolle, fränkisch-barocke Orgel in der Kirche zu Helmershausen besitzt 26 Register auf zwei Manualen und Pedal. Die Manuale haben einen Tonumfang bis zum d3. Neben einem Bordun 16' finden wir die Register Principal, Gamba, Flauto traverso, Unda maris und Trompetten 8', Octav und Flauto dolce 4', eine Quint 3', die Superoctav 2', dazu Sexquialter und eine 4fache Mixtur. Das Oberwerk verfügt über die Stimmen Lieblich Gedackt, Hohlflöte, Solicional und Piffaro 8', Principal und Spitzflöte 4', ein Flageolet 2', sodann ein Nasat 1 1/3' und als Klangkrone eine 3fache Mixtur. Mit dem Piffaro im Oberwerk und der Unda maris im Hauptwerk besitzt die Orgel also gleich zwei schwebende Stimmen. Das Pedal schließlich verfügt über einen Tonumfang bis zum c1 und die Register Subbaß, Principalbaß und Violon 16', einen Violonbaß 8' und einen Principalbaß 4'. Dazu kommen eine Manual- und eine Pedalkoppel, ein Tremulant zum Oberwerk und zwei Glockenaccorde, einen in G-Dur und einen in C-Dur. Der „Dom der Rhön“ in Helmershausen – ein Festsaal des Glaubens. Und seine Voit-Orgel: ein überwältigendes Meisterwerk - ohne Gleichen in Thüringen und darüber hinaus.

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Disposition:

Hauptwerk, C-d3 Oberwerk, C-d3 Pedal, C-c1  
Bordun 16' Lieblich Gedackt 8' Principalbaß 16' Manualkoppel
Principal 8' Solicional 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Flauto traverso 8' Piffaro 8' Violon 16' Tremulant OW
Gamba 8' Principal 4' Violonbaß 8' 2 Glockenaccorde
Unda maris 8' Spitzflöte 4' Principalbaß 4'  
Octav 4' Flageolet 2' (Posaune 16')  
Flauto dolce 4' Nasat 1 1/3'    
Quint 3' Mixtur 3f.    
Superoctav 2'      
Sexquialter 2f.      
Mixtur 4f.      
Trombetten 8'      

In Helmershausen gespielte Stücke:
Johann Bernhard Bach: Vom Himmel hoch, da komm ich her >>>
Johann Bernhard Bach: Wir glauben all an einen Gott >>>
Johann Heinrich Buttstedt zugeschrieben: Ich steh an deiner Krippen hier (Partita) >>>
Johann Christoph Conrad: Jesu, meine Freude I >>>
Johann Christoph Conrad: Jesu, meine Freude II >>>
Johann Kaspar Ferdinand Fischer: Praeludium und Fuge f-moll >>>
Wolfgang Amadeus Mozart: Ach Gott, vom Himmel sieh darein >>>
Georg Andreas Sorge: Sinfonia e-moll >>>
Johann Gottfried Walther: Lobe den Herren >>>
Ernst Friedrich Wolf: Mir nach, spricht Christus, unser Held >>>



HENFSTÄDT (Verwaltungsgemeinschaft Feldstein, Landkreis Hildburghausen)
Ev. Kirche




Erbauer: Johann Valentin Nössler (Zella-Mehlis) 1747-1748, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Henfstädt ist eine Gemeinde im Landkreis Hildburghausen im fränkisch geprägten Süden von Thüringen. Sie gehört der Verwaltungsgemeinschaft Feldstein an. Der Verwaltungssitz ist in der Stadt Themar. Henfstädt liegt im Werratal zwischen Themar und Leutersdorf zum großen Teil am linken Flussufer. Der Ort wurde erstmals im Jahr 914 in einer Urkunde, die auf einen Tauschvertrag von Besitzungen zwischen dem Abt Huoggi von Fulda und dem Edlen Gunter zurückgeht, unter dem Namen „Henfestadt“ erwähnt. Es gibt jedoch auf dem Gemeindegebiet Spuren einer wesentlich früheren Besiedelung. Im Mittelalter wurden viele adelige Familien in Henfstädt sesshaft, unter anderem die von Bräuning, Kießling, Herbilstadt, Bibra, Zufraß, Obernitz und Hanstein. Die drei Adelsgüter, die Ruine der Osterburg und die Grabplatten der Adeligen in der Kirche und auf dem Friedhof, zeugen noch heute hiervon. Herrschaftsmäßig gehörte der Ort im Amt Themar zunächst zur Grafschaft Henneberg, nach 1583 zu verschiedenen sächsischen Herzogtümern und von 1826 bis 1918 zu Sachsen-Meiningen. 1920 kam er zum Land Thüringen. Im Jahr 1544 wird die Kirche als Tochterkirche von Leutersdorf erstmals urkundlich erwähnt. Ihrer Anlage nach ist sie aber wesentlich älter. So sind die frühgotischen Baumerkmale unübersehbar, beispielsweise mehrere Fenster mit Spitzbögen und z. T. auch Rundbögen. An den Ostturm schließt sich, getrennt durch einen spitzbogigen Triumphbogen, das Haupthaus in der Größe von elf mal acht Metern Seitenlänge an. Eine Besonderheit ist der Sakristei ist der darin erhaltene steinerne Altar, der als Hinweis darauf gilt, dass der Raum der Sakristei als ältester Teil der Kirche möglicherweise eine ursprünglich selbstständige Kapelle war. Die 1748 vollendete Orgel ist ein Werk von Johann Valentin Nössler aus Zella-Mehlis.
Über den Erbauer der völlig unverändert erhaltenen Orgel in Henfstädt, jenen Johann Valentin Nössler, ist nicht sehr viel bekannt. Nössler wirkte zunächst in „Zelle“, dem heutigen Zella-Mehlis, von wo aus er 1747 bis 1748 die neue Orgel für Henfstädt fertigte. 1755 erwarb er das Bürgerrecht in Ohrdruf, wo er am 17. August 1769 verstarb. Die genaue Verwandtschaft mit Caspar Moritz Nößler, der 1724 in Obersteinbach, dem heutigen Steinbach-Hallenberg geboren wurde, ist nicht geklärt. Es könnte sein Bruder oder sein Onkel sein, nachgewiesen ist jedenfalls eine enge verwandtschaftliche Beziehung. Jener Caspar Moritz Nößler lernte bei dem Orgelbauer Johann Georg Fincke aus Saalfeld und wurde später Geselle und schließlich Nachfolger von Johann Christoph Wiegleb in Wilhermsdorf. Wo unser Johann Valentin Nössler seine Ausbildung erhielt, ist nicht bekannt. Außer der Orgel in Henfstädt ist nur noch die 1752 vollendete Orgel in der Dorfkirche zu Aschara, nördlich von Gotha, aus dem Oeuvre von Johann Valentin Nössler erhalten. Das ist auch schon alles, was wir über ihn wissen. Umso bemerkenswerter ist die Tatsache, dass wir mit der Orgel in Henfstädt eine fast völlig im Originalzustand erhaltene Orgel besitzen. Joachim Stade von Orgelbau Waltershausen, der 2009 die Restaurierung des Instruments durchführte, schrieb hierzu folgendes: „Eine Umdisponierung der Orgel hat nie stattgefunden und während des 20. Jahrhunderts dürfte dann nichts mehr an der Orgel geschehen sein, nicht einmal ein elektrischer Winderzeuger wurde angebaut. Es war eine interessante Aufgabe, dieses außergewöhnliche Instrument zu restaurieren. Da die Orgel zu Beginn der Arbeiten nicht mehr spielbar war, stellte das formulierte Ziel, die Windlade nur eingeschränkt zu restaurieren, ein erhebliches Risiko dar. Erfreulicherweise scheint dennoch ein stabiler Zustand erreicht worden zu sein. Sicher wird es zahlreiche Organisten geben, die einer solchen Konzeption mit … Unverständnis begegnen. Um so mehr werden hoffentlich die Freunde von unver­änderten historischen Instrumenten von diesem liebenswerten Kleinod begeistert sein und sich auch an den erkennbaren Spuren des Alters und der Nutzung erfreuen.“ Soweit Joachim Stade.
Die zum größten Teil völlig original erhaltene Orgel von Johann Valentin Nössler in Henfstädt besitzt 11 Register auf einem Manual und Pedal. Das Manual reicht von C bis zum c3 ohne Cis und ist klanglich auf dem Principal 4' aufgebaut. Dazu finden sich die beiden aus Nadelholz gefertigten Register Gedackt und Hohlflöte 8' sowie ein metallenes Quintatön 8'. Weiterhin verfügt das Manual über die Register Gedackt und Spitzflöte 4', eine Quinte 3', die Octave 2' und eine 4fache Mixtur. Das Pedal, das bis zum c1 geführt ist, besitzt Subbaß 16' und Oktavbaß 8'. Dazu kommen eine Pedalkoppel und ein Kanaltremulant. Eine technische Rarität ist das seitlich vom Orgelgehäuse aufgestellte Pedalwerk, dessen Traktur unter dem Fußboden durchführt. Als besondere Attraktion wurde bei der Restaurierung in die Decke des darunter befindlichen Raumes ein Fenster eingebaut – so kann die Orgel nicht nur zu hören, sondern die Pedaltraktur auch sehen. Lediglich nach Spuren einer historischen Stimmung suchte man bei der sorgfältigen Restaurierung 2009 vergebens und so entschied man sich für eine annähernd gleichstufige Temperatur. Die Nössler-Orgel von 1748 in Henfstädt ist in außergewöhnlich vollständigen originalen Erhaltung ein ganz besonderes Kleinod ist der an historischen Instrumenten nicht gerade armen Orgellandschaft Thüringens. Dankenswerterweise finden in der Kirche neben regelmäßigen Gottesdiensten auch des Öfteren Konzerte statt. 

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Manual, CD-c3 Pedal, CD-c1  
Gedackt 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Hohlflöte 8' Octavbaß 8' Tremulant
Quintatön 8'    
Principal 4'    
Gedackt 4'    
Spitzflöte 4'    
Quinte 3'    
Octave 2'    
Mixtur 4f.    

In Henfstädt gespielte Stücke:
Andreas Armsdorff: Herr Jesu Christ, dich zu uns wend I >>>
Andreas Armsdorff: Herr Jesu Christ, dich zu uns wend II >>>
Andreas Armsdorff: Kommt her zu mir, spricht Gottes Sohn >>>
Andreas Armsdorff: Wie schön leuchtet der Morgenstern >>>
Johann Heinrich Buttstedt: Fuga g-moll >>>
Johann Zacharias Franck: Praeludium ex C >>>
Johann Zacharias Franck: Praeludium ex E >>>
Johann Heuschkel: Lobt Gott, ihr Christen, allzugleich >>>
Johann Philipp Kirnberger: Eins ist Not >>>
Johann Philipp Kirnberger: Herzlich tut mich verlangen >>>
Gottfried Ernst Pestel: Praeludium ex dis >>>



HERPF (Stadt Meiningen, Landkreis Schmalkalden-Meiningen)
Ev. Kirche St. Johannes




Erbauer: Johann Caspar Rommel (Roßdorf) 1752-1753, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Herpf ist ein Ortsteil der Kreisstadt Meiningen im Süden des Freistaates Thüringen mit 913 Einwohnerinnen und Einwohnern. Der Ort liegt im Westen des Stadtgebietes in der Vorderrhön im Tal des gleichnamigen Flüsschen Herpf unweit des 751 Meter hohen Gebaberges. Der Ort befindet sich im Biosphärenreservat Rhön. Die Entfernung bis in das Stadtzentrum von Meiningen beträgt in Luftlinie rund sechs Kilometer. 788 wurde Herpf als „Heripfe“ urkundlich erwähnt und ist der älteste Ortsteil von Meiningen. Der Ort wurde im Mittelalter mit Graben, doppelter Mauer und zwei Toren umwehrt. Im Nordwesten lag eine Burg, sie wurde vermutlich Ende des 15. Jahrhunderts in eine wehrhafte Kirchenanlage umgebaut. 1447 wurde diese Kirche erstmals erwähnt. 1497 vereinte man durch Baumaßnahmen den Bergfried der ehemaligen Burg mit dem Langhaus der Kirche. Der jetzige Saalraum entstand 1611 mit zweigeschossigen Emporen. Nach der Aufteilung der Grafschaft Henneberg im Jahr 1660 gehörte der Ort kurzzeitig bis 1672 zum Amt Wasungen und kam dann an das Amt Maßfeld zurück. Seit 1680 gehörte der Ort zum Herzogtum Sachsen-Meiningen. 1825 wurde Herpf dem Amt Meiningen angegliedert. 2010 wurde Herpf in die Stadt Meiningen eingemeindet. Die evangelische Pfarrkirche St. Johannis ist eine Chorturmkirche mit rechteckigem Schiff und stammt aus den Jahren 1611–1620, Die Treppentüren wurden bereits 1497 gefertigt. 1722, in der Zeit des Bauernbarocks, wurde die Kirche prachtvoll ausgestattet und der im Sockel des Turms befindliche Chorraum einen mit Figuren geschmückten Altar. Die optisch wie klanglich ebenso prachtvolle barocke Orgel stammt von Johann Caspar Rommel aus Roßdorf.
Johann Caspar Rommel, der Erbauer der Orgel in Herpf, wurde 1721 in Roßdorf bei Breitungen in Thüringen geboren. Über seinen beruflichen Werdegang liegen noch keine Informationen vor, sein Vater war Drechsler. Er richtete seine Werkstatt in Roßdorf ein, nachdem er die Tochter des Schreiners Jacob Kirchner geheiratet hatte. Sein erstes Instrument war die Orgel in Herpf - mit 21 Registern auf zwei Manualen und Pedal bereits ein recht großes Instrument. Über das genaue Erbauungsjahr der Orgel kursieren widersprüchliche Angaben, die hier kurz aufgeklärt seien. 1752 wurde der Kontrakt zwischen Johann Caspar Rommel und der Gemeinde Herpf geschlossen. Eine Inschrift auf der Windlade gibt als Erbauungsjahr 1753 an. Die farbige Gehäusefassung wurde 1757 vollendet. Die Vorgängerorgel in Herpf wurde 1668 von Johann Moritz Weiße erbaut. Rommel verwendete große Teile davon bei seinem 1754 ausgeführten Orgelbau im benachbarten Orte Seeba wieder. 1755 baute Rommel in Kaltenlengsfeld, 1756 im Hümpfershausen und 1765 im ebenfalls nicht weit entfernten Wohlmuthausen. Mit Ausnahme der in Seeba wieder aufgebauten Weiße-Orgel aus Herpf handelte es sich durchweg um zweimanualige Instrumente mit rund 20 Registern. Seine vielleicht bedeutendste Orgel erstellte Rommel 1779 in Zella-Mehlis mit 25 Registern. Die letzte Orgel aus seiner Werkstatt steht in der idyllischen Kapelle des Dorfes Geba, die 1793 vollendet wurde und in einem anderen Orgelportrait vorgestellt wird. Danach übergab er die Werkstatt seinem Sohn Theodor Gabriel Rommel. Im Jahr 1800 ist Johann Caspar Rommel gestorben. Die sehr hohe technische Qualität seiner Instrumente und der interessante, unverwechselbare Klang lassen uns Johann Caspar Rommel als einen der bedeutendsten Orgelbaumeister in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Thüringen erkennen. Rommels Erstlingswerk in Herpf hat die Zeiten relativ gut überstanden. 1896 erfolgte ein kleinerer Umbau im Sinne der Romantik durch den Orgelbauer Alfred Kühn aus Schleusingen. Hierbei wurden vier Register ausgetauscht. 1995 entschloss man sich zu einer Restaurierung und Rückführung auf den Originalzustand, die 1999 durch die Orgelbauwerkstatt Gebr. Hoffmann aus Ostheim vor der Rhön ausgeführt wurde.
Johann Caspar Rommels Orgel in der Johanniskirche zu Herpf in der Thüringischen Rhön besitzt 21 Register auf zwei Manualen und Pedal. Das Hauptwerk, das vom Ton C bis zum c3 ausgebaut ist – ohne Cis – steht auf Principal-8'-Basis, grundiert von einem Quintatön 16' und in der 8'-Lage differenziert durch Gambe und Gedackt. Nach oben ergänzt wird die Disposition durch Spitzflöte 4', Quinta 3', Oktave 2' und eine nicht ganz korrekt als Sesquialter bezeichnete Terzreihe 1 3/5'. Bekrönt wird der Klang von einer 5fachen Mixtur. Das Oberwerk besitzt eine sehr farbige Disposition mit Lieblich Gedackt und Flauto traverso 8', Principal und Nachthorn 4', Flageolet 2', Quint 1 1/2', einer 3fachen Mixtur und einer Vox humana 8', die zu den vier rekonstruierten Stimmen gehört. Ebenfalls vom Oberwerk aus wird das für Thüringen so typische Glockenspiel "tractiert". Im Pedal sind vier Register zu finden, Subbaß, Violonbaß und Posaunenbaß 16' sowie der Oktavenbaß 8'. Dazu kommen noch zwei Koppeln und ein Cimbelstern. Mit der Restaurierung der Rommel-Orgel in Herpf wurde ein bedeutendes Barockinstrument der südthüringischen Orgellandschaft der Nachwelt erhalten und in seiner barocken Pracht wieder erlebbar gemacht. 

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Hauptwerk, CD-c3 Oberwerk, CD-c3 Pedal, CD-c1  
Quintatön 16' Lieblich Gedackt 8' Subbaß 16' Manualkoppel
Principal 8' Flauto traverso 8' Violonbaß 16' Pedalkoppel
Gedackt 8' Principal 4' Octavenbaß 8' Cymbelstern
Gambe 8' Nachthorn 4' Posaunenbaß 16' Glockenspiel
Spitzflöte 4' Flageolet 2'    
Quinta 3' Quinta 1 1/2'    
Octave 2' Mixtur 3f.    
Sesquialter 2f. Vox humana 8'    
Mixtur 5f.      

In Herpf gespielte Stücke:
Johann Sebastian Bach: Befiehl du deine Wege (Partita) BWV Anh. 79 >>>
Johann Sebastian Bach: Christ ist erstanden BWV 746 >>>
Johann Sebastian Bach: Freu dich sehr, o meine Seele >>>
Johann Sebastian Bach: Ich hab mein Sach Gott heimgestellt BWV 1113 >>> 
Johann Sebastian Bach: In dulci jubilo BWV 751 >>>
Johann Sebastian Bach: Präludium und Fuge F-Dur BWV 556 >>>
Johann Kaspar Ferdinand Fischer: Christ ist erstanden >>>
Johann Valentin Rathgeber: Aria Nr. 6 in F >>>
Johann Valentin Rathgeber: Aria Nr. 7 in F >>>
Johann Valentin Rathgeber: Aria Nr. 8 in F >>>
Johann Valentin Rathgeber: Aria Nr. 9 in F >>>
Johann Valentin Rathgeber: Aria Nr. 10 in F >>>
Georg Andreas Sorge: Auf, Christenmensch >>>
Georg Andreas Sorge: Aus der Tiefen >>>
Georg Andreas Sorge: Praeludium G-Dur >>>
Tobias Volckmar: Kyrie, Gott Vater >>>



KÄLBERFELD (Gemeinde Hörselberg-Hainich, Wartburgkreis)
Ev. Lutherkirche




Erbauer: Hugo Böhm (Gotha) 1905, Kegelladen, pneumatische Spiel- und Registertraktur

Kälberfeld ist ein Ortsteil der Gemeinde Hörselberg-Hainich im thüringischen Wartburgkreis. Es ist ein langgestrecktes Bachhufendorf an der Bundesstraße B7 von Eisenach nach Gotha, 1318 erstmals urkundlich genannt und durchflossen von der Hörsel. Nördlich von Kälberfeld steigt steil der Große Hörselberg an. Vom Hörselberghaus hat man einen fantastischen Blick über den Thüringer Wald, zum Inselsberg und zur Wartburg; eine Idylle, die schon Richard Wagner zu schätzen wusste. Die Venusgrotte, rund anderthalb Kilometer nördlich von Kälberfeld, lieferte dem Meister Anregungen zu seiner Oper Tannhäuser und der Sängerkrieg auf der Wartburg. Das Dorf gehörte zum Wangenheimschen Gericht innerhalb der ernestinischen Herzogtümer und kam 1826 mit diesem zum Herzogtum Sachsen-Coburg und Gotha. Rund 270 Einwohnerinnen und Einwohner leben heute in Kälberfeld, das 1996 in die Gemeinde Hörselberg und 2007 in die neu geschaffene Gemeinde Hörselberg-Hainich eingemeindet wurde. Von weither sichtbar grüßt die Lutherkirche des Dorfes, die 1905 am südlichen Dorfrand in neuromanischen Formen nach Plänen des Gothaer Architekten Alfred Cramer erbaut wurde und die in ihrem Äußeren mehr an ein Schloß einer südenglischen Grafschaft denn an eine Dorfkirche im Thüringer Wald erinnert. Der Bau des imposanten Gotteshauses war durch Entschädigungszahlungen der Reichsbahn ermöglicht worden, die ab 1845 die Schienen direkt neben der alten Kirche verlegten, die den damit verbundenen Erschütterungen nicht mehr standhalten konnte. Die schön gestalteten Fenster sind ebenso unverändert aus der Erbauungszeit erhalten wie die Orgel, die aus der Werkstatt von Hugo Böhm in Gotha stammt. 
Der Orgelbauer Hugo Böhm wurde 1862 in Waltershausen geboren. Er erlernte sein Handwerk bei Gustav Koch in Gotha, arbeitete dann als Geselle auf Wanderschaft zunächst bei Richard Kreutzbach in Borna, bei Friedrich Ladegast in Weißenfels und bei Friedrich Goll in Luzern, bevor er sich 1889 in Waltershausen selbstständig machte. Sein Meisterstück ist die wohl erhaltene und restaurierte Orgel in Laucha, einem Teil der heutigen Landgemeinde Hörsel mit 14 Registern. Im Jahre 1900 erwarb Böhm die Werkstatt von Guido Knauf in Gotha und verlegte daraufhin den Firmensitz in die nahe Residenzstadt. Er erbaute Orgeln vorrangig im Gebiet des damaligen Herzogtums Sachsen-Coburg-Gotha, aber auch nach Hüttenberg und Niederkleen bei Gießen in Mittelhessen lieferte Böhm noch vor der Jahrhundertwende Instrumente. 1920 übernahmen die beiden Söhne Paul (1891-1969) und Rudolf Böhm (1895-1966) die Firma, doch blieb Hugo Böhm bis zu seinem Tod 1935 weiterhin in dem Familienunternehmen aktiv. Der 1926 geborene Gerhard Böhm, Sohn von Paul Böhm, war sodann ab 1962 Inhaber der Firma Rudolf Böhm Orgelbau Gotha. Es gelang ihm, die Werkstatt in Privatbesitz zu halten und nicht in einem VEB umwandeln lassen zu müssen. Allerdings blieben ihm damit auch die ganz großen Aufträge verwehrt. Stattdessen lieferte die Firma Böhm in den folgenden gut 30 Jahren hunderte kleinere und mittelgroße Orgeln in alle Teile der DDR und darüber hinaus. Ein wichtiges Standbein war auch der Vertrieb eines eigenen Winderzeugers, Marke Elektrowind, mit dem die Firma Böhm in der DDR ein Alleinstellungsmerkmal besaß. 1991 machten sich einige Gesellen von Gerhard Böhm als Orgelbaugesellschaft Waltershausen selbstständig und führen seither die Tradition des Orgelbauens und vor allem auch des Restaurierens am Fuße des Thüringer Waldes ruhmreich fort. Gegen Ende der 1990er Jahre schließlich gab Gerhard Böhm die Werkstatt auf, er verstarb 2016. Doch zurück zum Firmengründer, zu Hugo Böhm und seiner unverändert erhaltenen Orgel in Kälberfeld, die 14 Register auf pneumatischen Kegelladen besitzt. 
Die Orgel in Kälberfeld wurde 1994 durch die Firma Orgelbau Waltershausen, die heute die von Hugo Böhm begründete Tradition fortsetzt, stilgerecht restauriert. Im Hauptwerk finden wir zunächst den klassischen Principalchor auf 8'-Basis, der über Octave und Superoctave in einer 3fachen Mixtur gipfelt. Umhüllt wird er von einem warmen Bordun 16' sowie von Hohlflöte und Gamba 8'. Das Oberwerk besitzt Geigenprincipal, Lieblich Gedackt und Salicional 8' sowie eine Flöte 4'. Im Pedal schließlich stehen Subbaß und Violon 16' sowie ein Octavbaß 8', dazu kommen eine Manual- und eine Pedalkoppel sowie drei feste Kombinationen für Piano, Mezzoforte und Forte. Die Register werden über kleine, nach unten einrastende Hebel bedient, wie wir das in ganz ähnlicher Form auch bei den Orgeln von Wilhelm Rühlmann aus jener Zeit finden. 

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Disposition:

Hauptwerk, C-f3 Oberwerk, C-f3 Pedal, C-d1  
Bordun 16' Geigenprincipal 8' Subbaß 16' Manualkoppel
Principal 8' Lieblich Gedackt 8' Violon 16' Pedalkoppel
Hohlflöte 8' Salicional 8' Octavbaß 8' 3 feste Kombinationen
Gamba 8' Flöte 4'    
Octave 4'      
Octave 2'      
Mixtur 3f.      

In Kälberfeld gespielte Stücke:
Felix Draeseke: O Ewigkeit, du Donnerwort >>>
Gustav Holländer: Sieh, hier bin ich, Ehrenkönig >>>
Max Jentsch: Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort >>>
Wilhelm Kienzl: Allein Gott in der Höh sei Ehr >>>
Wilhelm Köhler-Saalfeld: Werde munter, mein Gemüte >>>
Ernst Rabich: Ein feste Burg ist unser Gott >>>
Ernst Rabich: Nun sich der Tag geendet hat >>>
Georg Riemenschneider: Abendlied >>>
Camillo Schumann: Aus tiefer Not schrei ich zu dir >>>
Camillo Schumann: Brich an, du schönes Morgenlicht >>>
Camillo Schumann: Eins ist Not, ach Herr, dies eine >>>
Camillo Schumann: Großer Gott, wir loben dich >>>



KALTENLENGSFELD (Stadt Kaltennordheim, Wartburgkreis)
Ev. Kirche Zur Ruhe Gottes




Erbauer: Johann Caspar Rommel (Roßdorf) 1755-1757, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Kaltenlengsfeld, ein Dorf im Biosphärenreservat Rhön, ist ein Ortsteil der Stadt Kaltennordheim im Süden des thüringischen Wartburgkreises. Kaltenlengsfeld liegt in der thüringischen Rhön inmitten des Feldatals, das die Vordere Rhön westlich flankiert. Der Ort befindet sich 20 Kilometer Luftlinie südlich der Kreisstadt Bad Salzungen. Der höchste Punkt des Ortes befindet sich immerhin auf rund 700 Metern Höhe. Kaltenlengsfeld befindet sich in einer bereits in frühgeschichtlicher Zeit dicht besiedelten Landschaft. Die Wallanlagen auf den das Dorf umgebenden Bergen und Kuppen gehören zu einem ausgedehnten Befestigungssystem der Kelten. 819 wurde der Ort erstmals in einer Fuldaer Urkunde als „Lengifeld“ erwähnt. Der Ort lag in der Grafschaft Tullifeld. In Kaltenlengsfeld war ein Adelsgeschlecht – die Herren von Lengisfeld beheimatet. Der Ort gehörte von alters her zum Amt Kaltennordheim, aber um 1400 wurde es dem Zentgericht Friedelshausen einverleibt. Den Dreißigjährigen Krieg und auch die Napoleonischen Kriege überstand das Dorf als eines der wenigen der Gegend unbeschadet. Die heutige evangelische Dorfkirche wurde 1721 auf den Namen „Zur Ruhe Gottes“ geweiht. Sie verfügt über einen älteren Turm und eine reiche Innenausstattung mit zweigeschossigen und reichbemalten Emporen. Die bemerkenswerte Orgel der Kirche wurde von dem Orgelbauer Johann Caspar Rommel aus dem nahegelegenen Roßdorf im Jahre 1755 gebaut. In der Fachliteratur und im Internet ist mehrfach zu lesen, dass sie „eine von lediglich drei Orgeln in Thüringen sei, die über ein Rückpositiv verfügen“. Nun, neben Kaltenlengsfeld sind das noch Römhild, Michaeliskirche in Erfurt und Berka an der Werra und das sind vier – man sieht an dem Beispiel mal wieder, dass vieles ungeprüft übernommen und kopiert wird.
Johann Caspar Rommel, der Erbauer der Orgel in Kaltenlengsfeld, wurde 1721 in Roßdorf geboren, Roßdorf liegt elf Kilometer nordwestlich von Kaltenlengsfeld. Über seinen beruflichen Werdegang liegen noch keine Informationen vor, sein Vater war Drechsler. Er richtete seine Werkstatt in Roßdorf ein, nachdem er die Tochter des Schreiners Jacob Kirchner geheiratet hatte. Sein erstes Instrument war die Orgel in Herpf - mit 21 Registern auf zwei Manualen und Pedal bereits recht groß dimensioniert. Im Juni 1755 wurde dann der Kontrakt über den Neubau in Kaltenlengsfeld geschlossen. Im Frühjahr 1757 sollte das Werk vollendet sein, doch vermutlich erfolgte die Fertigstellung nicht vor dem Sommer jenes Jahres. Es waren Jahre, in denen Rommel viel zu tun hatte. Zeitgleich mit dem Orgelbau in Kaltenlengsfeld arbeitete er an dem 1756 fertiggestellten Umbau der Orgel in Hümpfershausen und kurz zuvor hatte er bereits die alte Johann-Moritz-Weiße-Orgel aus Herpf in der Kirche des Dorfes Seeba wieder zur Aufstellung gebracht. Mit Ausnahme dieser Orgel für Seeba handelte es sich durchweg um zweimanualige Instrumente mit rund 20 Registern. Wir springen ein wenig ins Jahr 1779, damals erstellte Rommel seine vielleicht bedeutendste Orgel in Zella-Mehlis mit 25 Registern. Die letzte Orgel aus seiner Werkstatt steht in der idyllischen Kapelle des Dorfes Geba, die 1793 vollendet wurde. Danach übergab er die Werkstatt seinem Sohn Theodor Gabriel Rommel und im Jahr 1800 ist Johann Caspar Rommel gestorben. Die sehr hohe technische Qualität seiner Instrumente und der interessante, unverwechselbare Klang lassen uns Johann Caspar Rommel als einen der bedeutendsten Orgelbaumeister in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Thüringen erkennen. Wie bereits erwähnt, ist die Orgel in Kaltenlengsfeld mit ihrem Rückpositiv eine seltene Ausnahme in der reichen Orgellandschaft Thüringens. Durch intensives Quellenstudium vor der 2001 bis 2006 durchgeführten Restaurierung konnte eindeutig belegt werden, dass das Gehäuse nicht, wie in manch älterer Literatur zu lesen ist, aus dem17. Jahrhundert stammt und von Rommel lediglich übernommen wurde. Johann Caspar Rommel hat 1755 die Bauform mit dem damals eigentlich in Thüringen schon aus der Mode gekommenen Rückpositiv allem Anschein nach aus Platzgründen gewählt. Auch klanglich ist das Instrument höchst bemerkenswert. Ein befreundeter Organist meinte kürzlich wörtlich: „...das klingt ja fast wie in Lüdingworth“. Zwar sind die Orgeln in Kaltenlengsfeld und Lüdingworth klanglich ganz unterschiedlich ausgelegt, aber die akustischen Verhältnisse im jeweiligen Raum sind tatsächlich ganz ähnlich.
Der hohe Anteil originaler Substanz in Kaltenlengsfeld macht die außergewöhnliche Rommel-Orgel in dem kleinen, etwas versteckt liegenden Rhöndorf zu einem besonderen Schatz innerhalb der Orgellandschaft Thüringens. 2001 bis 2006 wurde das Instrument vorbildlich durch die Firma Orgelbau Waltershausen restauriert. 22 Register verteilen sich auf zwei Manualen und Pedal. Die Manuale besitzen einen Umfang bis zum c3 ohne das Cis. Im Hauptwerk finden wir 10 Stimmen, nämlich Quintatön 16', Principal, Grobgedackt, Viola di Gamba und eine Trompete 8', Spitzflöte 4', Quinta 3', Octave 2', dazu ein Sesquialter, was hier eine einzelne Terzreihe ist und eine 4-5fache Mixtur. Das Rückpositiv verfügt über eine ausgesprochen farbige Disposition: Quintatön und Floit Travers 8', Principal, Kleingedackt und Nachthorn 4', Flaschenet 2', Quinta 1 1/3' und bekrönt von einer 3fachen Mixtur. Das Pedal, das bis zum c1 ausgebaut ist, besitzt Subbaß, Violonbaß und Posaunbaß 16' sowie einen Principalbaß 8', dazu kommt eine Manual- und eine Pedalkoppel sowie ein Tremulant. Insgesamt besitzt die Orgel einen faszinierenden, herben und durch die trockene Akustik des Raumes sehr direkten Charme – was durch die ungleichschwebende Stimmung nach Kirnberger III noch verstärkt wird. 

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Disposition:

Hauptwerk, CD-c3 Rückpositiv, CD-c3 Pedal, CD-c1  
Quintatön 16' Quintatön 8' Subbaß 16' Manualkoppel
Principal 8' Floit Travers 8' Violonbaß 16' Pedalkoppel
Grobgedackt 8' Principal 4' Principalbaß 8' Tremulant
Viola di Gamba 8' Kleingedackt 4' Posaunbaß 16'  
Spitzflöte 4' Nachthorn 4'    
Quinta 3' Flaschenet 2'    
Octave 2' Quinta 1 1/3'    
Sesquialter 1f. (= Terz) Mixtur 3f.    
Mixtur 4-5f.      
Trompete 8'      

In Kaltenlengsfeld gespielte Stücke:
Andreas Armsdorff: Herr Jesu Christ, dich zu uns wend >>>
Johann Sebastian Bach: Nun laßt uns den Leib begraben BWV 1111 >>>
Johann Sebastian Bach: Wenn dich Unglück tut greifen an BWV 1104 >>>
Wolfgang Carl Briegel: Fuga tertii toni >>>
Johann Heinrich Buttstedt: Partita "Wo soll ich fliehen hin" >>>
Johann Kaspar Ferdinand Fischer: Praeludium und Fuge e-phrygisch >>>
Gottfried Kirchhoff: Vater unser im Himmelreich I >>>
Gottfried Kirchhoff: Vater unser im Himmelreich II >>>
Johann Christian Kittel: Fantasia a-moll >>>



KALTENWESTHEIM (Verwaltungsgemeinschaft Hohe Rhön, Landkreis Schmalkalden-Meiningen)
Ev. Kirche



 
Erbauer: Johann Markus Oestreich (Oberbimbach) 1802-1804, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Kaltenwestheim ist eine Gemeinde im Landkreis Schmalkalden-Meiningen in Südwesten von Thüringen. Sie gehört der Verwaltungsgemeinschaft Hohe Rhön an, die ihren Verwaltungssitz in der Gemeinde Kaltensundheim hat. Erstmals wurde die Gemeinde im Jahr 795 als Westheim erwähnt. Der Ort gehörte über Jahrhunderte zum Amt Kaltennordheim, welches sich zeitweise im Besitz der Herren von Neidhartshausen, der Grafschaft Henneberg-Schleusingen, verschiedener Ernestinischer Herzogtümer befand und zuletzt ab 1815 zum Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach gehörte. Der Kirchhof und der Ort selbst waren im Mittelalter befestigt. Der Torturm und Teile der Ringmauer sind bis heute erhalten. 1606 wurde die Vorgängerin der heutigen Kirche vollendet, die 1796 bei einem Großbrand zerstört wurde. Drei Jahre später wurde die Kirche auf deren Grundmauern wiederaufgebaut. Den Auftrag zum Orgelneubau 1799 erhielt Johann Marcus Oestreich aus Oberbimbach bei Fulda. Doch liest sich die Geschichte dieses Orgelbaues in den Akten wie ein kleiner Wirtschaftskrimi aus alter Zeit unter dem Motto „Aus Schaden wird man klug“.
Johann Markus Oestreich war der bedeutendste Vertreter der Orgelbauer-Familie Oestreich, die über fünf Generationen und fast eineinhalb Jahrhunderte hinweg den Orgelbau in Osthessen und darüber hinaus maßgeblich prägte. Geboren wurde er 1737 in Oberbimbach bei Fulda. Wo er sein Handwerk erlernte, ist nicht sicher; man vermutet aber eine längere Zusammenarbeit mit Philipp Ernst Wegmann in Frankfurt, bevor Johann Markus ab Mitte der 1760er Jahre zusammen mit seinem Vater Jost Oestreich mit eigenen Orgelarbeiten nachweisbar ist. Als man 1799 den Orgelbau in Kaltenwestheim an, wie es in den Akten heißt, „Johann Marcus Oestreich aus Oberbimig bey Fult“ vergab, war er bereits ein weit über Osthessen hinaus bekannter und anerkannter Orgelbauer. Doch hatten die Kaltenwestheimer nicht mit dem „Fürstlichen Ober-Consistorium“ gerechnet, das im Oktober 1799 nicht nur den geschlossenen Vertrag für ungültig erklärt, sondern auch noch eine sehr eindeutige Empfehlung für den "hiesigen privilegirten Orgelbauer Eisenbrand" abgab, der versprach, die "Orgel von gleicher Qualität herstellen zu wollen". Nach einigem Hin und Her wird nun zwischen der Gemeinde und dem Orgelbauer Johann Conrad Eisenbrand zu Eisenach im Februar 1800 ein neuer Vertrag unterzeichnet. Dieser "Accord" ist nahezu exakt identisch mit dem ursprünglichen Plan von Oestreich. Eisenbrand beginnt dann mit der Arbeit und dann geht´s richtig los in den Akten. Offensichtlich war man mit dem Fortgang der Arbeiten unzufrieden und so werden immer wieder Experten gebeten, die Orgel zu besichtigen. Diese Besichtigungstermine finden dann aber nicht statt, einmal verweigert der Orgelbauer den Zutritt zur Kirche, ein anderes Mal sagt der Organist kurzerhand ab. Eisenbrand rechtfertigt den Verzug in einem langen Brief und meint sogar, gegen die Vorwürfe der Gemeinde "feierlichst protestieren" zu müssen. Schließlich wird im August 1801 ein langes Gutachten erstellt, in dem es u.a. heißt: "Die Orgel würde gegenwärtig ihren Verfertiger wenig recommandiren". Hiergegen wehrt sich Eisenbrand nun in einem ebenso langen Brief, der fast spöttisch mit „Ihr Freund Eisenbrand“ unterzeichnet ist. Die Situation ist also eskaliert und das Consistorium muss wieder eingreifen. Es wird ein "termin" anberaumt in dem dann vereinbart wird, dass ein unabhängiger Orgelbauer eingeschaltet wird um zu prüfen, ob "die Orgel accordmäßig hergestellt sey". Die Wahl fällt auf den "Orgelbauer Brehler zu Unterbimbach", der pikanterweise ein Schüler Oestreichs war. Im März 1802 findet ein neuerlicher Termin im Consistorium mit Eisenbrand und den Kaltenwestheimer Gemeindevertretern statt. Es wird ein Vergleich geschlossen, in dem Eisenbrand eine Vergütung für die "fertige Arbeit" zugesprochen wird. Gleichzeitig fragt die Gemeinde an, ob man für die Vollendung einen "geschickten Orgelbauer" beauftragen dürfe. Und jetzt erinnert man sich wieder an Oestreich! Der neue Vertrag für eine "neue Orgel" zwischen der Gemeinde Kaltenwestheim und Oestreich wird schon am 20. März 1802 geschlossen, und zwar unterzeichnen hier Johann Markus Oestreich und sein Sohn Johann Georg Oestreich. Im August 1804 wird mitgeteilt, dass die Orgel so gut wie fertig ist und man fragt beim Consistorium an, wer das "Examen" ausstellen könne. Tja, früher war also auch nicht alles besser als heute.
Vermutlich hat Johann Marcus Oestreich Teile der halbfertigen Eisenbrand-Orgel in seinem Neubau wiederverwendet. Vor allem der Prospekt ist nicht sehr typisch für Oestreich. Das klingende Werk hingegen weist alle Charakterista Oestreich'scher Orgeln jener Zeit auf. Die Orgel erhielt 20 Register auf zwei Manualen und Pedal. Seit 2012 laufen Restaurierungsarbeiten durch die Orgelbauer Gebrüder Hey aus Urspringen in der Rhön. 15 Register sind derzeit verwendbar. Das Hauptwerk, das vom C bis zum f3 ausgebaut ist, besitzt Principal und Gedackt 8' sowie einen fülligen Bordun 16' als Grundlage. Dazu kommen Oktave und Spitzflöte 4' sowie eine Quinte 3' und als Klangkrone eine 4fache Mixtur auf 2'-Basis. Es fehlen hier die beiden noch nicht fertig restaurierten Stimmen Gamba 8' sowie die zweite Klangkrone, eine 2fache Cymbel. Das Oberwerk besitzt 7 Stimmen, von denen vier derzeit verwendet werden können. Flauto traverso 8', Principal und Kleingedackt 4' sowie das Flageolet 2' stehen aktuell dem Organisten zur Verfügung, dazu kommen noch Quintatön und Gedackt 8' sowie die 3fache Mixtur. Das Pedal, das bis zum d1 geführt ist, besitzt vier Register, nämlich Subbaß, Violon- und Posaunenbaß 16' sowie einen Oktavbaß 8'. Ein Tremulant sowie zwei Koppeln, von denen die Manualkoppel als Klötzchenkoppel gebaut ist, ergänzen die Disposition. Die bei der Restaurierung verwendete historische Stimmung nach Neidhart läßt heute auch Orgelmusik des Hochbarock überzeugend erklingen.


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Disposition:
 

Hauptwerk, C-f3 Oberwerk, C-f3 Pedal, C-d1  
Bordun 16' Gedackt 8' Subbaß 16' Manualkoppel
Principal 8' Flauto traverso 8' Violonbaß 16' Pedalkoppel
Gedackt 8' Quintatön 8' Octavbaß 8' Tremulant
Gamba 8' Principal 4' Posaunenbaß 16'  
Octave 4' Kleingedackt 4'    
Spitzflöte 4' Flageolet 2'    
Quinta 3' Mixtur 3f.    
Mixtur 4f.      
Cymbel 2f.      


In Kaltenwestheim gespielte Stücke:
Andreas Armsdorff: Erbarm dich mein, o Herre Gott >>>
Andreas Armsdorff: Gleichwie sich fein ein Vögelein >>>
Andreas Armsdorff: Herr Jesu Christ, du höchstes Gut >>>
Andreas Armsdorff: Wenn dich Unglück tut greifen an >>>
Friedrich Wilhelm Marpurg: Befiehl du deine Wege >>>
Johann Gottfried Vierling: Allegro moderato Es-Dur >>>
Johann Gottfried Vierling: Das walt mein Gott >>>
Johann Gottfried Vierling: Dir, dir, Jehovah, will ich singen >>>
Johann Gottfried Vierling: Nicht um Reichthum nicht >>>
Johann Gottfried Vierling: Poco adagio B-Dur >>>
Johann Gottfried Vierling: Wer nur den lieben Gott läßt walten >>>



LEUTERSDORF (Verwaltungsgemeinschaft Dolmar-Salzbrücke, Landkreis Schmalkalden-Meiningen)
Ev. Kirche St. Vitus




Erbauer: Nicolaus Seeber (Römhild) 1718, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Leutersdorf ist eine Gemeinde im thüringischen Landkreis Schmalkalden-Meiningen. Die Gemeinde gehört der Verwaltungsgemeinschaft Dolmar-Salzbrücke an, die ihren Verwaltungssitz in Schwarza hat. Leutersdorf liegt im Werragrund und wurde erstmals im Jahre 1057 erwähnt. Der Ort gehörte zunächst als Exklave zum Besitz des Hochstifts Würzburg in der Grafschaft Henneberg. 1435 verpfändete der Würzburger Bischof die Orte Leutersdorf und Vachdorf an die Grafen von Henneberg-Schleusingen. Nach deren Aussterben kam der Ort mit dem Amt Meiningen im Jahr 1583 an die Wettiner. Von 1680 bis 1918 gehörte der Ort zum Herzogtum Sachsen-Meiningen, ab 1829 in dessen Amt Maßfeld. Durch den Ort führt die Bundesstraße B 89 von Meiningen in Richtung Themar und Hildburghausen. Auf einem kleinen Bergsporn am hochgelegenen Westrand des Dorfes steht die Kirchenburg des Ortes. Ein kleiner Torturm und Gaden sowie Reste der wehrhaften Mauer sind noch erhalten. Die evangelische Kirche St. Vitus wurde 1757 bis auf die Untergeschosse des Kirchturms abgerissen und im Nachgang neu aufgebaut. Über der beeindruckenden Rokoko-Altarwand erhebt sich die prachtvolle Orgel, die 1718 von Nicolaus Seeber errichtet wurde und nach dem Neubau der Kirche in Leutersdorf leicht an den neuen Standort angepasst wurde. Nicolaus Seeber gehört zweifellos zu den interessantesten und schillerndsten Persönlichkeiten des 18.Jahrhunderts. Er war nicht nur Orgelbauer, sondern auch Musiker, ab 1709 etwa Hoforganist in Römhild als Nachfolger seines Lehrers Johann Philipp Käfer.
Nicolaus Seeber, der Erbauer der Orgel in Leutersdorf wurde 1680 in Haina geboren und starb 1739 in Römhild. Er erlernte, wie es in Matthesons Ehrenpforte 1740 heißt „das Clavierspielen und die Organistenkunst bei Johann Günther Harres, Organist in Römhild, legte sich sodann aufs Orgelbauen und bekam anno 1705 einen Beruf nach Amsterdam (kurze Anmerkung: gemeint ist ein Ruf als Organist). Diesen nahm er aber nicht an, weil Herzog Hinrich zu Römhild ihn zu seinem Hofmusikanten und Stadtorganisten erforderte.“ Wir zitieren weiter aus Matthesons Ehrenpforte: „Er legte die Grunde zur Setzkunst bey dem berühmten Hoforganisten Johann Philipp Käfer, der zuletzt Capellmeister in Durlach wurde; that darauf verschiedene Reisen, um viele andere Künstler zu hören und Nutzen daraus zu schöpffen. Der Orgelwercke, so er im Wirtenbergischen, Bambergischen, Bayreuthischen, Hildburgshausischen, Schleusingischen, Römhildischen und Fuldaischen verfertiget, sind 56 Neue, ohne die ausgebesserten oder erneuerten. Der Scholaren, so er auf dem Clavier unterrichtet, sind 132, von denen etliche Capellmeister, theils Organisten und Schuldiener geworden sind. Unter anderm sind auch zween Jahrgänge Kirchenkantaten von ihm ausgeführet worden. Er ist 1739 im April gestorben, und verdient, mit so vieler nützlichen Arbeit, ein gutes Ehren-Andencken bey der musikalischen Welt." Soweit Johann Mattheson. Die berühmteste Orgel Nicolaus Seebers ist sicher die 1721 von ihm in Bedheim erbaute Schwalbennestorgel, die dort in Bedheim zusammen mit der Hauptorgel ein Orgelensemble von europäischer Bedeutung darstellt. Seebers Orgeln sind stets auf das Prächtigste verziert und besitzen meist neben den normalen Prospektpfeifen an den Seiten Pedalpfeifenfelder mit teilweise phantasievoll bemalten Holzpfeifen. Erhalten blieb neben der Bedheimer Schwalbennestorgel noch die Orgel in seinem Geburtsort Haina, 1720 errichtet sowie einige Orgelprospekte in Marisfeld, Milz und Mendhausen, hinter denen sich allerdings meist nur noch sehr wenig oder gar kein Seeber-Pfeifenmaterial mehr befinden; denn mit seinen hochbarocken, farbigen Dispositionen konnte man im 19. Jahrhundert nicht mehr viel anfangen. Umso beeindruckender sind die wenigen erhaltenen Werke dieses außergewöhnlichen und vielseitigen Künstlers, die allesamt auf relativ engem Raum in Süden Thüringens zu finden sind. Nicolaus Seeber war also einerseits ein phantasievoller und aktiver Orgelbauer, darüber hinaus verfügte er über eine umfangreiche musikalische Bildung und Begabung.
Die höchst bemerkenswerte und relativ gut erhaltene Orgel Nicolaus Seebers in Leutersdorf wurde 1999 durch die Firma Rösel&Hercher Orgelbau aus Saalfeld umfassend restauriert. Dabei wurden einige im Jahre 1880 vorgenommenen Änderungen in der Disposition wieder rückgängig gemacht. Das Instrument besitzt 13 Register auf einem Manual und Pedal. Das Manual mit einem Tonumfang bis zum c3 ohne das Cis verfügt über eine für Seeber charakteristische Disposition. Basis ist der Principal 4' im Prospekt, dazu finden wir bei Seeber immer einen um eine Oktave tieferen Groß-Principal aus Holz im Inneren der Orgel, hier also 8'. Weiterhin verfügt das Manual über Gedackt und Viol di Gamba 8', Spitzfleut und Fleute douce 4', Quinta 3', Octav und Flagiolet 2' sowie eine 3fache Mixtur. Das Pedal geht nach oben bis zum c1 und besitzt die drei Stimmen Subbaß und Posaunenbaß 16' sowie einen Principalbaß 8'. 


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Disposition:
 

Manual, CD-c3 Pedal, CD-c1  
Groß-Principal 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Gedackt 8' Principalbaß 8'  
Viol di Gamba 8' Posaunenbaß 16'  
Principal 4'    
Spitzfleut 4'    
Fleute douce 4'    
Quinta 3'    
Octav 2'    
Flagiolet 2'    
Mixtur 3f.    

In Leutersdorf gespielte Stücke:
Johann Sebastian Bach: Herr Gott, nun schleuß den Himmel auf BWV 1092 >>>
Wolfgang Carl Briegel: Es woll uns Gott genädig sein >>>
Wolfgang Carl Briegel: Fuga secundi toni >>>
Johann Heinrich Buttstedt zugeschrieben: Partita "Gute Nacht, ihr Eitelkeiten" >>>
Johann Kaspar Ferdinand Fischer: Praeludium und Fuge e-dorisch >>>
Johann Philipp Käfer: Fuga C-Dur >>>
Johann Kuhnau: Toccata A-Dur >>>
Nicolaus Seeber: Duettino e Ritornello D-Dur >>>
Johann Trier: Ach, wie elend ist unsre Zeit >>>
Johann Trier: Ein feste Burg ist unser Gott >>>
Johann Trier: Es ist das Heil uns kommen her >>>



MELPERS (Verwaltungsgemeinschaft Hohe Rhön, Landkreis Schmalkalden-Meiningen)
Ev. Kirche




Erbauer: Wilhelm Hey (Sondheim vor der Rhön) 1880, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Melpers ist mit 84 Einwohnerinnen und Einwohnern die kleinste Gemeinde im Landkreis Schmalkalden-Meiningen in Thüringen. Sie gehört der Verwaltungsgemeinschaft Hohe Rhön an, die ihren Verwaltungssitz in der Gemeinde Kaltensundheim hat. Melpers liegt sechs Kilometer südlich von Kaltensundheim und drei Kilometer nördlich von Fladungen an der Grenze von Thüringen nach Bayern. Die Gemarkung liegt im Tal der Streu, die über die Fränkische Saale dem Main zufließt und ist vom Rest Thüringens durch einen rund 600 Meter aufragenden Höhenzug getrennt, der im Stellberg gipfelt und die Wasserscheide zwischen dem Main und Werra beziehungsweise der Weser darstellt. Erstmals wurde der Ort im Jahr 1317 als Albrechtis erwähnt. Später gehörte der Ort zum Amt Lichtenberg, einer Exklave innerhalb des Königsreichs Bayern mit Verwaltungssitz in Ostheim vor der Rhön, die zum Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach gehörte. Nach 1945 kam die Exklave Ostheim an Bayern, während Melpers nun unmittelbar an der innerdeutschen Grenze in der Sperrzone der Deutschen Demokratischen Republik lag. Der innere Grenzzaun schloss teilweise an die Hausgärten in Melpers an. Die kleine Dorfkirche wurde im Jahre 1587 errichtet und bildet einen fast quadratischen, an drei Seiten mit Emporen versehenen Innenraum, den eine Holztonne überfängt. Der Taufstein trägt die Jahreszahl 1675 und die Wappen der Familien von der Tann und von Trotha. Die kleine Orgel wurde im Jahre 1880 errichtet und ist ein Werk von Wilhelm Hey aus Sondheim vor der Rhön.
Wilhelm Hey, geboren 1840, stammte aus Oberwaldbehrungen in der Rhön und war ursprünglich Schreiner. Auf Anregung des Orgelbauers Michael Katzenberger aus dem Nachbarort Oberelsbach erlernte er später das Orgelbauhandwerk und zwar bei August Randebrock in Paderborn. Dort brachte er es bis zum Werkmeister und war im Auftrag der Firma Randebrock sogar in Detroit in den USA tätig. Als Michael Katzenberger 1874 starb, kehrte Wilhelm Hey in seine Heimat zurück und übernahm Katzenbergers Werkstatt. Seine Hauptaufgabe war zunächst die Betreuung der Orgeln in der Rhön und dem Umland. Seinen ersten eigenständigen Neubau, das op. 1, entstand 1880 in der Kirche zu Melpers. Weitere Orgeln von seiner Hand sind unter anderem in Brüchs und in Frankenheim in der Rhön erhalten; letztere Orgel harrt derzeit ihrer Restaurierung. Wilhelm Heys Sohn Otto, geboren 1875, übernahm nach dem Tod des Firmengründers 1921 dessen Werkstatt. ottos 1906 geborener Sohn Erich Hey, der nebenbei auch ein begabter Chorleiter und Organist war, übernahm nach seiner Meisterprüfung 1936 den Familienbetrieb. Mit dem 1929 geborenen Wolfgang Hey und seinem Bruder Gotthard gelangte 1962 die vierte Generation der Firma in Verantwortung und verlegte den Sitz nach Urspringen in der Rhön. Der heutige Firmenchef, der 1954 geborene Herbert Hey, führt das Unternehmen seit 1993, zunächst zusammen mit seinem 2007 verstorbenen Bruder Erhard Hey. Und mittlerweile arbeitet mit Herberts Söhnen Thomas und Christian Hey bereits die sechste Generation im Familienbetrieb mit, die in den letzten Jahren auch zunehmend Aufträge im Ausland, in den USA und sogar in Korea, ausführen konnte. Die Orgel in Melpers, mit der alles 1880 begann, hat in der unfreiwilligen Abgeschiedenheit der Grenzlage die Zeiten bis zur politischen Wende 1989 unberührt überstanden. Unmittelbar nach der Grenzöffnung entschied Herbert Hey, die zwischenzeitlich kaum noch spielbare Orgel seines Ur-Urgroßvaters kostenlos zu restaurieren und damit ein wichtiges Stück Firmengeschichte zu erhalten. Es ist kein großes Instrument, nur 8 Register. Keine Konzertorgel, sondern gedacht für die würdige Gestaltung der Liturgie hier der rauhen Landschaft der Hohen Rhön. Gerade die sanften Register klingen, mit entsprechender Literatur zum Klingen gebracht, sensibel und charaktervoll.
Das 1880 vollendete Erstlingswerk von Wilhelm Hey in der Melpers in der Rhön besitzt acht Stimmen auf einem Manual und Pedal. Mit ihren seitlichen Registerzügen und manch anderen technischen Details könnte man sie zunächst fast für eine Orgel der Thüringer Familien Knauf oder Schulze halten. Ob es Verbindungen zwischen Hey und Knauf gab? Oder hat sich Wilhelm Hey mittels der theoretischen Werke Johann Gottlob Töpfers mit den technischen Details der Schulze-Schule vertraut gemacht und hier in seinem Erstlingswerk umgesetzt? Hierüber können wir nur spekulieren. Das Manual ist vom Ton C bis zum d3 ausgebaut. Wir finden hier die Register Principal, Gedackt und Flaut Travers 8', Oktave und Gedackt 4', eine Quinte 3' und eine Oktave 2'. Eine gemischte Stimme besitzt die Orgel nicht, braucht es auch nicht in dem relativ kleinen und mit viel Holz ausgestatteten Kirchenraum. Das Pedal besitzt einen Subbaß 16' als eigenständiges Register, dazu kommt noch eine Pedalkoppel. Die Orgel ist noch ganz klassisch mit mechanischen Schleifladen ausgestattet und besitzt einen nachklassizistischen Prospekt. 

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Manual, C-d3 Pedal, C-d1  
Principal 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Gedackt 8'    
Flaut Travers 8'    
Octave 4'    
Gedackt 4'    
Quinte 3'    
Octave 2'    

In Melpers gespielte Stücke:
Gustav Brandt: Präludium zu Trauerfeierlichkeiten >>>
Christian Friedrich Herrmann: Andantino a-moll >>>
Christian Heinrich Rinck: Vater unser im Himmelreich >>>
Christian Heinrich Rinck: Verleih uns Frieden gnädiglich >>>
Christian Heinrich Rinck: Wachet auf, ruft uns die Stimme >>>
Christian Heinrich Rinck: Wie soll ich dich empfangen I & II >>>
Robert Schaab: Ach Gott und Herr >>>
Robert Schaab: Ich dank dir, lieber Herre >>>
Carl Theodor Seiffert: Nachspiel und Fuge G-Dur >>>



MOSBACH (Gemeinde Wutha-Farnroda, Wartburgkreis)
Ev. Kirche




Erbauer: Sebastian Seitz (Eisenach) 1759, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Mosbach ist ein Ortsteil der Gemeinde Wutha-Farnroda in Westthüringen. Das Dorf mit knapp 1.400 Einwohnerinnen und Einwohnern liegt auf einer Höhe von etwa 300 Metern, ca. 2 km vom Rennsteig entfernt und 6 km östlich von Eisenach. Seit 1994 ist Mosbach ein Ortsteil der Gemeinde Wutha-Farnroda. Namensgeber des 5 Kilometer langen Waldhufendorfes ist der Mosbach, welcher durch den Ort fließt. Die erste urkundliche Erwähnung des Ortes als Muosbach findet sich in einer Besitzurkunde des Eisenacher Nicolaiklosters aus dem Jahr 1197. Zunächst bestand Mosbach aus einer Gruppe von etwa 8 bis 10 Gebäuden am heutigen Ortsrand von Wutha. Diese erste Siedlung ist dann, vermutlich noch im ausgehenden Mittelalter abgebrannt und das neu errichtete Dorf entstand in der Folge etwa zwei Kilometer westlich der nun zur Wüstung gewordenen Ursiedlung. Das „Neue Mosbach“ zählte weiterhin zu Burgbezirk und Amt Wartburg und war wirtschaftlich eng mit der Stadt Eisenach verbunden. Im Ort gab es bereits eine kleine Kirche, die dem „Decanat Lupnitz“ unterstellt war und die vermutlich im Dreißigjährigen Krieg zerstört wurde. Die heutige Mosbacher Kirche wurde im Oktober 1669 geweiht, sie diente zunächst auch der Bevölkerung des Nachbarortes Kittelsthal als Gotteshaus. Bei einem Großbrand im Jahre 1723 wurde fast der ganze Ort „verheert“, auch das ehemalige Pfarrhaus mit dem Kirchenarchiv ging in Flammen auf. In den folgenden Jahrzehnten erholte sich das Dorf zunächst gut, allerdings hatte Mosbach im Siebenjährigen Krieg nochmals schwer unter durchziehenden und einquartierten Truppen zu leiden, wie die Ortschronik zu berichten weiß. Mitten im Siebenjährigen Krieg, 1758 erhielt die Kirche allerdings auch ihre bis heute erhaltene Orgel, die aus der Werkstatt des Eisenacher Orgelbauers Sebastian Seitz stammt.
Unser Wissen über den Orgelbauer Sebastian Seitz ist nicht sonderlich umfangreich. Geboren wurde er im Jahre 1700, eventuell in Arnstadt, aber das ist nicht sicher. Er hatte noch einen jüngeren Bruder Nicolaus Seitz. Beide arbeiteten als Gesellen beim großen Johann Andreas Silbermann in Straßburg, Sebastian von 1722 bis 1734 und sein Bruder Nicolaus anschließend von 1734 bis 1752. Sebastian Seitz wurde 1734 nach Eisenach gerufen, um die Orgel in der Georgenkirche zu reparieren. Vermutlich errichtete er in der Folgezeit dann seine eigene Werkstatt in Eisenach. Über seine Arbeiten ist wenig bekannt, die bedeutendste Orgelarbeit dürfte sicher der 1763 errichtete Neubau in der Stadtkirche zu Ilmenau gewesen sein, der allerdings ebenso nicht erhalten ist wie das 1740 errichtete kleine Instrument für seine neue Heimatstadt Eisenach. Die 1758 erbaute Orgel in Mosbach ist heute das einzige Zeugnis dieses Silbermann-Schülers und darum von ganz besonderem Wert für die lokale Orgellandschaft. Es ist anzunehmen, dass die Brüder Seitz das Instrument gemeinsam errichteten, jedoch zeichnete Sebastian Seitz als der Ältere entsprechend verantwortlich. Sein 1737 in Eisenach geborener Sohn Johann Georg Seitz erwarb später das Hoforgelmacher-Privileg in Eisenach und ist zwischen 1765 und 1804 nachweisbar. Sebastian Seitz starb im Jahre 1774, sein Bruder Nikolaus drei Jahre nach ihm 1777. Erhalten ist aus dem Schaffen der Familie Seitz, wie gesagt, nur die Orgel in Mosbach.
Die Orgel des Silbermann-Schülers Sebastian Seitz in Mosbach besitzt 10 Register auf einem Manual und Pedal. Sie hat die Zeit seit ihrer Entstehung relativ unbeschadet ohne größere substantielle Verluste überstanden und konnte 2006 durch die Firma Orgelbau Waltershausen GmbH umfassend und stilgerecht restauriert werden. Zehn Register sind verteilt auf ein Manual und Pedal. Das Manual umfasst die Töne C bis zum c3 ohne das Cis und besitzt die Stimmen Gedackt und Quintatön 8', Principal, Gedackt und Gamba 4', eine Oktave 2', Quinta 1 1/2' sowie eine 3fache Mixtur auf 1'-Basis. Das Pedal, das nach oben bis zum c1 geführt ist, verfügt über Subbaß 16' und Oktavbaß 8', dazu kommt noch eine Pedalkoppel. Die reiche und vielgestaltige Orgellandschaft Mitteldeutschlands, vor allem Thüringens, besitzt Werke zahlreicher mehr- oder weniger bekannter Orgelbauer von der Renaissance bis zur Gegenwart. Und gerade solche Werke wie das unikal erhaltene Instrument des weitgehend unbekannten Kleinmeisters Sebastian Seitz sind es, die diese Orgellandschaft so unverwechselbar machen. Jedes Instrument ein Meisterwerk, auf der einen Seite ganz typisch für die Region, andererseits ist jede Orgel wiederum anders und hat ihre Besonderheiten. Ein wertvolles Erbe aus einer Zeit, in der Kirchen- und vor allem Orgelmusik einen ungleich höheren Stellenwert in der Liturgie besaß als in unserer heutigen Zeit.

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Manual, CD-c3 Pedal, C-c1  
Gedackt 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Quintatön 8' Octavbaß 8'  
Principal 4'    
Gedackt 4'    
Gamba 4'    
Octave 2'    
Quinta 1 1/2'    
Mixtur 3f.    

In Mosbach gespielte Stücke:
Johann Rudolf Ahle: Erbarm dich mein, o Herre Gott >>>
Johann Rudolf Ahle: Nun lob, mein Seel, den Herren >>>
Johann Michael Bach: Nun freut euch, lieben Christen g'mein >>>
Johann Heinrich Buttstedt: Partita "O Gott, du frommer Gott" >>>
Johann Caspar Simon: Praeludium und Fuge E-Dur >>>



MOTZLAR (Erfüllende Gemeinde Geisa, Wartburgkreis)
Kath. Filialkirche St. Valentinus




Erbauer: Johann Markus Oestreich (Oberbimbach) um 1800, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Motzlar ist ein Ortsteil von Schleid im Wartburgkreis in Thüringen. Der Ort liegt an der hessisch-thüringischen Grenze im Biosphärenreservat Rhön an der Bundesstraße 278 von Tann nach Geisa. Durch den Ort fließt die Ulster. Im Westen der Ortslage erkennt man den 529 m hohen Rockenstuhl. Motzlar wurde 1186 erstmals urkundlich genannt. Er gehörte über Jahrhunderte zum fuldischen Amt Geisa/Rockenstuhl. Der Ort war und ist bis heute landwirtschaftlich geprägt. Starken Einfluss auf die Entwicklung des Ortes nach 1945 hatte die Lage im Sperrgebiet unmittelbar an der innerdeutschen Grenze, die bis 1989 Bestand hatte. Im Jahre 1994 schlossen sich die Orte Kranlucken, Motzlar, Zitters und Schleid zur Einheitsgemeinde Schleid zusammen. Heute leben knapp 350 Einwohnerinnen und Einwohner im Ort. Im Zentrum des Dorfes erhebt sich die 1909 eingeweihte neugotische Filialkirche St. Valentinus mit dem noch vom Vorgängerbau erhaltenen Glockenturm. An der Stelle der heutigen Kirche stand zuvor eine Wehrkirche, die bis auf das Jahr 1479 zurückgeht. Die bemerkenswerte Ausstattung mit Altären und Figuren stammt größtenteils aus der Vorgängerkirche. Nach der Wende konnte die Kirche in mehreren Bauabschnitten grundlegend restauriert werden. Zum Abschluß dieser Arbeiten wurde die Orgel restauriert. Bei dem Instrument handelt es sich nach einem Eintrag in der Pfarrchronik um ein Werk der Orgelbauerfamilie Oestreich. Wörtlich kann man dort lesen: „Die Orgel in der katholischen Filialkirche Motzlar wurde in den Jahren 1780 bis 1810 von Johann Markus Oestreich und seinen Söhnen aus Oberbimbach bei Fulda mit neun Registern einmanualig erbaut.“ Mehr wissen wir bis heute nicht über die Entstehung dieses Instruments.
Johann Markus Oestreich, der bedeutendste Vertreter der über fünf Generationen in Hessen, Thüringen und dem „Lippischen“ wirkendenden Orgelbauerfamilie Oestreich wurde 1737 geboren. Seit etwa 1760 ist er mit Orgelarbeiten nachweisbar, anfangs zusammen mit seinem Vater Jost Oestreich. Typisch für Johann Markus Oestreich sind breit angelegte, meist 15teilige Prospekte, bei denen alle Pfeifenfelder nebeneinander angeordnet sind. Bekannte Orgeln mit dieser Prospektform, allesamt zweimanualig, stehen etwa in Nieder-Moos im Vogelsberg, Gemünden an der Wohra in Nordhessen oder Bigge im Sauerland. Daneben fertigte Oestreich aber auch einen einmanualigen, seitenspieligen Orgeltyp. Die Orgel in Motzlar gehört aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls in diese Reihe ähnlicher Instrumente, von denen in der Nähe noch zwei weitere Orgeln, in Kranlucken und Bremen erhalten sind. Die Orgel in Kranlucken wurde 1796 eingeweiht, für die Orgel in Bremen wird eine Bauzeit „um 1800“ angegeben. Das würde mit dem in der Motzlarer Chronik angegeben Zeitraum 1780 bis 1810 zusammenpassen. Bei anderen Oestreich-Orgeln kann man manchmal anhand des Schnitzwerkes und des Zierrats feststellen, welcher der Söhne beim Bau federführend war. Bei Johann Georg, dem älteren Sohn, finden wir immer klassisch-nachbarocke Formen, während der jüngere Oestreich-Sohn, Johann Adam, sich durch klassizistische Formen zu erkennen gibt. Diese Möglichkeit haben wir in Motzlar leider nicht, da der originale Prospekt in den 1920er Jahren durch einen Freipfeifenprospekt ersetzt wurde. Aber der Reihe nach. Beim Wiedereinbau in die neue Kirche wurde die Orgel 1911 durch Otto Markert aus Ostheim vor der Rhön in ihrer Klanggestalt leicht verändert. Im Ersten Weltkrieg wurden, wie überall in Deutschland, die Prospektpfeifen abgegeben und vermutlich in den 1930er Jahren durch Zinkpfeifen ersetzt. Damals bekam die Orgel auch den erwähnten Freipfeifenprospekt. Bei der 2004 abgeschlossenen Restaurierung durch die Werkstatt Elmar Krawinkel aus Trendelburg wurde der gewachsene Zustand nach dem Umbau durch Markert 1911 belassen und darüber hinaus ein neuer Orgelprospekt geschaffen, der sich in Form und Gestaltung an die um 1800 in der Rhön üblichen Formen anlehnt, ohne eine Stilkopie sein zu wollen.
Die Orgel in der katholischen Kirche des Rhöndorfes Motzlar besitzt neun Register auf einem Manual und Pedal. Acht Stimmen stehen auf dem Manual, das einen Umfang vom Ton C bis zum d3 aufweist. Der Principal 4' wurde im Prospekt bis zum h1 von Elmar Krawinkel rekonstruiert, der innenstehende Rest ist original. Aus der ursprünglichen Orgel erhalten und restauriert sind ebenfalls die Stimmen Gedackt und Quintatön 8', Gedackt 4', Oktave 2' und die 3fache Mixtur. Von dem Umbau durch Otto Markert 1911 beibehalten wurde das Register Salicional 8'. Das achte Manualregister, die Flauto traverso 8', die vermutlich im Zusammenhang mit dem Bau des Freipfeifenprospektes entfernt wurde, wurde nach Oestreich'schen Vorbildern aus Obstbaumholz rekonstruiert. Das Pedal besitzt nur 18 Tasten und somit einen Umfang bis zum f°. Dieses verkürzte Pedal war in Hessen und Franken bis nach 1800 weitgehend üblich und erfordert natürlich von uns heutigen Organisten eine sehr bewusste und auf das Instrument zugeschnittene Literaturwahl. Hier finden wir lediglich den originalen Subbaß 16' und ursprünglich war das Pedal fest ans Manual angekoppelt, denn die heutige, schaltbare Pedalkoppel wurde erst 1911 durch Otto Markert eingebaut. Die verhältnismäßig kleine Oestreich-Orgel in Motzlar verfügt über zahlreiche charaktervolle Farben, die in dem akustisch sehr günstigen Kirchenraum gut zu Geltung kommen. Durch die 2004 abgeschlossene Restaurierung hat die Orgellandschaft der Rhön ein kleines Schmuckstückchen zurückerhalten und wir können froh sein, dass es ihr nicht so ging wie ihren ganz ähnlichen Schwesterinstrumenten, den Oestreich-Orgeln in den benachbarten Ortschaften Kranlucken und Spahl, die ich beide nach der Wende noch gespielt habe und die heute unspielbar und ausgelagert auf „bessere Zeiten“ hoffen.

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Disposition:

Manual, C-d3 Pedal, C-f°  
Gedackt 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Quintatön 8'    
Flauto traverso 8'    
Salicional 8'    
Principal 4'    
Gedackt 4'    
Octave 2'    
Mixtur 3f.    

In Motzlar gespielte Stücke:
Heinrich Bach: Christ lag in Todesbanden >>>
Johann Heinrich Buttstedt zugeschrieben: Partita "Mein Seel, o Gott, muß loben dich" >>>
Ulrich Staab: Partita "Herr Jesu Christ, dich zu uns wend" >>>
Johann Gottfried Vierling: Allegro a-moll >>>
Johann Gottfried Vierling: Ermuntre dich, mein schwacher Geist >>>
Johann Gottfried Vierling: Es woll uns Gott genädig sein >>>
Johann Gottfried Vierling: Nun komm der Heiden Heiland >>>
Johann Gottfried Vierling: Sollt ich meinem Gott nicht singen >>>
Johann Gottfried Vierling: Wie schön leuchtet der Morgenstern >>>
Johann Gottfried Vierling: Wo Gott zum Haus nicht giebt sein Gunst >>>



NIEDERSCHMALKALDEN (Stadt Schmalkalden, Landkreis Schmalkalden-Meiningen)
Ev. Kirche



Erbauer: Gottfried Hildebrandt (Leipzig) 1901, Kegelladen, pneumatische Spiel- und Registertraktur

(Text folgt)

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Disposition:

Hauptwerk, C-f3 Oberwerk, C-f3 Pedal, C-d1  
Bordun 16' Geigenprincipal 8' Subbaß 16' Manualkoppel
Principal 8' Gedackt 8' Violon 16' Pedalkoppel zu I
Hohlflöte 8' Flauto amabile 8' Octavbaß 8' Pedalkoppel zu II
Viola di Gamba 8' Salicional 8' Violoncello 8'  
Octave 4' Dolce 4'    
Gemshorn 4'      
Octave 2'      
Mixtur 4f.      

In Niederschmalkalden gespielte Stücke:
Johann Andreas Butzert: Vorspiel und Fuge c-moll >>>
Richard Jung: Jesus, meine Zuversicht >>>
Richard Jung: Nach einer Prüfung kurzer Tage >>>
Bruno Leipold: Ach, was soll ich Sünder machen >>>
Karl Piutti: Herr, wie du willst, so schick's mit mir >>>
Karl Piutti: Herzlich tut mich verlangen >>>
Karl Piutti: Ich hab mein Sach Gott heimgestellt >>>
Karl Piutti: Nun ruhen alle Wälder >>>
Wilhelm Rinkens: Nun danket all und bringet Ehr >>>
Wilhelm Rinkens: Wenn mein Stündlein vorhanden ist >>>
Carl Stiller: Wer nur den lieben Gott läßt walten >>>
Carl Stiller: Wie wohl ist mir, o Freund der Seelen >>>



OECHSEN (Erfüllende Gemeinde Dermbach, Wartburgkreis)
Ev. Kirche St. Laurentius




Erbauer: Matthäus Nordheim (Gehaus) 1801, Prospekt und wahrscheinlich weitere Teile erhalten von Johann Caspar Beck (Herrenbreitungen) um 1760, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Oechsen ist eine Gemeinde im westthüringischen Wartburgkreis, erfüllende Gemeinde ist Dermbach. Der Ort mit heute rund 600 Einwohnerinnen und Einwohnern liegt im Zentrum der Thüringischen Rhön, etwa 15 Kilometer Luftlinie südwestlich der Kreisstadt Bad Salzungen im Tal des Baches Oechse. Die erste urkundliche Erwähnung des Ortes ist für das Jahr 977 nachgewiesen. Die Siedlung Oechsen gehörte damals zum Besitz des fuldischen Nebenklosters Rasdorf. Auf dem nahen Berg Schorn entstand im frühen 13.Jahrhundert eine Burganlage, von der aber nur wenige Reste vorhanden sind. Die ganze Ortslage und besonders die St.-Laurentius-Kirche waren mit Befestigungsanlagen versehen, der Turm diente als Wehrturm. Der gehörte als Exklave zum Amt Vacha, das ab 1406 teilweise und ab 1648 komplett zur Landgrafschaft Hessen-Kassel gehörte. Nach der Säkularisation und der nachfolgenden territorialen Neuordnung gelangte Oechsen 1816 zum Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach. 1576 wurde an den mittelalterlichen Wehrturm der Laurentiuskirche ein neues Kirchenschiff angebaut, welches wiederum 1801 durch einen Neubau ersetzt wurde. Der Grund für diesen letzten Neubau mutet aus heutiger Sicht kurios an. Es konnte sich vorher nämlich nicht jeder Einwohner des Ortes einen eigenen Platz in der Kirche kaufen, der dann für ihn reserviert war. Über der Altarwand mit der Kanzel erhebt sich prachtvoll die Orgel, die 1801 beim Neubau der Kirche aller Wahrscheinlichkeit nach zumindest in Teilen aus der Vorgängerkirche übernommen wurde, doch dazu gleich mehr.
Die Orgel in Oechsen ist nach den vorliegenden, recht spärlichen Quellen im Jahre 1801 durch den Orgelbauer Matthäus Nordheim aus Gehaus, einem Nachbarort von Oechsen erbaut worden. Nordheims Geburtsdatum ist unbekannt, er ist im Zeitraum von 1775 bis 1825 als Orgelbauer nachweisbar und war darüber hinaus Kirchenvorsteher und von 1808 bis 1813 sogar Bürgermeister seines Heimatortes Gehaus. Die Orgel in der dortigen Kirche stammt ebenfalls von ihm, als Erbauungsjahr für dieses Instrument wird einmal 1776, ein anderes Mal 1797 angegeben. Sie ist in nicht unwesentlichen Teilen erhalten, in der Klanggestalt auch durchaus ähnlich dem Instrument in Oechsen. Doch optisch sind beide Orgeln grundverschieden. Vermutlich hat man also in Oechsen 1801 den Altaraufbau und die Orgel, die eine optische Einheit bilden, aus der alten Kirche übernommen. Aber von wem stammte die Orgel dann ursprünglich. Hier gibt uns eine Besonderheit der Orgel einen doch recht deutlichen Fingerzeig, nämlich die beiden beweglichen, Trompete spielenden Engelsfiguren am Prospekt. Solche beweglichen Figuren sind in Mitteldeutschland sehr selten. Man findet sie eher in Süddeutschland, etwa bei Joseph Gabler oder auch sehr stark in Schlesien bei den Familien Casparini und Engler oder auch in Ostpreußen bei Johann Josua Mosengel, um nur einige Beispiele zu nennen. Bewegliche Engel gibt es im Großraum Rhön meines Wissens nach nur noch ein einziges weiteres Mal, und zwar nur ein paar Kilometer entfernt in der evangelischen Kirche zu Dermbach. Diese Orgel wurde von dem 1703 in Herrenbreitungen geborenen Johann Caspar Beck erbaut. Über Johann Caspar Beck kann man bei Interesse etwas mehr im Portrait seines erhaltenen Instruments in Stedtlingen erfahren. Aufgrund dieser auffälligen Parallele zum Dermbacher Prospekt sei folgende Hypothese gewagt. Johann Caspar Beck hat etwa zwischen 1760 und 1770 die Orgel in Oechsen erbaut. 1801 hat der ortsansässige Matthäus Nordheim dieses Instrument anstelle des zwischenzeitlich längst verstorbenen Beck abgebaut, nach Abschluß der Bauarbeiten in der neuen Kirche wieder aufgestellt und bei der Gelegenheit klanglich etwas umgestaltet. Auch der Sohn von Matthäus Nordheim, der Thielemann oder Tillmann hieß und von dem wir auch keine genauen Lebensdaten besitzen, ist später als Orgelbauer in der Rhön bis etwa 1848 nachweisbar, allerdings ausschließlich mit Reparaturen.
Die interessante Orgel in Oechsen wurde 1952 durch Paul Laubs aus Erfurt tiefgreifend umgebaut, wobei die Trakturen und die Spielanlage erneuert wurden. Leider hat man im Rahmen dieser Maßnahmen aber auch nahezu alle Metallpfeifen "umgegossen", wie es heißt und damit den Klangcharakter erheblich verändert. Nach fast 70 Jahren ist die Zeit gekommen für eine erneute Restaurierung, die ab 2020 durch die Firma Orgelbau Waltershausen durchgeführt werden wird. Man darf sehr gespannt sein, was Joachim Stade und sein Team aus diesem Instrument machen werden, das zu den bemerkenswertesten Orgeln der ganzen Rhön gehört. 24 Register sind auf zwei Manualen und Pedal disponiert. Im bis zum d3 ausgebauten Hauptwerk finden wir Bordun 16', Principal, Gedackt, Gamba und Unda maris 8', dazu kommt noch eine sogenannte Engelflöte 8'. Nach oben ist das Klangbild fortgeführt mit den Octaven 4' und 2' nebst Quinta 2 2/3' und wird bekrönt von einer 3fachen Mixtur. Das Oberwerk besitzt Quintatön, Flauto traverso und Salicional 8', Octave und Gedackt 4', Octave 2', Quinta 1 1/3', einen 2fachen Sesquialter und eine 2fache Cymbel. Das Pedal ist bis zum c1 geführt und verfügt über Subbaß und Violonbaß 16', Octavbaß 8' und einen Flötenbaß 2'. Von der Posaune 16' sind noch die in den Stock eingesetzten Stiefel vorhanden, der Rest fehlt. Der 2'-Flötenbaß wird bereits in einer 1891 angefertigten Dispositionsaufzeichnung erwähnt, dürfte also original sein. Die Bezeichnung Engelflöte ist eine wohl eine nette Laune des Restaurators in den 1950er Jahren, 1891 heißt das Register noch „Enge Flöte“ und klanglich würde das auch in etwa passen; in Thüringen heißt solch eine Stimme meist Fugara. 

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:


Hauptwerk, C-d3 Oberwerk, C-d3 Pedal, C-c1  
Bordun 16' Quintatön 8' Subbaß 16' Manualkoppel
Principal 8' Flauto traverso 8' Violonbaß 16' Pedalkoppel
Gedackt 8' Salicional 8' Octavbaß 8' Engel
Gamba 8' Octave 4' Flötenbaß 2'  
Unda maris 8' Gedackt 4' (Posaune 16')  
Engelflöte 8' Octave 2'    
Octave 4' Quinta 1 1/2'    
Quinte 2 2/3' Sesquialter 2f.    
Octave 2' Cymbel 2f.    
Mixtur 3f.      

In Oechsen gespielte Stücke:
Johann Sebastian Bach: Durch Adams Fall ist ganz verderbt BWV 1101 >>>
Christoph Heinrich Hartmann: Allabreve C-Dur >>>
Johann Gottfried Schicht: Adagio F-Dur >>>
Karl Gottlieb Umbreit: Ach Herr, mich armen Sünder >>>
Karl Gottlieb Umbreit: Adagio g-moll >>>
Karl Gottlieb Umbreit: Das Jesulein soll doch mein Trost >>>
Karl Gottlieb Umbreit: Jesu, meine Freude >>>
Karl Gottlieb Umbreit: Moderato B-Dur >>>
Karl Gottlieb Umbreit: Was mein Gott will, das gescheh allzeit >>>
Johann Gottfried Vierling: Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut >>>



OESTERBEHRINGEN (Gemeinde Hörselberg-Hainich, Wartburgkreis)
Ev. Kirche




Erbauer: Johann Valentin Knauf (Großtabarz) 1827, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Oesterbehringen eine ehemalige Gemeinde in Thüringen, die heute den östlichen Teil des Ortsteiles Behringen der Gemeinde Hörselberg-Hainich im Wartburgkreis bildet, am äußersten Südwestrand des Thüringer Beckens. Westlich schließt sich Großenbehringen an; beide Siedlungskerne sind miteinander verwachsen. Die Bundesstraße 84 verläuft durch den Ort. Im Jahre 932 wurde Oesterbehringen erstmals urkundlich genannt. Seit dem Ende des 13. Jahrhunderts bis nach der Säkularisierung der Klostergüter im 16. Jahrhundert kam es unter den Wettinern zur Schaffung einer Landesverwaltung und Einrichtung von Amtsbezirken. Hierbei gingen die Behringen-Orte nördlich der Nesse an das Amt Gotha, sie gelangten zugleich mehrheitlich als Adelsorte in die direkte Verwaltung der Landadelsfamilie von Wangenheim. 1950 schlossen sich Großenbehringen und Oesterbehringen zur Gemeinde Behringen zusammen. 2007 schloß sich die Gemeinde Behringen mit der Gemeinde Hörselberg zusammen, seitdem heißt die Gemeinde Hörselberg-Hainich. Sehenswürdigkeiten im Ort sind das Schloss Behringen und ein Skulpturenwanderweg. Die markante Weymouthskiefer im Schlosspark wurde bereits 1939 als Naturdenkmal ausgewiesen. Ihre Wuchsform ist einzigartig in Mitteleuropa. Die Kirche des Ortes wurde 1689 bis 1692 erbaut; von der mittelalterlichen Vorgängerkirche wurde der Westturm übernommen. In dem weiten Saal finden wir noch weitgehend die Ausstattung aus der Bauzeit vor, dazu zählt unter anderem die Patronatsloge der Herren von Wangenheim und eine Figur von Pastor Rudolphi in voller Amtstracht, der zum Zeitpunkt der Erbauung der Kirche im Ort tätig war. Hoch oben auf der zweiten Empore befindet sich die Orgel. Sie wurde 1827 eingebaut und stammt aus der Werkstatt von Johann Valentin Knauf aus Großtabarz.
Die Orgelbauerfamilie Knauf ist in Großtabarz bei Gotha beheimatet gewesen, wo seit dem späten 18. Jahrhundert Johann Valentin Knauf als Orgelbauer nachzuweisen ist. Er wurde 1762 geboren und starb 1847. Er besaß seit 1789 ein Orgelmacherprivileg und ist in der Folge mit zahlreichen Reparaturen, unter anderem an der berühmten Trost-Orgel in Waltershausen, aber auch mit einigen Neubauten nachweisbar. Über seine Ausbildung ist nichts Genaues bekannt, möglich, wenn auch nicht belegbar ist eine lehre bei Johann Michael Hesse in Dachwig. Dafür spricht die völlig identische Prospektgestaltung bei Hesse und Knauf sowie die Partnerschaft von Ernst Ludwig hesse und Johann Valentin Knauf in Großtabarz nach dem Tod von Johann Michael Hesse 1810. Die Zusammenarbeit ist durch das gemeinsame Angebot für ein Orgelprojekt in Wölfis 1815 belegt, welches die etwa gleichaltrigen Orgelbauer als „Compagnons“ abgegeben haben. Aus Johann Valentin Knaufs Ehe mit Barbara Elisabeth ging als erstes Kind 1802 Friedrich Knauf hervor. Er erlernte sein Handwerk in der väterlichen Werkstatt und führte das Unternehmen Knauf um die Mitte des 19.Jahrhunderts zu ihrer größten Blüte. Der 1810 geborene zweite Sohn Gottlieb Knauf machte sich nach seiner Lehre später mit einer eigenen Werkstatt in Bleicherode im Eichsfeld selbstständig. Die beiden größten der insgesamt etwa zwölf vom Stammvater der Dynasie, von Valentin Knauf verfertigten Orgeln sind die Instrumente in Apfelstädt und Friemar mit jeweils 31 Registern auf zwei Manualen und Pedal, wobei in Apfelstädt bereits Friedrich Knauf maßgeblich mitgewirkt hat. Das früheste nachweisbare, selbstständige Werk Valentin Knaufs ist die 1816 erbaute Orgel in Bufleben mit 22 Registern, die zwar erhalten, aber derzeit in sehr schlechtem Zustand ist. Im Nachbarort Wolfsbehringen steht ebenfalls eine Orgel dieses Meisters, 1822 erbaut mit 23 Stimmen. 1827 erfolgte schließlich der Bau der Orgel in Oesterbehringen mit ihren ebenfalls 23 Stimmen auf zwei Manualen und Pedal. Ab 1996 erfolgte eine aufwändige Restaurierung der nahezu im Originalzustand bewahrten Orgel, die durch die Firma Orgelbau Waltershausen in vorbildlicher Weise 2004 abgeschlossen werden konnte. Das Instrument besitzt einen, wie ich finde, ganz faszinierend schönen Klang.
Die Johann-Valentin-Knauf-Orgel in Oesterbehringen besitzt 23 Register auf zwei Manualen und Pedal. Das Hauptwerk ist mit zehn Stimmen besetzt und vom Ton C bis zum f3 ausgebaut. Hier finden wir zunächst den klassischen Prinzipalchor 8', 4' und 2' nebst Quinta 3', grundiert von einem Bordun 16' und schattiert von Grobgedackt und Flöte 8' sowie einer Hohlflöte 4'. Die insgesamt siebenfache Klangspitze besteht aus einer 4fachen, terzhaltigen Mixtur und einer 3fachen Zimbel. Das Brustwerk besitzt eine sehr farbige, klassizistische Disposition mit Gedackt, Flautraversa, Violatigambe, Quintatön und Salicional 8', Principal und Fogara 4' sowie einer Octave 2'. Das Pedal, das bis zum d1 gebaut ist, besitzt die fünf Stimmen Principalbaß, Subbaß und Violon 16' sowie Octavbaß und „Vilonschel“ 8'. Zwei Koppeln, zwei Sperrventile und ein Tremulant zum Brustwerk ergänzen die Klanggestalt. Da von Johann Valentin Knauf, dem Begründer der Orgelbauerdynastie der Knaufs, nur wenige Orgeln erhalten sind, ist das Instrument in Oesterbehringen ein seltenes und darum besonders wertvolles Zeugnis für die Orgelgeschichte Thüringens. Üblicherweise halte ich mich bei diesen kleinen Portraits mit subjektiven Wertungen zurück, aber im Falle der Orgel in Oesterbehringen sei die Anmerkung gestattet, dass es für mich unter den zahlreichen Knauf-Orgeln der Gegend diejenige mit dem schönsten Klang ist.

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Disposition:

Hauptwerk, C-f3 Brustwerk, C-f3 Pedal, C-d1  
Bordun 16' Gedackt 8' Principalbaß 16' Manualkoppel
Principal 8' Flautraversa 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Grobgedackt 8' Violatigambe 8' Violon 16' Tremulant
Flöte 8' Quintatön 8' Octavbaß 8'  
Octave 4' Salicional 8' Vilonschel 8'  
Hohlflöte 4' Principal 4'    
Quinta 3' Fogara 4'    
Octave 2' Octave 2'    
Mixtur 4f.      
Cimbel 3f.      

In Oesterbehringen gespielte Stücke:
Johann Christoph Bach: Allein zu dir, Herr Jesu Christ >>>
Johann Christoph Bach: Mit Fried und Freud ich fahr dahin >>>
Johann Christoph Bach: Nun freut euch, lieben Christen g'mein >>>
Johann Christoph Bach: Wir glauben all an einen Gott I >>>
Johann Christoph Bach: Wir glauben all an einen Gott II >>>
Johann Ludwig Böhner: Fughetta Nachspiel B-Dur >>>
Johann Ludwig Böhner: Fughette C-Dur >>>
Thorsten Pirkl: Canzona auf die Abreise einer geschätzten Sängerin >>>
Christian Heinrich Rinck: Kommt her zu mir, spricht Gottes Sohn >>>
Christian Heinrich Rinck: Wenn wir in höchsten Nöten sein >>>
Christian Heinrich Rinck: Wer nur den lieben Gott läßt walten >>>
Johann Gottfried Vierling: Andante cantabile D-Dur >>>
Johann Gottfried Vierling: Andante C-Dur >>>
Johann Gottfried Vierling: Grazioso B-Dur >>>
Johann Gottfried Vierling: Praeludium G-Dur >>>
Johann Gottfried Vierling: Vorspiel d-moll >>>
Abbé Vogler: Allegro c-moll >>>
Johann Gottfried Walther: Herr Jesu Christ, wahr Mensch und Gott >>>



PFERDSDORF (Einheitsgemeinde Unterbreitzbach, Wartburgkreis)
Ev. Marienkirche




Erbauer: Georg Friedrich Wagner (Hersfeld) 1867-1868, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Pferdsdorf ist ein Ortsteil der Einheitsgemeinde Unterbreizbach im westthüringischen Wartburgkreis. Der Ort liegt südlich von Unterbreizbach im Tal der Ulster, eingebettet zwischen Eich- und Kornberg im Westen und dem Ulsterberg im Osten inmitten des Biosphärenreservates Rhön. Pferdsdorf wurde im Jahr 912 erstmals urkundlich erwähnt. Später gehörte der Ort über Jahrhunderte zum hessischen Amt Vacha und damit zur Landgrafschaft Hessen-Kassel, sodann ab 1815 zum Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach. Bis 1952 hatte der Ort einen Haltepunkt an der durch die Gemarkung führenden Ulstertalbahn. Heute kann man auf dem Ulstertalradweg, der ehemaligen Bahntrasse mit dem Fahrrad unterwegs sein, doch noch vor rund 30 Jahren war dies völlig undenkbar. Da Pferdsdorf nur rund anderthalb Kilometer von der hessisch-thüringischen Landesgrenze entfernt ist, lag der Ort fast 40 Jahre im abgeschotteten Sperrgebiet an der ehemaligen innerdeutschen Grenze. 1996 wurde die Einheitsgemeinde Unterbreizbach gebildet, zu der Pferdsdorf seither gehört. Die evangelische Marienkirche stammt in wesentlichen Teilen aus dem Jahr 1743. Der Chorturm ist älter und kann um 1600 datiert werden. Bemerkenswert im Inneren sind der 1634 datierte Altar und die um 1700 entstandene Kanzel. Die Orgel auf der Empore wurde 1867 bis 1868 von dem Orgelbauer Georg Friedrich Wagner aus Hersfeld erbaut.
Der Orgelbauer Georg Friedrich Wagner wurde 1818 in Holzburg, einem Ort zwischen Ziegenhain und Alsfeld im nordhessischen Schwalm-Eder-Kreis geboren. Sein Vater war Pfarrer in Schrecksbach, starb aber bereits kurz nach seiner Geburt. Bei seinem 15 Jahre älteren Halbbruder Theodor Wagner, der in Schrecksbach Instrumentenbauer war und auch gelegentlich Orgelreparaturen durchführte, dürfte sein Interesse für seine Kunst geweckt worden sein. Ab 1841 ging er bei dem Orgelbauer Friedrich Wilhelm Bernhard in Romrod in die Lehre und machte sich nach kurzer Gesellenzeit bei Bernhard im Jahre 1846 in Schrecksbach selbstständig. 1850 verlegte er seine Werkstatt nach Hersfeld und erhielt 1854 die Orgelbaulizenz für Oberhessen. Nachdem er zunächst hauptsächlich Reparaturen und „Verbesserungen“ durchführte, etwa 1853 an der Schlottmann-Orgel in der Hersfelder Stadtkirche, beginnt ab 1858 auch eine rege Neubautätigkeit. Er selbst schrieb einmal, dass er „26 neue Orgeln“ gebaut habe. Einige davon haben die Zeiten bis heute überstanden, so etwa Wagners erste nachgewiesene neue Orgel, die er 1858 in der Kirche zu Breitenbach am Herzberg mit 16 Registern auf zwei Manualen und Pedal errichtete. Erwähnenswert ist auch das 1868 fertiggestellte und ebenfalls zweimanualige Werk in der Kirche zu Oberaula, ebenfalls im Schwalm-Eder-Kreis gelegen mit 19 Stimmen, welches Wagner dort hinter den bestehenden Barockprospekt baute. Doch die Mehrzahl seiner Instrumente teilten das Schicksal zahlreicher Dorforgeln der Romantik vor allem im Westen Deutschlands. Sie wurden nach dem Zweiten Weltkrieg entweder komplett durch Neubauten ersetzt oder zumindest klanglich so stark umgebaut, dass der ursprüngliche, romantische Charakter nicht mehr erkennbar ist. Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel, so hat sich etwa in Montabaur im Westerwald eine fast unveränderte Orgel Georg Friedrich Wagners erhalten, die er 1875 in der dortigen Pauluskirche aufstellte. Er starb 1880 in Hausen bei Oberaula während der Aufstellung seiner letzten und im Übrigen ebenfalls erhaltenen Orgel in der dortigen Kirche. Völlig unberührt ist aber die 1868 fertiggestellte Orgel in Pferdsdorf erhalten geblieben und lange war sie aufgrund ihrer Lage im Grenzsperrgebiet gar nicht als Wagner-Orgel identifiziert worden. Dies wurde erst im Zusammenhang mit der 2005 durch die Firma Schönefeld aus Stadtilm durchgeführten Restaurierung entdeckt. Sie ist eine ganz typische mitteldeutsche Dorforgel jener Zeit: solide gebaut, einfach und funktional für den Gottesdienst, weniger für den Konzertgebrauch – ein Orgeltyp, wie er etwa auch von dem in Nordhessen und Westthüringen einflussreichen Seminarmusikdirektor Wilhelm Volckmar propagiert wurde.
Die 1868 erbaute Orgel von Georg Friedrich Wagner in Pferdsdorf besitzt sieben Register auf einem Manual und Pedal. Das bis zum f3 geführte Manual verfügt über Principal, Gedackt und Salicional 8', Octave und Flöte 4' sowie ein 3faches Cornett als Klangspitze. Im Pedal mit einem Umfang bis zum c1 finden wir einen Subbaß 16' sowie eine Pedalkoppel. Solche kleinen Instrumente, auf denen traditionell der Dorfschulmeister zu spielen hatte, wurden bis vor wenigen Jahren in ihrem Wert und ihrer Bedeutung für die regionale Orgellandschaft meist nicht erkannt. Sie wurden stattdessen oft als „Choralmühlen“ verspottet und bis in die 1980er Jahre bereitwillig bei Orgelneubauten hingemordet. Umso mehr ist es heute notwendig, gerade in vielen Dörfern auf den vielfältigen Schatz aufmerksam zu machen, der noch auf so manchen Emporen in teilweise nicht gerade gutem Zustand dahinschlummert. In Pferdsdorf in der Rhön hat man sich dankenswerterweise schon vor rund 15 Jahren dem Instrument angenommen und es fachgerecht restaurieren lassen. 

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Disposition:

Manual, C-f3 Pedal, C-c1  
Principal 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Gedackt 8'    
Salicional 8'    
Octave 4'    
Flöte 4'    
Cornett 3f.    

In Pferdsdorf gespielte Stücke:
Hermann Küster: Vorspiel a-moll >>>
Hermann Küster: Vorspiel F-Dur >>>
Franz Liszt: In dulci jubilo >>>
Arnold Mendelssohn: Nun bitten wir den heiligen Geist >>>
Arnold Mendelssohn: Nun jauchzet all, ihr Frommen >>>
Paul Diderich Muth-Rasmussen: Präludium c-moll >>>
Heinrich Schrader: Nun lob, mein Seel, den Herren >>>
Gustav Adolf Thomas: Wachet auf, ruft uns die Stimme >>>
Wilhelm Volckmar: Dennoch bleib ich stets an dir >>>
Wilhelm Volckmar: Erbarm dich mein, o Herre Gott >>>
Woldemar Voullaire: Präludium Nr. 7 D-Dur >>>
Woldemar Voullaire: Präludium Nr. 8 C-Dur >>>
Woldemar Voullaire: Präludium Nr. 9 F-Dur >>>



PFERSDORF (Stadt Hildburghausen, Landkreis Hildburghausen)
Ev. Kirche St. Nikolaus




Erbauer: Caspar Schippel (Hildburghausen) 1716, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Pfersdorf ist ein Ortsteil der Stadt Hildburghausen im gleichnamigen Landkreis in Thüringen. Der Ortsteil liegt in der Werraaue und an der Landesstraße 1132 südwestlich von Hildburghausen und nördlich von Leimrieth. 912 wurde das Dorf erstmals urkundlich erwähnt. 1994 wurde der Ort, in dem heute 342 Einwohnerinnen und Einwohner leben, zusammen mit fünf weiteren Dörfern in die Stadt Hildburghausen eingemeindet. Die evangelische Dorfkirche St. Nikolaus steht oberhalb des Dorfes als höchstgelegenes Gebäude im Ort. Die Gestalt der heutigen Kirche mit barockem Turm und Schiff geht auf Baumaßnahmen im Jahre 1714 zurück. Damals wurde das Kirchenschiff vergrößert und die Emporen eingebaut. Um das Gotteshaus befindet sich der Dorffriedhof mit einer Trockenmauer, der seit 1578 nachgewiesen ist. Aus romanischer Zeit stammt die Sakristei, bei der es sich vermutlich um die erste, kleine Kapelle handelt. Unter den Glocken im Turm befindet sich aus dem Jahr 1506 eine in Franken gegossene Bronzeglocke. Nach Abschluß der barocken Umbauarbeiten ging man in Pfersdorf an die Anschaffung einer neuen Orgel, die 1716 eingebaut wurde. Ihr Erbauer war Georg Caspar Schippel, der privilegierte Orgelbauer des Fürstentums Sachsen-Hildburghausen.
Caspar Schippel, der Erbauer der Orgel in Pfersdorf, wurde 1648 in Stressenhausen, einem kleinen Dorf in Südthüringen, geboren. Seine Eltern betrieben dort eine Mühle, die sich seit 1592 im Besitz der Familie Schippel befand. Georg Caspar verkaufte diese Mühle 1691 und siedelte nach Hildburghausen über. Dort erwarb er die „Ebenrettersmühle“. Sie verfügte über ein Mahlwerk und ein durch Wasserkraft angetriebenes Schneidewerk. Heute kann man davon ausgehen, dass er dieses Haus als Orgelwerkstatt nutzte. Als privilegierter Orgelbauer fertigte Caspar Schippel mehrere barocke Instrumente im Fürstentum Sachsen-Hildburghausen an. 1694 erbaute er zusammen mit dem Orgelmacher Christoph Crapp aus Eisfeld für die Hospitalkirche St. Kilian in Schleusingen. Crapp war überdies Schippels Taufpate und wir können davon ausgehen, dass Schippel bei ihm sein Handwerk erlernt hat. 1801 wurde diese Orgel nach Krölpa bei Pößneck versetzt, wo sie in weiten Teilen bis heute erhalten ist und eines der ältesten Instrumente im südthüringer Raum darstellt. Etwa zur selben Zeit arbeiteten Crapp und Schippel gemeinsam in Meeder bei Coburg. Um 1700 erfolgte Schippels Ernennung zum privilegierten Orgelmacher für das Fürstentum Sachsen-Hildburghausen, ein Amt, das er bis zu seinem Tode 1722 innehatte. In der Folgezeit entstanden Orgeln für die Poppenhausen im Heldburger Land, für Simmershausen bei Römhild und für Roth, ebenfalls bei Römhild gelegen. Seine bekannteste Orgel ist die 1711 errichtete Orgel auf dem Singechor der Kiliankirche in Bedheim, mit ursprünglich 11 Registern. 1721 baute Nikolaus Seeber eine zweite, kleinere sogenannte Schwalbennestorgel in Bedheim und verband beide Instrumente mit einer komplizierten mechanischen Traktur, so dass beide Orgeln von einem Spieltisch aus gespielt werden konnten. Der weltweit in dieser Form einmalige und zu Recht bekannte Orgelschatz von Bedheim wird in einem anderen Portrait vorgestellt. Beim Namen Caspar Schippel denken Orgelfreude heute darum zunächst an Bedheim. Weitgehend unbekannt ist hingegen Schippels 1716 erbaute Orgel in Pfersdorf. Diese erhielt 9 Register auf einem Manual und Pedal. Bemerkenswert sind die erhaltenen foliierten Holz-Prospektpfeifen des Principalbasses mit um die Pfeifenlabien gemalten Männergesichtern. Für die Rekonstruktionsarbeiten in Bedheim dienten diese Pfeifen und weitere technische Details als Vorbild. Die Schippel-Orgel in Pfersdorf wurde im 19. Jahrhundert nur leicht verändert. Zwei Register wurden durch romantische Stimmen ersetzt und die Zusammensetzung der Mixtur verändert. Im Jahre 2000 erfolgte dann eine denkmalgerechte Restaurierung und weitgehende Rückführung auf den Originalzustand durch die Orgelbaufirma Gebrüder Hey aus Urspringen in der Rhön.
Die Orgel von Caspar Schippel in der Kirche zu Pfersdorf bei Hildburghausen besitzt heute 8 Register auf einem Manual und Pedal. Der Disposition des Manuals, das vom Ton C bis ohne das Cis zum c3 geführt ist, basiert auf dem Principal 4'. Darüber hinaus finden sich die Register Gedackt 8', Gedackt 4', Flauto 4', eine Octava 2' sowie eine 3fache Mixtur. Das Pedal ist ebenfalls ohne das Cis bis zum c1 ausgebaut und besitzt die Stimmen Subbaß 16' und Principalbaß 8'. Das Pedal ist zudem ständig fest ans Manual gekoppelt. Das neunte Register der ursprünglichen Disposition war ein Oktavbaß 1' im Pedal. Auf die Rekonstruktion dieser Stimme musste leider bislang verzichtet werden. Solche Cantus-Firmus-Register in hoher Lage finden sich zum Beispiel regelmäßig in den Dispositionen der in Römhild und später in Arnstadt ansässigen Orgelbauerfamilie Weiße. So besaß beispielsweise die 1680 errichtete Weiße-Orgel in der Stadtkirche Römhild ursprünglich nur die drei Register Subbaß 16', Cornetbaß 2' und Flötenbaß 1'. Zahlreiche Choralbearbeitungen der Bachzeit mit cantus firmus im Pedal lassen sich mit einer solchen Pedaldisposition sehr überzeugend darstellen, selbst wenn man zur Begleitung das Plenum des Manuals gezogen hat. Aber wie gesagt, die Rekonstruktion dieses bemerkenswerten Registers steht noch aus. Als einzige, größtenteils erhaltene Orgel von Caspar Schippel kommt dem Instrument in Pfersdorf darum eine besondere Bedeutung in der reichen Orgellandschaft Südthüringens zu. 

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Disposition:

Manual, CD-c3 Pedal, CD-c1  
Gedackt 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Principal 4' Principalbaß 8'  
Gedackt 4' (Octavbaß 1')  
Flauto 4'    
Octava 2'    
Mixtur 3f.    

In Pfersdorf gespielte Stücke:
Johann Christoph Bach: Allein Gott in der Höh sei Ehr >>>
Johann Michael Bach: Nun freut euch, lieben Christen g'mein >>>
Johann Sebastian Bach: Präludium und Fuge a-moll BWV 559 >>>
Gottfried Ernst Pestel: Praeludium ex c >>>
Georg Andreas Sorge: Herr Jesu Christ, du höchstes Gut >>>
Georg Andreas Sorge: In allen meinen Taten >>>
Georg Andreas Sorge: Praeludium d-moll >>>



REICHENBACH (Gemeinde Hörselberg-Hainich, Wartburgkreis)
Ev. Kirche




Erbauer: Friedrich Knauf (Großtabarz) 1851, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Reichenbach ist ein Ortsteil der thüringischen Gemeinde Hörselberg-Hainich im Wartburgkreis. Die Ortsstruktur ist ein klassisches zweireihiges Reihendorf. Der Ort befindet sich im Nordosten der Gemeinde Hörselberg-Hainich und ist gleichzeitig der zweithöchstgelegene Ortsteil der Gemeinde. Reichenbach ist Nationalparkgemeinde des Nationalpark Hainich. Durch die Ortslage führt die Bundesstraße 84 nach Eisenach und Bad Langensalza. Am Südostrand des Hainich befand sich um das Jahr 1000 die „Mark Beringa“, ein Zentrum der Siedlungs- und Verwaltungstätigkeit dieser Zeit. Unweit von Reichenbach fand 1075 die Schlacht bei Homburg an der Unstrut statt, hierbei wurden die Mehrzahl der Dörfer und Burgen am Ostrand des Hainichs durch die Kampfhandlungen zerstört. Die Ersterwähnung des Ortes erfolgte als „Richenbac“ im Jahre 1160. Die Ortsgeschichte wurde vom Adelsgeschlecht der Herren von Wangenheim geprägt, noch heute gehört Reichenbach zum evangelischen Kirchspiel Wangenheim. 1999 erfolgte die Eingemeindung in die Gemeinde Behringen, die 2007 in der neuen Gemeinde Hörselberg-Hainich aufging. Heute leben im Ort 356 Einwohnerinnen und Einwohner. Die ältesten Häuser des Ortes gruppieren sich um die kleine Dorfkirche, ein im Kern noch romanischer Bau, der 1627 erneuert wurde. Auf der zweiten Empore befindet sich die kleine Orgel, die 1851 von Friedrich Knauf aus Großtabarz errichtet wurde.
Die Orgelbauerfamilie Knauf ist in Großtabarz bei Gotha beheimatet gewesen, wo seit dem späten 18.Jahrhundert Johann Valentin Knauf als Orgelbauer nachzuweisen ist. Er wurde 1762 geboren und starb 1847. Seine beiden Söhne Friedrich und Gottlieb erlernten ihr Handwerk natürlich in der väterlichen Werkstatt. Während der jüngere, 1810 geborene Gottlieb Knauf später seine Werkstatt nach Bleicherode verlegte, übernahm der 1802 geborene Friedrich Knauf nach dem Tod des Vaters dessen Werkstatt in Großtabarz. Sein Sohn Guido Knauf trat später in die Familienwerkstatt ein und arbeitete ab Mitte der 1860er Jahre mit dem Vater zusammen, der aber bis zu seinem Tod mit 81 Jahren 1883 mitarbeiten konnte. Unter der Ägide von Friedrich Knauf entwickelte sich die Firma Knauf zu einer der produktivsten Orgelbauwerkstätten zwischen Thüringer Wald und Harz. Die erste selbstständige Arbeit Friedrich Knaufs ist die 1833 aufgestellte Orgel in Klettenberg, Landkreis Nordhausen. 1840 errichtete Knauf in der Servatiuskirche zu Duderstadt sein größtes Instrument mit 42 Registern auf drei Manualen und Pedal. Beide genannten Orgeln sind nicht erhalten. Bis etwa 1840 baute Friedrich Knauf die Spieltraktur über die überlieferte Weise mit Wellenbrettern und Wellenrahmen. Ab diesem Zeitpunkt macht sich der Einfluß von Johann Friedrich Schulze bemerkbar, dessen bahnbrechende Erfindungen Knauf vermutlich beim Weiterbau der von Schulze begonnenen, aber nicht vollendeten Orgel in Warza bei Gotha kennengelernt hat, die ebenfalls hier vorgestellt wird. So verfügen ab diesem Zeitpunkt fast alle Knauf'schen Orgeln über seitliche Manubrien, Strahlentraktur und chromatische Laden, alles technische Details, die auf Johann Friedrich Schulze zurückgehen. Diese neuartigen Konstruktionsmethoden bedeuteten in der Werkstatt eine erhebliche Aufwandsminimierung und so war Friedrich Knauf in der Lage, seine Instrumente vergleichsweise preisgünstig anzubieten. Im Gebiet zwischen Thüringer Wald und Harz sind bis heute die Instrumente aus der Knauf-Werkstatt zahlenmäßig vorherrschend. Die meisten, auch die kleineren verfügen über zwei Manuale. Wenn Friedrich Knauf wie in Reichenbach ausnahmsweise einmanualig baute, dann hatte dies ausschließlich Platzgründe und in der Tat ist die Orgel in Reichenbach auf der zweiten Empore ziemlich beengt aufgestellt. Und auch im Inneren der Orgel geht es teilweise so eng zu, dass sich vor allem im Diskant die Ventile gegenseitig den Wind wegnehmen. Zwölf Register verteilen sich auf ein Manual und Pedal.
Die kleine, aus dem Jahre 1851 stammende Orgel von Friedrich Knauf in der Dorfkirche zu Reichenbach besitzt 12 Register auf einem Manual und Pedal. Das Manual hat einen Klaviaturumfang von C bis zum d3, wobei die beiden tiefsten Tasten im Manual durch das spätere Umhängen der Traktur um zwei Halbtöne heute stumm sind. Wir finden hier einen Bordun 16', sodann Principal, Gambe, Gedackt und eine relativ schlank klingende Hohlflöte 8', Oktave und Pianoflöte 4', die Oktave 2' sowie eine 3fache Mixtur. Das Pedal ist bis zum c1 geführt und verfügt über die drei Stimmen Subbaß 16' sowie Principal und Cellobaß 8'. Dazu kommt eine Pedalkoppel. Nachdem die Orgel viele Jahre lang kaum spielbar war, wurde sie 2008 durch Thomas Hübener und Gerhard Recknagel gereinigt und instandgesetzt. Die Knauf-Orgel in Reichenbach ist sicher kein herausragendes Instrument in der so ungemein reichen Thüringer Orgellandschaft. Aber sie ist ein in ihrer Art typisches Instrument für eine kleinere Dorforgel des 19. Jahrhunderts, wie sie in anderen Regionen Deutschlands sehr selten geworden ist. Denn bis vor einigen Jahren standen vor allem in Westdeutschland Instrumente des 19. Jahrhunderts noch auf der Abschußliste, so wurde etwa noch 1971 die Knauf-Orgel in Haimbach bei Fulda beseitigt. Und in Markvippach bei Erfurt beispielsweise wurde 1994 einfach das Dach über der Knauf-Orgel abgenommen und längere Zeit Wind und Wetter ausgesetzt – dass das Instrument dies nicht überlebt, war abzusehen. 

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Disposition:

Manual, C-d1 Pedal, C-c1  
Bordun 16' Subbaß 16' Pedalkoppel
Principal 8' Principal 8'  
Gedackt 8' Cellobaß 8'  
Hohlflöte 8'    
Gambe 8'    
Octave 4'    
Pianoflöte 4'    
Octave 2'    
Mixtur 3f.    

In Reichenbach gespielte Stücke:
August Eduard Grell: Präludium Nr. 19 A-Dur >>>
August Eduard Grell: Präludium Nr. 20 F-Dur >>>
Michael Henkel: Allegretto E-Dur >>>
Michael Henkel: Andante E-Dur >>>
Michael Henkel: Andantino Es-Dur >>>
Michael Henkel: Cantabile E-Dur >>>
Michael Henkel: Cantabile Es-Dur >>>
Michael Henkel: Larghetto Es-Dur >>>
Michael Henkel: Un poco allegro Es-Dur >>>
Michael Henkel: 2 Versetten E-Dur >>>
Michael Henkel: 2 Versetten Es-Dur >>>
Michael Henkel: Versett d-moll >>>
Christian Heinrich Rinck: Andante Es-Dur >>>
Christian Heinrich Rinck: Con moto A-Dur >>>
Christian Heinrich Rinck: Gott, der Vater, wohn uns bei >>>
Christian Heinrich Rinck: Wie nach einer Wasserquelle I & II >>>
Johann Gottlob Töpfer: Jesus Christus, unser Heiland >>>
Ernst Adolph Wendt: Andante G-Dur >>>



RIETH (Stadt Heldburg, Landkreis Hildburghausen)
Ev. Allerheiligenkirche




Erbauer: Lorenz Konrad Adam Heybach (Heldburg) 1833, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Rieth ist ein Ortsteil der Stadt Heldburg im südthüringischen Landkreis Hildburghausen. Der Ort im Heldburger Land an der Grenze zu Bayern liegt in jenem Südzipfel Thüringens, der zwischen Bad Königshofen und Coburg wie ein Balkon ins Fränkische hineinragt. Viel Reizvolles und Schönes ist in diesem Landstrich zu finden, der immer etwas abseits, an der Grenze lag. Erstmals urkundlich erwähnt wurde der Ort Rieth, dessen Name von den zahlreichen Quellen und Feuchtwiesen abgeleitet ist, die Rieth heute noch umgeben, in einer Urkunde des Klosters Fulda aus dem Jahre 1049. Das Gebiet gehörte für Jahrhunderte zum Herrschaftsgebiet der Herren von Henneberg. Später gehörte das Heldburger Land zum Herzogtum Sachsen-Hildburghausen und ab 1826 zu Sachsen-Meiningen. Nach dem ersten Weltkrieg schloß sich die Coburger Herrschaft Bayern an, während das Amt Heldburg zum Freistaat Thüringen kam. 340 Einwohnerinnen und Einwohner leben heute in Rieth. Die evangelische Allerheiligenkirche mit ihrer bis zu zwei Meter hohen Wehrmauer stammt in ihrer heutigen Form aus dem Jahre 1682. Kern des Gotteshauses ist der Rest einer mittelalterlichen Kapelle, der heutigen Sakristei, an die sich der gotische Chor und das barocke Langhaus anschließen. Die bemerkenswerte Kanzel ist 1780 entstanden. Und die nicht minder bemerkenswerte Orgel stammt von der Hand des Heldburger Meisters Lorenz Konrad Heybach aus dem Jahre 1833.
Lorenz Konrad Heybach wurde 1794 in Heldburg geboren. Er erlernte zunächst den Beruf des Schreiners und begab sich anschließend auf die zunftgerechte Wanderschaft. Die einzelnen Stationen dieser Wanderjahre, die Heybach Schritt für Schritt mit der Orgelmacherkunst vertraut machten und zur Meisterschaft führten, sind bislang nicht bekannt. Wir wissen nur, daß er zuletzt längere Zeit in Berlin bei dem aus Schloßvippach bei Erfurt stammenden Orgelbauer Johann Simon Buchholz gearbeitet hat. Gemeinsam mit seinem Sohn Carl August Buchholz schuf dieser ein ganz eigenständiges, frühromantisches Klangbild, das sich auch in den wenigen Zeugnissen der Kunst Lorenz Konrad Heybachs findet. Die Verwendung von vorzüglichem Material, die schöne und gleichmäßige Intonation aller Register bei größter Natürlichkeit der Klangfarben wird an Buchholz‘ Orgeln immer wieder gelobt und das Gleiche könnte man auch über die Werke Heybachs sagen. Sein größtes und bedeutendstes Werk errichtete Lorenz Konrad Heybach 1825 in der Stadtkirche seiner Heimatstadt Heldburg. Gerne hätte ich dieses mit 25 Registern prachtvoll disponierte und einzigartig gut erhaltene Werk in dieser Reihe von Orgelportraits vorgestellt, doch wird sie derzeit mit großem Aufwand restauriert. Es besitzt unter anderem eine originale Vox angelica von 1825, eine der frühesten durchschlagenden Zungenstimmen, die wir überhaupt besitzen. Auch dieses Register kannte man in jener Zeit sonst nur aus Dispositionen der Familie Buchholz. 1828 bis 1829 arbeitete Heybach an der Orgel in Streufdorf und 1833 errichtete er die Orgel in Rieth mit 16 Registern auf zwei Manualen und Pedal. Ihr eigentümlicher, klassizistisch-schlichter Prospekt erinnert im ersten Moment an die Formensprache Schinkels und tatsächlich könnte Heybach die Bekanntschaft Schinkels in der Berliner Buchholz-Werkstatt gemacht haben. Über weitere Orgelarbeiten Heybachs wissen wir nur wenig, denn sein Leben und Werk ist noch gänzlich unerforscht. Allein im Landkreis Hildburghausen steht heute noch ein halbes Dutzend meist kleinerer Orgeln aus den 1830-er Jahren, deren Erbauer noch nicht ermittelt werden konnte. Das eine oder andere dieser Instrumente könnte aus Heybachs Werkstatt stammen, und auch im weiteren Umkreis des alten Hildburghäuser Territoriums mag heute noch so manches Werk dieses tüchtigen Meisters unerkannt geblieben sein, der bereits 1842 auf der Höhe seines Schaffens starb.
Die Heybach-Orgel in Rieth besitzt 16 Register auf zwei Manualen und Pedal und wurde 2010 bis 2011 durch die Firma Orgelbau Schönefeld aus Stadtilm teilrestauriert. Die Manuale haben jeweils einen Umfang bis zum d3. Im Hauptwerk finden wir die Stimmen Quintatön 16', Principal, Rohrflöte und Gambe 8', die Octaven 4' und 2' sowie eine 4fache Mixtur. Im zweiten Manual stehen Gedackt und Salicional 8', Principal und Flöte 4' sowie eine Oktave 2'. Das bis zum c1 ausgebaute Pedal verfügt über Subbaß 16' und Violon 16' sowie Octavenbaß und Cello 8', dazu kommen eine Manual- und eine Pedalkoppel. Die wenigen Zeugnisse der Kunst des Lorenz Konrad Heybach setzen einen interessanten Akzent in der reichen und wertvollen Orgellandschaft Südthüringens und verdienen mehr Beachtung, als ihnen derzeit zuteil wird. 

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Disposition:

Hauptwerk, C-d3 Zweites Werk, C-d3 Pedal, C-c1  
Quintatön 16' Gedackt 8' Subbaß 16' Manualkoppel
Principal 8' Salicional 8' Violon 16' Pedalkoppel
Rohrflöte 8' Principal 4' Octavenbaß 8'  
Gambe 8' Flöte 4' Cello 8'  
Octave 4' Octave 2'    
Octave 2'      
Mixtur 4f.      

In Rieth gespielte Stücke:
Daniel-Francois-Esprit Auber: Vorspiel C-Dur >>>
Heinrich Frankenberger: Vorspiel d-moll >>>
Heinrich Frankenberger: Vorspiel G-Dur >>>
Ernst Friedrich Gaebler: Fuga a 3 voci F-Dur >>>
Heinrich Gradehand: Wie schön leuchtet der Morgenstern >>>
Carl Karow: Gib dich zufrieden und sei stille >>>
Carl Karow: Kommt her zu mir, spricht Gottes Sohn >>>
Johann Georg Meister: Largo D-Dur >>>
Johann Caspar Rüttinger: Jesus, meine Zuversicht >>>
Johann Caspar Rüttinger: Vorspiel F-Dur >>>
Johann Gottlob Töpfer: Es wolle Gott uns gnädig sein >>>
Johann Gottlob Töpfer: Herzlich tut mich verlangen >>>
Johann Gottlob Töpfer: Jesu, meine Freude >>>



RÖMHILD (Landkreis Hildburghausen)
Ev. Stiftskirche St.
 Maria und Johannes



Erbauer: Johann Moritz Weiße (Gotha) 1680-1682, Rekonstruktion VEB Eule Orgelbau (Bautzen) 1980-1981, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Römhild ist eine Kleinstadt im Landkreis Hildburghausen. Die ehemalige Residenzstadt der Grafschaft Henneberg-Römhild und des Herzogtums Sachsen-Römhild befindet sich im fränkisch geprägten Süden Thüringens. Römhild liegt im Schutze der Gleichberge in der Region Grabfeld im Henneberger Land, direkt an der Landesgrenze zu Bayern. Römhild ist wahrscheinlich der älteste Ort des heutigen Bundeslandes Thüringen, als keltisches Oppidum „Bikourgion“ wurde er bereits etwa 150 nach Christus erwähnt. Die Erwähnung von „Rotmulte“ erfolgte im Jahre 800 als Besitz des Klosters Fulda. Zu dieser Zeit gehörte Römhild zum fränkischen Gau Grabfeld. Gaugrafen waren die Grafen von Henneberg, die auf der Hartenburg oberhalb der heutigen Stadt residierten. Von 1680 bis 1710 war Römhild Residenz des Fürstentums Sachsen-Römhild. Heute leben rund 7.000 Einwohnerinnen und Einwohner in der Stadt, die sich 2013 mit mehreren Gemeinden aus dem Umland zur neuen Stadt Römhild zusammenschloß. Die Stiftskirche St. Maria und Johannes der Täufer stammt in ihrer heutigen Gestalt größtenteils aus dem Jahr 1470. Die Henneberger nutzten das Gotteshaus als Hof- und Begräbniskirche. Der spätgotische Bau, nach der Aufhebung des Stiftes nach der Reformation nunmehr die Hauptpfarrkirche der Stadt, besitzt neben dem barocken Hochaltar von 1692 als Besonderheit die bronzenen Grabdenkmäler der Henneberger Grafen, die aus der Werkstatt des Nürnberger Erzgießers Peter Vischer dem Älteren und seiner Söhne kamen. Sie sind zwischen 1488 und 1510 entstanden. Die barocke Orgel wurde 1680 bis 1682 von Johann Moritz Weiße aus Gotha errichtet.
Die Orgelbauerfamilie Weiße ist seit Anfang des 17.Jahrhunderts in Südthüringen nachweisbar. Ihr Stammvater war Andreas Weiß, der in Ostheim vor der Rhön die dortige Pfarrerstochter heiratete und später als Orgelbauer in Meinigen bezeichnet wird. Er ist später auch mehrfach mit Arbeiten im Harz nachweisbar. 1632 wurde sein Sohn Johann Moritz Weiße in Meiningen geboren. Er verlegte später die Werkstatt der Familie nach Gotha, wo er sogleich vom dortigen Herzog mit einem Orgelmacher-Privilegium ausgestattet wurde. Ab 1658 sind einige Neubauten aus seiner Werkstatt nachgewiesen, so etwa in Emleben und Großfahner und 1670 wurde Weiße vom Stadtrat zu Eisenach in die dortige Georgenkirche gerufen, um zusammen mit Kapellmeister Briegel ein Gutachten über die dortige Orgel zu erstellen. Sein heute bekanntestes Instrument errichtete Johann Moritz Weiße dann 1680 bis 1682 für die Stiftskirche in Römhild. Für Thüringen ungewöhnlich ist die Anlage der Orgel mit einem Rückpositiv. Die „veraccordierte“ Klanggestalt dieser Orgel mit 14 Registern ist so interessant, dass sie an dieser Stelle zitiert werden soll. „Ins obere und Hauptwerk kommen Principal 8', Oktava 4', Quinta 3', Super Octava 2', Super Octava 1', Mixtur 4fach sowie ein Krummhorn 8'. Ins Positiv gelangen Principal 4', Spitzflöt 2', ein Sesquialter und ein Doppelt Zimbel 2fach. Ins Pedal Subbaß 16', Cornetbaß 2' und Flötenbaß 1'. Dazu Tremulant, Heerpaucken, Vogelgesang und Zimbelstern. Hierüber das Pedal durch obere oder Hauptwerk mit gehen.“ Das prachtvolle, heute noch vorhandene Orgelgehäuse lieferte der Römhilder Hoftischler Esaias Sterzing, allerdings arbeitete er nicht termingerecht und so zog sich der Orgelbau länger als geplant hin. Und nachdem man auch noch drei zusätzliche Register eingebaut haben wollte, seufzte Weiße in einem Brief, er habe sich hieran wohl ziemlich überdinget, und die Orgel ist nicht 700, sondern 1000 Taler wert. Von diesem finanziellen Tiefschlag hat sich Johann Moritz Weiße nicht mehr recht erholt. 1699 siedelte er von Gotha nach Arnstadt über und bemühte sich um den Bau der Orgel in der dortigen Neuen Kirche. Bekanntlich erhielt aber nicht Weiße den Auftrag hierzu, sondern Johann Friedrich Wender aus Mühlhausen. Johann Moritz Weiße starb 1704 in Arnstadt., Sein 1672 geborener Sohn Johann Anton Weiße wurde ebenfalls Orgelbauer und erbaute einige Instrumente im näheren und weiteren Umkreis von Arnstadt. Das 1682 vollendete prachtvolle Instrument Johann Moritz Weißes in Römhild blieb nicht unverändert.
Die 1682 vollendete Orgel von Johann Moritz Weiße wurde 1865 durch den Orgelbauer Theodor Kühn aus Schmiedefeld grundlegend umgebaut. Er erbaute im Hauptgehäuse ein zweimanualiges Werk, bei dem nur wenig altes Pfeifenwerk übernommen wurde. Zudem wurde das Rückpositiv entfernt. Glücklicherweise fand der Rückpositivprospekt als Schmuckstück des Kirchenraumes eine neue Verwendung, so daß er einschließlich des Prospektprincipals 4' erhalten blieb. Rund 300 nach dem Orgelbau durch Johann Moritz Weiße erfolgte in den Jahren 1980 bis 1981 eine Rekonstruktion der barocken Orgelanlage durch die Firma VEB Eule Orgelbau Bautzen. Hierbei wurde das alte Rückpositiv wieder an seinen ursprünglichen Platz zurückversetzt und auch die kostbaren Prospektpfeifen wieder zum Klingen gebracht – wir hörten sie soeben. Die heutige Disposition enthält 25 Register auf zwei Manualen und Pedal. Einige Register konnten vom Umbau 1865 übernommen werden, worin sich teilweise auch noch originales Pfeifenmaterial von 1682 befindet. Das Hauptwerk, ausgebaut vom Ton C bis zum f3, besitzt als Basis den klassischen Prinzipalchor 8', 4' und 2' nebst Quinta 3', grundiert von einem Quintatön 16' und farblich differenziert durch Grobgedackt und Salicional 8' und einer Flöte 4'. Dazu kommt eine Sesquialter 2fach, eine 4fache Mixtur und eine Trompete 8' als Zungenstimme. Das Rückpositiv besitzt heute 7 Stimmen, nämlich Stillgedackt 8', Principal und Nachthorn 4', eine Spitzflöte 2', ebenfalls ein Sesquialter 2fach, eine Doppelt Zimbel sowie ein Krummhorn 8', beide Register werden schon in der Disposition von 1682 erwähnt. Das Pedal schließlich mit modernem Tonumfang bis zum f1 besitzt Principal- und Subbaß 16', Oktavbaß 8', Gemshorn 4', Nachthorn 2', einen Hintersatz 4fach sowie eine Posaune 16'. Dazu kommen die üblichen Koppeln und ein Tremulant zum Positiv. Der großartige, Geschichte atmende Kirchenraum der Römhilder Stiftskirche besitzt seither wieder ein adäquates Instrument, das zwar nur wenig originales Pfeifenmaterial der Erbauungszeit besitzt, aber dennoch durch eine enorme Klangvielfalt beeindruckt. 

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Disposition:

Hauptwerk, C-f3 Rückpositiv, C-f3 Pedal, C-f1  
Quintatön 16' Stillgedackt 8' Principal 16' Manualkoppel
Principal 8' Principal 4' Subbaß 16' Pedalkoppel zu I
Grobgedackt 8' Nachthorn 4' Octavbaß 8' Pedalkoppel zu II
Salicional 8' Spitzflöte 2' Gemshorn 4' Tremulant
Octave 4' Sesquialter 2f. Nachthorn 2'  
Flöte 4' Klingend Zimbel 2f. Hintersatz 4f.  
Quinte 3' Krummhorn 8' Posaune 16'  
Octave 2'      
Sesquialter 2f.      
Mixtur 4f.      
Trompete 8'      

In Römhild gespielte Stücke:
Johann Sebastian Bach: Präludium und Fuge B-Dur BWV 560 >>>
Antoine Busnois: Rondeau >>>
Jacobus Conradus: Reminiscere Miserationum >>>
Johann Zacharias Franck: Praeludium ex c >>>
Johann Zacharias Franck: Praeludium ex G >>>
Leonin: Haec dies >>>
Claudii de Monteforte: Fantasie ex d >>>
Johannes Ockeghem: Forsseulement >>>
Christian Ritter: Sonatina in d >>>
Georg Andreas Sorge: Praeludium es-moll >>>
Andreas Werckmeister: Praeludium ex G >>>



SCHLEID (Erfüllende Gemeinde Geisa, Wartburgkreis)
Kath. Pfarrkirche Maria Schnee




Erbauer: Bartholomäus Brünner (Würzburg) 1747-1748, Umbau Heinrich Hahner (Fulda) 1878, Schleifladen in Hauptwerk und Pedal, Kegellade im Hinterwerk, mechanische Spiel- und Registertraktur

Schleid ist eine Gemeinde im Wartburgkreis in Thüringen. Erfüllende Gemeinde für Schleid ist die Stadt Geisa. Der Ort befindet sich im oberen Ulstertal in der Vorderen Rhön. Er ist zugleich Teil des Biosphärenreservates Thüringische Rhön. Im Süden der Gemarkung verläuft die hessisch-thüringische Landesgrenze, Nachbarort ist die Stadt Tann im Landkreis Fulda. Das Dorf wurde im Jahre 1186 als „Sleitaha“ erstmals urkundlich erwähnt, und heute leben etwas über 1.000 Einwohnerinnen und Einwohner in Schleid. Hauptsehenswürdigkeit im Ort ist die barocke Pfarrkirche Maria Schnee, die nach dem Entwurf des aus Italien stammenden Fuldaer Hofarchitekten Andrea Gallasini in den Jahren 1743 bis 1746 errichtet wurde. Sie ist ein Nachfolgebau von mindestens zwei Vorgängerkirchen, eine bereits um das Jahr 1327 bezeugt, eine zweite um 1500 erbaut. In dem aus dieser Zeit noch teilweise erhaltenen Turm befindet sich im untersten Geschoss der heute als Sakristei genutzte ehemalige Chor. Der ungewöhnliche Kirchentitel Maria Schnee geht auf ein Gelöbnis aus dem Jahre 1626 zurück. Es handelt sich um den wohl bekanntesten und volkstümlichsten „Verlobten Tag“ des ehemaligen Hochstifts Fulda. Nach den Aufzeichnungen des damaligen Schleider Pastors Johannes Gutwein starben damals in Schleid und Kranlucken, das zu jener Zeit noch zur Pfarrei Schleid gehörte, in vier Monaten und ein Drittel der Bevölkerung an einer durch große Hitze verursachten Hungersnot und an der Pest als Folge zahlreicher Truppendurchzüge. Als die Not übergroß war, riet Gutwein zu einem feierlichen Gelöbnis an die Gottesmutter, die Patronin der Pfarrkirche. Man wählte hierfür das Fest Maria Schnee am 5. August, das Kirchweihfest der größten römischen Marienkirche Santa Maria Maggiore. Das Gelöbnis der Schleider und der Kranlucker wurde im „Schneefestbrief“ niedergelegt, der heute noch jedes Jahr am Sonntag vor dem Fest im Gottesdienst verlesen wird. Die sechs Punkte des Briefes besagen, dass das Fest Maria Schnee am 5. August „auf ewige Zeiten“ feierlich begangen werden soll. Die 1748 fertiggestellte Orgel stammt aus der Werkstatt des Würzburger Orgelmachers Bartholomäus Brünner.
Bartholomäus Brünner, der sich selbst meist Barthel Brünner nannte, wurde 1684 in Bieringen an der Jagst im Hohenlohischen geboren. Über seinen Lebensweg ist wenig bekannt. Brünner erwarb 1727 das Bürgerrecht und damit die Gewerbeerlaubnis in Würzburg als Nachfolger des verstorbenen Orgelbauers Johann Hoffmann. Da Brünner weder das Dom- noch das Hoforgelmacher-Privileg besaß – diese Ämter hatten zu seiner Zeit Johann Georg Otto und Johann Philipp Seuffert inne – hatte er es offenbar nicht leicht, seine Werkstatt gegen die prominente Konkurrenz aufrechtzuerhalten. Dies gelang ihm nur dadurch, dass er weite Wege in Kauf nahm, seinen Wirkungskreis auf entlegenere Gebiete ausdehnte und sozusagen Nischen am Rande aufsuchte. So finden wir ihn im Südwesten Mainfrankens, in seiner Heimat Schöntal an der Jagst um im Raum Bruchsal, aber auch in Rüdesheim am Rhein und mehrfach im Gebiet der Fürstabtei Fulda. 1734 erbaute er in Fulda in der Aula der neu errichteten Universität eine neue Orgel und 1745 erhielt auch die Kirche des als Jagd- und Sommerresidenz erbauten Fuldischen Schlosses Adolphseck, wenige Kilometer südlich von Fulda ebenfalls ein Instrument von Bartholomäus Brünner. Im selben Jahr baute Brünner in der Klosterkirche zu Salmünster und 1747 in der barocken Kirche zu Schleid. Im Gegensatz zu den anderen genannten Instrumenten ist die Orgel in Schleid in weitgehend dem Original entsprechenden Zustand auf uns gekommen. Neben dieser und einigen kleineren Resten haben zwei Orgeln die Zeitläufe relativ gut überstanden: einmal die kleine Orgel in der Kirche zu Hoheim bei Kitzingen und die ehemalige Chororgel der Klosterkirche Amorbach, die heute in der Pfarrkirche von Erfelden im Odenwald steht. Das Todesjahr Brünners war lange Zeit unbekannt, laut dem neuesten Bayerischen Musiker-Lexikon ist er 1757 verstorben. Das Instrument in Schleid war ursprünglich einmanualig mit 15 Registern. 1878 wurde die Orgel durch den Fuldaer Orgelbauer Heinrich Hahner um ein zweites Manual mit vier Registern auf einer Kegellade erweitert. Hahner war ein Schüler „Vater Walckers“, wie es in der Zeitschrift Urania in jenem Jahr zu lesen ist und er hatte dort den Bau von guten Kegelladen gelernt. Die Urheberschaft Brünners wurde erst nach der Wende durch den Fund des „Accords“ im Schleider Pfarrarchiv nachgewiesen. Der prächtige, fünfteilige Barockprospekt ist reich mit Schnitzereien verziert. 2001 wurde das Instrument durch die Firma Orgelbau Waltershausen GmbH fachgerecht restauriert.
Der 1747 mit Bartholomäus Brünner geschlossene „Accord“ sah die Lieferung eines einmanualigen Instruments mit 14 Registern vor. Die Kosten beliefen sich auf 495 Gulden oder 330 Reichsthaler. Heute besitzt die Orgel 18 Register auf zwei Manualen und Pedal, wobei 12 Register von Bartholomäus Brünner stammen – darunter alle Klangspitzen. Fünf Register stammen vom Umbau durch Heinrich Hahner 1878 Lediglich der im ersten Weltkrieg abgegebene Principal 8' im Prospekt wurde von der Firma Orgelbau Waltershausen im Zuge der 2001 durchgeführten denkmalgerechten Restaurierung nach alten Vorbildern rekonstruiert. Dabei wurde die historisch gewachsene Disposition beibehalten. Die 11 Register des Hauptwerks, das einen Tonumfang vom C ohne das Cis zum c3 besitzt, gehen mit Ausnahme des Hahner'schen Bordun 16' und des bereits erwähnten, rekonstruierten Principal 8' im Prospekt ausnahmslos auf Bartholomäus Brünner zurück. Es sind dies Viola di Gamba, Gedackt und Quintatön 8', Flöte 4', Quinte 3' sowie Sesquialter 2fach, eine 4fache Mixtur sowie eine 2fache Cimbel. Das 1878 von Heinrich Hahner eingebaute Hinterwerk besitzt die vier Stimmen Lieblich Gedackt und Salicional 8' sowie Gemshorn und Flöte dolce 4'. Das Pedal besitzt 21 Tasten vom Ton C ohne das Cis bis zum a°. Neben den beiden Brünner-Registern Subbaß 16' und Octavbaß 8' finden wir noch den von Hahner anstelle der ursprünglichen Posaune eingebauten Violonbaß 16'. Der prachtvolle, italienische Eleganz ausstrahlende Kirchenraum in Schleid besitzt mit dem Brünner-Instrumente ein sehr bemerkenswerte mainfränkische Barockorgel – ein in dieser Form einmaliges Ensemble mitten in der Rhön. 

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Hauptwerk, CD-c3 Hinterwerk, C-c3 Pedal, CD-a°  
Bordun 16' Lieblich Gedackt 8' Subbaß 16' Manualkoppel
Principal 8' Salicional 8' Violonbaß 16' Pedalkoppel
Gedackt 8' Gemshorn 4' Octavbaß 8'  
Quintatön 8' Flauto dolce 4'    
Viola di Gamba 8'      
Octave 4'      
Flöte 4'      
Quinte 2 2/3'      
Sesquialter 2f.      
Mixtur 4f.      
Cimbel 2f.      

In Schleid gespielte Stücke:
Johann Christoph Bach: Durch Adams Fall ist ganz verderbt >>>
Johann Christoph Bach: Gott sei gelobet >>>
Johann Christoph Bach: Nun lob, mein Seel, den Herren >>>
Johann Sebastian Bach: O Lamm Gottes unschuldig BWV 1095 >>>
Michael Henkel: Fughette e-moll >>>
Michael Henkel: Fughette Es-Dur >>>
Michael Henkel: Fughette F-Dur >>>
Michael Henkel: Moderato E-Dur >>>
Michael Henkel: Moderato F-Dur >>>
Michael Henkel: Moderato h-moll >>>
Michael Henkel: Un poco allegro E-Dur >>>
Michael Henkel: Versett E-Dur >>>
Michael Henkel: Versett F-Dur >>>
Michael Henkel: 2 Versetten e-moll >>>
Michael Henkel: 2 Versetten Es-Dur >>>
Johann Valentin Rathgeber: Aria Nr. 11 in F >>>
Johann Valentin Rathgeber: Aria Nr. 12 in F >>>
Johann Valentin Rathgeber: Aria Nr. 13 in G >>>
Johann Valentin Rathgeber: Aria Nr. 14 in G >>>
Johann Valentin Rathgeber: Aria Nr. 15 in G >>>
Johann Gottfried Vierling: Andantino Es-Dur >>>



SCHMALKALDEN (Landkreis Schmalkalden-Meiningen)
Schloß Wilhelmsburg




Erbauer: Daniel Meyer (Göttingen) 1587-1589, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Schmalkalden ist eine Stadt im fränkisch geprägten Süden des Freistaats Thüringen. Die lange Zeit politisch-administrativ zu Hessen gehörende Fachwerk- und Hochschulstadt ist ein Mittelzentrum im Landkreis Schmalkalden-Meiningen und liegt südwestlich des Thüringer Waldes. Schmalkalden trat im Jahre 874 erstmals als „villa Smalcalta“ in einer Urkunde neben Wasungen und Schwallungen als einer derjenigen Orte im Grabfeldgau auf, den die dem fränkischen Hochadel angehörige Edle Kunihilt dem Kloster Fulda übereignete. Schmalkalden wurde 1250 erstmals in einer Urkunde als Stadt erwähnt. In mannigfacher Weise hat die kleine Stadt deutsche Geschichte erlebt. Hier schlossen 1531 protestantische Fürsten und Reichsstädte den Schmalkaldischen Bund zur Verteidigung des neuen Glaubens gegen den Kaiser. Eine der zentralen Bekenntnisschriften Martin Luthers trägt ihren Namen, die „Schmalkaldischen Artikel“ und auch der „Schmalkaldische Krieg“, in dem sich die religiösen Spannungen 1544 bis 1547 entluden. Ab 1584 regierte der hessische Landgraf Wilhelm IV., genannt der Weise in der Stadt und der Herrschaft Schmalkalden. Von 1585 bis 1590 ließ Wilhelm IV. die nach ihm benannte Wilhelmsburg errichten – das Wahrzeichen der heute rund 20.000 Einwohnerinnen und Einwohner zählenden Stadt. Sie ist eine der bedeutendsten Renaissanceanlagen in Mitteldeutschland, die bis heute kaum bauliche Veränderungen erfahren hat und nahezu im Originalzustand erhalten ist. Auch die von Landgraf Wilhelm in Auftrag gegebene und 1587 bis 1589 erbaute Orgel ist erhalten, eine der ältesten Orgeln Deutschlands und Mitteleuropas.
Die über 400 Jahre alte Orgel in Schloß Wilhelmsburg ist nicht nur die älteste Orgel Thüringens, sondern gehört zu den bedeutendsten Dokumenten der Renaissance-Orgelbaukunst überhaupt. Das Originelle in Schmalkalden besteht einmal darin, dass das ganze Pfeifenwerk aus Holz gefertigt ist und zum anderen, daß sie in der Anlage als kammermusialisches Tasteninstrument ohne Pedal konzipiert ist. Ausgangspunkt zum Bau der Orgel war der Vertrag zwischen Landgraf Wilhelm IV. von Hessen-Kassel und dem Hoforgelmacher Daniel Meyer von 1586. Über Meyers Lebensweg, der als „berühmter Orgelmacher aus Göttingen“ bezeichnet wird, ist wenig bekannt. Er wurde etwa zwischen 1545 und 1550 in Göttingen geboren. Mitte der 1570er Jahre tritt er erstmals als Orgelmacher in Erscheinung. Erst 1586 lesen wir dann wieder von ihm im Zusammenhang mit dem Kontrakt für das Instrument in Schmalkalden. 1592 erbaute er eine weitere Orgel für das Schloß in Kassel, der Hauptresidenz des Landgrafen und 1595 erfolgte seine Ernennung zum Hoforgelmacher. Doch starb Daniel Meyer bereits im Frühjahr 1597. Mit der Konzeption von Altar, Taufe, Kanzel und Orgel übereinander in der Schloßkirche zu Schmalkalden findet sich hier eines der ersten bedeutenden Beispiele des protestantischen Kirchenbaues in Deutschland und der Orgel ist dabei ein zentraler Platz zugewiesen. Die von Landgraf Wilhelm vorgegebene Disposition lautete: „ein offen Principalwerk mit helfenbeinen viereckigen Flöten, ein Gedackt Flötenwerk, das soll eine Oktave tiefer gehen als der Principal. Eine kurze Oktave, die soll eine octave höher gehen als das Principal. Zum vierten eine rein wohlbestimmte Cymbel. Zum fünften ein Regal, soll mit dem Principal unisonig sein und zum sechsten noch ein klein Regal, das soll eine Oktav über das andere gehen. Zum siebenten ein gut Instrument von Duppelseiten, darzu soll er hinein machen einen guten Tremulanten und auch ein gut Vogelgesang.“ Ob jenes Instrument von Duppelsaiten, also ein integriertes Saitenklavier, überhaupt gebaut wurde, ist jedoch sehr fraglich. Bereits 20 Jahre später kam es zu ersten Änderungen unter Landgraf Moritz, ausgeführt durch Meyers Nachfolger als Hoforgelmacher, Georg Weisland. 1737 verzeichnen die Akten einen erneuten Umbau durch Johann Caspar Beck aus Herrenbreitungen, wobei das Instrument eine neue Pedallade erhält, was den Schluß zuläßt, daß die Orgel zwischen 1608 und 1737 mit einem Pedal ausgestattet wurde. Weitere Umbauten erfolgten im 19. Jahrhundert. Die 1971 abgeschlossene Restaurierung durch den Orgelbauer Wieland Rühle aus Moritzburg war für die damalige Zeit ein bemerkenswertes Projekt, hatte man sich doch zum Ziel gesetzt, die ursprüngliche Konzeption des 16.Jahrhunderts so gut als möglich wiederherzustellen. Die fehlenden Pfeifen wurden nach dem Vorbild der berühmten Compenius-Orgel in Schloß Fredericksborg rekonstruiert. Diese Orgel wurde ja 1605 bis 1610 für das Schloß Hessen erbaut und 1617 von Compenius selbst nach Dänemark versetzt. Schloß Hessen liegt aber nicht in Hessen, wie man vielleicht vermuten könnte, sondern auf halbem Weg zwischen Wolfenbüttel und Halberstadt. Dennoch sind beide Orgeln in der Konzeption als kammermusikalische Instrumente und in der weitgehenden Verwendung von Holz als Pfeifenmaterial miteinander eng verwandt.
Die 1587 bis 1589 von Daniel Meyer gefertigte Orgel in Schloss Wilhelmsburg zu Schmalkalden beeindruckt nicht nur durch ihren Klang, sondern auch durch ihr Aussehen. Ihre vornehmste Zierde sind die Prospektpfeifen: aus Eiche gefertigt und mit einer starken, bis zu 5 mm dicken Frontauflage aus Elfenbein versehen. Zur Schonung derselben kann der Prospekt wie ein Flügelaltar verschlossen werden. Diese Flügeltüren zeigen auf der Außenseite Darstellungen von musizierenden Frauengestalten und Engelsfiguren. Die Orgel hat heute folgende, dem Original nahezu entsprechende Disposition. Gedackt 8', ein Principal 4', eine Spitzoctav 2', eine extrem hoch liegende, repetierende Cymbel 1/6' – auch diese ist aus Holz gefertigt! – sodann Regal 8' und Regal 4', nach dem Vorbild der Compenius-Orgel in Fredericksborg rekonstruiert. Dazu kommen der Tremulant sowie der „Vogelschrey“. Der Tonumfang im Manual, das noch über die originale Klaviatur aus Elfenbein und Birnbaumholz aus der Renaissancezeit verfügt, geht vom Ton C bis zum a2, wobei die große Oktave als sogenannte kurze Oktave gebaut ist. Die Stimmung der originalen Holzregister mit 476,5 Hz wurde beibehalten und der Orgel eine gemildert mitteltönige Stimmung gegeben. Die Orgel in Schloß Wilhelmsburg zählt zu den bedeutendsten Renaissance-Instrumenten in Europa, sie ist eines der wenigen erhaltenen Beispiele für Orgelklang und Orgelbaukunst im ausgehenden 16. Jahrhundert. Ihr unverwechselbarer und teilweise ausgefallener Klang beeindruckt Spieler und Hörer gleichermaßen. Jährlich von Mai bis September gestalten namhafte Künstler aus aller Welt die Internationale „Konzertreihe mit der Renaissance – Orgel“. Abschließend soll ein amerikanischer Orgelexperte zitiert werden, der einmal über das Instrument gesagt hat: „Ich habe San Petronio Bolognia, Sion und eine kleine gotische Orgel in Ostfriesland gehört und gespielt, aber nicht solch eine wie in Schmalkalden."

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Manual, CDEFGA-a°  
Gedackt 8' (kein Pedal)
Principal 4' Tremulant
Spitzoctav 2' Vogelschrey
Cymbel 1/6'  
Regal 8'  
Regal 4'  

In Schmalkalden gespielte Stücke:
Adam von Fulda: Apollo aller Kunst >>>
Adam von Fulda: Pange lingua >>>
Adam von Fulda: Ut queant laxis I >>>
Adam von Fulda: Ut queant laxis II >>>
Adam von Fulda: Veni creator spiritus I >>>
Adam von Fulda: Veni creator spiritus II >>>
Adam von Fulda: Wohlauf wir wöllens wecken >>>
Philipp Jakob Baudrexel: Praeambulum und Versetten primi toni >>>
Philipp Jakob Baudrexel: Praeambulum und Versetten quinti toni >>>
Philipp Jakob Baudrexel: Toccata in g >>>



SCHNELLMANNSHAUSEN (Stadt Treffurt, Wartburgkreis)
Ev. Kirche St. Michaelis




Erbauer: Christian Gottfried Dittus (Großburschla) 1797, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Schnellmannshausen ist ein Ortsteil von Treffurt im thüringischen Wartburgkreis, in einem schmalen Seitental der Werra unweit der Grenze zu Hessen. Vom nahegelegenen Berg Heldrastein mit seiner zum „Turm der Einheit“ umgebauten ehemaligen Grenzabhöranlage hat man einen weiten Blick ins Werratal bis zum Hohen Meißner und zum Hülfensberg im Eichsfeld. 876 wurde der Ort erstmals in einer Urkunde genannt. Zunächst zum Besitz der auf der Burg Normannstein residierenden Herren von Treffurt gehörig, kam das Oberdorf im 14. Jahrhundert an die Thüringer Landgrafen und gehörte fortan zum Amt Creuzburg innerhalb des Herzogtums Sachsen-Eisenach, später Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach. Der andere Ortsteil, das Unterdorf, kam hingegen als Teil der Ganerbschaft Treffurt zum preußischen Landkreis Mühlhausen. Erst 1946 erfolgte die Vereinigung beider Ortsteile zum heutigen, langgestreckten Straßendorf. 1993 wurde Schnellmannshausen nach Treffurt eingemeindet. Der älteste Teil der Kirche ist der noch aus romanischer Zeit stammende Turm. Das heutige Kirchenschiff mit seiner sehenswerten, bemalten Decke stammt aus den Jahren 1792-94 und 1797 erhielt die Kirche ihre Orgel, die aus der Werkstatt von Christian Gottfried Dittus aus Großburschla stammt. 
Die Blütezeit des barocken Orgelbaus in Thüringen neigte sich ihrem Ende entgegen, als Christian Gottfried Dittus sein Wirken begann. Er stammte aus dem Westerzgebirge, aus der Gemeinde Schönheide östlich von Schneeberg, wo er 1764 in einer Familie von Tischlern geboren wurde. Zwar hat sein Vater auch einmal die Orgel seines Heimatortes repariert, doch bei wem Christian Gottfried im Orgelbauhandwerk unterwiesen wurde, ist unbekannt. Spätestens 1787 lebten er und sein älterer Bruder Johann Gottfried in Großburschla an der Werra, dem westlichen Nachbarort von Schnellmannshausen, dessen Gemarkung fast inselartig ins Hessische hineinragt. 1793 entstand in Körner im heutigen Unstrut-Hainich-Kreis die älteste, bis heute erhaltene Orgel von Dittus, dessen Namen wir im Laufe der Zeit auch als Dittes, Tittes und sogar Titus geschrieben finden. Doch ist das schöne Werk in Körner mit zwei Manualen und 16 Registern heute unspielbar, wie leider noch so manche Thüringer Dorforgel. 1797 erbaute er die Orgel in Schnellmannshausen mit einem für ihn typischen, spätbarocken Prospekt, der sich ein Jahr später das Instrument in Kleinbodungen bei Bleicherode anschloß, das ebenfalls erhalten ist. Als sich die finanzielle Lage der Gemeinden in der Region nach der durch die Wirren der Napoleonischen Kriege hervorgerufene orgelbauliche Zwangspause wieder zu verbessern begann, konnte Christian Gottfried Dittus nahtlos an seine erste Schaffensperiode anknüpfen. Seine Spätwerke mit ihrem obertonreich frischen Klang wirken wie ein letzter Gruß des Barock hinüber ins längst angebrochene 19. Jahrhundert. Erhalten und restauriert sind die 1817 erbauten Orgeln in Klettstedt bei Bad Langensalza mit 12 Registern, in Rockstedt im Kyffhäuserkreis von 1824 mit 11 Stimmen und die im selben Jahr erbaute Orgel in Thamsbrück bei Bad Langensalza mit zwei Manualen und 20 Registern. In Rockstedt und Thamsbrück tritt der Meister gemeinsam mit seinem Sohn Gottfried Dittus auf, dessen Lebensdaten ebenso unbekannt sind wie die jenes Johann Christoph Dittus, der 1814 eine Orgel in Lüderbach und 1840 in Grandenborn erbaute – beides Ortsteile der Gemeinde Ringgau im hessischen Werra-Meißner-Kreis – von denen die letztgenannte noch heute wohl erhalten ist. Christian Gottfried Dittus starb 1847 in Großburschla, 83 Jahre alt und auch von den anderen orgelbauenden Trägern dieses Namens hört man ab etwa 1840 nichts mehr.  
Die 1797 vollendete Orgel in Schnellmannshausen wurde mehrfach leicht verändert, ist jedoch in ihrer Grundsubstanz recht gut erhalten. Nach der für das Jahr 2021 vorgesehenen gründlichen Restaurierung durch die Firma Schönefeld in Stadtilm wird das Instrument bald wieder in seiner alten Pracht und Farbigkeit zu erleben sein. Die Manuale sind unter Verzicht auf das Cis bis zum c3 ausgebaut. Im Hauptwerk stehen Principal und Gedackt 8', Octave und Spitzflöte 4', Quinte 3', Octave 2' sowie eine 3fache Mixtur. Das Oberwerk, auf dessen Klänge seit über 20 Jahren und somit auch in diesen Aufnahmen verzichtet werden muß, besitzt Lieblich Gedackt und Flauto traverso 8', Gedackt 4', die Octaven 2' und 1' sowie eine milde, 2fache Mixtur als Klangkrone. Das Pedal gibt mit Subbaß und Violonbaß 16' sowie dem Octavenbaß 8' das gehörige Fundament dazu, dazu kommen eine Manual- und eine Pedalkoppel. Die anstehende Restaurierung, für die sich in vorbildhafter Weise auch der begabte, junge Organist der Gemeinde mit viel Herz und Sachverstand eingesetzt hat, wird die reiche Thüringer Orgellandschaft um einen bemerkenswerten und in seiner Art seltenen Farbtupfer eines Orgelbauers bereichern, dessen Wirken regional begrenzt, aber deswegen nicht weniger bedeutsam war. 

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Hauptwerk, CD-c3 Oberwerk, CD-c3 Pedal, CD-h°  
Principal 8' (Lieblich Gedackt 8') Subbaß 16' (Manualkoppel)
Gedackt 8' (Flaut traverso 8') Violonbaß 16' Pedalkoppel
Octave 4' (Gedackt 4') Octavenbaß 8'  
Spitzflöte 4' (Octave 2')    
Quinte 3' (Octave 1')    
Octave 2' (Mixtur 2f.)    
Mixtur 3f.      

In Schnellmannshausen gespielte Stücke:
Ludwig van Beethoven: Fuga a 4 con c.f. >>>
Ludwig van Beethoven: Fuga duplex >>>
Johann Georg Bernhard Beutler: Freu dich sehr, o meine Seele >>>
Johann Christian Kittel: Ach Gott, vom Himmel sieh darein >>>
Johann Christian Kittel: Christ, unser Herr, zum Jordan kam >>>
Johann Christian Kittel: Erschienen ist der herrlich Tag >>>
Johann Christian Kittel: Nimm von uns, Herr >>>
Johann Christian Kittel: Nun komm der Heiden Heiland >>>
Johann Christian Kittel: Schmücke dich, o liebe Seele >>>
Johann Friedrich La Trobe: Fughetta in B >>>
Johann Friedrich La Trobe: Fughetta in c >>>
Sigismund Ritter von Neukomm: Allegro C-Dur >>>
Sigismund Ritter von Neukomm: Andante C-Dur >>>



SCHÖNBRUNN (Gemeinde Schleusegrund, Landkreis Hildburghausen)
Ev. Kirche St. Jakobus




Erbauer: Johann Michael Wagner (Schmiedefeld) 1785, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Wer den Namen Schönbrunn hört, denkt zunächst natürlich an das berühmte Schloß oder den nicht minder berühmten Tiergarten Schönbrunn in Wien. Den Ortsnamen Schönbrunn gibt es aber auch nicht weniger als 27 Mal in Deutschland, darunter drei Mal in Thüringen. Unser Schönbrunn ist ein Ortsteil der Gemeinde Schleusegrund im Landkreis Hildburghausen, im fränkisch geprägten Süden Thüringens. Schönbrunn liegt in einem langen Tal des Thüringer Waldes, dem Schleusegrund. Der Ort als politische Einheit ist eine relativ neue Gründung, er wurde erst 1950 durch Zusammenlegung der Dörfer Schönau, Unterneubrunn mit dem damaligen Ortsteil Ernstthal, Oberneubrunn und Gabel gegründet. Anfang der 1970er Jahre wurde im Gemeindegebiet die Talsperre Schönbrunn errichtet, welche den Ortsteil Gabel größtenteils flutete. 1994 wurde Schönbrunn ein Ortsteil der neu gegründeten Gemeinde Schleusegrund. Der Vorgängerbau der heutigen evangelisch-lutherischen Dorfkirche St. Jakobus stand schon im 15. Jahrhundert an zentraler Stelle, im damaligen Ort Unterneubrunn. Um 1490 wurde die Kirche in ihrer heutigen Gestalt fertiggestellt, seither trägt sie den Titel einer Jakobuskirche. Die prachtvolle barocke Orgel entstand 1785 und stammt aus der Werkstatt des Schmiedefelder Meisters Johann Michael Wagner.
Die kleine Stadt Schmiedefeld am Rennsteig war im 18. und 19. Jahrhundert Heimat einer ganzen Reihe von Orgelbauern. Der Begründer der Schmiedefelder Orgeltradition war Johann Michael Wagner, der 1723 ebendort geboren wurde und sein Handwerk bei dem Gothaer Hoforgelmacher Heinrich Carl Christian Hoffmann lernte. Er hatte noch einen jüngeren Bruder, Johannes Wagner, geboren 1734, der ebenfalls Orgelbauer wurde. Später machten sie sich gemeinsam selbstständig und nannten sich fortan Gebrüder Wagner. Nachdem Johann Michael Wagner eine Weile als Geselle bei Johann Caspar Beck in Herrenbreitungen gearbeitet hat, errichtete er 1751 seine erste eigenständige Orgel mit 22 Registern in Döschnitz bei Rudolstadt. 1757 bis 1762 errichtete er ein neues Instrument in der Hauptpfarrkirche St. Marien zu Suhl. Im Schaffen der Gebrüder Wagner ragen zwei Instrumente besonders heraus, die allerdings in weit entfernten Gegenden errichtet wurden. 1768 bis 1770 entstand eine große Orgel mit drei Manualen inklusive Rückpositiv und 47 Registern für die Eusebiuskirche im niederländischen Arnheim. Und 1786 erhielten die Gebrüder Wagner den ehrenvollen Auftrag, eine neue Orgel mit 50 Stimmen auf drei Manualen und Pedal in der Dresdner Kreuzkirche zu errichten. Welchen Ruhm würden die Gebrüder Wagner noch heute haben, wenn ihre großen Orgelwerke von Arnheim und Dresden erhalten geblieben wären. Der Kontrakt für das Instrument in Dresden wurde 1786 unterzeichnet. Ein Jahr zuvor, 1785 hatte Wagner die Orgel für die Kirche in Unterneubrunn, dem heutigen Schönbrunn errichtet, ein stattliches, zweimanualiges Instrument mit 19 Registern. Im 19. und 20. Jahrhundert wurde die Wagner-Orgel mehrfach verändert. In den 1790er Jahren ging die Firmenleitung der Firma Wagner nach und nach an deren Gesellen Johann Caspar Holland über, der die Schmiedefelder Orgelbautradition nach dem Ableben der Gebrüder Wagner – Johann Michael starb 1801 und Johannes 1804 – ungebrochen und glanzvoll ins 19. Jahrhundert hinüberführte.
Die im Jahre 1785 von Johann Michael Wagner aus Schmiedefeld fertiggestellte Orgel wurde knapp einhundert Jahre später, im Jahre 1880, recht einschneidend verändert. Diese romantisierenden Arbeiten führte der ebenfalls in Schmiedefeld wirkende Orgelbauer Theodor Kühn durch. 1955 erfolgte dann eine klangliche Umgestaltung in Richtung des damals modernen Neobarock durch den Orgelbauer Rudolf Böhm aus Gotha. In diesem Zustand befand sich die Orgel im Jahre 2000, als durch die Orgelbaufirma Rösel und Hercher aus Saalfeld mit einer umfassenden Restaurierung begonnen wurde, die 2003 abgeschlossen werden konnte. Das Instrument besitzt 19 Register auf zwei Manualen und Pedal. Die Manuale besitzen einen Tonumfang bis zum d3. Im Hauptwerk finden wir zehn Register. Bordun 16', Principal, Gedackt, Hohlflöte und Gambe 8', Oktave und Hohlflöte 4', die Oktave 2', sodann ein 3faches Cornett und eine 3- bis 4fache Mixtur. Das Oberwerk besitzt die Stimmen Geigenprincipal und Lieblich Gedackt 8', Spitzflöte und Flauto dolce 4' sowie einen Principal 2'. Das Pedal schließlich mit einem Tonumfang bis zum d1 und einer konkav geschwungenen Pedalklaviatur verfügt über die vier Stimmen Subbaß, Violonbaß und Posaunenbaß 16' sowie einen Oktavbaß 8', dazu kommt noch eine Manual- und eine Pedalkoppel. 

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Hauptwerk, C-d3 Oberwerk, C-d3 Pedal, C-d1  
Bordun 16' Geigenprincipal 8' Subbaß 16' Manualkoppel
Principal 8' Lieblich Gedackt 8' Violonbaß 16' Pedalkoppel
Gedackt 8' Spitzflöte 4'

Octavbaß 8'

 
Hohlflöte 8' Flauto dolce 4' Posaunenbaß 16'  
Gambe 8' Principal 2'    
Octave 4'      
Hohlflöte 4'      
Octave 2'      
Cornett 3f.      
Mixtur 3-4f.      

In Schönbrunn gespielte Stücke:
Christian Heinrich Rinck: Christus, der ist mein Leben I & II >>>
Christian Heinrich Rinck: Christus, der uns selig macht >>>
Christian Heinrich Rinck: Der Tag, der ist so freudenreich >>>
Christian Heinrich Rinck: O höchster Gott, o unser lieber Herre >>>
Georg Andreas Sorge: Praeludium H-Dur >>>
Christian Gotthilf Tag: Grave e-moll >>>
Christian Gotthilf Tag: Largo a-moll >>>
Christian Gotthilf Tag: Vivace maestoso D-Dur >>>
Johann Trier: Praeludium a-moll >>>



SEEBA (Einheitsgemeinde Rhönblick, Landkreis Schmalkalden-Meiningen)
Ev. Marienkirche




Erbauer: Johann Moritz Weiße (Gotha) 1668, Umbau Johann Caspar Rommel (Roßdorf) 1754, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Seeba ist ein Dorf mit 127 Einwohnerinnen und Einwohnern in der Thüringischen Rhön, das als Ortsteil zur Einheitsgemeinde Rhönblick gehört. Der Ort liegt in einem nördlichen Seitental des Herpftals auf 370 m Höhe. Nordwestlich liegt die Hohe Geba mit dem vorgelagerten Neidhardskopf und unterhalb der Geba das Dorf Träbes. Direkt neben dem Dorf liegt der namensgebende See. 830 wurde Seeba erstmals urkundlich als zi demo Sune (das bedeutet „zu dem See“) erwähnt. Das Kloster Fulda besaß hier den Fronhof und den See. 1323 gingen Seeba und das benachbarte Dorf Bettenhausen in den Besitz der Grafen von Henneberg-Schleusingen über und wurden dem Amt Sand angegliedert, gerichtlich gehörten sie aber zur Zent Kaltennordheim. Bereits 1350 wurden sie wieder an das Kloster Fulda verpfändet. Nach der Pfandeinlösung im Jahr 1419 gehörten die beiden Orte zum Hennebergischen Amt Maßfeld, mit dem sie nach Aussterben der Henneberger ab 1680 zum Herzogtum Sachsen-Meiningen kamen. 1723 wurden bei einem Großbrand Kirche, Schule, alle Häuser und Scheunen bis auf ein Hirtenhaus vernichtet. 1971 wurde Seeba nach Herpf eingemeindet und 1996 wurde der Ort aus Herpf aus- und in die Gemeinde Rhönblick umgegliedert. Die evangelische Marienkirche wurde 1725–1732 nach dem erwähnten Dorfbrand neu errichtet. Die Orgel auf der Ostempore ist älter als die Kirche. Sie stammt in ihrem Grundbestand noch aus dem Jahr 1668 und wurde von dem Gothaer Orgelbauer Johann Moritz Weiße ursprünglich für die Kirche des benachbarten Dorfes Herpf errichtet. Als dort in Herpf Mitte des 18. Jahrhunderts eine neue, größere Orgel durch Johann Caspar Rommel geplant wurde, verkaufte man die alte Orgel nach Seeba, wo sie von Rommel umgebaut und wieder aufgestellt wurde.
Die Orgelbauerfamilie Weiße ist seit Anfang des 17. Jahrhunderts in Südthüringen nachweisbar. Ihr Stammvater war Andreas Weiß, der in Ostheim vor der Rhön die dortige Pfarrerstochter heiratete und später als Orgelbauer in Meinigen bezeichnet wird. 1632 wurde sein Sohn Johann Moritz Weiße in Meiningen geboren. Er verlegte später die Werkstatt der Familie nach Gotha, wo er sogleich vom dortigen Herzog mit einem Orgelmacher-Privilegium ausgestattet wurde. Ab 1658 sind einige Neubauten aus seiner Werkstatt nachgewiesen, so etwa in Emleben und Großfahner und 1670 wurde Weiße vom Stadtrat zu Eisenach in die dortige Georgenkirche gerufen, um zusammen mit Kapellmeister Briegel ein Gutachten über die dortige Orgel zu erstellen. Sein heute bekanntestes Instrument errichtete Johann Moritz Weiße dann 1680 bis 1682 für die Stiftskirche in Römhild. 1699 siedelte er von Gotha nach Arnstadt über, wo er 1704 starb. 1668 erfolgte der Orgelbau für die Wehrkirche in Herpf. Dieses Instrument wurde 1754 durch Johann Caspar Rommel nach Seeba versetzt und hier in leicht umgebauter Form wieder aufgestellt. Johann Caspar Rommel wurde 1721 in Roßdorf bei Breitungen geboren. Über seinen beruflichen Werdegang liegen noch keine Informationen vor, sein Vater war Drechsler. Er richtete seine Werkstatt in Roßdorf ein, nachdem er die Tochter eines Roßdorfer Schreiners geheiratet hatte. Sein erster eigenständiger Orgelbau war die Orgel in Herpf, die gut erhalten ist und in einem anderen Orgelporträt dieser Reihe vorgestellt wird. 1755 baute Rommel in Kaltenlengsfeld, 1756 im Hümpfershausen und 1765 im ebenfalls nicht weit entfernten Wohlmuthausen. Seine vielleicht bedeutendste Orgel erstellte Rommel 1779 in Zella-Mehlis mit 25 Registern. Die letzte Orgel aus seiner Werkstatt steht in der idyllischen Kapelle des Dorfes Geba, die 1793 vollendet. Danach übergab er die Werkstatt seinem Sohn Theodor Gabriel Rommel. Im Jahr 1800 ist Johann Caspar Rommel gestorben.
Die von Johann Caspar Rommel umgebaute Weiße-Orgel in Seeba besitzt zehn Register auf einem Manual und Pedal. Etwa die Hälfte des Pfeifenwerks dürfte noch aus der 1668 vollendeten Orgel von Johann Moritz Weiße stammen. Damit gehören diese Pfeifen mit zu den ältesten, die in Thüringen erhalten sind und sind somit von ganz besonderem Wert. Das Manual besitzt einen Umfang bis zum c3 ohne das Cis und ist klanglich auf den Principal 4' im Prospekt aufgebaut. Darüber hinaus finden wir im Manual die Register Gedackt, Quintatön und Hohlflöte 8', Gedackt 4', Octave 2', Quinta 1 1/2' und eine 3fache Mixtur. Das Pedal ist nach oben bis zum c1 ausgebaut und verfügt über Subbaß 16', Octavbaß 8' sowie einen Posaunenbaß 8', dazu kommt eine Pedalkoppel und ein Tremulant. Im Jahre 2000 wurde die Orgel durch die Firma Orgelbau Hoffmann aus Ostheim vor der Rhön restauriert. Bevor sie jedoch wieder zurück auf ihren angestammten Platz in der Kirche von Seeba verbracht wurde, machte die restaurierte Orgel einen kleinen Ausflug nach Erfurt. Im Rahmen der Ersten Thüringer Landesausstellung zu Leben und Werk des „jungen Bach“ wurde sie Refektorium des einstigen Dominikanerklosters aufgestellt und diente als Musterbeispiel für den Orgelbau in Thüringen zu Zeiten Bachs. 



Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Manual, CD-c3 Pedal, CD-c1  
Gedackt 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Quintatön 8' Octavbaß 8' Tremulant
Hohlflöte 8' Posaunenbaß 8'  
Principal 4'    
Gedackt 4'    
Octave 2'    
Quinta 1 1/2'    
Mixtur 3f.    

In Seeba gespielte Stücke:
Johann Rudolf Ahle: An Wasserflüssen Babylon >>>
Johann Friedrich Alberti: O lux beata trinitas >>>
Johann Sebastian Bach: Das alte Jahr vergangen ist BWV 1091 >>>
Wolfgang Carl Briegel: Fuga septimi toni >>>
Wolfgang Carl Briegel: Introitus in d >>>
Johann Kaspar Ferdinand Fischer: Praeludium und Fuge F-Dur >>>
Moritz Landgraf von Hessen: Fuga XIV in a >>>
Christian Friedrich Witt: Fuga in d >>>
Christian Friedrich Witt: Fuga in e >>>



SELIGENTHAL (Einheitsgemeinde Floh-Seligenthal, Landkreis Schmalkalden-Meiningen)
Ev. Kirche




Erbauer: Gebrüder Carl Friedrich und Wilhelm Peternell (Seligenthal) 1873, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Seligenthal ist ein Ortsteil der Einheitsgemeinde Floh-Seligenthal im Landkreis Schmalkalden- Meiningen in Thüringen. Der Ort liegt im Norden des Landkreises, am Südwesthang des Thüringer Waldes am Rennsteig und am Oberlauf der Schmalkalde. Die am Rennsteig gelegenen Berge sind bis zu 800 Meter hoch. Seligenthal wurde 1320 erstmals urkundlich erwähnt. Groß war die Bedeutung des Bergbaues in der Region. Mit der Entstehung mehrerer Eisenschmelzöfen, Zain- und Drahthämmer wurde die Eisen- und Stahlwarenproduktion über Jahrhunderte zur Lebensgrundlage der Einwohner. Der Ort lag in der „Herrschaft Schmalkalden“, die ab 1583 als Exklave vollständig zur Landgrafschaft Hessen-Kassel und danach ab 1815 zum Kurfürstentum Hessen und später zur preußischen Provinz Hessen-Nassau gehörte. 1994 schlossen sich die bis dahin selbstständigen Gemeinden Floh, Seligenthal und Hohleborn zur neuen Einheitsgemeinde Floh-Seligenthal zusammen. Zwischen 1687 und 1698 entstand in dem Ort eine Barockkirche, die mit zahlreichen Gemälden an Decke und Emporen geschmückt ist. Die Seligenthaler Kirche ist eine der schönsten "Karlskirchen", d.h. Kirchen, die unter der Regentschaft des Hessischen Landgrafen Karl erbaut wurden. Eine Besonderheit der Kirche ist der Reichtum an Bildern. Die beiden Emporen sind mit 42 Bildern zum Alten Testament verziert. 1750 wurden im Rahmen der ersten großen Renovierung noch 21 große Deckenbilder angebracht. Der Schmalkalder Maler und Ratsherr Valentin Merkel hat die zum Teil fast 10m² großen Bilder zum Neuen Testament auf Leinwand gemalt. Einzigartig dürfte die Aufhängung der großen Bilder sein: da sich die Leinwand nicht in einen Rahmen spannen ließ, hat man die Bilder mit ca. 3600 handgeschmiedeten Nägeln an das Tonnengewölbe genagelt. In jenem Jahre, 1750, erhielt die Kirche auch eine prachtvolle Orgel aus der Werkstatt von Johann Caspar Beck aus Herrenbreitungen. Der reich verzierte Barockprospekt ist bis heute erhalten. 1873 war diese Orgel in schlechtem Zustand und auch nicht mehr zeitgemäß und so erhielt die in Seligenthal ansässige Orgelbauwerkstatt der Gebrüder Peternell die Gelegenheit, in ihrem Heimatort ein repräsentatives Instrument zu errichten. Die Gebrüder Peternell stand bei den Organisten und Orgelsachverständigen jener Zeit in hohem Ansehen; eine der berühmtesten Orgeln wurde 1860 in Denstedt bei Weimar geweiht und in der Folgezeit von Franz Liszt regelmäßig für seine „Orgelconferenzen“ benutzt.
1847 gründeten der 1815 geborene Carl Friedrich Peternell und sein Bruder Wilhelm in Seligenthal bei Schmalkalden eine Orgelbauwerkstatt. 1850 kam der 1836 geborene jüngere Bruder August Peternell als Lehrling hinzu. Dieser wurde 1869 Teilhaber und 1877 Alleininhaber des Unternehmens, in dem schon bald die industrielle Arbeitsteilung Einzug hielt. 1865 waren 22 Gehilfen beschäftigt und eine Dampfmaschine versorgte die ersten Holzbearbeitungsmaschinen mit Antriebskraft. Eine enge Zusammenarbeit bestand zwischen den Gebrüdern Peternell, dem Weimarer Stadtorganisten und Orgelbautheoretiker Johann Gottlob Töpfer und Liszts „legendarischem Cantor“ Alexander Wilhelm Gottschalg. Die Peternells übernahm Töpfers Hinweise zu Mensuration und Intonation, waren zeitlebens Verfechter der Schleiflade gegen die aufkommende Kegellade und liefern nicht nur Orgeln, sondern auch zahlreiche Harmonien und ganze Kircheneinrichtungen. Gottschalg als Orgelsachverständiger sorgte durch Empfehlungen für so manchen Orgelbau der Peternells auch außerhalb der Thüringer Lande und so reichte das Arbeitsgebiet der Seligenthaler Werkstatt schold bald bis nach Hamburg und Westfalen und einzelne Werke gingen sogar nach Rußland und in die Schweiz. Etwa 1890 ging auch August Peternell zur Röhrenpneumatik über- weil das alle so machten und baute zunehmend Orgelteile für andere Orgelbauer. Mit dem Tod von August Peternell 1909 erlosch das Unternehmen. Die ganz im Geiste der Romantik erbauten Orgeln der Gebrüder Peternell wurden spätestens seit dem Beginn der Orgelbewegung ab etwa 1930 entweder radikal umgebaut oder gleich ganz durch Neubauten ersetzt, zumal die Mechanik vieler Peternell-Orgeln durch die doppelten Spielventile, die auch in Seligenthal eingebaut sind, oftmals sehr schwergängig ist. Und so sind heute nur noch wenige Orgeln der Gebrüder Peternell erhalten, die von Gottschlag einmal in überschwenglichen Worten als die „Silbermanns des 19. Jahrhunderts" bezeichnet wurden.
Auch die Peternell-Orgel in Seligenthal, dem Heimatort der Orgelbauerfirma, blieb nicht von Umbauten im Sinne der Orgelbewegung verschont. 1998 erfolgte eine stilgerechte Restaurierung und Rückführung auf den Originalzustand durch die Firma Rösel und Hercher aus Saalfeld. Die drei Manuale haben jeweils einen Tonumfang vom Ton C bis zum f3. Aufbauend auf dem Principal 8' und seinen Oktaven 4' und 2' besitzt das Hauptwerk eine für die Peternells recht typische Disposition. Wir finden neben dem genannten Principalchor noch Quintatön 16', Hohlflöte, Viola di Gamba, Gedackt und Trompete 8', eine Gedacktflöte 4' sowie eine Klangkrone, bestehend aus einer 4fachen Mixtur und einem 2-3fachen Cornett. Das Oberwerk besitzt eine weiche und grundtönige Klanggestalt, bestehend aus einem Lieblich Gedackt 16', sodann Geigenprincipal, Flauto traverso, Lieblich Gedackt und Salicional 8', Gemshorn und Flauto dolce 4', eine Quint 2 2/3' sowie eine Flauto Piccolo 2'. Das dritte Manual besitzt nur ein durchschlagendes Harmonium-Register 8' und ist bei Bedarf sowohl an das Hauptwerk als auch an das Oberwerk koppelbar. Das Pedal schließlich, das bis zum d1 ausgebaut ist, besitzt Subbaß, Violon und Posaune 16', letztere mit durchschlagenden Zungen, sowie Principalbaß und Violoncello 8'. 

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Disposition:

Hauptwerk, C-f3 Oberwerk, C-f3 Drittes Werk, C-f3 Pedal, C-d1  
Quintatön 16' Lieblich Gedackt 16' Harmonium 8' Subbaß 16' Manualkoppel II an I
Principal 8' Geigenprincipal 8'   Violon 16' Manualkoppel III an I
Hohlflöte 8' Lieblich Gedackt 8'   Principalbaß 8' Manualkoppel III an II
Gedackt 8' Flauto traverso 8'   Violoncello 8' Pedalkoppel
Viola di Gamba 8' Salicional 8'   Posaune 16'  
Octave 4' Gemshorn 4'      
Gedacktflöte 4' Flauto dolce 4'      
Octave 2' Quinte 2 2/3'      
Cornett 2-3f. Flauto piccolo 2'      
Mixtur 4f.        
Trompete 8'        

In Seligenthal gespielte Stücke:
Georg Andreas Henkel: Fughetta e-moll >>>
Georg Andreas Henkel: Fughetta Es-Dur >>>
Georg Andreas Henkel: Larghetto G-Dur >>>
Georg Andreas Henkel: Pesante c-moll >>>
Heinrich Henkel: Trio Es-Dur >>>
Franz Liszt: Ave Maria von Arcadelt >>>
Franz Liszt: Ave verum corpus (Mozart) >>>
Franz Liszt: Gebet >>>
Franz Liszt: Nun danket alle Gott >>>
Franz Liszt: Prelude e-moll (Chopin) >>>
Franz Liszt: Salve regina >>>



STADTLENGSFELD (Verwaltungsgemeinschaft Dermbach, Wartburgkreis)
Ev. Stadtkirche




Erbauer: Johann Markus Oestreich (Oberbimbach) 1791-1793, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Stadtlengsfeld ist eine Stadt im Wartburgkreis in Thüringen. Seit 2014 gehört sie der Verwaltungsgemeinschaft Dermbach an. Stadtlengsfeld liegt im Tal der Felda, einem Nebenfluss der Werra in der Rhön. Der 714 Meter hohe Vulkankegel Baier liegt etwa vier Kilometer südöstlich der Stadt. Um 1125 veranlasste das Kloster Hersfeld die Errichtung einer Burg in Lengsfeld, um ihre Besitzungen zu sichern und unter den Fürstäbten von Fulda wird Lengsfeld um 1260 mit einer Stadtmauer befestigt. 1326 wurde der Ort an die Abtei Fulda verkauft und dabei ausdrücklich als Stadt bezeichnet. 1359 verleiht Kaiser Karl IV. dem Ort die Marktrechte. 1536 ist die Reformation in der Stadt Lengsfeld fest etabliert. In diesem Jahr wird der letzte katholische Pfarrer genannt. Lengsfeld gehörte in rascher Folge ab 1805 zum Kurfürstentum Hessen-Kassel, 1807 wurde es dem Königreich Westphalen zugeschlagen und wurde Hauptort des Kantons Lengsfeld. Ein Jahr später fand es sich im Großherzogtum Frankfurt und 1812 erneut im Kurfürstentum Hessen-Kassel wieder. 1813 gehörte es mit der Enklave Fulda zum Königreich Preußen und 1815 erhielt es der Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach. Das heutige Ortsbild wird geprägt durch die 1780 bis 1791 erbaute Stadtkirche. Sie befindet sich im nördlichen Teil der historischen Altstadt auf einer leichten Anhöhe. Die Kirche besteht aus dem romanischen Kirchturm an der Ostseite und der ab 1780 angebauten Hallenkirche aus rötlichem Sandstein. Zum Abschluß der Bauarbeiten erhielt die Kirche eine neue Orgel, ein prachtvolles Instrument mit 30 Registern auf zwei Manualen und Pedal. Erbaut hat sie Johann Markus Oestreich aus Oberbimbach bei Fulda. 1793 wurde die Orgel eingeweiht. Nach einigen Umbauten war die Orgel in den letzten Jahren in keinem gutem Zustand. Derzeit, Mitte 2017 ist die Orgel abgebaut und soll, wie man vernimmt, etwa 2019 in alter Pracht wieder erklingen.
Der Orgelbauer Johann Markus Oestreich wurde 1737 geboren. Sein Vater Jost Oestreich war Schreiner und erlernte das Orgelbauhandwerk vermutlich bei dem Schreiner und Orgelbauer Johannes Bien in Blankenau. Aber erst, als sein Sohn Johann Markus ab etwa 1760 den Vater in der Werkstatt unterstützte, sind Neubauten der Oestreichs belegt. Es wird vermutet, dass Johann Markus seine Ausbildung bei dem Frankfurter Orgelbauer Philipp Ernst Wegmann erhielt, aber belegt ist das nicht. Seine größten, zweimanualigen Werke errichtete Johann Marcus Oestreich ab etwa 1780. Er verwendete hierfür einen typischen, langgestreckten Prospektaufbau, der als sogenannter Oestreich-Prospekt in die Orgelbaugeschichte eingegangen ist. Zu nennen sind hier die großen Instrumente in Niedermoos, Bigge, Gemünden an der Wohra, Großenlüder, Detmold und in Stadtlengsfeld, die mit diesem typischen, 15teiligen Gehäuse erbaut wurden. Dazu kamen in jener Zeit noch eine größere Anzahl meist einmanualiger und teilweise auch zweimanualiger Werke, von denen sich eine ganze Reihe – mal mehr und mal weniger verändert – bis heute erhalten haben. Auch die Orgel in Stadtlengsfeld wurde verändert, erstmals wohl im Jahre 1903, als Otto Markert aus Ostheim vor der Rhön eine Umdisponierung im Sinne der Romantik vornahm und die Spielanlage mit den Manual- und Pedalklaviaturen sowie den Registerzügen erneuerte. Markert ersetzte unter anderem auch die ursprünglichen Manualzungen Trompete und Vox humana durch Hohlflöte und Geigenprincipal und tauschte die Posaune gegen eine neue mit durchschlagenden Zungen aus. 1937 erfolgte eine Reparatur, bei der die Orgel wiederum drei neue Zungenstimmen erhielt und 1986 wurde das Instrument letztmals gereinigt. Aber alles in allem blieb von der Substanz der ursprünglichen Oestreich-Orgel erstaunlich viel erhalten. Die derzeit laufende Restaurierung, für die die Firma Orgelbau Waltershausen gewonnen werden konnte, wird uns die größte Barockorgel der Rhön wiederschenken – die sich dann ebenbürtig in eine Reihe zu anderen, großen Instrumenten des 18. Jahrhunderts einreihen wird, die in Thüringen glücklicherweise noch erhalten sind.
Die 1793 eingeweihte Orgel von Johann Markus Oestreich in Stadtlengsfeld besitzt 30 Register auf zwei Manualen und Pedal. Zum Zeitpunkt des Abbaus der Orgel besaß die Orgel folgende Disposition. Das mit 14 Registern prächtig besetzte Hauptwerk, das ebenso wie das Oberwerk vom Ton C ohne das Cis bis zum c3 ausgebaut ist, ist auf dem Principal 8' aufgebaut, dessen Pfeifen wie allgemein üblich im Ersten Weltkrieg abgegeben werden mußten und später durch Zinkpfeifen ersetzt wurden. Von Oestreich original erhalten sind im Hauptwerk die Stimmen Gedackt und Gemshorn 8', Oktave und Nachthorn 4', die Quinte 3', Octave und Spitzflöte 2' sowie und das ist besonders bemerkenswert, alle gemischten Stimmen, nämlich Sesquialter 2fach, Mixtur 5fach und Cimbel 3fach. Von Otto Markert 1903 stammen Bordun 16' und die Gambe 8', dazu kam die 1937 erneuerte Trompete 8'. Das Oberwerk verfügt über 11 Register. Hier stammen von Oestreich das Quintatön 16', des weiteren Gedackt und Traversflöte 8', Kleingedackt und Duiflöte 4', Flageolet 2', die Quinte 1 1/2' und die 3fache Mixtur. Neben dem ebenfalls später in Zink erneuerten Principal 4' im Prospekt finden wir hier noch ein Salicional 8' von Markert und ein orgelbewegtes Krummhorn 8'. Das Pedal ist bis zum c1 geführt und besitzt die gleiche Disposition wie die fast zeitgleich errichtete Oestreich-Orgel in Floh, nämlich Subbaß und Violon 16' sowie Principalbaß 8' und Oktavbaß 4', alle von Oestreich erhalten, dazu kommt die zwischenzeitlich mehrfach erneuerte Posaune 16'. Die laufende Restaurierung wird unter anderem durch die Arbeit eines sehr rührigen und engagierten Fördervereins unterstützt, denn ein sechsstelliger Betrag will erstmal finanziert sein. Aber wenn die Arbeiten vermutlich 2019 beendet sein werden, wird in Stadtlengsfeld eine der wichtigsten und klangprächtigsten Instrumente der Rhön und weit darüber hinaus wiedererstanden sein.

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition (vor der Restaurierung)

Hauptwerk, CD-c3 Oberwerk, CD-c3 Pedal, CD-c1  
Bordun 16' Quintatön 16' Subbaß 16' Manualkoppel
Principal 8' Gedackt 8' Violon 16' Pedalkoppel
Gedackt 8' Traversflöte 8' Principalbaß 8'  
Gemshorn 8' Salicional 8' Octavbaß 4'  
Gambe 8' Principal 4' Posaune 16'  
Octave 4' Kleingedackt 4'    
Nachthorn 4' Duiflöte 4'    
Quinte 3' Flageolet 2'    
Octave 2' Quinte 1 1/2'    
Spitzflöte 2' Mixtur 3f.    
Sesquialter 2f. Krummhorn 8'    
Mixtur 5f.      
Cymbel 3f.      
Trompete 8'      

Disposition nach der Restaurierung:

Hauptwerk, C-d3 Oberwerk, C-d3 Pedal, C-c1  
Quintatön 16' Quintatön 8' Subbaß 16' Manualkoppel
Principal 8' Gelind Gedact 8' Violon 16' Pedalkoppel
Gedackt 8' Flötravers 8' Octavbaß 8' Transposition
Gemshorn 8' Salicional 8' Octavbaß 4'  
Gambe 8' Principal 4' Posaune 16'  
Octave 4' Kleingedackt 4'    
Spitzflöte 4' Duiflöte 4'    
Nachthorn 4' Flageolet 2'    
Quinte 3' Quinta 1 1/2'    
Octave 2' Mixtur 3f.    
Sesquialter 3f. Vox humana 8'    
Mixtur 5f.      
Cimbel 3f.      
Trompete 8'      

In Stadtlengsfeld gespielte Stücke - vor der Restaurierung:
Hugo Distler: Das alte Jahr vergangen ist >>>
Michael Henkel: Andante G-Dur >>>
Michael Henkel: Cantabile c-moll >>>
Michael Henkel: 2 Versetten D-Dur >>>
Michael Henkel: Versett G-Dur >>>
Michael Henkel: 5 Versetten c-moll >>>
Michael Henkel: Vorspiel C-Dur I >>>
Michael Henkel: Vorspiel C-Dur II >>>
Michael Henkel: Vorspiel c-moll >>>
Michael Praetorius: A solis ortus cardine >>>
Friedrich Reimerdes: Es ist ein Ros entsprungen >>>

Nach der Restaurierung:
Carl Philipp Emanuel Bach: Fuge d-moll >>>
Adriano Banchieri: Prima Sonata >>>
Adriano Banchieri: Seconda Sonata >>>
Johann Heinrich Buttstedt: Fuga in g >>>
Johann Heinrich Buttstedt: Praeludium und Fuge in G >>>
Nicolaus Vetter zugeschrieben: Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort >>>



STEDTLINGEN (Einheitsgemeinde Rhönblick, Landkreis Schmalkalden-Meiningen)
Ev. Kirche




Erbauer: Heinrich Wilhelm Möller (Meiningen) und Johann Caspar Beck (Herrenbreitungen) 1756-1757, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Stedtlingen ist ein Dorf mit 507 Einwohnerinnen und Einwohnern in der Thüringer Rhön und gehört als Ortsteil zur Einheitsgemeinde Rhönblick im Landkreis Schmalkalden-Meiningen. Das Dorf liegt südlich des Herpftales in der thüringischen Rhön auf ca. 385 m Höhe am Südhang des 538 m hohen Kirschbergs. Stedtlingen tauchte erstmals 1182 in einer Schenkungsurkunde unter dem Namen „Stetilingin“ auf. Graf Poppo von Henneberg verschenkte Land an die Nonnen des Klosters Veßra. Seit dem Mittelalter gehörte das Dorf abwechselnd zu den Ämtern Henneberg, Hutsberg, Maßfeld und Meiningen. Nach dem Zweiten Weltkrieg lag das Dorf im Sperrgebiet entlang der innerdeutschen Grenze, der knapp 5 Kilometer westlich liegende Nachbarort Willmars gehört schon zum bayerischen Landkreis Rhön-Grabfeld. 1996 wurde Stedtlingen Bestandteil der neu gebildeten Gemeinde Rhönblick. Das Dorf hat eine besonders sehenswerte Kirche, die um 1250 erbaut wurde. Sie wurde in den Jahren 1619 und 1701 erweitert. Markant ist der viereckige Kirchturm mit regional typischem Fachwerk und einem auffälligen Spitzdach. In den Jahren 2002 bis 2012 wurde die gesamte Kirche umfassend restauriert. Zum Abschluß dieser umfangreichen Arbeiten wurde auch die barocke Orgel fachgerecht restauriert. Lange Zeit war nicht bekannt, wer die Orgel in Stedtlingen erbaut hat; die Vermutungen gingen von Johann Caspar Rommel um 1750 bis unbekannter Orgelbauer um 1850 im Barockgehäuse. Im Vorfeld der Restaurierung konnte dann aber ein Teil des Kontrakts aus dem Jahre 1756 aufgefunden werden, der zwischen der Gemeinde und Heinrich Wilhelm Möller, Orgelmacher in Meiningen abgeschlossen wurde. Das ist aber auch nur die halbe Wahrheit…
Über Heinrich Wilhelm Möller, mit dem 1756 der Kontrakt für den Orgelbau in Stedtlingen geschlossen wurde, ist nur sehr wenig bekannt. Er dürfte um 1710 geboren worden sein, denn er heiratete 1736 die Tochter des Meininger Kupferschmiedemeisters Eckhold. In der Pedalwindlade in Stedtlingen hat sich jedoch auf einer Ventilhalteleiste noch ein anderer Erbauer verewigt: „Johann Caspar Beck von Herrnbreitungen, Orgelmacher“ lesen wir dort. Was zunächst unmöglich klingt, ist so ganz ungewöhnlich nicht, denn von Johann Caspar Beck ist bekannt, dass er verschiedentlich Orgeln zusammen mit anderen Kollegen erbaut hat. Johann Caspar Beck wurde 1703 in Herrenbreitungen geboren. Nicht geklärt ist eine eventuelle verwandtschaftliche Beziehung zu einem gleichnamigen Orgelbauer, der um 1700 in Halberstadt und Magdeburg wirkte, möglicherweise war dies sein Vater. Wenn dies so ist, dann könnte er auch mit David Beck verwandt gewesen sein, dem berühmten Renaissancemeister, der unter anderem 1596 die berühmte Orgel für die Schloßkirche zu Gröningen bei Halberstadt erbaut hat, deren überwältigend prachtvoller Prospekt, in zwei Teile geteilt, bis heute erhalten ist. Möglicherweise hat Beck den Orgelbau bei Johann Adam Bestel in Herrenbreitungen erlernt. Dort, in Herrenbreitungen errichtete er 1736 eine Orgel für die Kirche St. Michael und ihm Jahr darauf arbeitete er an der Renaissance-Orgel im Schloß Wilhelmsburg zu Schmalkalden. Beim Orgelbau im mittelhessischen Laubach arbeitete er gemeinsam mit seinem Schüler Johann Michael Wagner, der später ebenfalls ein Bedeutender Meister seines Faches werden sollte. Als Werkmeister wirkte bei diesem Orgelbau Johann Andreas Heinemann mit, der später das Orgelbauprivileg für Hessen-Darmstadt erhalten sollte. Ein Johann Christoph Beck, gestorben 1827, der in Roßleben im heutigen Kyffhäuserkreis als Orgelbauer wirkte, könnte Johann Caspar Becks Enkel gewesen sein. Auch mit Johann Anton Weiße in Arnstadt hat unser Johann Caspar Beck bei Orgelbauprojekten zusammengearbeitet und 1750 erstellte er gemeinsam mit Heinrich Wilhelm Möller die Orgel in Melkers bei Meiningen. All dies bestärkt die Annahme, dass auch die Orgel in Stedtlingen ein Gemeinschaftswerk von Beck und Möller ist. Kleinere Reparaturen im 19. und 20. Jahrhundert führten zu keiner grundlegenden Veränderung der technischen oder klingenden Substanz, so dass das Instrument mit seiner auffallend robusten, akkuraten und soliden Bauweise ein wertvolles Zeugnis des Rhöner Orgelbaues in der Mitte des 18. Jahrhunderts darstellt.
Die 1757 erbaute Beck-/Möller-Orgel in Stedtlingen ist nicht nur äußerlich mit ihrem barocken Zierwerk ein wunderbares Kleinod, sie hat auch einen sehr frischen, ursprünglichen Klang bewahrt, der durch die 2011 abgeschlossene Restaurierung durch Orgelbau Waltershausen wieder so recht zur Geltung kommt. Das Instrument besitzt 11 Register auf einem Manual und Pedal. Das Manual besitzt einen Tonumfang vom Ton C bis zum c3 ohne das Cis. Basis ist der Principal 4', dazu gesellen sich die Stimmen Gedackt, Quintatön und Flauto 8', Spitzflöte und Gedacktflöte 4', eine Quinte 3', die Octave 2' sowie eine 3fache Mixtur. Das Pedal, das ebenfalls ohne das Cis bis zum c1 ausgebaut ist, besitzt die beiden Register Subbaß 16' und Octavbaß 8'. Bei der Restaurierung wurde die Orgel auf eine Tonhöhe von 467,8 Hz zurückgeführt und eine ungleichstufige Stimmung benutzt, die auf derjenigen der berühmten Trost-Orgel in Waltershausen basiert. Durch die behutsame Restaurierung ist die Beck-/Möller-Orgel heute wieder in einem Zustand, der diesem ungewöhnlichen und wertvollen Werk gerecht wird. Ein bemerkenswertes und in dieser Form einzigartiges Instrument der so reichen Thüringer Orgellandschaft.

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Manual, CD-c3 Pedal, CD-c1  
Gedackt 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Quintatön 8' Octavbaß 8'  
Flauto 8'    
Principal 4'    
Spitzflöte 4'    
Gedacktflöte 4'    
Quinte 3'    
Octave 2'    
Mixtur 3f.    

In Stedtlingen gespielte Stücke:
Michael Henkel: Allabreve d-moll >>>
Michael Henkel: Fughette D-Dur >>>
Michael Henkel: Fughette G-Dur >>>
Michael Henkel: 3 Fughetten C-Dur >>>
Michael Henkel: 2 Fughetten f-moll >>>
Michael Henkel: Moderato G-Dur >>>
Michael Henkel: Versett f-moll >>>
Michael Henkel: Versett G-Dur >>>
Michael Henkel: 3 Versetten A-Dur >>>
Michael Henkel: 3 Versetten c-moll >>>
Michael Henkel: 2 Versetten D-Dur >>>
Michael Henkel: 2 Versetten d-moll >>>
Michael Henkel: 3 Versetten g-moll >>>



STREUFDORF (Einheitsgemeinde Straufhain, Landkreis Hildburghausen)
Ev. Kirche St. Marien



Erbauer: Johann Christian Dotzauer (Hildburghausen) 1736-1737, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Streufdorf ist ein Ortsteil der 1993 neugebildeten Einheitsgemeinde Straufhain im Landkreis Hildburghausen in Thüringen. Streufdorf ist auch der Verwaltungssitz der Gemeinde. Der Ort liegt im Heldburger Land in einer Vorgebirgslandschaft südlich des Thüringer Waldes und nordöstlich des Grabfelds. Die Landesgrenze zu Bayern ist etwa zwei Kilometer entfernt. 799 wurde Streufdorf erstmals urkundlich erwähnt und gehört damit zu den ältesten Ansiedlungen der Südthüringer Gegend. Damals schenkte die Äbtissin Emhild von Milz Güter dem Stift Fulda, und Streufdorf hieß in der Urkunde „Strufidorp“. 850 Einwohnerinnen und Einwohner leben in dem Ort, in dem 2009 das Zweiländermuseum Rodachtal eröffnet, das die Geschichte der Region zeigt. Mittelpunkt des Ortes ist die evangelische Kirche St. Marien. Die das Ortsbild prägende Chorturmkirche besteht in ihrem ältesten Teil aus dem heute 33 Meter hohen Kirchturm, der romanische Rundbogenfenster hat. 1570 bis 1578 erfolgte im Osten der rund drei Meter lange und fünf Meter breite Choranbau im spätgotischen Stil. In der Zeit von 1608 bis 1618 wurde um die Kirche eine Wehranlage gebaut. Einige unterkellerte Gaden sind noch erhalten. Das fast 18 Meter lange und rund zehn Meter breite Kirchenschiff entstand im Westen in den Jahren 1706 bis 1709. Es wird von einer vielfeldrigen bemalten Holztonne überspannt und hat eine dreiseitige, zweigeschossige Empore. Auf dieser Empore steht die bemerkenswerte Orgel, die 1736 bis 1737 von Johann Christoph Dotzauer erbaut wurde. Doch leider ist das wertvolle Instrument derzeit nahezu unspielbar.
Der Orgelbauer Johann Christoph Dotzauer wurde 1696 in Hildburghausen geboren. Er erlernte des Orgelbau-Handwerk bei Franziskus Volckland in Erfurt, der allerdings interessanterweise vier Monate jünger war als sein Schüler Dotzauer. 1725, nach einem Neubau für die St. Laurentiuskirche in Hildburghausen, erhielt Dotzauer das begehrte Orgelbauprivileg im Fürstentum Sachsen-Hildburghausen; sehr zum Ärger von Nicolaus Seeber, der bis dahin dieses Privileg innehatte und mit dem sich Dotzauer fortan dieses Amt bis zu Seebers Tod 1739 teilen musste. Es folgten weitere Instrumente, 1730 ein Orgelbau in Behrungen und 1731 in Crock; das letztgenannte Instrument ist relativ gut erhalten und wurde vor einigen Jahren restauriert. 1736 bis 1737 erfolgte dann der Bau der Orgel in Streufdorf mit 17 Registern auf zwei Manualen und Pedal. Der reich gestaltete Orgelprospekt enthält in der Mitte über dem Spielschrank sogar eine Sonnenmixtur, also kreisförmig angeordnete, kleine Pfeifen mit goldfarbenen Zierstrahlen dazwischen. Wer denkt hier nicht an die berühmte Sonnenorgel in Görlitz... Doch wie die Sonne in Streufdorf geklungen haben mag, können wir heute nur erahnen, denn sie ist seit langem nicht mehr spielbar. Die Dotzauer-Orgel in Streufdorf wurde mehrfach verändert, 1783 durch Dotzauers Schwiegersohn Johann Georg Henne, 1828 und 1842 von Lorenz Konrad Heybach aus Heldburg und 1867 durch Michael Schmidt aus Schmiedefeld. Schließlich erfolgte ein größerer Umbau in den Jahren 1892 bis 1893 durch Theodor Kühn aus Schmiedefeld. In diesem Zustand ist die Orgel bis heute erhalten. Schon 1996 heißt es in einem Gutachten: „diese wunderschöne Orgel ist zwar noch bedingt spielbar, dies aber nicht mehr lange, da das Holz stark vom Wurm befallen ist. Für dieses Orgelwerk muss schnellstens etwas unternommen werden!“ Mittlerweile sind 20 Jahre verstrichen, und nichts ist passiert. Seit Jahren wird die Orgel nicht mehr gespielt und die Windversorgung ist mittlerweile fast vollständig defekt. Nur wenige Register lassen sich derzeit schwach zum Klingen bringen.
Johann Christoph Dotzauer erbaute auch in den Jahren danach eine ganze Reihe neuer Orgeln, von denen aber nur wenig bis heute erhalten ist. Relativ gut auf uns überkommen ist die 1767 erbaute Orgel in Zeilfeld. In diesen Jahren übernahm sein Schwiegersohn Johann Georg Henne mehr und mehr die Leitung der Werkstatt und später erbte dieser auch das Privileg für Sachsen-Hildburghausen von Dotzauer. 1778 starb Johann Christoph Dotzauer in Hildburghausen. Wie bereits erwähnt, wurde die prachtvolle Orgel in Streufdorf 1892 bis 1893 in ihrer klanglichen Zusammensetzung verändert. Heute weist sie folgende Disposition auf: im Hauptwerk, das ebenso wie das Oberwerk vom Ton C ohne das Cis bis zum c3 ausgebaut ist, finden wir die Register Principal, Gedackt und Gamba 8', Principal und Hohlflöte 4', eine Quinta 3' sowie eine 3fache Mixtur. Im oberen Manual stehen die Register Geigenprincipal, Flauto, Salicional und Harmonika 8', ein Gedackt 4' sowie Principal und Spitzflöte 2'. Das bis zum c1 geführte Pedal enthält die Register Subbaß und Violon 16' sowie einen Principalbaß 8'. In mehreren Quellen wir die Orgel in Streufdorf unabhängig voneinander mit dem Begriff „wunderschön“ charakterisiert. Umso bedauerlicher ist der derzeitige Zustand des wertvollen Instruments. Hier in Streufdorf fristet eine Orgel ein unverdient jämmerliches Dasein, die zu den herausragenden Instrumenten der Bachzeit in Südthüringen und weit darüber hinaus gezählt werden darf. Man soll nicht mit Schlagworten um sich werfen, aber wenn die Redensart von der Königin, die um Hilfe schreit, irgendwo eine Berechtigung hat, dann ganz sicher im Zusammenhang mit der 1737 vollendeten Dotzauer-Orgel in Streufdorf. 

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Disposition:

Hauptwerk, CD-c3 Oberwerk, CD-c3 Pedal, CD-c1  
Principal 8' Geigenprincipal 8' Subbaß 16' Manualkoppel
Gedackt 8' Flauto 8' Violon 16' Pedalkoppel
Gamba 8' Salicional 8' Principalbaß 8'  
Octave 4' Harmonika 8'    
Hohlflöte 4' Gedackt 4'    
Quinta 3' Principal 2'    
Mixtur 3f. Spitzflöte 2'    

In Streufdorf gespielte Stücke (Orgel ist nahezu unspielbar):
Wilhelm Volckmar: Andante a-moll >>>



SUHL
Ev. Kreuzkirche




Erbauer: Eilert Köhler (Oldenburg) 1738-1740, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Suhl liegt im fränkisch geprägten Süden des Freistaats Thüringen und hat knapp 38.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Die kreisfreie Stadt liegt am Südhang des Thüringer Waldes im Tal von Lauter und Hasel. Urkunden des Klosters Fulda nennen ab dem Jahre 900 wiederholt einen Ort „Sulaha“, doch ist nicht sicher, ob hiermit das heutige Suhl gemeint ist. Seit etwa 1100 gehörte das Gebiet den Grafen von Henneberg. Die erste gesicherte urkundliche Erwähnung datiert aus dem Jahr 1300. Die ältesten Eisenhämmer Suhls wurden 1363 genannt und über Jahrhunderte war Suhl eine vom Bergbau geprägte Stadt. Im Jahr 1952 wurde sie Rahmen der Verwaltungsneugliederung innerhalb der DDR Bezirksstadt des neu errichteten Bezirks Suhl. Es folgte der Beschluss, die Stadt umzugestalten und zu vergrößern. In der Folge wurde umfangreich alte Bausubstanz in der Innenstadt abgerissen und durch moderne, von der Plattenbauweise geprägte Architektur ersetzt. Aufgrund ihrer Geschichte als Standort von Rüstungsbetrieben erklärte man 1991 Suhl zur „Stadt des Friedens“. Gleichwohl bezeichnet sich die Stadt wegen der langen Tradition der Jagdwaffenherstellung gemäß Stadtratsbeschluss aus dem Jahr 2005 als heute als „Waffenstadt Suhl“. Die 1491 vollendete Hauptkirche St. Marien wurde nach mehreren Stadtbränden zuletzt 1753 wiederaufgebaut und besitzt eine bemerkenswerte Ausstattung im Rokoko-Stil. 1731 bis 1739 wurde für die westlichen Stadtteile Suhls eine neue Pfarrkirche, die Kreuzkirche errichtet und ausschließlich von Suhler Bürgern finanziert. Errichtet wurde sie von Maurermeister Johann Michael Schmidt aus Königshofen und Zimmermann Johann Sebastian Gerbig. Der barocke Saalbau besitzt eine dreigeschossige Empore und einen Kanzelaltar aus dem Jahr 1736. Den kunstvollen optischen Abschluß nach oben bildet die Orgel, die 1738 bis 1740 von Eilert Köhler aus Oldenburg errichtet wurde.
Der Erbauer der Orgel in der Suhler Kreuzkirche, jener Eilert Köhler, stammte aus der Grafschaft Oldenburg, aus Burhave im Butjadinger Land in der Wesermarsch, wo er um 1710 geboren wurde. Unbekannt ist, wo und bei wem er den Orgelbau erlernte. Seine anschließenden Wanderjahre führten ihn vermutlich über Magdeburg und dann bis nach Thüringen. Die Orgel in Suhl, die er mit 28 Jahren begann, ist seine erste nachgewiesene selbstständige Arbeit. Und mit 39 Registern ist sie groß dimensioniert; es blieb seine größte Orgel. Im Inneren des Instruments findet sich folgende Inschrift: „Ich Eilertus Köhler, gebürtig aus der Stadt und Indinger Land, aus der Grafschaft Oldenburg und Dalmenhorst, der Ort wo ich geboren bin heißt Burhave, habe durch Gottes Fügung dieses Orgelwerk Anno 1738 den 4ten April angelegt und 1740 den 26. September durch Gottes Gnade verfertigt und auch sogleich wieder nach Hause gereist. Und bin auch unverheiratet gewesen, indem ich noch ziemlich jung war. Geschrieben in Suhla auf dem Rathause.“ Nach dem Orgelbau in Suhl erhielt Köhler 1741 eine Konzession für den Orgelbau in Oldenburg und Delmenhorst und richtete seine Werkstatt in der Stadt Oldenburg ein. In den Folgejahren errichtete er Instrumente in Oldenburg selbst, sodann in Tettens und Hatten. Köhler heiratete 1749 und begann 1750 eine Orgel für Nikolaikirche in Apen, die aber nach Köhlers frühem Tod im Jahre 1751 von dem Orgelbauer Johann Hinrich Klapmeyer vollendet. heiratete auch Köhlers Witwe und erhielt das Orgelbauprivileg für Oldenburg. Aus dem Schaffen von Eilert Köhler ist nur sein Instrument in Suhl weitgehend erhalten. Sechs Register von seiner Hand finden sich überdies noch in der Schnitger-Orgel in Dedesdorf, die 1742 bis 1745 von Köhler repariert und um ein selbstständiges Pedal erweitert wurde. Die Orgel der Suhler Kreuzkirche ist eine in ihrer Form einzigartige Synthese von norddeutscher und thüringischer Schule. Typisch norddeutsch ist hierbei beispielsweise die reiche Besetzung mit sieben Zungenstimmen.
Die bedeutende Orgel in der Suhler Kreuzkirche wurde in den Jahren 1999 bis 2007 durch die Firma Alexander Schuke Orgelbau umfassend restauriert. Einzelne wenige Teile und Register, die nicht mehr original vorhanden waren, wurden dabei stilgerecht rekonstruiert. Die Manuale haben einen Tonumfang bis zum c3 ohne das Cis. Die Disposition ist, wie bereits erwähnt, eine geniale und in dieser Form einzigartige Synthese aus norddeutschen und thüringischen Elementen. Das Hauptwerk besitzt 14 Register. Quintadena 16', Principal, Gemshorn, Gedackt, Gamba, und Floit travers 8', eine Quinta 6', Octav und Floit duce 4' und Octav 2', dazu kommen eine Sesquialtera und eine glänzende 6fache Mixtur. Den Zungenchor des Hauptwerks bilden Dulcian 16' und Hoboe 8'. Das Oberwerk besitzt neben dem Bordun 16' die Stimmen Principal, Hohlfloit, Gedackt, Quintatön und Vagarr 8', die Octav 4', eine Nassatquint 3', Octav und Waldfloit 2' und ein Flaschinal 1'. Weiterhin finden wir hier im Oberwerk einen Terzian und eine 4fache Mixtur sowie als Zungenstimmen Trompet und Vox humana 8'. Das ebenfalls vom Oberwerk aus anspielbare Glockenspiel ist typisch für das barocke Thüringen. Das Pedal ist nach oben bis zum e1 ausgebaut und verfügt über Principal, Subbaß, Violonbaß und Traversbaß 16', Octavbaß 8' und eine Hohlfloit 4'. Für besondere Gravität sorgt ein Quintbaß 12' und die drei Zungenstimmen, Posaunbaß und Fagottbaß 16' sowie ein Trompetbaß 8'. 

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Hauptwerk, CD-c3 Oberwerk, CD-c3 Pedal, CD-e1  
Quintadena 16' Bordun 16' Principal 16' Manualkoppel
Principal 8' Principal 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Gedackt 8' Gedackt 8' Violonbaß 16' Glockenspiel OW
Gemshorn 8' Hohlfloit 8' Traversbaß 16'  
Gamba 8' Quintatön 8' Quintbaß 12'  
Floit travers 8' Vagarr 8' Octavbaß 8'  
Quinta 6' Octav 4' Hohlfloit 4'  
Octav 4' Nassatquint 3' Posaunbaß 16'  
Floit duce 4' Octav 2' Fagottbaß 16'  
Octav 2' Waldfloit 2' Trompetbaß 8'  
Sesquialtera 2f. Flaschinal 1'    
Mixtur 6f. Terzian 2f.    
Dulcian 16' Mixtur 4f.    
Hoboe 8' Trompet 8'    
  Vox humana 8'    

In Suhl gespielte Stücke:
Georg Böhm: Vater unser im Himmelreich >>>
Johann Christian Kittel: Präludium d-moll >>>
Johann Ernst Rembt: Nun danket alle Gott >>>
Johann Schneider: Vater unser im Himmelreich >>>



SÜNNA (Einheitsgemeinde Unterbreitzbach, Wartburgkreis)
Ev. Kirche




Erbauer: Johann Eberhard Dauphin (Iba) 1720, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Sünna ist ein Ortsteil der Einheitsgemeinde Unterbreizbach im Wartburgkreis in Thüringen. Sünna wurde im Jahre 1001 erstmals urkundlich erwähnt. Im Mittelalter wurde die in günstiger Lage befindliche Kirche befestigt; in der wehrhaften Kirchhofsmauer befinden sich noch Schießscharten. Sünna gehörte zu dem seit 1406 teilweise bzw. ab 1648 komplett hessischen Amte Vacha und kam mit diesem 1816 zum Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach. Seit 1920 gehörte der Ort zum Freistaat Thüringen. Sünna schloss sich 1996 mit den Orten Pferdsdorf und Unterbreizbach zur neuen Einheitsgemeinde Unterbreizbach zusammen. Sünna liegt an einer der bedeutendsten alten Handelsstraßen, an der einstigen Hauptachse von Mainz bzw. Frankfurt nach Erfurt und weiter nach Leipzig. Bereits 1525 wurde der erste evangelische Pfarrer in das Sünnaer Kirchenamt eingeführt. Die heutige Dorfkirche entstand im Laufe der Jahrhunderte, aus dem Mittelalter stammt heute noch der Unterbau des Turmes mit Rundbogenfenstern und einer alten Pforte. In der Gotik erfolgten mehrere Umbauten. In der Barockzeit wurden die Brüstungsfelder der Emporen mit biblischen Bildern geschmückt und auch die Decke bemalt. Die farbenprächtigen Darstellungen aus dem alten und neuen Testament sind unmittelbar ansprechend und mach die Sünnaer Kirche zu einer der schönsten Bilderkirchen Mitteldeutschlands, wie es sie in der Nähe beispielsweise auch in den Orten Odensachsen, Mansbach und Ausbach gibt. Ebenfalls in der Barockzeit, im Jahre 1720 erhielt die Kirche auf der Empore über dem Altar eine neue Orgel aus der Werkstatt von Johann Eberhard Dauphin. Dieser war vermutlich ein Schüler von Johann Friedrich Wender in Mühlhausen gewesen und war seit 1715 in Iba bei Bebra ansässig.
Johann Eberhard Dauphin, der Erbauer der Orgel in Sünna, wurde um 1670 „in thüringischen Landen“ geboren. Wo genau, wissen wir nicht, aber vermutlich im Norden, wahrscheinlich im Umkreis von Nordhausen und Mühlhausen. Er hatte einen zehn Jahre jüngeren Bruder Johann Christian Dauphin, der ebenfalls Orgelbauer war. Von diesem Johann Christian wissen wir, daß er sein Handwerk bei Johann Friedrich Wender in Mühlhausen erlernte. Wahrscheinlich ging Johann Eberhard ebenfalls bei Wender in die Lehre. Somit sind die Dauphins zweifellos auch des Öfteren mit Johann Sebastian Bach zusammengekommen sein, da Bach an Wenders Orgeln in Arnstadt und Mühlhausen Organist war und bekanntlich beim Umbau der Mühlhäuser Orgel sehr eng mit der Werkstatt Wender zusammengearbeitet hat. Johann Eberhard Dauphin erlangte vor 1713 das Bürgerrecht in Mühlhausen und ließ sich dort als Orgelbauer nieder. Kurz vor Weihnachten 1713 wurde sein Sohn Johann Christoph in Mühlhausen getauft. Im Jahr 1715 siedelte die Familie dann nach Iba über, wo er seine erste nachgewiesene selbstständige Arbeit errichtete. Es folgten Orgelbauen in Ronshausen 1716, Hessisch Lichtenau 1721 und weitere Arbeiten, hauptsächlich im ehemaligen Amt Rotenburg, aber auch Richtung Kassel und Hersfeld. 1731 starb Johann Eberhard Dauphin über dem Bau eines Instruments für Hoheneiche, heute ein Ortsteil der Gemeinde Wehretal. Dauphin schuf in der Regel kleinere Dorforgeln mit bis zu neun Registern, die auf einem 4'-Prinzipal basierten, aber immer über ein selbstständiges Pedal verfügten. Als man in Sünna daranging, die Orgel von Orgelbau Waltershausen restaurieren zu lassen, hat man bei den Untersuchungen im Vorfeld eine erstaunliche Entdeckung gemacht. Die historischen Pfeifen der Sünnaer Orgel sind in der gleichen Werkstatt gefertigt worden wie die in der berühmten Wender-Orgel der Bachkirche zu Arnstadt. Da von Wender selbst nur wenige Pfeifenreihen erhalten sind, gewinnen die Orgeln seiner Schüler wie etwa die recht gut erhaltene Orgel in Sünna eine besondere Bedeutung, denn ihr Klangbild dürfte in etwa dem des jungen Johann Sebastian Bach entsprechen. Interessant in Sünna ist noch ein Detail. Im Zwischenboden der Orgelempore wurden Bruchstücke von Tonpfeifen und einem Pfeifenkopf gefunden. Dies ist deswegen so interessant, weil in der Orgel die Bleistiftzeichnung, eine Art Karikatur eines Pfeifenrauchers zu finden ist. Möglicherweise ist dies ein Selbstporträt Dauphins, der sich damit als passionierten Pfeifenraucher zu erkennen gibt.
Die Dauphin-Orgel in Sünna hat in den knapp 300 Jahren ihres Bestehens einige kleinere Veränderungen erfahren, so arbeitete etwa 1856 der Orgelbauer Johann Friedrich Wagner aus Hersfeld an der Orgel und baute beispielsweise einen Bordun 16' ins Manual ein. 1966 erfolgte eine Instandsetzung durch Rudolf Böhm aus Gotha, doch insgesamt blieb über all die lange Zeit der Grundbestand der Orgel Dauphins erhalten und so konnte die Firma Orgelbau Waltershausen das Instrument bei der 2014 abgeschlossenen Restaurierung wieder in den Ursprungszustand des Jahres 1720 zurückversetzen. Die Orgel besitzt 10 Register auf einem Manual und Pedal. Das Manual hat einen Umfang vom Ton C ohne das Cis zum c3. Basis der Disposition ist der Principalchor, bestehend aus dem Principal 8' im Prospekt sowie den Oktaven 4' und 2'. Weiterhin besitzt das Manual die Stimmen Quintadena und Gedackt 8', ein Gemshorn 4', eine Quinte 1 1/3' sowie eine 3fache Mixtur. Das Pedal, das bis zum c1 geführt ist, verfügt über die Stimmen Subbaß 16' und Violon 8', dazu kommt eine Pedalkoppel. Bei der Stimmung hat man eine ungleichschwebende, wohltemperierte Version gewählt, wie sie heute auch an der Wender-Orgel in Arnstadt zu finden ist und wie man sie dort anhand originaler Pfeifen von Wender rekonstruieren konnte. Dies gibt den Grund-Tonarten mit wenigen Vorzeichen eine ganz besondere, faszinierende Klarheit und Ruhe, währenddessen entfernte Tonarten mehr oder weniger deutlichen Schwebungen erhalten. 

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Disposition:

Manual, CD-c3 Pedal, CD-c1  
Principal 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Quintadena 8' Violon 8'  
Gedackt 8'    
Octave 4'    
Gemshorn 4'    
Octave 2'    
Quinte 1 1/3'    
Mixtur 3f.    

In Sünna gespielte Stücke:
Andreas Armsdorff: Ach, was soll ich Sünder machen >>>
Andreas Armsdorff: Es spricht der Unweisen Mund wohl >>>
Andreas Armsdorff: Komm, Heiliger Geist, Herre Gott >>>
Andreas Armsdorff: Wo soll ich fliehen hin >>>
Johann Christoph Bach: Ach Gott, vom Himmel sieh darein >>>
Johann Christoph Bach: Allein Gott in der Höh sei Ehr >>>
Johann Christoph Bach: Herr Christ, der einig Gottes Sohn >>>
Johann Christoph Bach: Wo Gott der Herr nicht bei uns hält >>>
Johann Sebastian Bach: Jesu, meine Freude BWV 1105 >>>
Johann Sebastian Bach: Kleines harmonisches Labyrinth BWV 591 >>>
Simon Lohet: Coral Psalm 9 >>>
Johann Gottfried Vierling: Allegro f-moll >>>



TÜNGEDA (Gemeinde Hörselberg-Hainich, Wartburgkreis)
Ev. Jesuskirche




Erbauer: Guido Knauf (Gotha) 1875, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Tüngeda ist ein Ortsteil der Gemeinde Hörselberg-Hainich im Wartburgkreis in Thüringen. Tüngeda liegt im Nordosten des Wartburgkreises direkt an der Grenze zum Landkreis Gotha, etwa vier Kilometer nordöstlich von Behringen und neun Kilometer südlich von Bad Langensalza. Die Ersterwähnung von Tüngeda erfolgte 774 im Hersfelder Güterverzeichnis "Breviarium Sancti Lulli" als „Dungede“. Es ist damit das älteste Dorf der heutigen Gemeinde Hörselberg-Hainich. Ab 1321 gehörte ein Teil von Tüngeda zum Besitz der Herren von Wangenheim. Ab 1640 gehörte Tüngeda als Teil des Wangenheimschen Gerichts zum Herzogtum Sachsen-Gotha, ab 1672 zu Sachsen-Gotha-Altenburg. Später gehörte der Ort zum Herzogtum Sachsen-Coburg und Gotha und ab 1920 zum Land Thüringen. 1999 erfolgte die Eingemeindung nach Behringen und 2007 in die Gemeinde Hörselberg-Hainich. Der Ort Tüngeda hat etwas über 550 Einwohnerinnen und Einwohner. Der Ort verfügt über ein repräsentatives Renaissanceschloss, das 1582 erbaut wurde. Die Jesuskirche in Tüngeda wurde 1589 als Emporensaal erbaut. Das Untergeschoß des Westturms stammt noch aus romanischer Zeit und ist der Rest der einstigen Annenkirche. Erneuerungen erfolgten 1730 und 1792. Beachtenswert sind neben dem spätromanischen Taufstein zwei alte Holzfiguren und natürlich die Orgel, die 1875 von Guido Knauf aus Gotha erbaut wurde.
Guido Knauf, der Erbauer der Orgel in Tüngeda, wurde 1830 in die Orgelbauerfamilie der Knaufs hineingeboren, die ihren Stammsitz damals in Großtabarz bei Gotha hatte. Er erlernte bei seinem Vater Friedrich Knauf das Orgelbau-Handwerk und war ab 1857 Mitteilhaber des väterlichen Unternehmens. Es begann eine lange Zeit des geneinsamen Wirkens von Vater und Sohn, eine genaue Zuordnung von in jener Zeit entstandenen Orgeln an Friedrich oder Guido Knauf ist oftmals schwierig, da die Orgelbauverträge in jener Zeit, soweit bekannt, immer mit Friedrich Knauf & Sohn abgeschlossen wurden. 1864 wurde auch die Firmenbezeichnung offiziell in Friedrich Knauf & Sohn geändert und 1870 wurde die Werkstatt von Großtabarz nach Gotha verlegt. Über sein traditionelles Absatzgebiet hinaus erschloß sich die Firma Knauf damals neue Absatzgebiete. 1866 wurden zwei Orgeln nach Estland geliefert und um 1870 gingen einige Instrumente in die Gegend von Wetzlar und Dillenburg. In den Jahren 1875 bis 1877 wurden laut Firmenchronik auch einige Werke nach Rußland geliefert, und auch die baltischen Länder Estland und Lettland erhielten in den 1870er Jahren einige Instrumente. Diese sind teilweise sogar bis heute erhalten und einige der estnischen Knauf-Orgeln kamen schon in den 1970er Jahren zur Ehre einer Schallplatten-Aufnahme, als Westdeutschland die wenigen dort erhaltenen Knauf-Orgeln, wie etwa in Haimbach bei Fulda, noch relativ bedenkenlos dem entsprechenden Verdikt von Sachverständigen geopfert wurden. 1875 erfolgte der Orgelbau in Tüngeda mit 18 Registern auf zwei Manualen und Pedal. In den Jahren danach hatte Guido Knauf auch dadurch immer genug zu tun, da man vergleichsweise preiswert Orgeln umbaute und dem damaligen romantischen Zeitgeschmack anpasste. So sind etwa die Ratzmann-Orgeln in Ballstädt und Ohrdruf von Guido Knauf entsprechend umgearbeitet worden. Knauf baute alle seine Orgeln ganz in der von seinem Vater übernommenen Weise, mit Strahlenmechanik und chromatischen Laden. In Tüngeda baute Knauf eine kombinierte Lade, so dass die Pfeifen des Haupt- und des sogenannten Oberwerks – das allerdings dadurch kein echtes Oberwerk mehr ist – auf einer Lade stehen. Diese ist in Bass- und Diskantlade geteilt. Guido Knauf ist zeitlebens ein Verfechter von Schleiflade und mechanischer Traktur und so war gegen Ende des 19. Jahrhunderts Guido Knaufs Stern im Sinken, die Ära der mechanischen Schleiflade ging zu Ende. 1897 verlangte die Gemeinde Sonneborn, im Kerngebiet der Firma Knauf gelegen, für ihren Orgelneubau ausdrücklich eine pneumatische Traktur. Knauf gab zwar ein Angebot ab, hätte die Traktur aber über einen Zulieferer beziehen müssen; er erhielt den Auftrag nicht. Im Jahre 1900 verkaufte Knauf seine Werkstatt an seinen Mitarbeiter Hugo Böhm aus Waltershausen. Bis 1911 war Guido Knauf noch als „Privatmann“ in Gotha ansässig, danach verliert sich seine Spur.
Die von Guido Knauf 1875 erbaute Orgel in der Jesuskirche zu Tüngeda besitzt 18 Register auf zwei Manualen und Pedal. 1982 wurde die Orgel von der zweiten auf die erste Empore versetzt. Dass sie diese Aktion unbeschadet überstanden hat, zeugt von der soliden und gewissenhaften Bauweise Guido Knaufs, die sich immer wieder feststellen läßt und die die Orgeln seiner aus seiner Werkstatt auch über hundert Jahre und mehr funktionsfähig sein ließ. 2008 wurde die Orgel in Tüngeda gereinigt und instandgesetzt. Das Hauptwerk besitzt, wie das Oberwerk, einen Tonumfang vom Ton C bis zum f3. Grundlage ist der klassische Principalchor, der vom Principal 8' über die Oktaven 4' und 2' nebst Quinta 3' geführt ist. Dazu kommt ein fülliger Bordun 16', der selbst in kleineren Werken Knaufs nie fehlt, sodann Gedackt und Gamba 8' sowie als Klangkrone eine 3fache Mixtur. Das zweite Manual besitzt fünf fein differenzierte Farbregister, nämlich Geigenprincipal, Salicional und Flauto traverse 8' sowie Gemshorn und Flauto dolce 4'. Das bis zum d1 ausgebaute Pedal verfügt über vier Register, einen Subbaß 16' sowie Oktavbaß, Gedacktbaß und Violoncello 8'. Hinzu kommen eine Pedal- und eine Manualkoppel. Der neugotische Prospekt mit stummen Pfeifen kommt in abgewandelter Form in jener Zeit häufig bei Knauf vor, aber auch bei anderen Orgelbauern in Thüringen und anderswo. Die Bedeutung der Knauf-Orgel in Tüngeda liegt in ihrer nahezu unberührten Erhaltung; sie ist ein Musterbeispiel für eine Dorforgel in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Thüringen am Ende einer langen Entwicklungsgeschichte der lokalen Orgelbaugeschichte, die kontinuierlich vom Frühbarock über alle Phasen der Romantik bis an die Schwelle des 20. Jahrhunderts reicht.

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Hauptwerk, C-f3 Oberwerk, C-f3 Pedal, C-d1  
Bordun 16'

Geigenprincipal 8'

Subbaß 16' Manualkoppel
Principal 8' Salicional 8' Octavbaß 8' Pedalkoppel
Gedackt 8' Flauto traverse 8' Gedacktbaß 8'  
Gamba 8' Gemshorn 4' Violoncello 8'  
Octave 4' Flauto dolce 4'    
Quinta 3'      
Octave 2'      
Mixtur 3f.      

In Tüngeda gespielte Stücke:
August Eduard Grell: Präludium Nr. 15 Es-Dur >>>
August Eduard Grell: Präludium Nr. 16 f-moll >>>
Max Gulbins: Herr, wie du willst, so schick's mit mir >>>
Max Gulbins: Nun sich der Tag geendet hat >>>
Max Gulbins: Singen wir aus Herzensgrund >>>
Franz Liszt: In festo transfigurationis Domini nostri >>>
Hermann Riedel: Moderato D-Dur >>>
Christian Heinrich Rinck: Erschienen ist der herrlich Tag >>>
Christian Heinrich Rinck: Fröhlich soll mein Herze springen >>>
Christian Heinrich Rinck: Gib dich zufrieden und sei stille >>



UNTERKATZ (Stadt Wasungen, Landkreis Schmalkalden-Meiningen)
Ev. Kirche




Unbekannter Erbauer 1656, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Unterkatz ist ein Ortsteil der Stadt Wasungen im thüringischen Landkreis Schmalkalden-Meiningen. Der Ort liegt im Tal des Katzabachs, der zum Einzugsgebiet der Werra gehört. Erstmals wurde der Ort im Jahr 874 als Katza erwähnt. Es war der Mittelpunkt der 852 erwähnten „Mark Katz“, welche den Kern und Ausgangspunkt des würzburgischen Zentgerichts Friedelshausen bildete und ab 1350 mit dem Amt Sand identisch war. Das hennebergische Amt Sand gehörte ab 1680 zum Herzogtum Sachsen-Meiningen. Seit 1868 gehörte der Ort zusammen mit den übrigen Orten des Meininger Unterlands zum neu gegründeten Landkreis Meiningen. 2019 wurde die bis dahin selbständige Unterkatz in die Stadt Wasungen eingegliedert, nachdem sie bis dahin zur Verwaltungsgemeinschaft Wasungen-Amt Sand gehört hatte. Die Pfarrei Unterkatz ist eine sogenannte „Urpfarrei“, also schon bald nach der Christianisierung im ausgehenden 8.Jahrhundert entstanden. Zur Pfarrei gehörten sowohl die am Katzabach gelegenen jetzigen Dörfer Oberkatz, Unterkatz, Dörrensolz, Wahns und Mehmels sowie Stepfershausen. Im 11. Jahrhundert wurden die ursprünglichen Holzkirchen der Siedlungen durch Steinkirchen ersetzt. Die imposante Wehrkirche in Unterkatz ist im Wesentlichen in den Jahren 1724 bis 1726 neu errichtet worden, der ältere Turm mit barocker Bekrönung ist im 17. Jahrhundert entstanden. Äußerst bemerkenswert ist die Orgel, die vermutlich älteste Orgel Südwestthüringens, die in wesentlichen Teilen noch auf das Jahr 1656 zurückgeht.
Die Orgel in Unterkatz ist eine der originellsten Orgeln Thüringens, über die man allerdings mangels Archivmaterial nur sehr wenig weiß. Der Prospekt und vermutlich auch noch ein beachtlicher Teil des Pfeifenwerks stammen wohl aus dem Jahr 1656. Wer ihr Schöpfer war, ist jedoch nicht überliefert. Das Gehäuse zeigt noch die strengen Formen der späten Renaissance und könnte durchaus auch älter sein als 1656. Ein uraltes, sehr schweres und dickwandiges Bleigedackt mit ursprünglich kurzer Baßoktave gehört zu den ältesten Zeugnissen des Orgelbaues in Thüringen und wurde ganz offensichtlich aus der Vorgängerorgel übernommen. Entweder 1656 oder bei einem Umbau im 18. Jahrhundert wurde die barocke Windlade mit ihrem größeren Tonumfang dann etwas gewaltsam in das Renaissance-Gehäuse hineingezwängt, so daß die Schleifenenden seitlich herausschauen. Höchst bemerkenswert sind auch die gewaltigen Engelsköpfe, welche als Konsolen die drei Prospekttürme tragen und auf die Kirchenbesucher und den Organisten mit strengen Augen wachend herabschauen. Ganz ähnlich Engelsköpfe besaß übrigens die Orgel der Wehrkirche in Walldorf rund 12 Kilometer östlich von Unterkatz, die leider 2012 beim katastrophalen Kirchenbrand in Walldorf zerstört wurde. Auch hier wissen wir nicht den ursprünglichen Erbauer. Aber wer kommt denn überhaupt in Frage? Drei Namen seien hier mit aller gebotenen Vorsicht erwähnt. Da wäre zunächst Caspar Lehmann aus Suhl zu nennen, der auch Kaspar Lochmann genannt wurde und dessen Leben und Schaffen noch wenig erforscht ist. Er war ein Schüler von Jörg Künzinger in Neustadt an der Saale und hatte seine Werkstatt in Suhl. Von ihm sind Orgeln in Rohr bei Meiningen und in Ohrdruf nachgewiesen, letztere wurde 1661 errichtet. Lehmann wirkte aber unter anderem auch in Coburg, Schmalkalden und Marburg und starb 1679. Die Orgelbauerfamilie Wedemann wirkte in Kassel, Gotha und Meiningen. Christoph Wedemann war Hoforgelmacher in Kassel und ist bis 1662 nachweisbar. Sein etwa 1630 geborener Sohn Heinrich Wedemann machte sich später in Meiningen selbstständig. Falls er in Frage kommt, war es eine frühe Arbeit. Das Gleiche gilt für Johann Moritz Weiße, der 1632 in Meiningen geboren wurde und 1662 das Herzoglich-Meiningische Orgelprivileg erhielt. Von seinem bedeutenden Wirken zeugt etwa noch die Orgel in der Stiftskirche zu Römhild, die in einem anderen Band dieser Reihe vorgestellt wird. Doch begnügen wir uns mit diesen Spekulationen und konstatieren: die ohne Frage hochinteressante Orgel in Unterkatz birgt noch so manches Geheimnis.
Die Orgel in Unterkatz wurde 2013 bis 2017 durch die Firma Orgelbau Waltershausen behutsam und stilgerecht restauriert. Hierbei wurde der über die Jahrhunderte gewachsene Bestand beibehalten inklusive zweier Register, die im 19. Jahrhundert in das Instrument eingefügt wurden. Das Manual besitzt heute einen Tonumfang bis zum c3 inklusive dem Cis und die Register Principal, Gedackt, Hohlflöte und Viol di Gamba 8', Octava und Flauto 4', eine Spitzoctava 2' sowie eine 4fache Mixtur. Im Pedal fehlt das Cis noch, das bis zum c1 ausgebaut ist und über die Stimmen Subbaß 16' und Octavenbaß 8' verfügt, dazu kommt eine Pedalkoppel und ein Tremulant. 

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Disposition:

Manual, C-c3 Pedal, CD-c1  
Principal 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Gedackt 8' Octavenbaß 8' Tremulant
Hohlflöte 8'    
Viola di Gamba 8'    
Octava 4'    
Flauto 4'    
Spitzoctava 2'    
Mixtur 4f.    

In Unterkatz gespielte Stücke:
Anonymus: Concordantiae ex C >>>
Anonymus: Toccata secundi toni >>>
Emanuel Benisch: Ricercar in C >>>
Emanuel Benisch: Toccata in e >>>
Johann Heinrich Buttstedt: Praeludium und Fuge in D >>>
Johann Caspar Simon: Fughetta Nr. 11 ex g >>>
Johann Caspar Simon: Fughetta Nr. 12 ex H >>>



UTENDORF (Verwaltungsgemeinschaft Dolmar-Salzbrücke, Landkreis Schmalkalden-Meiningen)
Ev. Kirche




Erbauer: Johann Heinrich Schmidt (Römhild) 1822-1824, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Utendorf ist eine Gemeinde im Landkreis Schmalkalden-Meiningen im fränkisch geprägten Süden Thüringens und gehört der Verwaltungsgemeinschaft Dolmar-Salzbrücke an. Der Ort liegt rund fünf Kilometer nördlich der Kreisstadt Meiningen zu Füßen des 739 Meter hohen Dolmar. Die wunderschöne Gegend zwischen Rhön und Thüringer Wald erlebte im Mittelalter eine bewegte Siedlungsgeschichte, zahlreiche Wüstungen in der Umgegend deuten noch darauf hin. Der Ort gehörte zum Amt Kühndorf innerhalb des Henneberg-Römhildischen Amtes Schwarza und kam 1549 zur Grafschaft Henneberg-Schleusingen. Bei einem verheerenden Brand 1380 wurde fast der gesamte Ort zerstört. Nach der Aufteilung der Herrschaft Henneberg 1660 wechselte der Ort in das Amt Wasungen und kam mit diesem zum Herzogtum Sachsen-Meiningen. 1702 wurde Utendorf dem Amt Meiningen angegliedert. Auf einem 27 Meter hohen Hügel über dem Ort thront die wehrhafte Kirchenburg – machtvoll beherrscht sie das Dorfbild. Aus dem alten Bergfried erwächst der Turm, an den das Kirchenschiff angebaut wurde. Nachdem sie 1821 eingestürzt war, wurde die Kirche auf den alten Grundmauern wieder aufgebaut. 1822-24 entstand auch die heute noch vorhandene Orgel, die aus der Werkstatt des Römhilder Orgelbauers Johann Heinrich Schmidt stammt. 
Der Ort Schmiedefeld am Rennsteig, östlich der Stadt Suhl, war im 18. und 19. Jahrhundert Heimat einer ganzen Reihe von Orgelbauern. Der Begründer der Schmiedefelder Orgeltradition war Johann Michael Wagner, der 1723 ebendort geboren wurde. Sein Ruhm drang rasch über den Thüringer Wald hinaus; so konnte Wagner repräsentative Instrumente etwa in der Dresdner Kreuzkirche und in Arnheim in den Niederlanden erbauen. Tüchtige Gesellen unterstützten ihn dabei, so etwa Johann Caspar Holland, der später die Werkstatt übernahm. Auch ein gewisser Johann Heinrich Schmidt gehörte ab etwa 1790 zu diesen tüchtigen Gesellen. Etwa um 1770 geboren – genauer wissen wir es nicht - heiratete er 1805 in Schmiedefeld eine Frau aus Haina bei Römhild. Vielleicht hatte er diese bei Umbauarbeiten an der alten Weiße-Orgel in der Römhilder Stiftskirche kennengelernt, mit denen Johann Heinrich Schmidt seit 1804 beschäftigt war. Nach Abschluß dieser umfangreichen Arbeiten hat er sich dann in Römhild niedergelassen und selbstständig gemacht. 1805 erbaute er seine erste eigene Orgel in Oßla im heutigen Saale-Orla-Kreis, die mit ihren 10 Registern bis heute wohl erhalten ist und 2004 restauriert wurde. Die Orgel in Utendorf, 1822 begonnen und zwei Jahre später vollendet, steht optisch ganz in der Tradition des Schmiedefelder Orgelbaus. Charakteristisch sind unter anderem die foliierten Holzpfeifen des Principalbasses im Prospekt, wie wir sie ein Jahrhundert zuvor schon regelmäßig etwa in den Werken des berühmten Nicolaus Seeber aus Haina finden können und die auch sonst in der waldreichen Gegend zwischen Thüringer Wald, Rhön und Unterfranken verbreitet sind wie sonst nirgendwo in Deutschland. 1824 finden wir Johann Heinrich Schmidt dann erneut an der Orgel der Römhilder Stiftskirche an der Arbeit. 1835 machte sich der 1798 in Schmiedefeld geborene und ausgebildete Michael Schmidt, allem Anschein nach ein Neffe von Johann Heinrich, in Konkurrenz zur Familie Holland in Schmiedefeld selbstständig. Offenbar konnte er seinen schon in den Sechzigern stehenden Onkel zur Mitarbeit in der neuen Werkstatt gewinnen und so bauten Johann Heinrich und Michael Schmidt in den folgenden Jahren gemeinsam drei schöne Instrumente, die allesamt gut erhalten und restauriert sind. 1835 in Seidingstadt bei Hildburghausen, 1835-1838 in Mengersgereuth-Hämmern bei Sonneberg und 1838 in Bürden bei Hildburghausen. Johann Heinrich Schmidt, dessen Werke stilistisch noch ganz dem späten Barock verpflichtet sind, starb 1839. 
Die Orgel in Utendorf ist nahezu unberührt erhalten und konnte 2011 durch die Firma Hoffmann und Schindler aus Ostheim vor der Rhön behutsam und stilgerecht restauriert werden und besitzt insgesamt 766 Pfeifen, davon 228 Holzpfeifen. Das bis zum d3 ausgebaute Manual verfügt über Gedackt, Violdigamb, Quintaden und Fleut Travers 8', Principal und Gedackt 4', ein Flageolet 2' sowie eine 3fache Mixtur und ein auf dem Registerzug so bezeichnetes Nassat-Cornett auf 3'-Basis. Im Pedal mit einem Umfang bis zum c1 finden wir Subbaß und Violonbaß 16' sowie Principalbaß 8', dazu kommt eine Pedalkoppel. Die beiden Zungenstimmen Vox humana im Manual und Posaune im Pedal sind derzeit noch vakant. Bemerkenswert ist abschließend der fein gearbeitete Kupferstich über der Tastatur mit spielenden Knaben in einer idealisierten Landschaft – ein Stück Arkadien mitten in der Rhön. 

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Manual, C-d3 Pedal, C-c1  
Gedackt 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Violdigamb 8' Violonbaß 16'  
Quintaden 8' Principalbaß 8'  
Fleut Travers 8' (Posaune 16')  
Principal 4'    
Gedackt 4'    
Nasset Corn. 3'    
Flageolet 2'    
Mixtur 3f.    
(Vox humana 8')    

In Utendorf gespielte Stücke:
Johann Christian Bach: Fuge über B-A-C-H >>>
Johann Christian Kittel: Ach Gott, vom Himmel sieh darein >>>
Johann Christian Kittel: Das Jesulein soll doch mein Trost >>>
Johann Christian Kittel: Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld >>>
Johann Christian Kittel: Herr Jesu Christ, dich zu uns wend >>>
Christian Friedrich Rudolph: Fuga Moderato C-Dur >>>
Christian Friedrich Rudolph: Wer nur den lieben Gott läßt walten >>>
Simon Sechter: Präludium e-moll >>>
Simon Sechter: Präludium G-Dur >>>
Carl Heinrich Zöllner: Präludium B-Dur >>>
Carl Heinrich Zöllner: Präludium Es-Dur >>>



VACHA (Wartburgkreis)
Ev. Stadtkirche St. Johannes




Erbauer: Johann Michael Holland (Schmiedefeld) 1831, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Vacha ist eine Stadt im Westen von Thüringen im Wartburgkreis, direkt an der Landesgrenze zu Hessen. Die Stadt liegt im Werratal an den nördlichen Ausläufern der Rhön. Eisenach liegt etwa 30 km nordöstlich, Bad Hersfeld etwa 25 km westlich von Vacha. Seit dem frühen Mittelalter befand sich das Gebiet um die heutige Stadt im Grenzbereich zwischen Sachsen, Thüringen und Franken. Im 9. Jahrhundert stießen hier die Territorien der Abteien Fulda und Hersfeld aufeinander. Daher existieren aus dieser Zeit viele Urkunden mit Grenzbeschreibung im Bereich um das heutige Vacha, doch diese erwähnen ein Dorf Vacha nicht. Erstmals urkundlich genannt wird der Ort in einem sogenannten Servitienverzeichnis des Klosters Fulda erwähnt, das zwischen 1155 und 1165 datiert wird. Eine ältere Erwähnung im 9. Jahrhundert wird heute üblicherweise als Fälschung aus späterer Zeit angesehen. Im Jahr 1406 kamen zwei Drittel von Stadt und Amt Vacha pfandweise von der Reichsabtei Fulda an die Landgrafen von Hessen. Während der Zeit des napoleonischen Königreichs Westphalen war Vacha Hauptort eines Kantons, später kam die Stadt zum Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach. Durch die Grenzlage lag Vacha vor 1989 im Sperrgebiet und war nur schwer erreichbar. Heute leben rund 5.300 Einwohnerinnen und Einwohner in der Stadt. Von der mittelalterlichen Stadtkirche existieren noch die Grundmauern des Turmes. Der Turmaufsatz stammt vom gotischen Kirchenbau, der um 1306 begonnen und nach einem Brand 1467 erneuert wurde. Im Zuge der Reformation wurde die Kirche zur evangelischen Stadtkirche. 1821 bis 1825 wurde an den bestehenden Turm der heutige klassizistische Kirchensaal angebaut. Zu Ehren des damals dreijährigen Erbprinz Carl Alexander August Johann von Sachsen-Weimar-Eisenach erfolgte die Grundsteinlegung an dessen Geburtstag und die Kirche erhielt ihm zu Ehren den Namen Johanniskirche. Die Orgel wurde 1831 fertiggestellt. Sie stammt aus der Werkstatt von Johann Michael Holland aus Schmiedefeld am Rennsteig.
Der Erbauer der Orgel in Vacha, Johann Michael Holland, war der Sohn des Orgelbauers Johann Caspar Holland. Dieser wurde 1747 geboren, stammte aus Asbach bei Schmalkalden und erlernte sein Handwerk bei Johann Michael Wagner, der in der zweiten Hälfte des 18.Jahrhunderts in Schmiedefeld eine bedeutende Orgelwerkstatt aufbaute. Ab etwa 1780 wurde er von Wagner mit kleineren und größeren Aufgaben betraut, die er für seinen „Principal“ selbstständig auszuführen hatte. In den Folgejahren war die Aufgabenteilung in der Wagner-Werkstatt so geregelt, dass Wagner mehr und mehr nur die Verträge und Pläne ausarbeitete und Holland die praktische Werkstatt- und Projektleitung innehatte. Die bedeutendste Arbeit jener Zeit war die 1793 vollendete Orgel in der Dresdner Kreuzkirche mit 50 Registern auf drei Manualen und Pedal. 1801 starb Johann Michael Wagner und Johann Caspar Holland übernahm endgültig seine Werkstatt. 1820 übergab Johann Caspar Holland die Schmiedefelder Werkstatt an seinen 1778 geborenen Sohn Johann Michael Holland, der seine Ausbildung natürlich im väterlichen Betrieb erhielt. Dieser erweiterte das Absatzgebiet deutlich und erbaute unter anderem 1834 ein Instrument mit 30 Registern für Gehren und 1835 in Creuzburg an der Werra mit 28 Registern. Dazu kamen einige kleinere und mittlere Instrumente, so etwa die wohl erhaltene, 1823 vollendete Orgel in der St.Anna-Kirche zu Böhlen bei Ilmenau mit 21 Stimmen auf zwei Manualen und Pedal. Johann Michael Hollands Sohn Friedrich Wilhelm, 1804 geboren, hat um 1838 die Leitung der elterlichen Werkstatt übernommen und erbaute in der Folge unter anderem einige große, dreimanualige Instrumente. So 1839 in Schleusingen mit 49 Registern, 1840 in Eisenach, St. Georgen mit 40 Registern und in der Erfurter Predigerkirche 1850 mit 46 Registern. Das letztgenannte Projekt konnte Johann Michael Holland jedoch nicht mehr miterleben, da er 1842 verstorben ist. Die Orgel in der Stadtkirche zu Vacha, 1831 errichtet und mit 26 Registern auf zwei Manualen und Pedal prachtvoll ausgestattet, ist als eine der wenigen größeren Instrumente von der Hand des Meisters weitgehend unbeschadet auf uns gekommen.
Die Orgel von Johann Michael Holland in der Stadtkirche zu Vacha, 1831 erbaut, wurde 2001 durch die Firma Orgelbau Waltershausen denkmalgerecht restauriert. Der akustisch überaus günstige, klassizistische Saalbau der Kirche lässt die zahlreichen frühromantischen Klangfarben des Instruments gut zur Geltung kommen. Die Manuale besitzen jeweils einen Tonumfang vom Ton C bis zum f3. Das Hauptwerk besitzt als Basis einen Principal 8', auf dem die Oktaven 4' und 2' aufgebaut sind. Grundiert wird der Klang von einem fülligen Bordun 16' und fein differenziert von Viola di Gambe, Gemshorn, Lieblich Gedackt und Trompete 8' sowie einer Flauto d´amour 4'. Bekrönt wird das Plenum von einer 5fachen Mixtur, Kontur erhält der Klang durch ein 3faches Cornett. Das Oberwerk enthält neun Stimmen, Geigenprincipal, Flauto traverso, Hohlflöte, Salicional und Vox humana 8', letztere als Zungenstimme gebaut, sodann Principal und Fugara 4', eine Oktava 2' sowie eine 3fache Mixtur. Das Pedal sodann, das einen Tonumfang bis zum d1 aufweist, besitzt Principalbaß, Subbaß, Violon und Posaunenbaß 16' sowie Principalbaß 8' und Oktavbaß 4'. Zwei Koppeln, eine Manual- und eine Pedalkoppel ergänzen das Klangbild der Stadtkirchen-Orgel zu Vacha. Die Geschichte der Orgelbauerfamilie Holland, vor allem die von Johann Michael und seinem Sohn Friedrich Wilhelm, ist noch nicht in Gänze erforscht. Umso wichtiger sind die klingenden Zeugnisse der Familie, die in mehr oder minder gutem Zustand noch in so mancher Thüringischen Kirche erhalten sind. Von hoher Qualität und feinem Klangcharakter beeindrucken sie uns mit ihrer noch im Barock wurzelnden Klangpracht ebenso wie mit ihren feinen klassizistischen und frühromantischen Farbschattierungen.

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Disposition:

Hauptwerk, C-f3 Oberwerk, C-f3 Pedal, C-d1  
Bordun 16' Geigenprincipal 8' Principalbaß 16' Manualkoppel
Principal 8' Flauto traverso 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Lieblich Gedackt 8' Hohlflöte 8' Violon 16'  
Gemshorn 8' Salicional 8' Principalbaß 8'  
Viola di Gambe 8' Principal 4' Octavbaß 4'  
Octave 4' Fugara 4' Posaunenbaß 16'  
Flauto d'amour 4' Octava 2'    
Octave 2' Mixtur 3f.    
Cornett 3f. Vox humana 8'    
Mixtur 5f.      
Trompete 8'      

In Vacha gespielte Stücke:
Michael Henkel: Adagio fis-moll >>>
Michael Henkel: Allegretto cis-moll >>>
Michael Henkel: Allegretto G-Dur >>>
Michael Henkel: Allegro B-Dur >>>
Michael Henkel: Allegro moderato Es-Dur >>>
Michael Henkel: Andante c-moll >>>
Michael Henkel: Andante con moto d-moll >>>
Michael Henkel: Andante F-Dur >>>
Michael Henkel: Andantino g-moll >>>
Michael Henkel: Lamentoso g-moll >>>
Michael Henkel: Larghetto Es-Dur >>>
Michael Henkel: Maestoso C-Dur >>>
Michael Henkel: Moderato E-Dur >>>
Michael Henkel: Nachspiel Fugando e-moll >>>
Michael Henkel: Versett Es-Dur >>>
Michael Henkel: Vorspiel Moderato G-Dur >>>



VEILSDORF (Landkreis Hildburghausen)
Ev. Trinitatiskirche




Erbauer: Theodor Kühn (Schmiedefeld) 1886
, Seifert'sche Membranladen, pneumatische Spiel- und Registertraktur

Veilsdorf ist eine Gemeinde im Landkreis Hildburghausen im fränkisch geprägten Süden Thüringens mit knapp 2.800 Einwohnerinnen und Einwohnern. Die Kerngemeinde liegt am Ufer der Werra, das den vom Habergrund durchflossenen Kernort und das unmittelbar östlich angrenzende Schackendorf von Kloster Veilsdorf nördlich des Kernortes und dem 3 km westlich liegenden Heßberg trennt. Im Jahre 817 wurde Veilsdorf erstmals in einer Fuldaer Urkunde erwähnt. Das Benediktinerinnen-Kloster Veilsdorf wurde 1189 erstmals urkundlich genannt. Es war eine Stiftung des Domherrn Heinrich von Heßberg, der später von 1202 bis 1207 Bischof von Würzburg war. Dieses Nonnenkloster wurde 1446 in ein Mönchskloster umgewandelt und während des Bauernkrieges 1525 niedergebrannt. 1760 wurde auf dem Gelände des ehemaligen Klosters die erste Porzellanmanufaktur Thüringens gegründet. Die Fabrik, seit 1883 eine Aktiengesellschaft, hatte vor dem Ersten Weltkrieg stolze 1300 Arbeiter und Angestellte. Die evangelische Kirche St. Trinitatis steht auf einem Vorsprung der Leite, einem Höhenzug neben der Werra. Der mächtige Turm über dem spätgotischen Chor ragt 51 Meter in die Höhe. Das Innere der Kirche ist reich mit Blumenmotiven ausgemalt und besitzt darüber hinaus eine schmucke, bemalte Kassettendecke. Die Orgel wurde 1886 von Theodor Kühn aus Schmiedefeld erbaut. Sie ist in ihrer Art einzigartig, denn sie war damals die zeitlich erste pneumatische Orgel Thüringens. Als „Erfinder“ der Pneumatik – das Wort Erfinder bewußt in Anführungsstrichen - gilt Gustav Sander aus Liegnitz in Schlesien, der bereits 1867 mit einer pneumatischen Traktur, allerdings mit Schleifladen experimentiert hat. Erst im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts begann sich diese Form der Traktur immer weiter zu verbreiten und schließlich um 1900 allgemein durchzusetzen.
Schmiedefeld am Rennsteig, heute ein Ortsteil der kreisfreien Stadt Suhl mit rund 1.650 Einwohnerinnen und Einwohnern, hegte in seinen Mauern fast 200 Jahre lang eine bedeutende Orgelbautradition. Ihr Begründer war Johann Michael Wagner, der aus Schmiedefeld stammte und sich nach seiner Lehre 1751 in seinem Heimatort selbstständig machte. Seine Werkstatt ging sodann an Johann Caspar Holland und später dessen Sohn und Enkel über. Der ebenfalls aus Schmiedefeld gebürtige Michael Schmidt den Orgelbau bei Holland und machte sich später parallel zur Firma Holland selbständig, so dass Mitte des 19. Jahrhunderts zwei florierende Orgelbauwerkstätten in Schmiedefeld existierten. 1874 übergab Michael Schmidt aus Altersgründen seine Werkstatt an den 1840 geborenen Theodor Kühn, der zuvor als Geselle bei Urban Kreutzbach in Borna und seit 1873 rund ein Jahr als Geschäftsführer bei Friedrich Wilhelm Holland gearbeitet hat. Kühn führte das Unternehmen bruchlos weiter und baute Orgeln hauptsächlich im Süden der Thüringer Lande. Sein größtes Werk mit 36 Registern entstand 1894 für die Johanneskirche zu Schleusingen. Kühn fertigte bis zur Übergabe der Werkstatt an seinen Sohn Alfred sowohl Orgeln mit mechanischen Schleifladen als auch mit pneumatischer Traktur, gerade so wie es die Auftraggeber wünschten. Der sehr frühe Einstieg in die Welt der damals noch nicht ausgereiften pneumatischen Trakturen hängt mit Kühns Freundschaft mit Ernst Seifert zusammen, der 1855 im nahen Sülzfeld geboren wurde. Seifert, der seine bedeutende Werkstatt Mitte der 1880er Jahre in Köln aufbaute, gilt ja als einer der Pioniere der pneumatischen Traktur. Er erfand die sehr viel präziser als die herkömmliche Kegellade funktionierende Membranlade und ließ sich diese bereits 1882 patentieren. Als Theodor Kühn 1886 in Veilsdorf den Auftrag zum Bau einer neuen Orgel erhielt, bezog er Teile der Windladen und den Spieltisch direkt von seinem Bekannten Ernst Seifert. Das Ergebnis ist eine technisch hochinteressante, allerdings sehr komplizierte und von Anfang an leider auch sehr störanfällige Mischform aus Kegel- und Membranlade, wie es sie so in der Form nur in Veilsdorf gibt. Theodor Kühns Sohn Alfred übernahm 1894 die väterliche Werkstatt und verlegte sie im Jahre 1908 ins nahe Schleusingen. 1936 wurde Gustav Kühn Inhaber des Unternehmens, während sein Bruder Rudolf Kühn in Merseburg eine eigene Werkstatt aufbaute. Als Firma Kühn Orgelbau existierte die Firma in Merseburg bis kurz nach der politischen Wende. Gustav Kühn, der letzte Orgelbauer in Schleusingen, hat bis ins hohe Alter Stimm- und Pflegearbeiten verrichtet und verstarb im Jahr der Deutschen Einheit, 1990.
Bereits aus dem Jahr 1894, also acht Jahre nach dem Orgelbau, liegt ein Gutachten über Übelstände der Orgel vor, die Theodor Kühn darauf behob. 1903 wurde die Orgel durch einen Blitzschlag in den Kirchturm beschädigt und in den folgenden Jahrzehnten waren immer wieder größere und kleinere Reparaturen fällig. 1957 war das Instrument dann fast unspielbar, konnte in der Folge aber durch Gustav Kühn instandgesetzt werden. Ab 1980 arbeitete Norbert Sperschneider aus Weimar an der Orgel und 2005 führte die Firma Hey Orgelbau aus Urspringen in der Rhön die bislang letzten Renovierungsarbeiten aus. 21 Register sind verteilt auf auf zwei Manualen und Pedal. Das Hauptwerk besitzt neun Stimmen, nämlich Bordun 16', Principal, Gamba, Gedackt und Hohlflöte 8', Octave und Hohlflöte 4' sowie eine 5fache Mixtur und ein 3faches Cornett. Das Schwellwerk im zweiten Manual verfügt über Geigenprincipal, Flöte dolce, Salicional, Aeoline und Vox celeste 8', Gemshorn und Flöte 4' sowie eine Oboe 8'. Im Pedal schließlich finden wir Subbaß und Violon 16' sowie Octavbaß und Cello 8'. Dazu kommen eine Manualkoppel, zwei Pedalkoppeln und feste Kombinationen für Piano, Forte und Tutti. Die technisch einmalige Kühn-Orgel in Veilsdorf verfügt über einen schönen, gut auf den Kirchenraum abgestimmten Klang und eine größtenteils bemerkenswert gute Intonation. Allerdings ist die Spieltraktur alles andere als präzise, ich kenne kaum eine pneumatische Traktur, die träger anspricht als die in Veilsdorf. Doch trotz dieser kleinen Einschränkung ist die Kühn-Orgel der Veilsdorfer Trinitatiskirche ein wichtiger Prototyp und Markstein in der Orgelgeschichte Thüringens. 

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Hauptwerk, C-f3 Schwellwerk, C-f3 Pedal, C-d1  
Bordun 16' Geigenprincipal 8' Subbaß 16' Manualkoppel
Principal 8' Flöte dolce 8' Violon 16' Pedalkoppel zu I
Gamba 8' Salicional 8' Octavbaß 8' Pedalkoppel zu II
Gedackt 8' Aeoline 8' Cello 8' 3 feste Kombinationen
Hohlflöte 8' Vox celeste 8'    
Octave 4' Gemshorn 4'    
Hohlflöte 4' Flöte 4'    
Cornett 3f. Oboe 8'    
Mixtur 5f.      

In Veilsdorf gespielte Stücke:
Otto Dienel: Alle Menschen müssen sterben >>>
Otto Dienel: Es ist gewißlich an der Zeit >>>
Otto Dienel: Lobe den Herren >>>
Fritz Lubrich jun.: Ave Maria >>>
Heinrich Pfitzner: Choralvorspiel I >>>
Heinrich Pfitzner: Choralvorspiel II >>>
Heinrich Pfitzner: Choralvorspiel III >>>
Karl Piutti: Lobet den Herren >>>
Karl Piutti: Nun sich der Tag geendet hat >>>
Robert Schaab: O Haupt voll Blut und Wunden >>>
Robert Schaab: Wer nur den lieben Gott läßt walten >>>
Uso Seifert: Dir, dir, o Höchster, will ich singen >>>



WEILAR (Verwaltungsgemeinschaft Dermbach, Wartburgkreis)
Ev. Kirche St. Andreas




Erbauer: Jost Oestreich und Johann Markus Oestreich (Oberbimbach) 1770, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Weilar ist eine Gemeinde im Südwesten des thüringischen Wartburgkreises. Die zur Verwaltungsgemeinschaft Dermbach gehörende Gemeinde zählt rund 900 Einwohnerinnen und Einwohner. Weilar liegt etwa zwei Kilometer südlich von Stadtlengsfeld am nordöstlichen Rand der Thüringer Rhön und wird von der Felda durchflossen. Erstmals urkundlich erwähnt wird der Ort im Jahre 1153. Die Burg von Weilar stand an der Stelle des heutigen Schlosses. Im späten Mittelalter änderten sich die Besitzverhältnisse ständig, so dass Weilar einmal zum Kloster Hersfeld und später zum Kloster Fulda gehörte. Im Jahre 1498 ist erstmals der Familienname der Boineburgs im Zusammenhang mit dem Ort erwähnt. Ludwig von Boineburg erhielt vom Grafen Wilhelm von Henneberg Lehen zu Weilar. Es gehörte in der Folgezeit zur boineburgischen Herrschaft Lengsfeld und damit nach 1802 zum Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach. Die Herren von Boineburg residierten im Weilarer Schloss bis 1945 und noch heute befindet sich in der kleinen Parkanlage neben der Kirche St. Andreas die Familiengruft der Boineburgs. Die evangelisch-lutherische Kirche St. Andreas stammt in ihrer heutigen Gestalt aus dem Jahre 1745 und steht an der Stelle eines spätgotischen Vorgängerbaues. Doch bereits im Jahre 1761 schlug der Blitz in die Kirche ein, das Gotteshaus brannte nieder und wurde 1763 bis 1766 in der ursprünglichen Form wiederaufgebaut. Im Jahre 1770 erhielt die erneuerte Kirche dann auch eine neue Orgel. Sie ist im Wesentlichen bis heute erhalten, doch war bis vor kurzem der Name ihres Erbauers nicht bekannt. Erst im Zusammenhang mit den 2012 begonnenen Restaurierungsarbeiten konnte herausgefunden werden, dass es sich um ein Werk von Jost Oestreich und seinem Sohn Johann Markus Oestreich aus Oberbimbach handelt.
Die Geschichte der über fünf Generationen hinweg im Fuldaer Land tätigen Orgelbauerfamilie Oestreich beginnt mit Jost Oestreich. Er wurde 1715 geboren und erlernte den Orgelbau möglicherweise bei Johannes Bien in Blankenau; gesichert ist dies allerdings nicht. Er errichtete seine Werkstatt in Oberbimbach bei Fulda und taucht erstmals 1745 bei einer Orgelreparatur in Großentaft auf. 1754 bis 1755 erbaute er sodann eine Orgel für die Stadtkirche in Lauterbach und er arbeitete in den Folgejahren an verschiedenen Orgeln im Fuldaer Land. Nach weiteren Orgelneubauten in Dietershausen 1760 und Ilbeshausen 1766 – alle die bisher genannten Instrumente sind nicht erhalten – schuf Jost Oestreich 1767 sein bedeutendstes Werk für die Stadtpfarrkirche in Fulda. Dieses Instrument ist in umgebautem Zustand in der Stiftskirche zu Rasdorf erhalten. Bei diesem Orgelbau arbeitete erstmals auch Johann Markus Oestreich, der 1737 geborene Sohn von Jost Oestreich mit. Er wird in der zweiten Generation die Orgelbauerfamilie aus Oberbimbach zu ihrer größten Blüte führen. 1770 erbauten Vater und Sohn Oestreich dann gemeinsam die Orgel in Weilar mit 14 Registern auf einem Manual und Pedal. Es war die letzte gemeinsame nachgewiesene Arbeit von Jost und Johann Markus Oestreich. Alle nachfolgenden Orgelbauprojekte wurden nun von Johann Markus Oestreich alleine verantwortet, wobei der Vater vermutlich noch einige Jahre – er starb 1790 mit 75 Jahren – in der Werkstatt mitgearbeitet hat. Die 1766 erbaute Orgel in der Propsteikirche St. Andreas in Neuenberg, unmittelbar vor den Toren Fuldas gelegen, entspricht übrigens in Prospektaufbau und ursprünglicher Klanggestalt bis auf kleine Nuancen der Orgel in Weilar. Zwar ist das Pfeifenwerk dort in Neuenberg nicht erhalten, doch nach der Identifizierung der Oestreichs als Erbauer in Weilar sollten diese auffälligen Parallelen Anlass sein, auch über den Schöpfer der Neuenberger Orgel nochmals ein wenig zu recherchieren.
Die 1770 vollendete Oestreich-Orgel in Weilar wurde später mindestens einmal leicht umgebaut. Von den 14 Registern der ursprünglichen Disposition sind immerhin acht Register original erhalten, die übrigen Stimmen wurden bei der 2012 bis 2017 in mehreren Abschnitten durchgeführten Restaurierung rekonstruiert. Diese Arbeiten wurden von der Firma Mitteldeutscher Orgelbau Voigt aus Bad Liebenwerda ausgeführt. Das wunderbar in den Rokoko-Raum eingepasste Instrument besitzt 14 Register auf einem Manual und Pedal. Das Manual hat einen Umfang vom Ton C bis zum f3 ohne das Cis. Klangliches Rückgrat ist der erneuerte Principal 4' im Prospekt, über dem Ouinte 3', Oktave 2', Quinte 1 1/2' und die 4fache, terzhaltige Mixtur aufgebaut sind. Dazu kommt eine bemerkenswert breite Palette an 8'-Stimmen, in dieser Zusammensetzung für die frühen Werke der Oestreich-Dynastie ganz typisch. Wir finden hier Quintatön, Viol da gamb, Gedackt, Flöt travers und Biffera 8' sowie dazu noch Flöte und Gemshorn 4'. Das Pedal im Umfang bis zum c1 ist mit Subbaß 16' und Oktavbaß 8' bestückt. Eine Pedalkoppel und ein rekonstruierter Tremulant ergänzen die Klanggestalt der Orgel in Weilar. Durch die Restaurierung der Oestreich-Orgel in Weilar hat die Orgellandschaft in der nördlichen Rhön ein ganz bemerkenswertes und bedeutsames Instrument wieder in voller Klangpracht zurückerhalten. Ihre beiden Schwesterinstrumente aus der ersten Generation der Orgelbauerfamilie Oestreich in Rasdorf und Kleinsassen sind beide klanglich nicht unerheblich verändert und so können wir derzeit vermutlich nur in Weilar einen Eindruck vom originalen Klang einer ganz frühen Oestreich-Orgel erhalten.

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Disposition:

Manual, CD-d3 Pedal, CD-c1  
Quintatön 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Gedackt 8' Octavbaß 8'  
Flöt travers 8'    
Viol de gamb 8'    
Biffera 8'    
Principal 4'    
Flöte 4'    
Gemshorn 4'    
Quinte 3'    
Octave 2'    
Quinte 1 1/2'    
Mixtur 4f.    

In Weilar gespielte Stücke:
Johann Sebastian Bach: Allein zu dir, Herr Jesu Christ BWV 1100 >>>
Johann Sebastian Bach: Ehre sei dir, Christe BWV 1097 >>>
Johann Sebastian Bach: Wir glauben all an einen Gott BWV 1098 >>>
Adriano Banchieri: Quarta Sonata in Scherzo >>>
Adriano Banchieri: Sonata Grave >>>
Adriano Banchieri: Terza Sonata in Scherzo >>>
Vincenzo Bellini: Sonata per Organo >>>
Johann Heinrich Buttstedt: Fuga in D >>>
Johann Heinrich Buttstedt: Praeludium und Canzona in d >>>
Fortunato Chelleri: Parthia pastoralis >>>
Georg Friedrich Händel: Voluntary III in C >>>
Christian Michael: Praeludium a 4 in h >>>
Johann Pachelbel: Toccata in g >>>
Friedrich Wilhelm Zachow: Durch Adams Fall ist ganz verderbt >>>



WENIGENLUPNITZ (Gemeinde Hörselberg-Hainich, Wartburgkreis)
Ev. Kirche St. Cosmas et Damiani



Erbauer: Johann Markus Oestreich (Oberbimbach) 1805-1809, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Wenigenlupnitz ist ein Ortsteil der thüringischen Gemeinde Hörselberg-Hainich im Wartburgkreis. Wenigenlupnitz befindet sich etwa 7 km Luftlinie nordöstlich von Eisenach am Ufer der Nesse. Südlich der Ortslage erhebt sich der Höhenzug der Hörselberge. In karolingischer Zeit bildete sich am Westrand des Thüringer Beckens die „Großmark Behringen“, südlich daran schloss sich die „Mark Lupnitz“ mit den Hauptorten Großenlupnitz und Altenlupnitz an – dieses Altenlupnitz ist unser heutiges Wenigenlupnitz. Die Klöster Fulda und Hersfeld hatten hier bereits im 9. Jahrhundert Besitz. 1224 wird ein Hermann von Lupnitz genannt, er gehörte dem Dienstadel des Klosters Fulda an. Die im Mittelalter am Ufer der Nesse erbaute Wasserburg wurde 1596 zu einem Wohnschloss umgebaut. 1795 zerstörte ein Brand das Schloss, das benachbarte Gut und die Hälfte des Ortes. 1996 erfolgte die Eingemeindung in die Gemeinde Hörselberg, die 2007 in der neuen Gemeinde Hörselberg-Hainich aufging. Heute leben etwa 630 Einwohnerinnen und Einwohner in Wenigenlupnitz. Die stattliche Kirche St. Cosmas und Damian wurde nach dem Brand 1796 in klassizistischen Formen wiederaufgebaut. Der Turm stammt noch vom 1517 errichteten Vorgängerbau. Auch das Innere ist geprägt von klassizistischen Stilelementen. Auch der prachtvolle Orgelprospekt trägt klassizistische Vasen, interessant vermischt mit Rokoko-Schnitzereien. Es handelt sich, wie schon länger vermutet, aber erst vor wenigen Jahren durch Auffinden des Orgelbaukontrakts nachgewiesen, um ein Werk aus der Orgelbauwerkstatt Oestreich in Oberbimbach bei Fulda. Mit 21 Registern auf zwei Manualen ist es eine der größeren und bedeutenderen Werke der Oestreich-Werkstatt. Doch leider befindet sich dieser Schatz derzeit in einem äußerst schlechten, kaum spielbaren Zustand.
Die Geschichte der Orgelbauerfamilie Oestreich aus Oberbimbach bei Fulda beginnt Mitte des 18. Jahrhunderts mit Jost Oestreich, einem Schreiner und Orgelbauer, über dessen Ausbildung wir wenig Konkretes wissen. Sein Sohn Johann Markus Oestreich, 1737 geboren, sollte zum bedeutendsten Orgelbauer der über fünf Generationen wirkenden Oestreich-Orgeldynastie werden. Von ihm sind eine ganze Reihe kleinerer und mittelgroßer Instrumente mehr oder weniger original erhalten, die im Laufe der Zeit sämtlich in dieser Reihe vorgestellt werden. Johann Markus Oestreich erreicht das für jene Zeit hohe Alter von 95 Jahren und stirbt 1833. Er hatte zwei Söhne, den 1770 geborenen Johann Georg und den sechs Jahre jüngeren Johann Adam. Beide erlernten ihr Handwerk natürlich in der väterlichen Werkstatt und arbeiteten von frühester Jugend an bei den Orgelbauten Johann Markus Oestreichs mit. Die erste selbstständige Orgelarbeit des älteren Sohnes Johann Georg war eine Reparatur in Großentaft 1795, dann im Jahr 1800 ein erster eigenständiger Neubau in Marbach bei Fulda. Diese Orgel ist allerdings nicht erhalten. In den Jahren zwischen 1795 und etwa 1820 ist es häufig schwer, eine Arbeit der Oestreichs konkret dem Vater oder einem der beiden Söhne zuzuordnen, da sie häufig gemeinsam arbeiteten. Lediglich die Prospektform deutet an, ob Johann Georg oder Johann Adam Oestreich der Urheber war. Während Johann Georg Oestreich ausschließlich Prospekte in eher klassischen, nachbarocken Formen baut, so finden wir bei Johann Adam Oestreich stets deutliche Anklänge an klassizistische Formen. Im Falle der Wenigenlupnitzer Orgel wird eine Zuschreibung nochmals dadurch erschwert, weil sich hier sowohl barocke als auch klassizistische Formen mischen. Glücklicherweise konnte im Jahr 2016 der Kontrakt aufgefunden werden, der im Jahre 1805 von Johann Markus und seinem Sohn Johann Georg unterschrieben ist und somit eine eindeutige Zuweisung an diese beiden Oestreichs ermöglicht. Der Bau zog sich ungewöhnlich lange hin und erst im Jahr 1809 konnte die Abnahme durch den Komponisten Carl Gottlieb Umbreit erfolgen. Die Jahreszahl 1809 ziert auch das Gehäuse. 1836 wurden durch Johann Michael Holland und seinen Sohn Friedrich Wilhelm aus Schmiedefeld zwei kleine Dispositionsänderungen durchgeführt. Der Ersatz der im Ersten Weltkrieg abgelieferten Prospektpfeifen durch Zinkpfeifen ist die letzte nachgewiesene Arbeit an der Orgel, die seither die Zeiten unverändert überstanden hat. Unterhalb der erwähnten Jahreszahl 1809 findet sich ein Zimbelstern, in Thüringen ein häufiges Accessoire, im Schaffen der Familie Oestreich jedoch äußerst selten.
Die Oestreich-Orgel in Wenigenlupnitz, 1809 eingeweiht, ist mit 21 Registern auf zwei Manualen und Pedal nur zwei Register kleiner wie das berühmte Schwesterinstrument in Nieder-Moos und auch im Klangaufbau sind beide Instrumente ähnlich. Die Manuale sind jeweils vom Ton C bis zum f3 ausgebaut. Das Hauptwerk besitzt 10 wohlgewählte Stimmen, Principal, Hohlflöte, Gedact, Violdigambe und Quintatön 8', Oktave und Spitzflöte 4', eine Quinte 3' sowie eine 4fache Mixtur und eine 2fache Cimbel. Das Oberwerk enthält Flöt traverse, Gedackt und Salicional 8', Principal und Kleingedackt 4', eine Oktave 2' und eine 3fache Mixtur, dazu kommt ein Tremulant. Das Register Salicional wurde 1836 von Vater und Sohn Holland im Austausch gegen die ursprüngliche Vox humana 8' eingebaut. Das Pedal schließlich, das bis zum c1 ausgebaut ist, besitzt die Register Subbaß, Violon und Posaunenbaß 16' sowie einen Octavenbaß 8'. Die so fein gewählte und für die Familie Oestreich um 1800 ganz typische Disposition läßt erahnen, wie prachtvoll spätbarock die Orgel ursprünglich geklungen haben mag. Derzeit ist ihr Klang jedoch bestenfalls ein matter Abglanz, denn das ganze Instrument befindet sich in einem, ja man kann sagen katastrophalen Zustand. Die Balganlage ist undicht und die Windkästen haben Risse; somit bekommen die Pfeifen nur einen Bruchteil des notwendigen Windes zugeführt. Die meisten Metallpfeifen sind über Jahrzehnte durch Marder beschädigt, dazu kommt eine massive Verschmutzung im Inneren. Die unausgeglichene und völlig ausgespielte Traktur ist da noch das geringste Übel. Nur wenige Register sind derzeit einigermaßen spielbar. Eine Restaurierung der Orgel in Wenigenlupnitz ist derzeit nicht geplant und so werden wir wohl noch lange auf ihre klangliche Wiederauferstehung warten müssen. 

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Disposition:

Hauptwerk, C-f3 Oberwerk, C-f3 Pedal, C-c1  
Principal 8' Gedact 8' Subbaß 16' Manualkoppel
Hohlflöte 8' Flöt traverse 8' Violon 16' Pedalkoppel
Gedact 8' Salicional 8' Octavenbaß 8' Tremulant
Quintatön 8' Principal 4' Posaunenbaß 16' Cymbelstern
Violdigambe 8' Kleingedackt 4'    
Octave 4' Octave 2'    
Spitzflöte 4' Mixtur 3f.    
Quinta 3'      
Mixtur 4f.      
Cimbel 2f.      

In Wenigenlupnitz gespielte Stücke (Orgel ist leider kaum spielbar):
August Wilhelm Bach: Fuga a-moll >>>
Gottfried Ernst Pestel: Praeludium ex d >>>



WOHLMUTHAUSEN (Einheitsgemeinde Rhönblick, Landkreis Schmalkalden-Meiningen)
Ev. Kirche



Erbauer: Johann Caspar Rommel (Roßdorf) 1765-1766, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Wohlmuthausen ist ein Ortsteil der Gemeinde Rhönblick im thüringischen Landkreis Schmalkalden- Meiningen. Der Ort liegt inmitten des Biosphärenreservats Rhön östlich von Gerthausen unmittelbar nördlich der Herpf, eines Zuflusses der Werra. Der Ort wurde 857 erstmals urkundlich erwähnt und besaß früher drei Mühlen. Die sogenannte Karstmühle ist heute im Freilichtmuseum Kloster Veßra zu besichtigen. Der Ort gehörte zum Hintergericht im hennebergischen Amt Lichtenberg im Herzogtum Sachsen-Eisenach und später zum Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach. 1991 bis 1996 war die Gemeinde der Verwaltungsgemeinschaft Rhönblick angeschlossen, die 1996 mit weiteren Gemeinden in der Gemeinde Rhönblick aufging. Hier in der Gemeinde Rhönblick, in einem der schönsten und ursprünglichsten Teile der Rhön gelegen, sind auf engstem Raum einige bedeutende Orgeln der Barockzeit in hervorragendem Zustand erhalten, die alle in kleinen Portraits in dieser Reihe vorgestellt werden. In alphabetischer Reihenfolge seinen genannt: Bettenhausen, Geba, Helmershausen, Seeba, Stedtlingen und als letzte in dieser alphabetischen Anordnung Wohlmuthausen. Die nach einem Brand der Vorgängerkirche ab 1730 erneuerte Chorturmkirche hat ein rechteckiges Schiff und einen eingezogenen Chor. Die dreiseitig umlaufenden Doppelemporen stammen wohl noch aus der Vorgängerkirche und dürften Mitte des 17. Jahrhunderts entstanden sein. Über dem Kanzelaltar steht in einer Nische hinter dem Chorbogen die Orgel, die 1766 von Johann Caspar Rommel aus Roßdorf errichtet wurde.
Johann Caspar Rommel, der Erbauer der Orgel in Wohlmuthausen, wurde 1721 in Roßdorf bei Breitungen an der Werra in Thüringen geboren. Über seinen beruflichen Werdegang liegen noch keine Informationen vor, sein Vater war Drechsler. Er richtete seine Werkstatt in Roßdorf ein, nachdem er die Tochter des Schreiners Jacob Kirchner geheiratet hatte. Sein erstes Instrument errichtete er zwischen 1752 und 1757 die Orgel in Herpf - mit 21 Registern auf zwei Manualen und Pedal bereits ein recht großes Instrument. 1755 baute Rommel sodann ein Instrument in Kaltenlengsfeld, das wie die Orgel in Herpf ebenfalls wunderbar restauriert ein Glanzpunkt der Rhöner Orgellandschaft darstellt. Es waren Jahre, in denen Rommel viel zu tun hatte. Zeitgleich mit dem Orgelbau in Kaltenlengsfeld arbeitete er an dem 1756 fertiggestellten Umbau der Orgel in Hümpfershausen und kurz zuvor hatte er bereits die alte Johann-Moritz-Weiße-Orgel aus Herpf in der Kirche des Dorfes Seeba wieder zur Aufstellung gebracht. Mit Ausnahme dieser Orgel für Seeba handelte es sich durchweg um zweimanualige Instrumente mit rund 20 Registern. Die 1765 bis 1766 errichtete Orgel in Wohlmuthausen ist ebenfalls mit 19 Registern prachtvoll disponiert und in höchst bemerkenswerter Form original erhalten geblieben. So finden wir hier in Wohlmuthausen die einzige originale Pedalposaune von Rommel, die als Vorbild für die Rekonstruktion in allen anderen Rommel-Orgeln diente. Seine vielleicht bedeutendste Orgel erstellte Rommel 1779 in Zella-Mehlis mit 25 Registern. Die letzte Orgel aus seiner Werkstatt steht in der idyllischen Kapelle des Dorfes Geba, die 1793 vollendet wurde. Danach übergab er die Werkstatt seinem Sohn Theodor Gabriel Rommel. Im Jahr 1800 ist Johann Caspar Rommel gestorben. Die sehr hohe technische Qualität seiner Instrumente und der interessante, unverwechselbare Klang lassen uns Johann Caspar Rommel als einen der bedeutendsten Orgelbaumeister in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Thüringen erkennen. In Wohlmuthausen hatte Rommel mit dem Umstand zu kämpfen, dass die Orgel hinter dem Mauerbogen steht und dadurch das Klangbild etwas gedeckt wirkt. Mit kräftigen Mixturen wirkte er diesem Effekt entgegen und verzichtete im Gegenzug auf ein 16'-Register im Hauptwerk.
Die Kirche in Wohlmuthausen war zu DDR-Zeiten bereits einige Jahre aufgegeben, so daß auch die Orgel stark in Mitleidenschaft gezogen wurde. Nach der friedlichen Revolution vor 30 Jahren konnte glücklicherweise sowohl die Kirche als auch die Orgel restauriert werden. Die Arbeiten an der Orgel wurden 1991 bis 1994 durch die Restaurierungswerkstatt Schloß Kaulsdorf ausgeführt. Eine erneute Restaurierung ist dem wertvollen Instrument in baldiger Zukunft zu wünschen, vor allem die Windversorgung machte in letzter Zeit immer wieder Probleme. Die Manuale sind ohne das Cis bis zum c3 ausgebaut. Das Hauptwerk besitzt die Register Principal, Gedackt und Gamba 8', Spitzflöte 4', Quinta 3', Octave 2', eine Tertia 1 3/5' sowie eine 4- bis 5fache Mixtur. Das Oberwerk verfügt über Quintatön und Flöte 8', Principal und Gedackt 4', eine Spitzflöte 2' sowie eine 3fache Mixtur. Im Pedal mit einem Umfang bis zum c1 finden wir die Stimmen Subbaß und Violonbaß 16', Octavbaß 8' sowie die original erhaltene Posaune 16', dazu kommen eine Manual- und eine Pedalkoppel sowie ein Tremulant. Ein wunderbares Kunstwerk ist auch der sehr wertvolle, ebenfalls original erhaltene Spieltisch mit seinen feinen Intarsien und den kunstvoll gestalteten Tastaturen, die auf der Stirnseite jeweils das Monogramm Johann Caspar Rommels aufweisen. 

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Disposition:

Hauptwerk, CD-c3 Oberwerk, CD-c3 Pedal, CD-c1  
Principal 8' Quintatön 8' Subbaß 16' Manualkoppel
Gedackt 8' Flöte 8' Violonbaß 16' Pedalkoppel
Gamba 8' Principal 4' Octavbaß 8' Tremulant
Spitzflöte 4' Gedackt 4' Posaune 16'  
Quinta 3' Spitzflöte 2'    
Octave 2' Mixtur 3f.    
Tertia 1 3/5'      
Mixtur 4-5f.      

In Wohlmuthausen gespielte Stücke:

Johann Sebastian Bach: Du Friedefürst, Herr Jesu Christ BWV 1102 >>>
Emanuel Benisch: Ricercar in g >>>
Emanuel Benisch: Toccata in d >>>
Johann Christoph Kellner: Herr Jesu Christ, dich zu uns wend >>>
Johann Christoph Kellner: Jesus, meine Zuversicht >>>
Johann Christoph Kellner: Präludium A-Dur >>>
Johann Christoph Kellner: Präludium Es-Dur >>>
Johann Christoph Kellner: Wer nur den lieben Gott läßt walten >>>
Johann Caspar Simon: Versetten G-Dur >>>
Nicolaus Vetter: Partita "Ach Gott, vom Himmel sieh darein" >>>
Nicolaus Vetter: Praeludium in B I >>>
Nicolaus Vetter: Praeludium in B II >>>