Thüringen - Ost-Thüringen und Sachsen





(an dieser Seite wird noch gebaut !! )



ALTENBACH (Gemeinde Bennewitz, Landkreis Leipzig)
Ev. Kirche



Erbauer: Conrad Geißler (Eilenburg) 1892, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Altenbach ist ein Ortsteil der Gemeinde Bennewitz im Landkreis Leipzig. Das Dorf liegt rund 25 Kilometer östlich von Leipzig und rund 15 Kilometer nördlich von Grimma im Tal der Mulde. Erstmals urkundlich genannt wurde das Dorf 1421, doch stammt die Dorfkirche in ihren Grundzügen bereits aus romanischer Zeit. Der Ort gehörte zum Amt Grimma innerhalb des Kurfürstentums Sachsen. 1950 wurde die Nachbargemeinde Leulitz nach Altenbach eingemeindet und seit 1994 ist Altenbach ein Ortsteil der Gemeinde Bennewitz. Wie bereits erwähnt, stammt die Kirche in ihren Grundzügen noch aus dem Mittelalter, ihre Bauzeit wird mit etwa zwischen 1200 und 1250 angegeben. Im Dreißigjährigen Krieg stark in Mitleidenschaft gezogen, wurde sie gegen Ende des 17. Jahrhunderts in vergrößerter Form wieder aufgebaut. Im Jahre 1892 wurde die Kirche umfangreich renoviert, eine Sakristei an- und eine Turmuhr eingebaut sowie eine neue Orgel angeschafft, die aus der Werkstatt von Conrad Geißler in Eilenburg stammt. 
Der Orgelbauer Conrad Geißler wurde 1825 in Eilenburg geboren und erlernte sein Handwerk bei Ludwig Weineck, der um diese Zeit noch in Eilenburg wirkte, bevor er kurz darauf nach Bayreuth übersiedelte. Seine zunftgemäße Wanderschaft führte ihn über Leipzig, Wien und München nach Ludwigsburg, wo er bei Eberhard Friedrich Walcker das System der neuartigen Kegellade kennenlernte. In Profen im sachsen-anhaltinischen Burgenlandkreis ist eine der ältesten Kegelladenorgeln ganz Mittel- und Ostdeuschlands erhalten, die Geißler 1854 mit immerhin 24 Registern erbaut hatte. Doch 1857 wandte er sich von der Kegellade ab und erbaute von da an bis an sein Lebensende nur noch Orgeln mit Schleifladen. 1863 bezog er in Eilenburg eine neue Werkstatt, übrigens an der Stelle des heutigen Stadtcafes in der Rinckartstraße. Im Laufe seines Lebens entstanden 112 Orgeln in Geißlers Werkstatt, überwiegend für Kirchen in den heutigen Bundesländern Sachsen und Sachsen-Anhalt. Ein Großteil davon ist heute noch erhalten und diese Tatsache führt uns eine Besonderheit von Geißlers Werken vor Augen. Er legte Zeit seines Lebens größten Wert auf eine robuste, hochwertige und dauerhafte Bauweise. Einmal Bewährtes wurde recht konsequent beibehalten – Geißler nahm damit bewußt in Kauf, dass sich vor allem kleinere Werke stark ähneln. Er unterschied sich damit maßgeblich von seinem großen Konkurrenten Nikolaus Schrickel, der seine Werkstatt zeitgleich ebenfalls in Eilenburg hatte. Schrickel ließ keine Neuerungen aus und experimentierte viel, was allerdings auf Kosten der mittel- und langfristigen Funktionssicherheit ging. Seine größte Orgel erbaute Conrad Geißler in den Jahren 1871 bis 1873 für die Stadtkirche in Torgau mit 44 Registern auf drei Manualen und Pedal. Dieses Meisterwerk ist leider nicht erhalten, es wurde in der Endphase des Zweiten Weltkriegs zerstört. Einige erhaltene mittelgroße Orgeln seien noch exemplarisch erwähnt. 1863 Marienkirche Eilenburg mit 22 Stimmen, 1868 Stadtkirche Jessen an der Elster mit 21 Registern, Krostitz im Leipziger Tiefland 1876 mit 19 Stimmen und eine seiner letzten Orgeln 1895 in Uebigau im Landkreis Elbe-Elster mit 18 Registern. Er starb 1897 in Hohenroda bei Delitzsch. Bis zuletzt behielt Geißler seinen in der klassisch-sächsischen Orgeltradition wurzelnden Klangstil bei, wie er ihn in seinen frühen Gesellenjahren bei Johann Gottlob Mende in Leipzig kennengelernt hatte.  
Die Orgel in Altenbach wurde 1892 vollendet, gehört also zu den Spätwerken Conrad Geißlers. Gleichwohl ist sie in Aufbau und Klanggestalt ganz typisch für sein Schaffen. Das Manual ist bis zum f3 ausgebaut und verfügt über Principal, Gedackt und Viola di Gamba 8', eine in Baß und Diskant geteilte Octave 4' und eine 2-3fache Mixtur, die bemerkenswerterweise immer noch – wie schon in den Frühwerken Geißlers fast 40 Jahre vorher – bei 1 1/3' beginnt. Das bis zum d1 geführte Pedal besitzt einen Subbaß 16', dazu kommt noch eine Pedalkoppel. Conrad Geißler zählte, auch wenn er heute im Schatten seiner Kollegen Kreutzbach und Jehmlich steht, zu den produktivsten und bedeutendsten Orgelbauern Sachsens in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. 

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Manual, C-f3 Pedal, C-d1  
Principal 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Gedackt 8'    
Viola di Gamba 8'    
Octave 4' (B/D)    
Mixtur 2-3f.    

In Altenbach gespielte Stücke:
Johann de Deo Beranek: Fuge C-Dur >>>
Carl Geißler: Cantabile fis-moll >>>
Carl Geißler: Fantasie Nr. 3 e-moll >>>
Carl Geißler: Larghetto B-Dur >>>
Carl Geißler: Moderato f-moll >>>
Carl Geißler: Moderato G-Dur >>>
Carl Anton Gleitz: Ave, o Fürstin mein >>>
Friedrich Kühmstedt: Präludium Nr. 7 e-moll >>>
Friedrich Kühmstedt: Präludium Nr. 8 Es-Dur >>>
Friedrich Kühmstedt: Präludium Nr. 9 D-Dur >>>
Friedrich Wilhelm Roch: Erinnerung an Seb. Bach >>>



AUE (Erzgebirgskreis)
Ev. Pfarrkirche St. Nikolai



Erbauer: August Schubert (Hranice, dt. Roßbach) 1907, Schleiflade, mechanische Spiel- und Registertraktur

Die Große Kreisstadt Aue im sächsischen Erzgebirgskreis mit knapp 17.000 Einwohnerinnen und Einwohnern liegt in einem tiefen Talkessel der Zwickauer Mulde und galt bis zum Ende des 20. Jahrhunderts als bedeutende Bergbau- und Industriestadt. Aue liegt im südwestlichen Teil des Bundeslandes Sachsen südöstlich von Zwickau am nördlichen Rand des Erzgebirges. In einer kaiserlichen Urkunde des Jahres 1173 wird die Gründung einer Augustiner-Chorherren-Propstei an der Mulde bestätigt, die als Ursprung der späteren Stadt gilt. Der Name „Aue“ leitet sich von der Bezeichnung für die Feuchtwiese am Zusammenfluss von Schwarzwasser und Zwickauer Mulde ab, auf der neben dem Kloster Siedler aus der Herrschaft Schwarzenberg als Bauern sesshaft geworden waren. Mit der Entdeckung abbauwürdiger Eisenerzgänge in der Umgebung und dem Abbau von Zinn-, Silber- und Kobalterzen ab dem 15. Jahrhundert wandelte sich Aue zu einem Bergarbeiterort. Im 19. Jahrhundert siedelten sich bedeutende Betriebe der Metallverarbeitung, des Maschinenbaus und der Textilverarbeitung an. Nach dem Zweiten Weltkrieg war es vor allem die SDAG Wismut, die ihren Sitz in Aue hatte und die den Abbau von Uran im Erzgebirge vorantrieb. Bei der sächsischen Verwaltungsreform im Jahr 2008 verlor Aue den Kreissitz des bis dahin existierenden Landkreises Aue-Schwarzenberg. Als Ausgleich wurde der Stadt der Status Große Kreisstadt verliehen. Das höchste Gebäude der Stadt ist die neugotische, 1893 eingeweihte evangelische Pfarrkirche St. Nicolai in der Schwarzenberger Straße. Uns interessiert heute aber nicht die dreimanualige, 1961 eingeweihte Jehmlich-Orgel, sondern ein kleines Orgelpositiv, das – seit Jahren weitgehend unbeachtet – im rechten Seitenschiff steht. Erbaut wurde sie 1907 von August Schubert, dem jüngeren Bruder des genialen Orgelbauers Carl Eduard Schubert.
Friedrich August Schubert wurde 1832 in Halsbrücke bei Freiberg geboren. Sein zwei Jahre älterer Bruder Carl Eduard Schubert ist in die Orgelgeschichte als einer der bedeutendsten, aber auch eigenwilligsten Orgelbauer der deutschen Romantik eingegangen. August Schubert erlernte, wie sein Bruder, zunächst das Tischlerhandwerk. Er begegnet uns erstmals in Roßbach in Böhmen, heute Hranice, wo er 1858 bis 1860 am Neubau der dortigen Orgel, dem Erstlingswerk seines Bruders beteiligt war. Er führte in der Hauptsache die erforderlichen Tischlerarbeiten aus, lauschte seinem Bruder jedoch auch Kenntnisse und Fertigkeiten auf allen anderen Gebieten des Orgelbaues ab. August Schubert heiratete 1865 in Roßbach/Hranice und wohnte auch in diesem idyllischen Grenzort. Bei den meisten Orgeln seines Bruders hat er mitgearbeitet und war in der Regel auch für die Gehäuse zuständig. Im Zusammenhang mit den Ereignissen beim Orgelbau in Großzöbern, auf die im Orgelporträt der Großzöberner Orgel näher eingegangen wird, kam es nach 1873 zum Bruch zwischen den beiden Brüdern. Sie mieden für etwas über ein Jahrzehnt jeden Kontakt zueinander. Erst 1887 fanden sie wieder zusammen, denn beide Brüder erhielten durch ein Versehen des Mylauer Pfarrers unabhängig voneinander den Auftrag, die Silbermann-Orgel in Mylau in die neue Kirche zu überführen und trafen, ohne voneinander zu wissen, etwa zeitgleich in Mylau ein. Die endgültige Versöhnung erfolgte dann ein Jahr später beim Tod der Mutter, die im Haus von August Schubert in Roßbach/Hranice lebte. Zwischen 1880 und 1905 ist August Schubert, der „kleine Bruder“ auch gelegentlich mit selbstständigen Reparaturarbeiten nachweisbar, etwa an den Silbermann-Orgeln in Frankenstein und Schweikershain. Doch sein einziger selbstständiger Orgelneubau ist jenes reizende Positiv, das heute in der Nikolaikirche in Aue steht. Schubert baute es 1907, also mit 75 Jahren, als Hausorgel für seine Tochter. 1911 starb August Schubert als, wie es heißt, „geachteter Bürger“, war also offenbar charakterlich nicht so kantig wie sein als Orgelbauer unbestritten genialer Bruder.
Nach dem Tod von August Schuberts Tochter ging die Hausorgel in den Besitz des Superintendenten Jahn in Aue über, der es in seiner Wohnung aufstellte. Später erklang die kleine Orgel im Gemeindesaal der St. Nicolaigemeinde in Aue. 1974 wurde es durch den VEB Jehmlich Orgelbau Dresden instandgesetzt, bekam ein elektrisches Gebläse und fand in den folgenden knapp zwei Jahrzehnten in der Friedhofskapelle der Stadt Aue eine neue Bleibe. Anfang der 1990er Jahre wurde die Friedhofskapelle saniert und das Schubert‘sche Orgelpositiv kam in die Nicolaikirche, wo sie heute noch steht. Allerdings wird sie seit Jahren nicht mehr gespielt. Sie ist, abgesehen von der von Jehmlich erneuerten Klaviatur, offenbar original erhalten. Von der Konzeption her ist sie ganz klassisch aufgebaut, mit ungeteilter Windlade, Stechermechanik und einem Tonumfang bis zum d3. Wir finden hier die vier Register Gedackt und Salicional 8', Gedackt 4' und den Prinzipal 2'. Die mit Schranktüren verschließbare Orgel aus dunkler Eiche ist edel verarbeitet, wie man das aus der Tradition der Schubert-Werkstatt nicht anders gewohnt ist. Und trotzdem will man dieses besondere Instrument in Aue loswerden, es soll verkauft werden. 12.000 Euro ist die Verhandlungsbasis, und wer ernsthaftes Interesse hat, möge sich bitte an den Pfarrer der Nicolaigemeinde, Herrn Jörgen Schubert, wenden. Es wäre zu wünschen, wenn dieses besondere Unikat bald eine neue Heimat, vielleicht in einer Dorfkirche im Großraum Vogtland, finden würde, wo es wertgeschätzt und vor allem regelmäßig gespielt wird.

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Manual, C-d3  
Gedackt 8' (kein Pedal)
Salicional 8'  
Gedackt 4'  
Principal 2'  

In Aue gespielte Stücke:
Julius André: Andante G-Dur >>>
Julius André: Präludium c-moll >>>
Mikolajus Konstantinas Ciurlionis: Präludium I a-moll >>>
Mikolajus Konstantinas Ciurlionis: Präludium III F-Dur >>>
Mikolajus Konstantinas Ciurlionis: Präludium IV C-Dur >>>
Mikolajus Konstantinas Ciurlionis: Präludium V a-moll >>>
Mikolajus Konstantinas Ciurlionis: Präludium IX d-moll >>>
Robert Führer: Präludium F-Dur >>>
Robert Führer: Präludium h-moll >>>
Ernest Grosjean: Communion en sol majeur >>>
Ernest Grosjean: Marche en fa majeur >>>
Ernest Grosjean: Priere en mi bemol majeur >>>
Simon Sechter: Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld >>>
Simon Sechter: Komm, Heiliger Geist >>>
Albert Steinicke: Abendfrieden >>>
Albert Steinicke: Nachtstille >>>
Albert Steinicke: Zur deutschen Kaiserkrönung >>>



AUMA (Landgemeine Auma-Weidetal, Landkreis Greiz)
Ev. Liebfrauenkirche




Erbauer: Friedrich Wilhelm Trampeli (Adorf) 1816-1818, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Auma ist eine Stadt im thüringischen Landkreis Greiz. Ganz korrekt müsste man sagen, sie „war“ eine Stadt, denn 2011 wurde sie Teil der neu gegründeten Landgemeinde Auma-Weidatal. Der Ort liegt etwa 20 Kilometer südwestlich von Gera im Thüringer Schiefergebirge am Fluss Auma. Flussabwärts bei Weida entstand 1936 die Aumatalsperre zur Energieerzeugung und Brauchwasserversorgung. Wahrscheinlich geht Auma auf eine slawische Besiedlung des 8. oder 9. Jahrhunderts zurück. In Auma kreuzte die alte „Regensburger Straße“ das gleichnamige Flüsschen. Die 1248 nachweisbare Burg gehörte den Grafen von Arnshaugk. Auma wurde erstmals urkundlich 1237 erwähnt, als Stadt 1331. Die Reußen von Plauen belehnte man mit der Herrschaft und 1485 übernahmen die albertinische Linie der Wettiner Burg und Ort, danach waren die Ernestiner verantwortlich. Zwischen 1816 und 1920 gehörte die Stadt dem Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach. 1996 wurde Auma Mitglied der Verwaltungsgemeinschaft Auma, danach gehörte die Stadt zur Verwaltungsgemeinschaft Auma-Weidatal. 2011 schlossen sich Auma und die Gemeinden Braunsdorf, Göhren-Döhlen, Staitz und Wiebelsdorf zur neuen Landgemeinde Auma-Weidatal zusammen. Als Baujahr für die Liebfrauenkirche zu Auma wird das Jahr 1520 angegeben. Im Jahre 1790 brannte die Stadt einschließlich der Kirche vollständig ab. In den Jahren 1793 bis 1794 erfolgte der Wiederaufbau der Liebfrauenkirche und am 3. Advent 1794 wurde die neugebaute Kirche eingeweiht, die zuletzt 1994 restauriert wurde. 1818 erhielt die Kirche eine neue Orgel aus der Werkstatt von Friedrich Wilhelm Trampeli aus Adorf.
Stammvater der Orgelbauerfamilie Trampeli ist Johann Paul Trampel, 1708 geboren. Er erlernte sein Handwerk bei Johann Georg Schröter in Erfurt und machte sich 1734 in Adorf im Vogtland selbstständig. Dem damaligen Zeitgeschmack folgend führte Trampel ab 1759 den eleganter scheinenden, italienisch klingenden Namen Trampeli. Die beiden Söhne Johann Gottlob, geboren 1742 und Christian Wilhelm, geboren 1748, die zwischenzeitlich auch den Nachnamen des Vaters übernommen hatten, übernahmen das Geschäft und bauten, zumeist unter der Führung Johann Gottlobs als bedeutendstem Mitglied der Familie, zahlreiche Orgeln im weiteren Umkreis ihrer Werkstatt. Größtes Instrument der Werkstatt war die Orgel der Leipziger Nicolaikirche und weitere größere Instrumente entstanden etwa für die Stadtkirche zu Triptis, 1785 erbaut, in der Kirche zu Oberlosa bei Plauen, 1788 vollendet und in der Stadtkirche zu Gefell, die 1807 als eine der letzten Orgeln unter Führung von Johann Gottlob Trampeli erbaut wurde. Nach dem Tod von Johann Gottlob Trampeli ging die Firma an dessen erst 22jährigen Neffen Friedrich Wilhelm Trampeli über, der den Titel „Herzoglich–Sächsisch-Weimarischer und Eisenachischer Hoforgelbauer“ verliehen bekam. Das geschah anlässlich der Einweihung seiner Orgel in der Stadtkirche zu Weimar im Jahre 1815. Leider konnte er das hohe Leistungsniveau der Firma Trampeli nicht halten. Außerdem vollzog sich in dieser Zeit ein deutlicher stilistischer Wandel in der Orgelbaukunst, den er wahrscheinlich in seiner Konzeption nur teilweise umzusetzen vermochte. So blieb Kritik nicht aus. Die von ihm 1815 in der Johanniskirche zu Plauen erstellte Orgel musste beispielsweise bereits zehn Jahre nach ihrer Einweihung als „völlig unbrauchbar“ stillgelegt werden und ein Artikel in der „Allgemeinen Musikzeitung“ bezeichnete die Weimarer Stadtkirchenorgel als „gänzlich missglückt“. Mit dem frühen Tod von Friedrich Wilhelm Trampeli, er starb 1832 mit gerade mal 42 Jahren, starb die Orgelbauerfamilie aus. Er schuf insgesamt etwa 20 Orgeln, von denen nur wenige erhalten sind. 1816 erfolgte die Vertragsunterzeichnung für das Instrument in Auma, das mit 29 Registern auf zwei Manualen und Pedal klanglich reich ausgestattet ist und 1818 eingeweiht werden konnte. 1894 erfolgte ein Umbau im Sinne der Romantik durch den „Fürstlich-Reußischen Hoforgelmacher“ Carl Friedrich Zillgitt aus Gera. Dieser Orgelbauer wurde 1863 in Elbing in Ostpreußen geboren, arbeitete bei Richard Kreutzbach in Borna und gründete 1887 seine eigene Werkstatt zunächst in Zwickau und verlegte sie 1889 nach Gera. Er starb allerdings bereits 1895 mit gerade einmal 32 Jahren.
Die Orgel von Friedrich Wilhelm Trampeli in der Liebfrauenkirche bei Auma besitzt nach dem Umbau durch Carl Friedrich Zillgitt heute folgende 29 Register auf zwei Manualen und Pedal. Die Disposition des Hauptwerks, das ebenso wie das Oberwerk über einen Umfang vom Ton C bis zum d3 verfügt, entspricht noch weitgehend derjenigen von Friedrich Wilhelm Trampeli. Der lückenlos vom Principal 8' über die Oktaven 4' und 2' nebst Quinta 3' aufgebaute Chor der Principale wird von einem Bordun 16' grundiert und von den Stimmen Starkgedackt, Hohlflöte und Viola di Gambe 8' sowie Gemshorn 4' und einem glitzernden Flageolet 1' schattiert. Bekrönt und konturiert wird der Klang von einer 5fachen Mixtur und einem 3fachen Cornett, dazu kommt die von Zillgitt 1894 eingebaute Clarinette 8'. Das Oberwerk wurde klanglich etwas stärker in Richtung Romantik verändert, wir finden hier einen Diskantprincipal 8', dann weiter Lieblich Gedackt, Flaute Traversiere, Fugara, Harmonika und Aeoline 8', Principal und Kleingedackt und Flaute d´amour 4' sowie die Oktave 2'; Fugara, Harmonika und Aeoline stammen von Zillgitt. Das Pedal, das bis zum c1 ausgebaut ist, besitzt heute die Stimmen Principalbaß, Subbaß und Violonbaß 16' sowie Octavenbaß und Cello 8'. Dazu kommen eine Manual- und eine Pedalkoppel sowie ein Tremulant. Die letzte Instandsetzung erfolgte zusammen mit der Kirchenrenovierung 1994 durch die Firma Hermann Eule Orgelbau aus Bautzen. Hierbei wurde der historisch gewachsene Bestand beibehalten. 

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Hauptwerk, C-d3 Oberwerk, C-d3 Pedal, C-c1  
Bordun 16' Principal 8' (D) Principalbaß 16' Manualkoppel
Principal 8' Lieblich Gedackt 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Starkgedackt 8' Flaute Traversiere 8' Violonbaß 16' Tremulant
Hohlflöte 8' Fugara 8' Octavenbaß 8'  
Viola di Gambe 8' Harmonika 8' Cello 8'  
Octave 4' Aeoline 8'    
Gemshorn 4' Principal 4'    
Quinte 3' Kleingedackt 4'    
Octave 2' Flaute d'amour 4'    
Flageolet 1' Octave 2'    
Cornet 3f.      
Mixtur 5f.      
Clarinette 8'      
       
In Auma gespielte Stücke:
Ludwig van Beethoven: Fuge D-Dur >>>
Luigi Cherubini: Sonata F-Dur >>>
Christian Heinrich Rinck: An Wasserflüssen Babylon >>>
Christian Heinrich Rinck: Dir, dir, Jehovah, will ich singen (I) >>>
Christian Heinrich Rinck: Dir, dir, Jehovah, will ich singen (II) >>>
Christian Heinrich Rinck: Ein feste Burg ist unser Gott >>>
Christian Heinrich Rinck: O, wir armen Sünder >>>
Georg Andreas Sorge: Fuga II über B-A-C-H >>>
Georg Andreas Sorge: Praeludium As-Dur >>>



BÖHLITZ (Gemeinde Thallwitz, Landkreis Leipzig)
Ev. Martin-Luther-Kirche



Erbauer: Johann Immanuel Schweinefleisch (Leipzig) 1771, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Im Jahre 1222 – also vor genau 800 Jahren – wurde Wernerus de Buliz und damit das heutige Dorf Böhlitz erstmals urkundlich genannt. Der Ort mit seinen heute rund 700 Einwohnerinnen und Einwohnern ist eine alte slawische Gründung, schloß sich 1936 mit dem noch etwas älteren Ortsteil Collmen zusammen und gehört seit 1996 zur 3 Kilometer östlich liegenden Gemeinde Thallwitz im sächsischen Landkreis Leipzig zwischen Eilenburg und Wurzen. Das alte Herrenhaus im Ortsteil Collmen und die Orgel in der 1799 errichteten Martin-Luther-Kirche sind von überregionaler Bedeutung. In der Vorgängerin des heutigen Gotteshauses war um 1700 übrigens ein gewisser Emanuel Wagner als Kantor tätig; das wäre nicht erwähnenswert, wenn jener nicht der Urgroßvater Richard Wagners gewesen wäre. 1806 erhielt die neu errichtete Martin-Luther-Kirche dann eine Orgel, die man gebraucht aus Leipzig erwarb und die 1770 von dem Leipziger Universitätsorgelmacher Johann Christian Immanuel Schweinefleisch erbaut wurde. Der Lebensweg dieses Meisters hat sich mit demjenigen Johann Sebastian Bachs immer wieder auf bemerkenswerte gekreuzt – wir werden darauf gleich näher eingehen.
Johann Christian Immanuel Schweinefleisch wurde 1721 in Mockern, heute ein Ortsteil von Nobitz im Landkreis Altenburger Land, geboren. Sein Vater war der Pächter des dortigen Ritterguts, seine Mutter die Schwester des berühmten Orgelbauers Tobias Gottfried Heinrich Trost und so wurde ihm der Hang zur Orgelbaukunst quasi in die Wiege gelegt. 1731 kam er in die Leipziger Thomasschule – wir wissen alle, wer damals Thomaskantor war und begann 1737 seine Orgelbaulehre bei seinem Onkel, der zu jener Zeit jene grandiose Orgel in der Altenburger Schloßkirche erbaute, an der später Johann Ludwig Krebs amtierte. Seine Wanderjahre als Geselle führten ihn zum Weimarer Hoforgelbauer Nikolaus Heinrich Trebs, wo er 1743 an der von Bach disponierten Orgel für Bad Berka mitwirkte und danach zu Zacharias Hildebrandt, mit dem zusammen er an der großen Orgel für St. Wenzel in Naumburg mitwirkte. Das an einer unauffälligen Stelle ins Gehäuse dieser Orgel eingeritzte lateinische Wort „Porcinus“ dürfte eine Art „Autogramm“ von Schweinefleisch sein und spätestens bei der legendären Orgelabnahme dürfte er dabei wieder auf Bach getroffen sein. Nach dem Umzug Hildebrandts von Leipzig nach Dresden 1750 erhielt Schweinefleisch den begehrten Titel des Leipziger Universitätsorgelmachers und war somit für Pflege und Unterhalt aller Orgeln in Leipzig zuständig. Der von dem neuen Thomaskantor Johann Friedrich Doles 1756 initiierte Umbau der alten Thomasorgel gehörte dabei ebenso zu seinen Aufgaben wie der Bau kleinerer Orgeln für die Dorfkirchen der näheren Umgebung, so etwa für Schönefeld und Stötteritz, wo immerhin noch der schöne Prospekt bis heute erhalten ist. 1756 lieferte er auch ein kleines Positiv für die Leipziger Thomasschule. Doch dann kam der Siebenjährige Krieg und der Orgelbau kam fast völlig zum Erliegen. 1767 vollendete er die Orgel in der Alten Reformierten Kirche in Leipzig, die von Charles Burney und später Mendelssohn hoch gelobt wurde und die seit 1901 in der Auferstehungskirche zu Leipzig-Möckern steht. Mit 25 Registern ist sie die größte und bedeutendste Orgel Schweinefleischs. Seine letzte Arbeit war ab 1770 eine neue, etwas größere Orgel für die Leipziger Thomasschule, die er zusammen mit Thomaskantor Doles konzipierte und die er kurz vor seinem Tod im April 1771 fertigstellen konnte. Diese Orgel kam dann 1806 nach Böhlitz und ist so heute neben der Orgel in Möckern die zweite erhaltene Orgel Schweinefleischs.
Im Gegensatz zu seinen Lehrmeistern Trost und Hildebrandt scheint Schweinefleisch auch die kaufmännische Seite seines Berufs sehr gut beherrscht zu haben. Wir finden bei seinen Arbeiten jedenfalls nicht einen einzigen Akteneintrag wegen Lieferverzug oder überschrittener Preislimits. Er war auf Qualität und Kalkulierbarkeit bedacht, klanglich im besten Sinne konservativ und darin in der Arbeitsweise Gottfried Silbermann nicht unähnlich. Und so präsentiert sich uns auch die Orgel in Böhlitz mit ihrer lückenlosen Principalreihe auf Basis des 8' im bis zum e3 ausgebauten Manual, der über die Octaven 4', 2' und sogar 1' nebst Quinte 3' in einer 2fachen Mixtur gipfelt. Zwei Gedackte in 8'- und 4'-Lage sind für die „doucen“ Klänge verantwortlich. Dazu kommt im stets fest angekoppelten Pedal noch ein Subbaß 16'. 


Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Manual, C-e3 Pedal, C-c1  
Principal 8' Subbaß 16' Pedalkoppel (fest)
Gedackt 8'    
Octave 4'    
Gedackt 4'    
Quint 3'    
Octave 2'    
Octave 1'    
Mixtur 2f.    

In Böhlitz gespielte Stücke:
Johann Sebastian Bach: Gelobet seist du, Jesu Christ BWV 722 >>>
Johann Sebastian Bach: Gott, durch deine Güte BWV 724 >>>
Johann Sebastian Bach: Jesus Christus, unser Heiland BWV 689 >>>
Johann Sebastian Bach: Nun freut euch, lieben Christen g'mein BWV 734 >>>
Johann Sebastian Bach: Wer nur den lieben Gott läßt walten BWV 690 >>>
Johann Friedrich Doles: Mir nach, spricht Christus, unser Held >>>
Johann Friedrich Doles: O Heil'ger Geist, kehr bei uns ein >>>
Georg Tegetmeyer: Canzonetta in G >>>
Georg Tegetmeyer: Praeludium und Fuge b-moll >>>



BRUNNDÖBRA (Stadt Klingenthal, Vogtlandkreis)
Ev. Lutherkirche




Erbauer: Hermann Eule (Bautzen) 1909, Taschenladen, pneumatische Spiel- und Registertraktur

Brunndöbra ist ein Ortsteil der Stadt Klingenthal im sächsischen Vogtlandkreis. Der Ort liegt im Südosten des sächsischen Teils des historischen Vogtlands, gehört aber bezüglich des Naturraums zum Westerzgebirge. Die Siedlung liegt im Tal des namensgebenden Flusses Brunndöbra, der sich über die Zwota in die Eger ergießt. Im Süden schließt sich nahtlos das Klingenthaler Stadtzentrum, im Norden Sachsenberg-Georgenthal an. Die Siedlung Brunndöbra entstand im 17. Jahrhundert durch Ansiedlung zahlreicher protestantischer „Exulanten“ aus Böhmen, die wegen ihres Glaubens im Zuge der Gegenreformation ihre böhmische Heimat verlassen mußten. Sie bereicherten die durch den Zinn- und Eisenbergbau wohlhabend gewordene Gegend durch ihre herausragenden Fähigkeiten zum Bau von Streichinstrumenten, wodurch die Region binnen kurzer Zeit zu einem Zentrum des Geigenbaus wurde. Im 19.Jahrhundert gehörte der Ort zunächst zum Gerichtsamt Klingenthal und ab 1875 zur Amtshauptmannschaft Auerbach im Königreich Sachsen. 1950 wurde Brunndöbra nach Klingenthal eingemeindet. Ein eigenes Gotteshaus bekam Brunndöbra erst in den Jahren 1908 bis 1909 mit der Lutherkirche, erbaut nach Plänen des Plauener Architekten Fritz Kohl. Die schönen Holzarbeiten und interessanten Bemalungen vereinigen sich mit den Klängen der ebenfalls 1909 entstandenen Orgel zu einem einzigen Fest des Jugendstils. Erbaut wurde das Instrument von Hermann Eule aus Bautzen als dessen op. 126.
Die Firma Hermann Eule Orgelbau in Bautzen zählt heute zu den renommiertesten und national wie international angesehensten Unternehmen der Branche. Gründer war der 1846 geborene Hermann August Eule, der als Sohn eines Instrumentenmachers sein Handwerk sozusagen in die Wiege gelegt bekam und als Geselle zunächst bei Leopold Kohl in Bautzen, und später auf Wanderschaft bei Carl Voigt in Halberstadt und Balthasar Schlimbach in Würzburg seine Kenntnisse erweitern konnte. 1872 machte er sich in Bautzen selbstständig und lieferte 1873 sein op. 1 nach Neukirch in der Lausitz. Sein Grundprinzip größtmöglicher Solidität erwarb ihm bald einen guten Ruf in der Oberlausitz, später in ganz Sachsen und in Böhmen. Nur einige wenige Instrumente aus seinem reichen Schaffen seien exemplarisch herausgegriffen. 1889 erbaute Eule in der Kirche von Eibau im Landkreis Görlitz seine mit 35 Registern größte mechanische Kegelladen-Orgel, die bis heute erhalten ist. Um die Jahrhundertwende ging Eule, wie damals allgemein üblich, zum Bau pneumatischer Trakturen über. 1910 entstand im Dom zu Bautzen und zwar im evangelischen Teil ein herausragendes Instrument mit 62 Stimmen auf drei Manualen und Pedal, das fast unverändert die Zeiten bis in unsere Tage überdauert hat. Nur ein Jahr zuvor errichtete Eule die Orgel in Brunndöbra, die man durchaus als kleinere Schwester der Bautzener Domorgel bezeichnen kann. Auch das 1913 fertiggestellte Instrument in der Markuskirche zu Plauen mit 54 Registern ist im Wesentlichen original erhalten geblieben. Als Hermann Eule 1929 starb, führte seine Tochter Johanna das Unternehmen weiter, da der Sohn Georg nicht aus dem Ersten Weltkrieg zurückkehrte. 1957 übernahm Johannas Adoptivsohn Hans Eule die Werkstatt, doch auch er starb viel zu früh, bereits 1971 und wieder übernahm mit seiner Witwe Ingeborg Eule eine Frau die Führung des Unternehmens. 1972 erfolgte die Enteignung, es entstand der VEB Orgelbau Bautzen, in den später der Familienname eingefügt wurde. In dieser Zeit widmete man sich neben Neubauten verstärkt der Restaurierung historischer Orgeln in der DDR und darüber hinaus zu, etwa den Werken Gottfried Silbermanns. 1990 konnte Frau Eule das Unternehmen fast unbeschadet in das Familieneigentum zurückführen. Heute wird das Unternehmen von Ingeborgs Enkelin Anne-Christin Eule und ihrem Mann Dirk Eule geführt. Herausragende Orgelneubauten entstanden in jüngster Vergangenheit etwa 2010 im großen Saal des Salzburger Mozarteums, 2014 in der berühmten Konstantinbasilika in Trier mit 87 Registern und 2017 im Dresdner Kulturpalast mit 67 Stimmen und einem fahrbaren Spieltisch.
Die Eule-Orgel in Brunndöbra wurde im Jahr 2000 durch Orgelbaumeister Thomas Wolf, damals noch in der Firma Orgelbau Hartmut Schüßler in Greiz restauriert. Das Instrument besitzt 28 Register auf zwei Manualen und Pedal und pneumatischen Taschenladen. Die Manuale sind bis zum a3 ausgebaut, das Pedal bis zum f1. Im Hauptwerk finden wir Bordun 16', Principal, Gamba, Hohlflöte und Dolce 8', Octave und Gemshorn 4', Quinte 2 2/3', Octave 2' sowie eine 3-4fache Mixtur und eine Trompete 8'. Das Schwellwerk besitzt Geigenprincipal, Salicional, Gedackt, Violine, Aeoline und Vox coelestis 8', Viola, Rohrflöte und Concertflöte 4', eine Fugara 2' und eine 2-3fache Mixtur. Im Pedal schließlich sind Subbaß, Gedacktbaß und Violonbaß 16', Principalbaß und Violoncello 8' sowie ein Posaunenbaß 16' disponiert. Eine freie und vier feste Kombinationen sowie Normal-, Sub- und Superoctavkoppeln ergänzen die prachtvolle, hochromantische Klanggestalt. Es ist ein Klangreichtum der besonderen Art, den man so unverfälscht und in dieser Qualität nur selten findet. 

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:


Hauptwerk, C-a3 Schwellwerk, C-a3 Pedal, C-f1  
Bordun 16' Geigenprincipal 8' Subbaß 16' Manualkoppel
Principal 8' Salicional 8' Gedacktbaß 16' Pedalkoppel zu I
Gamba 8' Gedackt 8' Violonbaß 16' Pedalkoppel zu II
Hohlflöte 8' Violine 8' Principalbaß 8' Suboktavkoppel
Dolce 8' Aeoline 8' Violoncello 8' Superoktavkoppel
Octave 4' Vox coelestis 8' Posaunenbaß 16' Freie Kombination
Gemshorn 4' Viola 4'   4 feste Kombinationen
Quinte 2 2/3' Rohrflöte 4'    
Octave 2' Concertflöte 4'    
Mixtur 3-4f. Fugara 2'    
Trompete 8' Mixtur 2-3f.    

In Brunndöbra gespielte Stücke:
Gerard Bunk: Aeolsharfe >>>
Alexander von Fielitz: Lobe den Herren >>>
Max Gulbins: Aus meines Herzens Grunde >>>
Max Gulbins: Nun danket alle Gott >>>
Sigfrid Karg-Elert: Gottlob, es geht nunmehr zum Ende >>>
Wilhelm Kienzl: Aus meines Herzens Grunde >>>
Wilhelm Kienzl: Ein feste Burg ist unser Gott >>>
Wilhelm Kienzl: Wie schön leuchtet der Morgenstern >>>
Paul Krause: Aus tiefer Not schrei ich zu dir >>
Paul Krause: Womit soll ich dich wohl loben >>>
Louis Lewandowski: Consolation I es-moll >>>
Louis Lewandowski: Consolation II d-moll >>>
Louis Lewandowski: Consolation III g-moll >>>
Fritz Lubrich jun.: Christe, du Lamm Gottes >>>
Fritz Lubrich jun.: Gott will's machen >>>
Fritz Lubrich jun.: Herzlich tut mich verlangen >>>
William Charles MacFarlane: Reverie >>>
Karl Piutti: Aus meines Herzens Grunde >>>
Karl Piutti: Gieb unserm Fürsten und aller Obrigkeit >>>
Karl Piutti: Warum betrübst du dich, mein Herz >>>
Max Reger: Altniederländisches Dankgebet >>>
Emile Rupp: Schwing dich auf zu deinem Gott >>>
Uso Seifert: Es woll uns Gott genädig sein >>>
Otto Thomas: Was mein Gott will, das gescheh allzeit >>>
Franz Wagner: Herr Jesu Christ, du höchstes Gut >>>
Franz Wagner: Jesus, meine Zuversicht >>>



COSWIG (Landkreis Meißen)
Alte Kirche




Erbauer: Gottfried Fritzsche (Dresden, ?) oder Tobias Weller (Dresden, ?) um 1615 (jeweils Zuschreibung), Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

(Text folgt)

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Manual, CDEFGA-c3 Pedal, CDEFGA-c1  
Flaut major 8' Subbaß 16' Pedalkoppel (fest)
Principal 4' Violon 8' Tremulant
Flaut minor 4'   Stella
Octava 2'    
Tertia 1 3/5'    
Quinta 1 1/2'    
Sufflet 1'    

In Coswig gespielte Stücke:
Hieronymus Brehme: Paduann >>>
Johann Jakob Froberger: Toccata in a >>>
August Nörmiger: Am Anfangk zu dem neuenn Jahr >>>
August Nörmiger: Auff dich alleine >>>
August Nörmiger: Gelobet sey der Herr der Gott Israel >>>
August Nörmiger: Gnedigst Churfürstinn ausserkorn >>>
August Nörmiger: Meine Seel erhebt den Herren >>>
August Nörmiger: Nu kom der Heydenn Heilandt >>>
Francisco Fernando Palero: Verso del quinto tono >>>
Samuel Scheidt: Praeludium in d >>>
Christoph Walter: Fantasia primi toni >>>
Christoph Walter: Fantasia tertii toni >>>



DREISKAU-MUCKERN (Gemeinde Großpösna, Landkreis Leipzig)
Ev. Kirche




Erbauer: Carl Gottlob Häcker (Borna) 1822, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Dreiskau-Muckern ist ein Ortsteil der Gemeinde Großpösna im Landkreis Leipzig. Die beiden seit 1956 zusammengehörenden Dörfer liegen in der fruchtbaren Tieflandsbucht südlich von Leipzig am Störmthaler See, der Anfang unseres Jahrhunderts auf einem Teilareal des ehemaligen Braunkohlen-Tagebaus Espenhain entstand. Dreiskau und Muckern sind vermutlich schon im 7. Jahrhundert als slawische Siedlungen entstanden. Die erste nachweisbare Nennung von "Trizko" datiert aus dem Jahr 1317, diejenige von "Mockeryn" aus 1433. Zur Zeit der Reformation gehörten die Dörfer zum Amt Leipzig innerhalb des albertinischen Herzogtums und späteren Königreichs Sachsen. Dreiskau auf der Ostseite des Göselbachs war dabei bis 1952 dem Landkreis Leipzig zugehörig, während Muckern auf der westlichen Flußseite zum Landkreis Borna gehörte. In den 1990er Jahren sollte Dreiskau-Muckern für den Tagebau devastiert – abgebaggert – werden, doch regte sich nach 1990 dagegen Widerstand in dem Ort, der zur Zeit der friedlichen Revolution nurmehr 50 Einwohner hatte. Heute sind es wieder knapp 500 und durch den Störmthaler See und eine rasche Entwicklung, auch durch den Zuzug vieler junger Familien hat sich das Bild des Ortes in den letzten Jahren stark zum Positiven gewandelt. Die Kirche im Ortsteil Dreiskau, in der wir heute zu Besuch sind, ist eine barocke Saalkirche aus dem Jahr 1740, in der unser Blick zunächst auf den mächtigen, aber fein gearbeiteten Kanzelaltar fällt. Wenn wir uns dann umwenden, erblicken wir die Orgel, die 1822 von Carl Gottlob Häcker erbaut wurde. 
Der erste Vertreter der Orgelbauerfamilie Häcker war der 1766 geborene Johann Gottlob. Seit 1790 ist er mit einer eigenen Werkstatt in Pegau im Leipziger Tiefland nachweisbar. 1791 wurde sein Sohn Carl Gottlob Häcker geboren, der sein Handwerk aller Wahrscheinlichkeit nach in der väterlichen Werkstatt erlernte, die er nach dessen Tod 1817 übernahm und 1823 von Pegau in die nahe gelegene Kreisstadt Borna verlegte. 1818 vollendete er die noch von seinem Vater begonnene Orgel in Großzössen, die leider nicht erhalten ist. Nach einer Orgel für Großdalzig folgte dann 1822 der Orgelbau in Dreiskau. Dieses Instrument ist zum Glück fast unberührt bis heute erhalten, doch steht es ein wenig im unverdienten Schatten der Instrumente in den Nachbardörfern Störmthal und Rötha. Jeder Orgelfreund kennt diese zwei Ortsnamen, doch wer kennt die edel gestaltete Häcker-Orgel in Dreiskau? 1825 entstand ein Instrument mit 15 Registern auf zwei Manualen in Prießnitz bei Frohburg und ein Jahr später in Audigast, beides Orte im Landkreis Leipzig, die ebenfalls noch heute bestehen. In jener Zeit hatte Häcker einen bedeutenden Schüler in seiner Werkstatt, den aus Kopenhagen zugewanderten Urban Kreutzbach. Auch an der Orgel in Dreiskau hat Urban Kreutzbach als Geselle maßgeblich mitgewirkt. 1827 erwarb Kreutzbach in Borna das Bürgerrecht und machte sich 1828 in dieser Stadt selbstständig. Bei Interesse kann man im Portrait der Kreutzbach-Orgel in Hohenheida etwas mehr über diesen für die romantische Orgelbaukunst Sachsens so wichtigen Meister erfahren. Doch zurück zu Carl Gottlob Häcker. 1833 erbaute er in Zschoppach bei Grimma ein mit 22 Registern verhältnismäßig großes Instrument, dem 1835 eine Orgel mit 23 Registern in Strehla im Landkreis Meißen folgte. Carl Gottlob Häcker hatte drei Söhne, doch sie hatten andere Interessen, wirkten als Fotograf, Arzt oder Kunstprofessor. Zwei von ihnen wanderten später gar in die Vereinigten Staaten aus. So gab Carl Gottlob Häcker schließlich seine Werkstatt auf, zumal ihm ab spätestens 1835 der tüchtige und technisch wie klanglich deutlich fortschrittlichere Urban Kreutzbach die meisten Aufträge im Umland wegnahm. Häcker starb 1860 in Borna.
Der fünfteilige Orgelprospekt entspricht im Wesentlichen im Aufbau dem Muster, das von dem „vergöttlichten“ Silbermann in Sachsen eingeführt und von dessen Schülern und Enkelschülern bis ins 19. Jahrhundert hinein in jeweils nur leicht abgewandelten Formen immer wieder gebaut wurde. Die 1822 erbaute Orgel besitzt elf klingende Stimmen. Im Manual mit einem Umfang bis zum f3 stehen Gedackt, Flauto und Viola di Gamba 8', dazu kommt ein Diskant-Principal 8' auf einem gemeinsamen Registerzug mit der Flauto traverso. Darüber bauen sich auf Principal und Kleingedackt 4', Quinta 3', Octava 2' sowie eine 3fache Mixtur. Das Pedal besitzt Subbaß 16' und Principalbaß 8', dazu kommt eine Pedalkoppel und ein als „Schwebung“ bezeichneter Tremulant. Auch klanglich ist Häckers Dreiskauer Orgel noch mehr im 18. Jahrhundert verhaftet, als das sie den Blick in Richtung Romantik gerichtet hätte. 

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Manual, C-f3 Pedal, C-d1  
Principal 8' (D) + Flauto traverso 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Gedackt 8' Principalbaß 8' Tremulant 
Flauto 8'    
Viola di Gamba 8'    
Principal 4'    
Kleingedackt 4'    
Quinta 3'    
Octava 2'    
Mixtur 3f.    

In Dreiskau-Muckern gespielte Stücke:
Anonymus: Ciacona in d >>>
Anonymus: Sonata in C >>>
Moritz Deutsch: Präludium C-Dur >>>
Moritz Deutsch: Präludium c-moll >>>
Michael Gotthard Fischer: Fuga V C-Dur >>>
Michael Gotthard Fischer: Fuga VI h-moll >>>
Conrad Greve: Fuge D-Dur >>>
Edvard Grieg: Fuge a-moll >>>
Edvard Grieg: Fuge C-Dur >>>
Johann Gottlob Harrer: Allegro e-moll >>>
Jeremias Nicolaus Kühne: Präludium es-moll >>>
Johann Gottlieb Naumann: Fuga g-moll >>>



ELBISBACH (Stadt Frohburg, Landkreis Leipzig)
Ev. Kirche




Erbauer: Johann Ephraim Hübner (Grimma) 1758, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

(Text folgt)

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Disposition:

Manual, CD-c3 Pedal, CD-c1  
Flaute major 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Quinta Viola 8' Violonbaß 8'  
Unda maris 8'    
Principal 4'    
Flaut minor 4'    
Quinta 3'    
Octava 2'    
Süfflaut 1'    
Mixtur 3f.    
Cornett 2f.    

In Elbisbach gespielte Stücke:
Anonymus: Praeludium in d >>>
Johann Michael Breunig: Sonata d-moll >>>
Adolph Knigge: Andantino c-moll >>>
Johann Christoph Oley: Ach Gott, vom Himmel sieh darein >>>
Johann Christoph Oley: Herr Gott, dich loben alle wir >>>
Johann Christoph Oley: Nun freut euch, lieben Christen g'mein >>>
Christian Friedrich Schale: Adagio arioso h-moll >>>
Christian Friedrich Schale: Poco Adagio D-Dur >>>
Johann Gottfried Walther: Puer natus in Bethlehem >>>
Johann Gottfried Walther: Wend ab deinen Zorn >>>
Johann Gottfried Walther: Werde munter, mein Gemüte >>>
Bernhard Christian Weber: Praeludium und Fuge e-moll >>>



FORSTWOLFERSDORF (Gemeinde Harth-Pöllnitz, Landkreis Greiz)
Ev. Kirche




Erbauer: Johann Gottlob Trampeli (Adorf) 1775, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Forstwolfersdorf ist ein Ortsteil der Gemeinde Harth-Pöllnitz im Landkreis Greiz in Thüringen. Der Ort liegt als Teil des Thüringer Vogtlands im Süden der Verwaltungsgemeinde Harth-Pöllnitz im Tal der Auma. In der Nähe führen die Autobahnen A4 und A9 vorbei. Nächstgrößere Städte sind Weida und Gera im Osten bzw. Nordosten, Triptis und Auma im Westen bzw. Südwesten, Münchenbernsdorf und Hermsdorf im Norden sowie Schleiz und Zeulenroda im Süden. Der Ort wird als „Wolframsdorf vor dem Forste“ 1287 erstmals urkundlich erwähnt. Er war früher Pfarrsitz auch für Uhlersdorf und die heute zur Verwaltungsgemeinschaft Auma-Weidatal gehörenden Wiebelsdorf, Pfersdorf und Wöhlsdorf. 1994 wurde die einst selbständige Gemeinde in die Gemeinde Pöllnitz eingegliedert. Ende 1995 erfolgte die Umgliederung in die Gemeinde Harth-Pöllnitz. Forstwolfersdorf hat heute 155 Einwohnerinnen und Einwohner. Die Kirche, auf einer kleinen Anhöhe inmitten des Friedhofs gelegen, ist ein romanischer Bau mit Apsis aus dem 12.Jahrhundert. Der Bau ist somit rund 900 Jahre alt. Die Orgel der Kirche ist ein Werk der Orgelbauerfamilie Trampeli aus Adorf im Vogtland. Erbaut wurde sie 1775 durch Johann Gottlob Trampeli, dem bedeutendsten Vertreter dieser über drei Generationen vor allem im Vogtländischen wirkenden Familie.
Stammvater der Orgelbauerfamilie Trampeli ist Johann Paul Trampel, 1708 geboren. Er erlernte sein Handwerk bei Johann Georg Schröter in Erfurt und machte sich 1734 selbstständig. Trampel war an Bau und Reparatur von etwa 50 Orgeln beteiligt; nur eine einzige, in Chursdorf bei Schleiz, ist von ihm bis heute erhalten. Dem damaligen Zeitgeschmack folgend führte Trampel ab 1759 den eleganter scheinenden, italienisch klingenden Namen Trampeli und starb am 1764. Die beiden Söhne Johann Gottlob, geboren 1742 und Christian Wilhelm, geboren 1748, die zwischenzeitlich auch den Nachnamen des Vaters übernommen hatten, übernahmen das Geschäft und bauten, zumeist unter der Führung Johann Gottlobs als bedeutendstem Mitglied der Familie, zahlreiche Orgeln im weiteren Umkreis ihrer Werkstatt. Größtes Instrument war die Orgel der Leipziger Nikolaikirche, über die Johann Adam Hiller urteilte: „Nach Silbermannscher Art vortrefflich angelegt und ausgeführt“. Hillers Beurteilung weist auf den Kern des Erfolgs der Trampelis hin, die die orgelbautechnischen Grundsätze Gottfried Silbermanns übernommen hatten, ohne dessen Schüler gewesen zu sein. Von ihnen sind eine ganze Reihe von schönen Instrumenten erhalten, alle „von Edlem Glanz und würdevoller Pracht“. Genannt seien hier ohne Anspruch auf Vollständigkeit die zweimanualigen Instrumente in der Stadtkirche zu Triptis, 1785 erbaut, in der Kirche zu Oberlosa bei Plauen, 1788 vollendet und in der Stadtkirche zu Gefell, die 1807 als eine der letzten Orgeln unter Führung von Johann Gottlob Trampeli erbaut wurde. Daneben existieren noch eine Reihe nicht minder schöne, einmanualige Instrumente wie das in Forstwolfersdorf mit seinen 8 Registern auf einem Manual und Pedal. Nach dem Johann Johann Gottlobs übernahm der 1790 geborene Friedrich Wilhelm Trampeli den Betrieb. Zwar erbaute auch er, der sehr jung die Werkstatt übernehmen musste, eine stattliche neuer Werke, unter anderem sogar in Dortmund, doch blieben seine handwerklichen und klanglichen Leistungen hinter denen seines Oheims zurück. Nach Friedrich Wilhelm Trampelis Tod 1832 kam der Orgelbau in Adorf zum Erliegen; die Werkstattgebäude wurden bei einem Stadtbrand 1904 zerstört. Die Orgel in Forstwolfersdorf wurde nie verändert und präsentiert sich heute somit in einem sehr authentischen und seit ihrer Restaurierung 2013 wieder frischen und strahlenden Klangbild.
Die kleine Trampeli-Orgel in Forstwolfersdorf besitzt 8 Register auf einem Manual und Pedal. Basis ist der Principal 4', dem ein Gedackt 8' und ein Flauto amabile 4' zur Seite stehen. Die Klangspitze mit Octave 2', Quinta 1 1/2', einem glitzendern Flageolet 1' und einer dreifachen Mixtur läßt Silbermanns Einfluss erkennen. Das Pedal besitzt lediglich einen Subbaß 16', dazu kommt eine Pedalkoppel. Die Klaviaturumfänge gehen bis zum c3 im Manual und bis zum c1 im Pedal, unter Weglassung von der Taste Cis. Die in vielen Details im Originalzustand bewahrte Orgel in Forstwolfersdorf wurde 2013 durch die Orgelbauerfamilie Gerd-Christian und Thomas Bochmann aus Kohren-Sahlis denkmalgerecht restauriert. Freundlich und zart im Aussehen, und ebenso prächtig im Klang bezaubert sie seither ihre Zuhörerinnen und Zuhörer. Für ihre Bemühungen zur Restaurierung der Trampeli-Orgel erhielt die Kirchgemeinde Niederpöllnitz, zu der Forstwolfersdorf gehört, 2015 den Denkmalschutzpreis 2015 des Landkreises Greiz.

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Disposition:


Manual, CD-c3 Pedal, CD-c1  
Gedackt 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Principal 4'    
Flauto amabile 4'    
Octave 2'    
Quinta 1 1/2'    
Flageolet 1'    
Mixtur 3f.    
     
In Forstwolfersdorf gespielte Werke:
Johann Christoph Bach: Ich dank dir, lieber Herre >>>
Johann Adam Hiller: Präludium zu einem Lob- und Dankliede >>>
Georg Andreas Sorge: Sonate Nr. 2 F-Dur >>>
Johann Gottfried Walther: Ach Gott, tu dich erbarmen >>>
Johann Gottfried Walther: Fröhlich soll mein Herze springen >>>
Johann Gottfried Walther: Warum sollt ich mich denn grämen >>>



FRANKENSTEIN (Stadt Oederan, Landkreis Mittelsachsen)
Ev. Kirche




Erbauer: Gottfried Silbermann (Freiberg) 1749-1752, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Frankenstein ist ein Ortsteil der Stadt Oederan im Landkreis Mittelsachsen. Der Ort im Tal der Großen Striegis liegt an der Straße zwischen Frankenberg in Sachsen und Freiberg im Herzen des heutigen Freistaates Sachsen am Nordrand des Erzgebirges. 1185 wurde Frankenberg erstmals urkundlich genannt und bereits 1206 besaß der Ort eine Kirche. Zunächst dem Amte Freiberg, dann dem Amt Augustusburg und schließlich wieder dem Amt Freiberg innerhalb Kursachsens zugehörig, hatte für Jahrhunderte das alte Geschlecht derer von Schönberg das Sagen in Frankenstein. Seit 2008 gehört der Ort zum Landkreis Mittelsachsen, der aus dem Zusammenschluß der ehemaligen Kreise Döbeln, Freiberg und Mittweida entstand. Die im Kern romanische Kirche des Dorfes wurde nach einem Brand 1632 wieder aufgebaut und erhielt 1747 bis 1751 ihre heutige Gestalt. Im Inneren beeindruckt die qualitätvolle spätbarocke Ausstattung, die verglaste Patronatsloge für die Familie von Schönberg und natürlich die 1752 vollendete Orgel aus Werkstatt des „in aller Welt berühmten“ Gottfried Silbermann. Da der Freiberger Meister kinderlos war und ab 1749 wegen einer schweren Gichterkrankung nicht mehr arbeitsfähig war, übertrug er die Leitung der Werkstatt und damit auch den Orgelbau in Frankenstein an seinen Neffen Johann Daniel Silbermann. 1717 in Straßburg geboren, war dieser ein Sohn von Gottfrieds Bruder Andreas Silbermann und hatte sein Handwerk in dessen berühmter Werkstatt im Elsaß gelernt. Johann Daniel Silbermann war in seiner Heimatstadt Straßburg auch als Organist an der heute nicht mehr bestehenden Dominikanerkirche tätig, in der seit der Reformation evangelisch gepredigt wurde. 
Über Leben und Werk Gottfried Silbermanns sind zahlreiche Bücher und Aufsätze erschienen. Darum hier nur eine Kurzfassung. Er wurde 1683 in Kleinbobritzsch bei Frauenstein geboren und gilt gemeinhin als der bedeutendste mitteldeutsche Orgelbauer der Barockzeit. Er erlernte sein Handwerk bei seinem älteren Bruder Andreas, der 1701 in Straßburg im Elsaß das Bürgerrecht erwarb. 1710 kehrte der junge Meister nach Sachsen zurück und erbaute 1711 seine erste Orgel in seinem Heimatort Frauenstein und begann gleichzeitig mit dem Bau der großen Orgel im Freiberger Dom, die 1714 vollendet wurde und bis heute als das überragende Meisterwerk aus der Werkstatt des strebsamen Orgelbauers gilt. Von den bis zu seinem Tod 1753 errichteten 50 Orgelneubauten Silbermanns sind 31 erhalten und prägen bis heute die Orgellandschaft Sachsens nachhaltig. Silbermann strebte eine regionale Monopolstellung in Sachsen an und ließ sich diese durch fürstliche Privilegien sichern. Silbermann verwendete für seine Orgelbauten nur die allerbesten Materialien, unter anderem hochprozentiges englisches Zinn. Die technische wie klangliche Vollkommenheit seiner Arbeiten ließ alle Kritik verstummen und wie kein anderer Meister in der gesamten Geschichte der Orgelbaukunst wurde Gottfried Silbermann bereits von seinen Zeitgenossen mit Lob überhäuft; das seinen Niederschlag in nicht weniger als 71 gedruckten Festschriften, Lobreden, Huldigungsgedichten und Carmina fand. Ende 1748 erkrankte Silbermann schwer. Die 1749 begonnene Arbeit in Frankenstein übernahmen daher zunächst Gottfried Silbermanns Mitarbeiter aus seiner Freiberger Werkstatt, bevor Johann Daniel Silbermann - Anfang 1752 aus Straßburg nach Sachsen gekommen – die Fertigstellung übernahm. Eine Besonderheit der Orgel ist die tiefe, barocke Kammerstimmung der Orgel, die heute bei 412,5 Hz liegt. Diese hat Silbermann sonst nur bei seinen großen Orgeln in Zittau und Dresden verwendet. Nach Gottfried Silbermanns Tod 1753 ließ sich Johann Daniel endgültig in Dresden nieder und vollendete bis 1755 die begonnene große Orgel in der Dresdner Hofkirche, die heute meist, etwas ungenau, als „letzte Silbermann-Orgel“ bezeichnet wird. Danach fertigte Johann Daniel Silbermann hauptsächlich Pianofortes in der Bauweise seines Onkels. 1764 wurde ihm von Kurfürst Friedrich August „dem Gerechten“ das Prädikat Hoforgelbauer verliehen, doch starb er bereits zwei Jahre später. 1882 erlitt die Orgel in Frankenstein einen leichten Brandschaden und wurde im Jahr darauf durch August Schubert, dem jüngeren Bruder des genialen Orgelbauers Carl Eduard Schubert – repariert. Die von ihm eingesetzten Prospektpfeifen des Principal 8 Fuß sind von außergewöhnlicher Qualität und Klangschönheit. 
Die Orgel in Frankenstein wurde 1997-1998 in der Werkstatt von Wieland Rühle in Moritzburg nach strengen, denkmalpflegerischen Grundsätzen restauriert. Sie besitzt 13 Register und eine Disposition, wie sie Gottfried Silbermann bei seinen Orgelbauten über Jahrzehnte kaum je modifiziert hat. Das Manual ist unter Verzicht auf das Cis bis zum c3 ausgebaut und besitzt Principal, Gedackt und Quintaden 8', Octava und Rohrflöt 4', Quinta und Nassat 3', Octava 2', Quinta 1 1/2', Sufflet 1' sowie eine Diskant-Sesquialtera und eine 3fache Mixtur. Das Pedal, durch separate Ventile fest ans Manual gekoppelt, verfügt über einen Subbaß 16' als einziges eigenes Register, dazu kommt noch ein Tremulant. „Es sind über die Maßen herrliche Instrumente“ – so äußerte sich Mozart über die Orgel in der Dresdner Hofkirche. Und so lobt auch das Werk in Frankenstein seinen Meister, bis auf den heutigen Tag und - so Gott will - noch lange Zeit.
 

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Manual, CD-c3 Pedal, CD-c1  
Principal 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Gedackt 8'   Tremulant
Quintaden 8'    
Octava 4'    
Rohrflöth 4'    
Quinta 3'    
Nassat 3'    
Octava 2'    
Quinta 1 1/2'    
Sufflet 1'    
Sesquialtera 2f.    
Mixtur 3f.    

In Frankenstein gespielte Stücke:
Anonymus: Ciacona in e >>>
Johann Sebastian Bach: Aria di Giovannini BWV 518 >>>
Johann Sebastian Bach: Aus tiefer Not schrei ich zu dir >>>
Johann Sebastian Bach: Canone alla sesta (Goldberg-Variationen) >>>
Johann Sebastian Bach: Canone alla settima (Goldberg-Variationen) >>>
Johann Sebastian Bach: Herr Jesu Christ, wahr Mensch und Gott >>>
Bohuslav Matej Cernohorsky: Fuga in d >>>
Friedrich Wilhelm Marpurg: Fuge G-Dur >>>
Johann Daniel Silbermann: Grave F-Dur >>>
Johann Daniel Silbermann: Menuett F-Dur >>>
Johann Daniel Silbermann: Triolet f-moll >>>
John Stanley: Volunary in a minor >>>
Nicolaus Vetter: Fuga in G



GROSSBOCKA (Gemeinde Bocka, Landkreis Greiz)
Ev. Kirche St. Thomas




Erbauer: Gustav Heinze (Sorau / Weißenfels) 1938, Kegelladen, pneumatische Spiel- und Registertraktur

Großbocka gehört zur Gemeinde Bocka im thüringischen Landkreis Greiz. Der Ort liegt zusammen mit dem Nachbardorf Kleinbocka 3 Kilometer östlich von Münchenbernsdorf und nordwestlich von Weida in einem kupierten, überwiegend landwirtschaflich genutzten Gelände. Es ist das alte Herrschaftsgebiet der Vögte von Weida, in einer deren Urkunden aus dem Jahre 1267 „Bukowe“ erstmals nachweislich genannt wurde. Nach der Leipziger Teilung 1485 gehörte der Ort zum ernestinischen Teil des Kurfürstentums Sachsen und nach dem Wiener Kongress zum Großherzog Sachsen-Weimar-Eisenach. Die 1950 aus Klein- und Großbocka gebildete Gemeinde zählt heute zur Verwaltungsgemeinschaft Münchenbernsdorf. Die im Kern mittelalterliche Kirche des Ortes erhielt 1753 bis 1756 ihre heutige Gestalt und 1992 nach einer umfangreichen Restaurierung den Namen St. Thomas. Im Zuge dieser Arbeiten wurde auch die ursprünglich über dem Altar stehende Orgel auf die rückwärtige Empore versetzt. Bei dem Instrument handelt es sich um ein 1938 erbautes Werk  von Gustav Heinze aus Sorau in Schlesien, Werkvertretung Weißenfels, wie wir auf dem am Spieltisch angebrachten Firmenschild lesen. Sie ist ein Kind der Orgelbewegung, in vielen Details ganz typisch für diese ambivalente Zeit, deren erhaltene Klangdenkmale bis heute oft nicht die Wertschätzung erfahren, die sie verdienen. 
Gustav Heinze wurde 1874 in Benau bei Sorau in der Niederlausitz, heute Bieniow, knapp 50 Kilometer östlich der heutigen Grenzstadt Forst geboren. Er erlernte das Handwerk des Orgelbaus ab 1889 bei Robert Uibe in Neuzelle. Seine zunftgemäße Wanderschaft führte ihn ab 1892 nacheinander zu den Orgelbauern Hermann Stiller in Breslau, Friedrich Ladegast in Weißenfels, Wilhelm Sauer in Frankfurt an der Oder und zu Wilhelm Rühlmann in Zörbig. Ab 1898 war er Mitarbeiter der Firma Schlag & Söhne in Schweidnitz, bevor er sich 1904 in Sorau, heute Zary selbstständig machte. In den Jahren bis zum Ersten Weltkrieg erbaute er eine ganze Reihe, meist kleinerer Orgeln für Kirchen in der Nieder- und der Oberlausitz sowie in der Region Oberschlesien. Eine der wenigen größeren Orgeln aus dieser ersten Schaffensphase ist die gut erhaltene und restaurierte Orgel mit drei Manualen und 37 Stimmen in der Stadtkirche zu Sommerfeld, heute Lubsko, rund 30 Kilometer östlich von Forst. Die 1926 in der Friedenskirche Berlin-Niederschönhausen als op. 145 erbaute Orgel mit 36 Registern ist ebenfalls vortrefflich erhalten. In dieser Zeit begann auch eine Zusammenarbeit mit dem Orgelbauer Felix Grüneberg, der seit 1905 die Werkstatt seines berühmten Vaters Barnim Grüneberg in Stettin weiterführte. In den folgenden Jahren haben sie etwa 20 Orgeln gemeinsam erbaut. Um 1930 eröffnete Gustav Heinze Filialen – er nannte es "Werkvertretungen" – in Kolberg an der Ostsee und in Weißenfels, für die vor Ort die 1902 bzw. 1905 geborenen Söhne Reinhold und Lothar Heinze verantwortlich waren. Einem Bericht zufolge hat der alternde Oskar Ladegast die Werkstattgründung nicht nur geduldet, sondern sogar gern gesehen; kannte er Gustav Heinze doch sicher noch aus seiner Zeit als Geselle in der Ladegast-Werkstatt. Die Heinzes bauten Kegelladen und pneumatische, später elektropneumatische Traktur, die sehr zuverlässig funktionierten. Den durch die Orgelbewegung ausgelösten Wandel der Klangvorstellungen vollzieht auch Heinze mit; er läßt in dem Zusammenhang auch verlauten, dass er nun Pfeifen mit „den gleichen Mensuren wie Silbermann und Casparini“ verwendet. 1938 verlassen drei Orgeln die Werkvertretung in Weißenfels, alle drei sind erhalten und gut restauriert. Das op. 228 steht in Gera-Zwötzen, op. 231 in der Stadtkirche zu Bad Blankenburg und das op. 229 ist die kleine, aber sehr ansprechende und klangschöne Orgel in Großbocka.  
Gustav Heinze erlebte noch die Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg mit und starb 1949 in Rudolstadt. Sein Sohn Lothar Heinze, der zuvor in der Werkvertretung in Weißenfels führte, übernahm nach dem Krieg die ehemalige Werkstatt von Adam Eifert in Stadtilm und setzte die Orgelbautradition dieses Städtchens im Herzen Thüringens bis 1967 unter seinem Namen fort. Danach übernahm Karl-Heinz Schönefeld das Unternehmen, das unter seinem Sohn bis heute fortbesteht und der auch die Orgel in Großbocka restauriert und in Pflege hat. Sie hat acht Register, „nur“ könnte man sagen, doch sie sind sehr geschickt disponiert. Im Hauptwerk stehen Gedackt 8', Principal 4' und eine 3fache Mixtur, im Oberwerk Flaut amabile 8', Hohlflöte 4' und Blockflöte 2', während das Pedal über Subbaß 16' und Octavbaß 8' verfügt. Bereichert wird das klangliche Spektrum neben den drei üblichen Normalkoppeln durch eine Unter- und zwei Oberoctavkoppeln, durch die die kleine Orgel auch über ein erstaunlich kraftvolles Plenum verfügt.

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Hauptwerk, C-g3 Oberwerk, C-g3 Pedal, C-d1  
Gedackt 8' Flaut amabile 8' Subbaß 16' Manualkoppel
Principal 4' Hohlflöte 4' Octavbaß 8' Pedalkoppel zu I
Mixtur 3f. Blockflöte 2'   Pedalkoppel zu II
      Superoktavkoppeln
      Suboktavkoppel II zu I
      Zwei feste Kombinationen

In Großbocka gespielte Stücke:
Gerard Bunk: Wunderbarer Gnadenthron >>>
Wolfgang Fortner: Toccata F-Dur >>>
Harald Genzmer: Aus meines Herzens Grunde >>>
Harald Genzmer: Du großer Schmerzensmann >>>
Harald Genzmer: Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut >>>
Harald Genzmer: Wunderbarer König >>>
Hermann Grabner: Christ ist erstanden >>>
Kurt Hessenberg: Der Mond ist aufgegangen >>>
Wolfgang Hiltscher: Ach Gott und Herr >>>
Wolfgang Hiltscher: Wunderbarer König >>>
Karl Höller: Heiliger Geist, du Tröster mein >>>
Karl Höller: Morgenglanz der Ewigkeit >>>



GROSSZÖBERN (Gemeinde Weischlitz, Vogtlandkreis)
Ev. Kirche




Erbauer: Carl Eduard Schubert (Adorf) 1874-1876, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Großzöbern liegt im sächsischen Vogtlandkreis, ungefähr in der Mitte des Städtedreiecks Plauen, Oelsnitz und Hof. Alle drei Städte sind rund 15 Kilometer entfernt. Rund 500 Meter nördlich des Ortes führt die Autobahn A72 vorbei, wo es auch in Höhe der Ortslage einen „Parkplatz Großzöbern“ gibt. Das Dorf wurde erstmals 1122 in einer Stiftungsurkunde für die Johanneskirche in Plauen genannt. Er gehört damit zu den ältesten Orten des heutigen Landkreises. Der Ortsname lautete im Mittelalter „Zobi“, er ist slawischen Ursprungs. 1328 erscheint Großzöbern bereits als "obern Zcobern" und das benachbarte Kleinzöbern als "xnydern Zcobern". In einer Urkunde aus dem Jahr 1347 wurde eine Kapelle in Großzöbern erwähnt, die der Parochie Wiedersberg zugehörig war. 1994 schloß sich Großzöbern mit sechs weiteren Gemeinden zur neuen Gemeinde Burgstein zusammen. 2011 wurde die Gemeinde Burgstein dann in die benachbarte Gemeinde Weischlitz eingegliedert, mit der zuvor die Verwaltungsgemeinschaft Weischlitz bestanden hatte. Die heutige Kirche entstand in den Jahren 1868 bis 1869, nachdem die vorherige Kirche abgebrannt war. Bereits 1868 verhandelte die Gemeinde mit dem Orgelbauer Carl Eduard Schubert aus Adorf wegen eines Orgelneubaus, doch konnte dieser aus verschiedenen Gründen erst acht Jahre später, im Jahre 1876 erstellt werden.
Carl Eduard Schubert wurde 1830 in Halsbrücke bei Freiberg geboren. Er absolvierte zunächst eine Tischlerlehre und arbeitete dann in der Orgelbauerwerkstatt von Urban Kreutzbach in Borna. Seine eigene Werkstatt errichtete Schubert in Adorf und baute sodann 1858 bis 1860 sein op. 1 für die Kirche im böhmischen Roßbach, heute Hranice. Schubert baute seine Orgeln streng nach – wie er es nennt – „Silbermanns Prinzip“, zeitlebens hielt er an der mechanischen Schleiflade fest und bestand geradezu stur darauf, alle Teile selbst herzustellen und nicht aus einer der ihm verhassten „Orgel-Fabriken“ zu beziehen. Nach diesem Erstlingswerk erbaute Schubert in den 1860er Jahren eine ganze Reihe von meist kleineren Neubauten im Vogtland. 1869 bis 1876 arbeitete er an der Orgel in der Schloßkirche zu Chemnitz. Diese Arbeit führte Schubert fast in den wirtschaftlichen Ruin, es kam, wie es in den Akten heißt, zum Malheur der völligen Auspfändung. Parallel arbeitete Schubert seit 1872 an seiner größten Orgel in Marienberg, die schließlich 1879 eingeweiht wurde und bis heute ein überwältigendes Zeugnis von der Kunstfertigkeit und auch der Genialität ihres Erbauers darstellt. 1868 trat man seitens der Gemeinde Großzöbern erstmals an Schubert heran, doch wurde der Orgelbau damals zurückgestellt. Erst 1874 wurde der Kontrakt geschlossen. Da Schubert noch in Chemnitz gebunden war und auch bereits für Marienberg arbeitete, ließ er die Orgel durch seinen zwei Jahre jüngeren Bruder August Schubert beginnen. Carl Eduard selbst bereitete Teile in Chemnitz vor, aber das ging nicht gut. Nach fast zwei Jahren, als die Orgel längst fertig sein sollte, war ein großer Teil der Kontraktsumme verbraucht, jedoch von der Orgel noch nicht viel zu sehen. Erst im September 1876 konnte der Meister selbst nach Großzöbern kommen, um die Orgel zu vollenden. In einem Brief Carl Eduard Schuberts hört man deutlich seinen Ärger über die Zustände heraus, er schreibt: „Nachdem die Vollendung der Chemnitzer Orgel begann, mußte ich dieses Werkchen für Großzöbern von meinem Bruder anfertigen lassen. Mein Kapital hatte man hier für hohe Löhne ausgegeben. Ich musste nun hier geradewegs von vorn anfangen“. Und 1878 schrieb er an König Albert: „Mein Bruder, welchen ich im Voraus dort arbeiten ließ, zog den größeren Verdienst für sich. Nichts blieb für mich übrig, obschon ich die schwerste Arbeit hatte.“ Dieser Streit innerhalb der Familie führte dazu, daß sich die beiden Brüder die nächsten zehn Jahre aus dem Weg gingen. Erst 1887 bei der Umsetzung der Silbermann-Orgel in Mylau trafen die beiden Brüder, allerdings mehr zufällig wieder aufeinander und haben sich ein Jahr später, beim Tod der Mutter, dann endgültig wieder versöhnt.
Nach dem 1879 vollendeten Orgelbau in Marienberg schuf Schubert nur noch einige kleinere Orgeln und ab Mitte der 1880er Jahre musste er, der nie eine Meisterprüfung abgelegt hatte, sich mit kleineren Reparaturen und Stimmungsarbeiten durchschlagen. Zahlreiche menschliche Enttäuschungen, an denen Schubert nicht immer ganz unschuldig war und die andauernde wirtschaftliche Not führten letztlich dazu, dass sich Carl Eduard Schubert am 11. Januar 1900 das Leben nahm. Der Ort, an dem dies geschah, ist bezeichnend: es war die Silbermann-Orgel der Peter-und Paulskirche zu Reichenbach. Die Orgel in Großzöbern gehört zu den kleineren Werken des Meisters, gleichwohl höchst gediegen und von allerbester Qualität in Technik und Klang. Die Manuale haben einen für jene Zeit relativ konservativen Umfang bis zum d3 und auch die Disposition mit 13 Registern auf zwei Manualen und Pedal ist ganz klassisch aufgebaut. Das Hauptwerk verfügt neben einem Bordun 16' über die Stimmen Principal und Rohrflöte 8', Oktave 4', Quinta 3', die Oktave 2' und eine 2fache Cimbel. Das Oberwerk besitzt die Register Gedackt und Salicional 8', Gemshorn 4' und eine Oktave 2'. Das Pedal schließlich mit einem Tonumfang bis zum d1 besitzt Subbaß und Violonbaß, beide in 16'-Lage, dazu kommt noch eine Pedalkoppel. Bei der Intonation des Pfeifenwerks ging Schubert immer mit größter Akribie zu Werke und scheute sich nicht, dafür immer etwa eine Woche – pro Register – zu beanspruchen. Das Resultat spürt man auch in Großzöbern noch heute, ein wohlausgewogener, edler Klang sowohl bei jedem einzelnen Register als auch im Plenum.

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Disposition:

Hauptwerk, C-d3 Oberwerk, C-d3 Pedal, C-d1  
Bordun 16' Gedackt 8' Subbaß 16' Manualkoppel
Principal 8' Salicional 8' Violonbaß 16' Pedalkoppel
Rohrflöte 8' Gemshorn 4'    
Octave 4' Octave 2'    
Quinta 3'      
Octave 2'      
Cimbel 2f.      

In Großzöbern gespielte Stücke:
Carl Czerny: Präludium und Fuge a-moll >>>
Robert Führer: Tempo moderato g-moll >>>
Robert Führer: Andante Es-Dur >>>
Theodor Kirchner: Lyrische Blätter Nr. 11 d-moll >>>
Theodor Kirchner: Lyrische Blätter Nr. 5 G-Dur >>>
Robert Schaab: Was Gott tut, das ist wohlgetan >>>
Simon Sechter: O Haupt voll Blut und Wunden >>>
Simon Sechter: Valet will ich dir geben >>>



GROSSZSCHEPA (Gemeinde Lossatal, Landkreis Leipzig)
Ev. Kirche




Erbauer: Fa. Faber und Greve (Salzhemmendorf) 1910, eigene Patent-Lade (Multiplex-System), pneumatische Spiel- und Registertraktur

Großzschepa ist ein Ortsteil der Gemeinde Lossatal im Nordosten des Landkreises Leipzig. Der Ort liegt rund 30 Kilometer östlich von Leipzig und 6 Kilometer nördlich der alten Domstadt Wurzen im Tal der Lossa, einem Nebenfluß der Mulde. Der Ortsname ist slawischen Ursprungs, 1223 ist er erstmals urkundlich nachweisbar. Doch ist die Gegend schon seit der Bronzezeit besiedelt. In einem Heimatmuseum, in einer der ältesten Scheunen des Ortes eingerichtet, kann man sich über die Geschichte informieren. Die Gegend gehörte zum „Territorio Wurtzensi“, dem Wurzener Land, in dem die Bischöfe von Meißen seit dem Mittelalter Hoheitsrechte ausübten. Nach der „Kapitulation“ des letzten Meißner Bischofs 1581 setzte der König für das daraus hervorgegangene Stiftsamt Wurzen eine eigene Kurfürstlich-sächsische Stiftsregierung ein. Großzschepa wurde zunächst 1993 in die Gemeinde Hohburg eingemeindet, die sich 2012 mit Falkenhain zur neuen Gemeinde Lossatal zusammenschloß. Das alte Rittergut in Großzschepa ist heute weitgehend verfallen und auch das barocke Schloß befindet sich in einem traurigen Zustand. Die spätgotische, vom Ende des 15. Jahrhunderts stammende Saalkirche erhielt 1771 ihren Turm und 1817 den heutigen Kanzelaltar. Bereits 1810 bekam das Gotteshaus eine gebrauchte Orgel, die erst 20 Jahre zuvor für die Kirche des Dorfes Sornzig, einem Ortsteil der Stadt Mügeln im Landkreis Nordsachsen erbaut wurde und wo man sich 1810 eine neue Trampeli-Orgel leistete, die übrigens bis heute erhalten ist. Genau einhundert Jahre später – 1910 -  wurde in Großzschepa eine neue Orgel in den alten Prospekt eingebaut, die heute eine ganz besondere Rarität darstellt. Es handelt sich um eine sogenannte Multiplex-Orgel aus der ersten Generation vor dem ersten Weltkrieg. 
Der Begriff Multiplex-Orgel kommt vom lateinischen Multiplicare, was Vervielfältigen bedeutet. Das  technische Konzept besteht darin, aus einer Pfeifenreihe mehrere Register zu gewinnen. Die Orgel in Großzschepa besitzt insgesamt nur fünf, nach oben und unten leicht verlängerte Pfeifenreihen, aus denen insgesamt 22 Register auf zwei Manualen und Pedal gewonnen werden. Erbaut wurde sie von der Firma Faber & Greve aus Salzhemmendorf, das liegt im Landkreis Hameln-Pyrmont im Weserbergland. Gegründet wurde das Unternehmen von dem 1843 geborenen Heinrich Faber. Nachdem er zunächst Orgeln in traditioneller Bauweise verfertigt hatte, wandte er sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts der Kegellade und der pneumatischen Traktur zu und entwickelte in der Folge ein eigenes System, das die Grundlage für seine Transmissionsorgeln bildete. 1902 erhielt er zwei Patente für eine „pneumatische Vorrichtung zur beliebigen Verbindung der Klaviaturen“, deren DRP-Nummern - DRP steht für Deutsches Reichspatent - stolz auf dem Firmenschild in Großzschepa zu lesen sind. 1904 nahm er den Kaufmann Albert Greve in das Unternehmen auf, der das neue System sehr geschickt zu präsentieren und zu verkaufen verstand, so daß Multiplexorgeln von Faber & Greve zahlreiche Abnehmer fanden. 1918 schied Greve aus dem Unternehmen aus und Heinrich Faber nahm seinen Sohn August als Partner auf. Doch dieser Kooperation war genauso wenig Erfolg beschieden wie den Nachfolgefirmen Faber & Dienes bzw. Faber & Söhne, so daß das Unternehmen etwa mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs die Geschäftstätigkeit einstellte.  Der günstige Preis einer Multiplexorgel – viele Register für wenig Geld – hat zwei große Nachteile. Zum einen die nur sehr begrenzte Vielfalt an Klangfarben und die Gefahr von Klanglöchern, die vor allem beim polyphonen Spiel zum Problem werden können. Seinen Siegeszug erlebte das Multiplex-System darum vor allem zwischen 1920 und 1940 in einem ganz anderen Metier, nämlich bei Salon- und Kinoorgeln, die nahezu alle nach diesem Prinzip gebaut wurden. Und auch in den Notjahren nach dem Zweiten Weltkrieg haben einige Orgelbauer auf diese Idee zurückgegriffen. Doch letztlich hat sich das System nicht durchsetzen können und wurde und wird bis heute allgemein mit mehr oder weniger deutlicher Verachtung bedacht. Das hat allerdings auch dazu geführt, dass Instrumente gerade aus der Anfangszeit äußerst selten geworden sind.  
Die Multiplexorgel in Großzschepa besitzt 22 Register, die aus 5 Pfeifenreihen, nämlich Principal, Gedackt, Gambe, Salicional und Aeoline gewonnen werden. Insgesamt besitzt die Orgel dadurch nur 352 Pfeifen. Das Hauptwerk verfügt natürlich über die erwähnten Grundregister Principal, Gedackt, Gambe, Salicional und Aeoline 8' und dazu die Auszüge Bordun 16', Octave, Flöte, Viola und Aeoline 4', Quinte 2 2/3' und Octave 2'. Das zweite Werk verfügt wieder über Gedackt, Gambe, Salicional und Aeoline 8' sowie Dolce und Aeoline 4'. Im Pedal steht ein Bordun 16' sowie Principalbaß, Salicetbaß und Cello 8'. Koppeln sind außer einer Pedalkoppel zum ersten Manual durch das System überflüssig, das ganze Werk steht in einem Schwellkasten. Die meisten frühen Multiplex-Orgeln wurden spätestens nach wenigen Jahrzehnten wieder ersetzt, weshalb heute fast keine mehr erhalten sind. In Sehlde, einem Ortsteil der Stadt Elze im Landkreis Hildesheim, steht ein ganz ähnliches Schwesterinstrument von Faber & Greve aus dem Jahre 1912. Mehr spielbare Orgeln dieses Typs aus dieser frühen Zeit gibt es in Deutschland nicht mehr. 

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Disposition:

Hauptwerk, C-g3  Oberwerk, C-g3  Pedal, C-f1   
Bordun 16'  Gedeckt 8'  Bordunbaß 16'  Pedalkoppel zu I 
Principal 8'  Gamba 8'  Principalbaß 8'  3 feste Kombinationen 
Gedeckt 8'  Salicional 8'  Cello 8'   
Gamba 8'  Aeoline 8'  Salicetbaß 8'   
Salicional 8'  Dolce 4'     
Aeoline 8'  Aeoline 4'     
Octav 4'       
Viola 4'      
Flöte 4'      
Aeoline 4'      
Quinte 2 2/3'      
Octav 2'      

In Großzschepa gespielte Stücke:
Paul Gerhardt: Postludium d-moll >>>
Paul Gerhardt: Vor- oder Nachspiel C-Dur >>>
Sigfrid Karg-Elert: Herbstgefühl >>>
Fritz Lubrich jun.: Kyrie eleison b-moll >>>
Carl Friedrich Meißner: Liebster Jesu, wir sind hier >>>
Paul Meschke: Der Herr ist gut, ihr Himmel höret >>>
Paul Meschke: Er ist mein Himmel, meine Sonne >>>
Franziskus Nagler: Es ist ein Ros entsprungen >>>
Franziskus Nagler: So nimm denn meine Hände >>>
Franziskus Nagler: Stille Nacht, heilige Nacht >>>
Franziskus Nagler: Tochter Zion >>>
Georg Riemenschneider: Ach wie flüchtig, ach wie nichtig >>>
Georg Riemenschneider: Freu dich sehr, o meine Seele >>>



HOHENHEIDA (Stadt Leipzig)
Ev. Kirche




Erbauer: Urban Kreutzbach (Borna) 1855, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Hohenheida ist ein Dorf am nördlichen Stadtrand von Leipzig, etwas im Schatten des großen BMW-Werks gelegen, das heute zum Ortsteil Seehausen im Stadtbezirk Nord gehört. 1992 wurde die Gemeinde Hohenheida mit Seehausen zusammengeschlossen und mit dieser schließlich 1997 in die Stadt Leipzig eingemeindet. Wie Merkwitz und Gottscheina war Hohenheida seit 1438 eines der drei alten „Universitätsdörfer“. Fast 400 Jahre lang bezog die Universität Leipzig als Grundherrschaft Einkünfte aus dem Dorf. Im Kern ist der Ort ein altes Angerdorf und entstand vermutlich im 12. Jahrhundert am Rande einer ehemaligen slawischen Ansiedlung. Die romanische Kirche des Ortes steht zentral neben einem Teich, vermutlich auf einem heidnischen Kultplatz. Um 1715 erhielt das Gotteshaus seine heutige Gestalt. Beachtenswert ist die um 1270 gegossene Bienenkorbglocke im Turm, eine spätgotische Mondsichelmadonna und natürlich die Orgel, die 1855 von Urban Kreutzbach aus Borna erbaut wurde. Sie ist außergewöhnlich vollständig erhalten.
Urban Kreutzbach wurde 1796 in Kopenhagen in Dänemark geboren. Sein Vater, der seinen Nachnamen noch „Kreisbach“ schrieb, stammte aus Deutschland und hatte sich in Kopenhagen zum Schiffseigner und Kaufmann emporgearbeitet. Urban Kreutzbach erlernte zunächst in Dänemark das Tischlerhandwerk und kam dann auf seiner Wanderschaft zu dem Orgelbauer Carl Gottlob Häcker in Pegau. Hier erlernte er die Kunst des Orgelbaues und konnte bereits 1828 in Borna, 30 Kilometer südlich von Leipzig eine eigene Werkstatt eröffnen. Seine erste, noch 1828 erbaute Orgel für die Kirche in Dittmannsdorf im Landkreis Leipzig ist teilweise erhalten. Dank seiner hohen Intelligenz, verbunden mit einem tüchtigen Geschäftssinn und herausragenden handwerklichen Qualitäten gelang es Urban Kreutzbach rasch, seine Werkstatt zu hohem Ansehen zu führen. Die im Vergleich recht mäßigen Preise für seine äußerst soliden Orgeln konnte er realisieren, weil er in dem kleinen Städtchen Borna deutlich günstiger leben und einkaufen konnte als etwa sein großer Konkurrent Johann Gottlob Mende in Leipzig. 1844 erbaute Kreutzbach eine Orgel mit 35 Registern in der Stadtkirche zu Döbeln, die leider nicht erhalten ist. Bei dieser Arbeit dürfte sein später berühmt gewordener damaliger Geselle Friedrich Ladegast mitgewirkt haben. Ebenfalls 35 Stimmen bekam die 1853 vollendete Orgel in der Stadtkirche zu Pegau, die klanglich relativ gut die Zeiten bis heute überstanden hat. 1855 entstanden dann zwei optisch und klanglich recht ähnliche Orgeln in Althen am östlichen Rand der Stadt Leipzig und in Hohenheida im Norden. Kreutzbach pflegte von ihm erbaute Orgeln stets an einer versteckten, aber gut erreichbaren Stelle im Inneren in dänischer Sprache zu signieren. Eine solche Inschrift hat sich auch in Hohenheida erhalten. Mit Ausnahme der im Ersten Weltkrieg abgelieferten und später ersetzten Prospektpfeifen ist das Instrument bis heute praktisch unverändert erhalten geblieben. Eine besondere Seltenheit und so von Kreutzbach nur ein einziges Mal gebaut ist das Fagott 16' im Pedal, das als durchschlagende Zungenstimme konstruiert ist. Mitte der 1850er Jahre hat übrigens auch der aus Halsbrücke bei Freiberg stammende Carl Eduard Schubert als Geselle bei Kreutzbach gearbeitet. Er machte sich später in Adorf im Vogtland selbstständig und man kann ihn mit Fug und Recht als einen der genialsten, aber auch eigenwilligsten Orgelbauer Deutschlands im 19. Jahrhundert bezeichnen. Es ist ein reizvoller Gedanke, dass Schubert auch beim Bau in Hohenheida mitgewirkt haben könnte – ausgeschlossen ist das nicht, aber selbstredend reine Spekulation. Urban Kreutzbach hatte drei Söhne. Der 1839 geborene Richard Kreutzbach übernahm nach dem Tod des Vaters 1869 die Werkstatt und führte sie bis 1903 erfolgreich weiter. Der jüngste Sohn Julius Kreutzbach gründete 1874 in Leipzig eine renommierte Klavierfabrik.
Die Orgel in Hohenheida besitzt 14 Register auf zwei Manualen und Pedal. Die Manuale besitzen einen Tonumfang bis zum e3. Im Hauptwerk finden wir die Stimmen Bordun 16', Principal, Doppelflöte und Viola di Gamba 8', die Octaven 4' und 2' sowie eine 3fache Mixtur und ein 3faches Cornett. Das Hinterwerk verfügt über Flöte und Salicional 8' sowie einen Principal 4'. Das bis zum e1 ausgebaute Pedal mit seinen für Mitteldeutschland ungewöhnlich geformten Tasten besitzt Subbaß 16' und Cello 8', dazu kommt der bereits erwähnte Fagottbaß 16' mit durchschlagenden Zungen sowie eine Manual- und eine Pedalkoppel. 1994 wurde die Orgel durch Georg Wünning aus Großolbersdorf restauriert. 

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Disposition:

Hauptwerk, C-e3 Hinterwerk, C-e3 Pedal, C-e1  
Bordun 16' Flöte 8' Subbaß 16' Manualkoppel
Principal 8' Salicional 8' Cello 8' Pedalkoppel
Doppelflöte 8' Principal 4' Fagottbaß 16'  
Viola di Gamba 8'      
Octave 4'      
Octave 2'      
Mixtur 3f.      
Cornett 3f.      

In Hohenheida gespielte Stücke:
Carl Ferdinand Becker: Postludium g-moll >>>
Otto Brieger: Auf meinen lieben Gott >>>
Otto Brieger: Befiehl du deine Wege >>>
Edvard Grieg: Fuge c-moll >>>
Edvard Grieg: Fuge G-Dur >>>
Edvard Grieg: Herr, ich habe mißgehandelt >>>
Hermann Küster: Vorspiel Nr. 3 C-Dur >>>
Hermann Küster: Vorspiel Nr. 7 G-Dur >>>
Joachim Raff: Präludium e-moll >>>
Georg Raphael: Christe, du Lamm Gottes >>>
August Reinbrecht: Auf dich hab ich gehoffet, Herr >>>
Ernst Friedrich Richter: Trio über "Jesu, meine Freude" >>>
Robert Schaab: Sollt es gleich bisweilen scheinen >>>



HOHENLEUBEN (Landkreis Greiz)
Ev. Stadtkirche
 



Erbauer: Christoph Opitz (Dobra) 1850-1852, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Hohenleuben ist mit 1.400 Einwohnerinnen und Einwohnern eine der kleinsten Städte Thürinmgens; eine Landstadt im Landkreis Greiz, erfüllende Gemeinde ist Langenwetzendorf. Der Ort liegt auf einer Anhöhe im Thüringer Schiefergebirge, dem Bergaer Sattel in der Nähe des Flusses Leuba, der unweit der Stadt zur Leubatalsperre angestaut wurde. 1267 wurde der Ort erstmals als Luben erwähnt, was vermutlich aus dem Slawischen kommt und „dichter Wald“ bedeutet. Die in der Nähe gelegene Burg Reichenfels war ein Amtssitz der Vögte von Weida für das Gebiet zwischen Hohenleuben und Zeulenroda. 1703 wurde die Burg und die damit verbundene Herrschaft an Graf Heinrich XXIV. von Reuß-Köstritz verkauft, der den Amtssitz in das Schloß Hohenleuben verlegte, das 1986 abgerissen wurde und auf dem Gelände der heutigen Justizvollzugsanstalt stand. 1928 erhielt Hohenleuben die Stadtrechte verliehen. Die evangelische Stadtkirche ist ein klassizistischer Bau, der 1786 anstelle einer älteren Kirche errichtet wurde. Nach langer Unterbrechung wurde sie erst 1851 durch Anbau des Turmes vollendet und 1852 bekam das Gotteshaus dann auch eine repräsentative Orgel aus der Werkstatt von Christoph Opitz aus Dobra. Unter der Kirche befindet sich noch heute die Fürstengruft der Herren von Reuß-Köstritz. Das monumentale Altarbild wurde 1844 von dem Gothaer Hofmaler Paul Emil Jacobs für die Gothaer Augustinerkirche geschaffen und befindet sich seit 1998 in Hohenleuben.  
Christoph Opitz wurde 1815 in Dobra, einem kleinen Weiler westlich von Schmölln im damaligen Herzogtum Sachsen-Gotha-Altenburg geboren, wo sein Haus, Dobra 1, bis heute erhalten ist. Er stammte aus einfachen Verhältnissen und erlernte, mit guten Schulzeugnissen ausgestattet, das Handwerk des Orgelbaus bei einem noch unbekannten Meister und kam dann auf seiner zunftmäßigen Wanderschaft zu Johann Hartmann Bernhard in Romrod bei Alsfeld in Oberhessen.  Als Bernhard 1839 starb, vollendete Opitz gemeinsam mit einem weiteren Gesellen, Johann Georg Markert, die Orgel in Ober-Hörgern bei Gießen. Danach machte er sich in seinem Heimatort Dobra selbstständig. 1844 erhielt er den ersten Neubauauftrag für Mehna bei Altenburg und in den folgenden Jahren gelang es Opitz erstaunlich schnell, im eigentlich durch die Familie Poppe besetzten Gebiet rund um Altenburg so manchen guten Auftrag zu erhalten. 1850 wurde der Accord für die Orgel in Hohenleuben geschlossen, die mit geplanten 25 Registern die bislang größte Arbeit von Christoph Opitz werden sollte. In seinem Angebot versäumte er nicht, die Verantwortlichen vor Ort auf die zahlreichen Vorzüge und Neuerungen aufmerksam zu machen, die er dem Instrument zu geben versprach; und er formulierte auch den deutlichen Hinweis, die Konkurrenzangebote doch bitte sorgfältig dahingehend zu prüfen, ob die „anderen Orgelbauer“ ebenfalls diese Innovationen zu bauen imstande wären. Weiterhin schrieb er: "Ich bin fest überzeugt, wenn die Orgel nach meiner Disposition gebaut wird und derjenige, dem Sie den Bau übertragen, nicht so sehr im Handel gedrückt wird, daß er nicht auskommen kann ohne die Gemeinde zu betrügen, so muß das Werk geraten.“ Er bekam den Auftrag für das Instrument, das im Herbst 1851 geliefert und am 7. Februar 1852 durch Hofkantor Wagner aus Schleiz abgenommen werden konnte, „mit rühmlichster Empfehlung“. In den folgenden rund 25 Jahren kamen knapp 30 neue Orgeln aus der Werkstatt in Dobra, hauptsächlich für Dorfkirchen im Altenburger Land, von denen aufgrund ihrer soliden technischen und bemerkenswerten klanglichen Qualitäten nicht wenige bis heute erhalten sind. 1871 entstand in Altkirchen, heute ebenfalls ein Stadtteil von Schmölln, Opitz‘ größte Orgel mit 26 Stimmen, die so gut wie unverändert erhalten blieb und vor einigen Jahren restauriert wurde. 1879 erbaute Christoph Opitz seine letzte Orgel, ein kleines Instrument für die Dorfkirche in Jauern bei Schmölln, dann übergab er die Werkstatt an seinen Sohn Edmund Opitz, der allerdings nur Reparaturen ausführte und sich ansonsten seiner Berufung als Gastwirt widmete. 1878 bereits war sein jüngster Sohn gestorben, 1883 seine Ehefrau. Dies alles muß ihm schwer zugesetzt haben. Am 4.Oktober 1885 setzte er seinem Leben selbst ein Ende.  
Die Orgel in Hohenleuben ist mit 25 Registern die zweitgrößte Orgel, die Christoph Opitz je erbaut hat. Das Hauptwerk besitzt den klassischen Principalchor, der vom 8' über die Octaven 4' und 2' nebst Quinta 3' nach oben geführt und von einer 4fachen Mixtur bekrönt wird. Farbe und Kontur erhält das Plenum durch ein ebenfalls 4faches Cornett. Umhüllt wird das Ganze von einem Weitchor, bestehend aus Bordun 16', Hohlflöte und Gedackt 8' sowie einem Gedackt 4', wozu sich noch eine charmant-streichende Violdigamba 8' gesellt. Auch das Oberwerk besitzt einen Principal 8', doch milder intoniert als der des Hauptwerks. Dazu kommen Lieblichgedackt und Salicional 8', Octave und Gemshorn 4', Nasard 2 2/3', Octave 2' und als silberhelle Klangkrone – um 1850 durchaus nicht mehr selbstverständlich – eine Sifflöte 1' und eine 3fache Mixtur. Das Pedal gibt mit je zwei Principal- und Violonbässen zu 16' und 8' sowie einem Posaunenbaß 16' das gehörige Fundament, dazu kommen eine Manual- und eine Pedalkoppel. So finden wir in der Orgel in Hohenleuben klassische Orgelbauprinzipien in vorbildhafter Weise vereint mit neuem, romantischem Klanggut, wie es der wesentlich berühmtere Friedrich Ladegast in jener Zeit nicht viel anders gemacht hat.
 
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Disposition:

Hauptwerk, C-f3 Oberwerk, C-f3 Pedal, C-d1  
Bordun 16' Principal 8' Principalbaß 16' Manualkoppel
Principal 8' Lieblichgedackt 8' Violonbaß 16' Pedalkoppel
Hohlflöte 8' Salicional 8' Principalbaß 8'  
Gedackt 8' Octave 4' Violonbaß 8'  
Violadigamba 8' Gemshorn 4' Posaunenbaß 16'  
Octave 4' Nassart 2 2/3'    
Gedackt 4' Octave 2'    
Quinte 2 2/3' Sifflöte 1'    
Octave 2' Mixtur 3f.    
Mixtur 4f.      
Cornett 4f.      

In Hohenleuben gespielte Stücke:
Ludwig Finzenhagen: O Gott, du frommer Gott >>>
Theophil Forchhammer: O Welt, ich muß dich lassen >>>
Alfred Grundmann: Christus, der ist mein Leben >>>
Gerhard Jöricke: O auferstandner Siegesfürst >>>
Sigfrid Karg-Elert: Ein Siegesgesang Israels (alla Händel) >>>
Friedrich Kühmstedt: Präludium Nr. 19 g-moll >>>
Friedrich Kühmstedt: Präludium Nr. 20 G-Dur >>>
Hermann Lenz: Komm, Heiliger Geist, Herre Gott >>>
Franziskus Nagler: Wenn meine Sünd mich kränken >>>
Rudolf Palme: Nun preiset alle Gottes Barmherzigkeit >>>
August Gottfried Ritter: Ach Geist des Höchsten >>>
Camillo Schumann: Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort >>>
Camillo Schumann: Es ist das Heil uns kommen her >>>
Heinrich Wettstein: Es kommt ein Schiff geladen >>>
Heinrich Wettstein: Vom Himmel hoch >>>
Pietro Yon: Ave Maria >>>
Pietro Yon: Veni Domine >>>



HRANICE (dt. Roßbach) (Bezirk Cheb, Karlovarský kraj, Tschechische Republik)
Ev. Kirche




Erbauer: Carl Eduard Schubert (Adorf) 1858-1860, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Wir befinden uns im Vogtland, in der alten Grenzregion des „Terra Advocatorum“. Im Dreiländereck zwischen Sachsen, Bayern und Böhmen liegt, nur drei Kilometer hinter der Grenze auf böhmischer Seite, die Kleinstadt Hranice, zu deutsch Roßbach. Hranice liegt nördlich von Asch in der Karlovarsky Kraj, der Region Karlsbad. Die Stadt Hranice, der oberfränkische Nachbarort Regnitzlosau und die sächsische Gemeinde Eichigt sind Mitglieder der Vereinigung „Freunde im Herzen Europas“. Die älteste Erwähnung von Hranice stammt aus dem Jahr 1318. Die Stadt gehörte damals zur kirchlichen Verwaltung der Stadt Hof. Das ursprüngliche Dorf lag auf dem Handelsweg zwischen Eger und Plauen. 1882 wurde der Ort zum Marktflecken erhoben, zur Stadt wurde Hranice 1964. Heute leben 2.145 Einwohnerinnen und Einwohner im Ort, der zudem die westlichste Stadt Tschechiens ist. Die Evangelische Kirche wurde 1682 errichtet und 1719 umgebaut. Von der Vorgängerkirche, die ursprünglich dem heiligen Martin geweiht war, ist der rechteckige, fünfgeschossige Unterbau des Turmes erhalten. Der spätere Aufbau wird von einer Zwiebelhaube mit Laterne abgeschlossen. Der barocke Saalbau mit vier Achsen besitzt an der südlichen und nördlichen Seite mehrgeschossige Emporen. Im Osten befindet sich der prächtig geschmückte Kanzelaltar, hinter dem die Orgelempore angebracht ist. Die prachtvolle, 1858 bis 1860 erbaute Orgel ist das Erstlingswerk von Carl Eduard Schubert, einem der begabtesten und außergewöhnlichsten Orgelbauer-Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts in Deutschland. Johann Schneider, der „Sächsische Orgelkönig“, wurde 1860 zur Orgelprobe nach Hranice/Roßbach gerufen und schrieb im Abnahmegutachten folgende bemerkenswerten Worte: „Mir ist das Herz aufgegangen in Roßbach, eine Majestät mit wahrhaft göttlichem Schnitt liegt in dem ganzen Tontypus dieser Orgel, wie ich Beides, außer bei unseren alten Silbermännern, in keiner Orgel, auch nicht der bestrenommiertesten Orgelbauer unserer Zeit, gefunden habe“.
Carl Eduard Schubert wurde 1830 in Halsbrücke bei Freiberg geboren. Er absolvierte zunächst eine Tischlerlehre und arbeitete dann in der Orgelbauerwerkstatt von Urban Kreutzbach in Borna. Seine eigene Werkstatt errichtete Schubert in Adorf und baute sodann 1858 bis 1860 sein op. 1 für die Kirche in Hranice. Schubert baute seine Orgeln streng nach – wie er es nennt – „Silbermanns Prinzip“, zeitlebens hielt er an der mechanischen Schleiflade fest und bestand geradezu stur darauf, alle Teile selbst herzustellen und nicht aus einer der ihm verhassten „Orgel-Fabriken“ zu beziehen. Nach der Orgel in Hranice enstanden in den 1860er Jahren eine ganze Reihe von meist kleineren Neubauten in Greiz, Bösenbrunn, Adorf, Erlbach, Rödlitz, Herold, Wildenfels und Werda. 1869 bis 1876 arbeitete er an der Orgel in der Schloßkirche zu Chemnitz. Diese Arbeit führte Schubert fast in den wirtschaftlichen Ruin, es kam, wie es in den Akten heißt, zum Malheur der völligen Auspfändung. Und weiter heißt es: „Sein Streben geht stets dahin, alles, was er schafft, glanzvoll herzustellen, wozu er allerdings mehr Zeit und Geld brauchte als jeder andere Orgelbauer.“ Seine größte Orgel erbaute er 1872 bis 1879 für die Stadtkirche zu Marienberg, ein prachtvolles, dreimanualiges Instrument mit 51 Stimmen, das bis heute erhalten ist und ein überwältigendes Zeugnis für die außergewöhnliche künstlerische Begabung dieses schwärmerischen Orgelbauers darstellt. Es folgten danach nur noch einige kleinere Orgeln und ab Mitte der 1880er Jahre musste sich Schubert, der nie eine Meisterprüfung abgelegt hatte, mit kleineren Reparaturen und Stimmungsarbeiten durchschlagen. Zahlreiche menschliche Enttäuschungen, an denen Schubert nicht immer ganz unschuldig war und die andauernde wirtschaftliche Not führten letztlich dazu, dass sich Carl Eduard Schubert am 11. Januar 1900 das Leben nahm. Der Ort für den Suizid ist bezeichnend für Schuberts Kunst, es war die Silbermann-Orgel in Reichenbach im Vogtland. 40 jahre zuvor hatte er sein op. 1 in Hranice glanzvoll vollendet und sich hierbei in für jene Zeit höchst ungewöhnlicher Weise eng an Mensuren und sonstige konstruktive Details seines verehrten Vorbildes Silbermann angelehnt.
Die Orgel von Carl Eduard Schubert im böhmischen Hranice besitzt 30 Register auf zwei Manualen und Pedal. Nicht nur bei der Gestaltung des Orgelprospekts, sondern auch bei der klanglichen Ausrichtung hat Schubert sich sehr deutlich an dem Vorbild Gottfried Silbermanns orientiert. So besitzen beide Manuale, ein Anachronismus in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, keine Taste Cis und sind auch nur bis zum d3 ausgebaut. Principal, Rohrflöte und Viola di Gamba 8' bilden die Klangbasis im Hauptwerk, das von einem Bordun 16' grundiert wird und – ganz nach „Silbermannischem Prinzip“ - mit Oktave und Spitzflöte 4', einer Quinta 3', einer Oktave 2', einer Tertia 1 3/5' nach oben geführt wird. Bekrönt wird der Klang von einem 3fachen Cornett, einer 3fachen Mixtur und einer 2fachen Cimbel, dazu kommt noch eine in Baß und Diskant geteilte Trompete 8'. Das Oberwerk kann ebenfalls Silbermanns Vorbild nicht verleugnen. Hier finden wir Flöte, Gedackt und Quintatön 8', Praestant und Rohrflöte 4', ein Nasat 3', Oktave 2', Quinta 1 1/2', eine Sifflet 1', darüber eine Sesquialtera und eine 3fache Mixtur. Dazu kommt eine klanglich wunderschöne, leider derzeit nur lückenhaft ansprechende Vox humana 8'. Das Pedal enthält Principalbaß, Subbaß und Posaunenbaß 16' sowie Oktavbaß und Trompetenbaß 8'. Der Tonumfang des Pedals geht von C bis zum c1, auch hier ohne das Cis. Der Tremulant auf das Oberwerk ist – auch dies Mitte des 19. Jahrhunderts höchst ungewöhnlich – als Kanaltremulant gebaut, ebenfalls nach Silbermanns Vorbild. Die seither kaum veränderte Orgel ist von excellenter Klangwirkung. Allerdings leidet die Orgel wie die ganze Kirche derzeit unter massivem Schimmelbefall. Hier muss bald etwas unternommen werden, um langfristige Schäden für dieses einmalige Instrument abzuwenden. Mit ihrer interessanten und in dieser Form einzigartigen Symbiose von barocken Bauprinzipien und romantischem Klanggefühl ist die Schubert-Orgel in Hranice ein Orgeldenkmal allerersten Ranges.

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Disposition:


Hauptwerk, CD-d3 Oberwerk, CD-d3 Pedal, CD-c1  
Bordun 16' Gedackt 8' Principalbaß 16' Manualkoppel
Principal 8' Flöte 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Rohrflöte 8' Quintatön 8' Octavbaß 8' Tremulant
Viola di Gamba 8' Praestant 4' Posaunenbaß 16'  
Octave 4' Rohrflöte 4' Trompetenbaß 8'  
Spitzflöte 4' Nasat 3'    
Quinta 3' Octave 2'    
Octave 2' Quinta 1 1/2'    
Tertia 1 3/5' Sifflet 1'    
Cornett 3f. Sesquialtera 2f.    
Mixtur 3f. Mixtur 3f.    
Cimbel 2'      
Trompete 8' (B/D)      

In Hranice gespielte Stücke:
Michael Henkel: Adagio cantabile h-moll >>>
Michael Henkel: Cantabile H-Dur >>>
Michael Henkel: Nachspiel H-Dur >>>
Michael Henkel: 2 Versetten H-Dur >>>
Michael Henkel: 4 Versetten h-moll >>>
Michael Henkel: Vorspiel H-Dur >>>
Michael Henkel: Vorspiel h-moll >>>
Christian Heinrich Rinck: Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ >>>
Christian Heinrich Rinck: Jesus Christus, unser Heiland I >>>
Christian Heinrich Rinck: Jesus Christus, unser Heiland II >>>
Johann Gottlob Schneider: Vivace G-Dur >>>
Johann Gottlob Schneider: Vorspiel a-moll >>>
Bedrich Smetana: Präludium C-Dur >>>
Bedrich Smetana: Präludium c-moll >>>
Bedrich Smetana: Präludium D-Dur >>>
Bedrich Smetana: Präludium F-Dur >>>
Bedrich Smetana: Präludium G-Dur >>>
Bedrich Smetana: Präludium g-moll >>>
Georg Andreas Sorge: Praeludium D-Dur >>>
Georg Andreas Sorge: Vom Himmel hoch, da komm ich her >>>
Georg Andreas Sorge: Wer nur den lieben Gott läßt walten >>>
Johann Wenzel Tomaschek: Fuga D-Dur



KLEINBARDAU (Große Kreisstadt Grimma, Landkreis Leipzig)
Ev. Kirche




Erbauer: Johann George Friedlieb Zöllner (Wermsdorf) 1782, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

(Text folgt)

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Disposition:

Manual, CD-c3 Pedal, CD-c1  
Flaute major 8' Subbaß 16' Pedalkoppel (fest)
Unda maris 8'    
Principal 4'    
Flaute minor 4'    
Quinta 3'    
Octava 2'    
Sifflet 1'    
Mixtur 3f.    

In Kleinbardau gespielte Stücke:
Johann Sebastian Bach: Aus tiefer Not schrei ich zu dir BWV 687 >>>
Johann Sebastian Bach: Vom Himmel hoch BWV 701 >>>
Christlieb Siegmund Binder: Andante c-moll >>>
Christlieb Siegmund Binder: Präludium C-Dur >>>
Johann Friedrich Doles: Befiehl du deine Wege >>>
Johann Friedrich Doles: Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut >>>
Gottfried August Homilius: Allabreve c-moll >>>
Gottfried August Homilius: Mesto g-moll >>>
Gottfried August Homilius: Präludium Es-Dur >>>
August Eberhard Müller: Adagio g-moll >>>
August Eberhard Müller: Andante d-moll >>>
Georg Michael Telemann: Allein Gott in der Höh sei Ehr >>>
Georg Michael Telemann: Komm, Heiliger Geist >>>



KRIPPEHNA (Gemeinde Zschepplin, Landkreis Nordsachsen)
Ev. Kirche St. Lukas




Erbauer: Johann Ernst Hähnel (Wermsdorf) 1770-1771, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Krippehna ist ein Ortsteil der Gemeinde Zschepplin im Landkreis Nordsachsen im Dreieck der Städte Eilenburg, Bad Düben und Delitzsch. Der Ort, eine slawische Gründung, wird 1394 erstmals als "Kruppene" erwähnt. Das altslawische Kropa (oder Krupa) bedeutet Quelle und sicher bestand der Ort bereits im hohen Mittelalter, denn die heutige Kirche geht in ihren Grundzügen auf das 13. Jahrhundert zurück. Der Ort lag im Gebiet der Pflege Eilenburg, aus dem das spätere Amt Eilenburg hervorging, das 1402 durch Kauf an die Markgrafschaft Meißen fiel. Seit dem 16. Jahrhundert gehörte Krippehna zum Kurfürstentum Sachsen und 1815 kam das Dorf nach den Beschlüssen des Wiener Kongresses zur Provinz Sachsen innerhalb des Königreichs Preußen. 1974 wurde Krippehna, in dem heute rund 500 Einwohnerinnen und Einwohner leben, nach Naundorf eingegliedert und 1999 in die Gemeinde Zschepplin. 1701 erhielt das mittelalterliche Gotteshaus ein neues Langhaus und nach einem Brand 1768 wurde die Kirche in der Folge in leicht veränderten Formen wieder aufgerichtet. Krönender Abschluß war der 1771 vollendete Bau einer neuen Orgel, die aus der Werkstatt von Johann Ernst Hähnel aus Wermsdorf bei Schloß Hubertusburg stammte. 
Johann Ernst Hähnel wurde 1697 in Leubsdorf, einer Gemeinde im Landkreis Mittelsachsen am Fuße des Erzgebirges geboren. Wo er sein Handwerk erlernte, ist nicht sicher belegt. Doch heiratete er 1718 die Tochter des Dresdner Hoforgelbauers Andreas Tamitius und arbeitete danach in der Werkstatt seines Schwagers Johann Gottfried Tamitius in Zittau. Hähnels erster Orgelbau entstand nach heutiger Kenntnis 1722 bis 1723 in der Dorfkirche zu Mittelsaida bei Freiberg. Das Instrument ist noch heute wohl erhalten und zeigt Hähnels Dispositionsprinzipien und Klangvorstellungen bereits in voller Ausprägung. Wohnsitz und Werkstatt hatte der Meister damals in Meißen, der uralten „Haupt- und Regierungsstadt“ an der Elbe. 1741 wurde er von Friedrich August II. zum „Königlich-polnischen und kurfürstlich- sächsischen Hof- und Land-Orgelbaumeister“ ernannt. Bereits 1738 hatte er in der Matthäuskirche in Dresden-Friedrichstadt eine größere Orgel mit 27 Stimmen errichtet. Doch weit mehr Aufsehen als seine Orgeln erregten in jenen Jahren Hähnels Erfindungen auf dem Gebiet des Clavierbaus. Durch Hähnels „Cymbal royal“ sah sich allerdings Gottfried Silbermann in seinen Patentrechten verletzt und strengte 1728 sogar einen Prozeß gegen seinen Konkurrenten an, der sich fast fünf Jahre hinzog und letztlich vom König „in einem gnädigen Vergleiche“ entschieden wurde. Johann Ernst Hähnel war auch im Orgelbau recht experimentierfreudig; so versuchte er, die Orgel für das Japanische Palais in Dresden nicht nur mit einem Glockenspiel, sondern auch einem klingenden Flötenregister aus Meißner Porzellan auszustatten. Doch scheint dieses Experiment trotz vieler Mühen mißlungen zu sein, denn es erwies sich als unmöglich, die Glocken und Pfeifen aus „Sachsens weißem Gold“ genau zu „aptieren“ und zu stimmen.  1744 bis 1746 erbaute Hähnel sein größtes Werk mit 31 Stimmen in der Stadtkirche zu Oschatz, das leider nicht erhalten ist. Etwa 1756 verlegte er seine Werkstatt nach Wermsdorf, nahe dem Schloß Hubertusburg bei Oschatz. Um 1770 erbaute Johann Ernst Hähnel noch fünf kleinere Orgeln für Mehltheuer im Vogtland, Mautitz bei Riesa, für Tragnitz bei Leisnig, für Luppa bei Wermsdorf und 1770 bis 1771 für Krippehna, von denen nur die letztgenannte die Zeiten bis heute überdauert hat. Aus Hähnels Schaffen erhalten ist neben dem bereits genannten Erstlingswerk in Mittelsaida und der Orgel in Krippehna die Instrumente in Steinbach bei Bad Lausick, 1725 vollendet und in Struppen bei Königstein an der Elbe, 1740; allesamt klingende Kostbarkeiten von hohem Reiz und ganz eigener Art. 
Die 1771 vollendete Orgel in Krippehna wurde 1869 durch Nikolaus Schrickel aus Eilenburg auf zwei Manuale erweitert, später erfolgten noch weitere Eingriffe. 2015 bis 2018 erfolgte dann eine umfangreiche Restaurierung durch die Orgelbauwerkstatt Kristian Wegscheider aus Dresden, bei der der originale Zustand des Jahres 1771 in allen Teilen wiederhergestellt wurde. Die Klanggestalt der Orgel ist für Johann Ernst Hähnel, der 1777 in Wermsdorf starb, höchst charakteristisch und zeigt des Meisters Streben nach einem eigenständigen, von Silbermann unabhängigen künstlerischen Weg. Im unter Verzicht auf das Cis bis zum d3 ausgebaute Manual finden wir Principal, Flaute major, Quinta Viola und Unda maris 8', Praestanda und Flaute minor 4', Quinta 3', Octava 2', Siffloit 1' sowie eine 3fache Mixtur und eine 2fache Cymbel. Das Pedal besitzt Subbaß 16', Violonbaß 8' sowie einen Posaunbaß 16', dazu kommen ein Tremulant und ein Cymbelstern, der sich hinter dem Registerzug mit der Aufschrift Tympano verbirgt. Bei Betätigung des Zuges mit der Bezeichnung Nolimetangere – also wörtlich „Rühr mich nicht an“ erklingen zwei gegeneinander verstimmte Holzpfeifen – eine kleine, behutsame Labialpauke also. Ein Pedalkoppelzug existiert nicht, das Pedal ist immer fest ans Manual gekoppelt. Wilhelm Krumbach schrieb in seinem Porträt der Hähnel-Orgel in Steinbach: „Hähnel liebte eine zarte, weiche, nicht gar zu glänzende Farbigkeit, eine Art „Pastellton“ in seinen Orgeln. Gerade bei Registern wie der Unda maris, die die Familie Casparini mit ihrer Görlitzer Sonnenorgel in die Landschaft gebracht hatten und die Hähnel über seinem Schwager Tamitius in Zittau kennengelernt haben dürfte, finden wir die Traditionen, an die Hähnel anknüpfte; und die er in Konkurrenz zu Silbermann zu einem ganz eigenständigen Orgeltypus kultivierte.“ Von Hähnels Schülern verdient vor allem der 1750 geborene Johann George Friedlieb Zöllner erwähnt zu werden. Er übernahm nach Hähnels Tod dessen Werkstatt, heiratete dessen Tochter und führte sie bis 1826 weiter. Seine Werke, etwa die erhaltenen Werke in Kleinbardau 1782 und in Höfgen 1803 – beide Orte liegen unweit Grimma - sind in vielen Details wie Flauta major und minor, Unda maris oder die wie in Krippehna als „Vocator“ bezeichnete Kalkantenklingel ganz aus dem Geiste Hähnels erwachsen und würden es verdienen, verstärkt ins rechte Licht gerückt zu werden. Diese und natürlich auch Hähnels wenige erhaltene Instrumente zählen heute zum wertvollsten Bestand der mitteldeutschen Orgellandschaft.

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Disposition:

Manual, CD-c3 Pedal, CD-c1  
Principal 8' Subbaß 16' Pedalkoppel (fest)
Flaute major 8' Violonenbaß 8' Tremulant
Quinta Viola 8' Posaunbaß 16' Tympano
Unda maris 8'   Nolimetangere
Praestanda 4'   Vocator
Flaute minor 4'   Cymbelstern
Quinta 3'    
Octava 2'    
Siffloit 1'    
Mixtur 3f.    
Cymbel 2f.    

In Krippehna gespielte Stücke:
Anonymus: Aria variata in c >>>
David Heinrich Garthoff: Praeludium und Fuge in D >>>
Johann Georg Nicolai: Ach Gott, vom Himmel sieh darein >>>
Johann Georg Nicolai: Schmücke dich, o liebe Seele >>>
Friedrich Erhard Niedt: Praeludium in C >>>
Gottfried Ernst Pestel: Allein zu dir, Herr Jesu Christ >>>
Christian Petzold: Fuga in d >>>
Johann Schneider: Praeludium und Fuge g-moll >>>
Georg Michael Telemann: Wer nur den lieben Gott läßt walten >>>
Christian Umblaufft: Praeludium in D >>>
Christian Umblaufft: Praeludium in f >>>



KÜHNITZSCH (Gemeinde Lossatal, Landkreis Leipzig)
Ev. Kirche




Erbauer: Nicolaus Schrickel (Eilenburg) 1889, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Kühnitzsch ist ein Ortsteil der sächsischen Gemeinde Lossatal im Landkreis Leipzig, etwa 6 Kilometer östlich von Wurzen in der Leipziger Tieflandsbucht. Im dem 1860 erschienenen „Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen“ lesen wir: "Das Rittergut Kühnitzsch, sammt dem Dorfe gleichen Namens, eine starke Stunde östlich von der Stadt Wurzen gelegen, ist ein uralter von den Sorben gegründeter Ort, der seinen Namen von dem slavischen Worte Koina oder Koitza, zu deutsch eine Kiefer, empfing. Im 13. Jahrhundert hauste auf der Burg zu Kühnitzsch ein adeliges Geschlecht, welches sich nach derselben nannte. (…) Das Dorf Kühnitzsch bestand in der Vorzeit aus drei nahe bei einander liegenden Ortschaften, welche die Namen Rauden, Naundorf und Kyntsch führten. (…) Die Kirche zu Kühnitzsch wurde im Jahre 1705 auf Kosten des damaligen Gerichtsherrn, des Generallieutnants von Plötz, von Grund aus neu aufgebaut und von dem Superintendenten zu Wurzen, Dr. Schreiter, eingeweiht.“ Zitat Ende. Das heutige Bild des Ortes, der 1997 zunächst nach Falkenhain und 2012 in die neue Gemeinde Lossatal eingemeindet wurde, wird von den markanten Türmen des aus der Wasserburg hervorgegangenen, heute leider leerstehenden Schlosses und der danebenstehenden Kirche geprägt. Das in den 1990er Jahren mit großem Aufwand und Liebe restaurierte Gotteshaus wird im Inneren von einem Kanzelaltar geprägt, der 1707 von Christian Sigismund von Plötz gestiftet wurde und dessen Porträt, umgeben von geschnitztem Trophäenschmuck, wir links des Altars noch heute erblicken. Auf der rückwärtigen Empore steht prachtvoll die Orgel, 1889 von Nikolaus Schrickel aus Eilenburg erbaut.
Der Orgelbauer Nikolaus Schrickel wurde 1820 in Eilenburg geboren. Über seinen Werdegang sind die Angaben etwas unsicher. Er selbst bezeichnet Johann Friedrich Schulze in Paulinzella als seinen Lehrmeister, doch ist diese Aussage vielleicht auch so zu verstehen, daß er bei seinem Aufenthalt in Schulzes Werkstatt im Rahmen seiner Wanderschaft viel gelernt hat. In jedem Fall arbeitete er ab 1842 bei dem Orgelbauer Ludwig Weineck in Eilenburg, bis dieser 1845 nach Bayreuth übersiedelte. Danach eröffnete er seine eigene Werkstatt in der Torgauer Straße 19 in Eilenburg. In seiner Zeit bei Weineck war der fünf Jahre jüngere Conrad Geißler sein Kollege, der sich nach den Wanderjahren ab 1852 parallel zu Schrickel in Eilenburg selbstständig machte. So wirkten zeitgleich bis in die 1890er Jahre zwei Orgelbauer in dem kleinen Städtchen und der Konkurrenzkampf führte zu einer erstaunlichen Produktivität beider Firmen. Von Geißler wie von Schrickel sind uns eine ganze Reihe von Instrumenten erhalten, die bei aller räumlichen und zeitlichen Nähe ihrer Entstehung doch grundverschieden sind; ja es sieht so aus, als hätten beide die Besonderheiten ihres Stils bewusst kultiviert, um sich voneinander abzugrenzen. Geißler war eher konservativ, einmal Bewährtes behielt er zeitlebens bei. Dabei arbeitete er sehr robust, so daß die Mehrzahl seiner Instrumente selbst bei jahrzehntelanger Vernachlässigung einwandfrei funktionieren. Ganz anders Nikolaus Schrickel, er experimentierte viel, sowohl technisch als auch klanglich. So verrät etwa die chromatische Aufstellung der Pfeifen und die Verwendung der Strahlentraktur die Schulze-Schule. Jedoch waren und sind seine Orgeln deutlich störanfälliger als diejenigen Geißlers, was Schrickels Bild, besonders bei den betroffenen Gemeinden, bis heute leider oftmals trübt. Dabei ist Schrickel, was die Intonation angeht, seinem Konkurrenten deutlich überlegen. Markante Streicher, feinfühlige Flöten, teilweise mit eigenen Tremulanten nur für die jeweilige Flöte sind Kennzeichen seines Schaffens. Seine erste größere Orgel entstand 1851 in Wiedemar zwischen Halle und Delitzsch, die in umgebauter Form erhalten ist. 1857 bis 1858 schuf Schrickel mit 37 Stimmen seine größte Orgel für die Jakobuskirche in Ilmenau. Hinter dem erhaltenen, prachtvollen Prospekt erklingt heute die berühmte Walcker-Orgel von 1911. Bis zu seinem Tod 1893 erbaute Schrickel rund 70 Werke, hauptsächlich im Großraum rund im Eilenburg und – ein zweiter Schwerpunkt - im Großraum Finsterwalde in Südbrandenburg, etwa in der Stadtkirche zu Schlieben, 1863. Die 1889 vollendete Orgel in Kühnitzsch ist dabei eines seiner reifsten, aber auch letzten Werke. Seine drei Söhne führten die Orgelbauwerkstatt nicht weiter; jeder von ihnen machte sich als Klavierhändler in Leipzig, Chemnitz und Zwickau selbstständig. 
Die 1889 vollendete Orgel in Kühnitzsch mit ihrem schönen, reich geschmückten Prospekt – auch das typisch für die Orgeln Nicolaus Schrickels – ist zum Glück fast unverändert geblieben. 1997 erfolgte eine Instandsetzung durch Georg Wünning aus Großolbersdorf. Das Hauptwerk besitzt Bordun 16', Geigenprincipal und Hohlflöte 8', Principal 4', Octave 2' und eine 2fache Mixtur. Das Unterwerk verfügt über Flöte traverse und Salicional 8' sowie ein Amabile 4', dazu kommt noch eine „Schwebung“, das ist besonderer Tremulant nur für die Traversflöte. Im Pedal schließlich stehen Subbaß 16' und Violonbaß 8', dazu kommt eine Pedalkoppel. Ursprünglich besaß die Orgel noch einen Schwelltritt, der wohl in der Art Aristide Cavaille-Colls und Friedrich Ladegasts als Löffeltritt angelegt war, aber leider nicht erhalten. 

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Disposition:

Hauptwerk, C-f3 Oberwerk, C-f3 Pedal, C-d1  
Bourdun 16' Flöte traverse 8' Subbaß 16' Manualkoppel
Geigenprincipal 8' Salicional 8' Violonbaß 8' Pedalkoppel
Hohlflöte 8' Amabile 4'   Schwebung für Flöte 8'
Principal 4'      
Octave 2'      
Mixtur 2f.      

In Kühnitzsch gespielte Stücke:
Moritz Deutsch: Präludium Des-Dur >>>
Moritz Deutsch: Präludium e-phrygisch >>>
Liberatus Geppert: Präludium B-Dur >>>
Liberatus Geppert: Präludium c-moll >>>
Gustav Hecht: Vorspiel zu einer Weihnachtsfeier >>>
Louis Lewandowski: Huldigungsgesang >>>
Louis Lewandowski: Sündenbekenntnis >>>
Arnold Mendelssohn: Auferstehn, ja auferstehn wirst du >>>
Arnold Mendelssohn: O du Liebe meiner Liebe >>>
Robert Papperitz: Ich g'nüge mich an meinem Stande >>>
Robert Papperitz: Nun sich der Tag geendet hat >>>
Camillo Schumann: Aus meines Herzens Grunde >>>
Camillo Schumann: Die güldne Sonne >>>



LANGENHESSEN (Stadt Werdau, Landkreis Zwickau)
Ev. Kirche St. Johannis




Erbauer: Johann Gotthilf Bärmig (Werdau) 1855, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Langenhessen ist ein Ortsteil der Stadt Werdau im sächsischen Landkreis Zwickau. Der Ort liegt im Tal der Pleiße, zwischen der Stadt Werdau und der Gemeinde Neukirchen, im Erzgebirgsvorland und im Westen des Erzgebirgsbeckens. Urkundlich wurde die Gemeinde erstmals im Jahr 1270 als "Hessen" erwähnt, 1551 dann als Langenhessen. Die Mehrzahl der ersten Ansiedler an dieser Stelle sind tatsächlich aus dem Lande Hessen gekommen, wahrscheinlich vom Westhang der unwirtlichen Hohen Rhön. Aber auch aus dem Gebiet der Franken und aus Bayern gab es Ansiedler. Der Ort gehörte zur Gründung den Vögten von Weida. Heinrich von Weida schenkte ihn mitsamt den Kircheneinkünften dem Kloster Crimmitschau. Die Haupterwerbszweige des Ortes waren anfangs die Landwirtschaft und ländliches Handwerk. Mit Beginn der Industrialisierung fanden viele Leute in den neu gegründeten Textil- und Holzbearbeitungsbetrieben Arbeit. 1997 wurde Langenhessen in die Stadt Werdau eingemeindet und hat heute knapp 1.900 Einwohnerinnen und Einwohner. Die Pfarrkirche St. Johannis wurde wohl schon im 13. Jahrhundert errichtet, aus dieser Zeit ist noch der Altarraum erhalten; das Schiff wurde später angebaut. Der bedeutende, vorreformatorische Flügelaltar aus dem Jahr 1508 stammt aus der Werkstatt von Leonhard Beyer, genannt Herrgott aus Zwickau. Die heutige Orgel wurde im Jahre 1855 errichtet; sie stammt aus der Werkstatt von Johann Gotthilf Bärmig aus Werdau.
Der Orgelbauer Johann Gotthilf Bärmig wurde 1815 in Werdau geboren, einer kleinen Stadt vor den Toren Zwickaus. Er erlernte sein Handwerk bei Urban Kreutzbach in Borna und machte sich nach einigen Jahren als Geselle bei Kreutzbach im Jahre 1846 in Werdau mit einer eigenen Orgelbauanstalt selbstständig. Einer seiner Gesellenkollegen in der Kreutzbach'schen Werkstatt war übrigens der drei Jahre jüngere Friedrich Ladegast, der später einer der bedeutendsten Orgelbauer der deutschen Romantik werden sollte. Auf der Wanderschaft nach der Lehre war er unter anderem in Salzburg und beschäftigte sich dort mit der neu erfundenen Physharmonika. Später baute er in einzelne kleinere Orgeln auch eine solche Harmoniumstimme ein, die er Melodicon nannte, teilweise auf einem eigenen zweiten Manual. Für seine auf der Kunst- und Industrieausstellung in Leipzig vorgeführten Harmoniums erhielt er 1854 den silbernen Staatspreis. Ein Jahr später, 1855, entstand dann die Orgel in Langenhessen, die bis heute im Wesentlichen erhalten ist und 1997 restauriert werden konnte. Bärmig erbaute in rund vier Jahrzehnten eine größere Anzahl von kleineren bis mittleren Werken zwischen Lausitz und dem Vogtland und westwärts bis nach Thüringen, alle mit Schleifladen und mechanischer Traktur. Der Organologe Ernst Flade bezeichnete Bärmigs Orgeln als „unverwüstlich“ und seine Intonation als gesund bis robust. Das Oeuvre dürfte insgesamt über 100 Orgeln umfasst haben, von denen noch ca. 40 bis heute die Zeiten überdauert haben. 1887 übergab Johann Gotthilf Bärmig die Werkstatt an Georg Emil Müller, einem Enkel von Urban Kreutzbach. Dieser stellte sich ab 1892 fast gänzlich auf die Harmoniumproduktion um und baute die Firma in Werdau zum damals größten Harmoniumhersteller in Europa aus. Die beiden größten Orgeln Bärmigs entstanden beide 1859 für die Kirchen in Kittlitz in der Lausitz und in Schöneck im Vogtland. Beide erhielten jeweils 36 Register auf zwei Manualen und Pedal. Weitere größere Instrumente erbaute Johann Gotthilf Bärmig unter anderem 1866 in Oberwiesenthal mit 26 Stimmen und 1872 in Klingenthal mit 24 Registern. Die Orgel in Langenhessen bekam 18 Register auf zwei Manualen und Pedal. Die, wie Flade es ausdrückte, robuste Intonation Bärmigs kann man heute vor allem an den Principalen und dem Cornett festmachen.
Die von Johann Gotthilf Bärmig in Langenhessen 1855 errichtete Orgel besitzt 18 Register auf zwei Manualen und Pedal. Klanglich ist sie ein typisches Beispiel für den Orgelbau in Deutschland um die Mitte des 19. Jahrhundert. Die Disposition vor allem im Hauptwerk ist sehr traditionell, fast könnte man sagen konservativ aufgebaut, genauso disponierten die sächsischen Orgelbauer rund ein Jahrhundert zuvor auch schon ihre Instrumente. Ein Bordun 16' grundiert den Klang, darauf bauen sich auf Principal, Doppelflöte und Viola di Gamba 8', Octave und Gemshorn 4', eine Quinte 2 2/3', die Oktave 2', eine 3fache Mixtur und ein 3faches Cornett. Das Oberwerk mit vier Registern ist klanglich deutlich zurückgenommen. Wir finden hier die Stimmen Gedackt 8', Principal und Flauto 4' sowie ein Octavin 2'. Während die Manuale einen Tonumfang vom Ton C bis zum d3 aufweisen, besitzt das Pedal einen Umfang bis zum c1, also zwei volle Oktaven. Hier befinden sich die Register Subbaß und Violonbaß 16' sowie Principalbaß und Flötenbaß 8', dazu kommen eine Manual- und eine Pedalkoppel. 1997 erfolgte eine stilgerechte Restaurierung des Instruments durch Orgelbaumeister Georg Wünning aus Großolbersdorf. 

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Disposition:

Hauptwerk, C-d3 Oberwerk, C-d3 Pedal, C-c1  
Bordun 16' Gedackt 8' Subbaß 16' Manualkoppel
Principal 8' Principal 4' Violonbaß 16' Pedalkoppel
Doppelflöte 8' Flauto 4' Principalbaß 8'  
Viola di Gamba 8' Octavin 2' Flötenbaß 8'  
Octave 4'      
Gemshorn 4'      
Quinte 2 2/3'      
Octave 2'      
Cornett 3f.      
Mixtur 3f.      

In Langenhessen gespielte Stücke:
Otto Dienel: Ach, bleib mit deiner Gnade >>>
Otto Dienel: Nun ruhen alle Wälder >>>
Otto Dienel: Wach auf, mein Herz und singe >>>
Otto Dienel: Wachet auf, ruft uns die Stimme >>>
Christian Heinrich Rinck: Wir glauben all an einen Gott >>>
Christian Heinrich Rinck: Wunderbarer König >>>
Johann Wilhelm Christian Carl Sauerbrey: Andantino D-Dur >>>
Johann Wilhelm Christian Carl Sauerbrey: Andantino g-moll >>>
Johann Gottlob Schneider: Adagio e-moll >>>
Johann Gottlob Schneider: Allegro con spirito C-Dur >>>
Robert Schumann: Fuge über den Namen BACH op. 60,3 >>>



LAUTERBACH (Stadt Marienberg, Erzgebirgskreis)
Ev. Wehrkirche




Unbekannter Erbauer um 1630, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

(Text folgt)

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Manual, CDEFGA-c3 Pedal, CDEFGA-c1  
Gedackt 8' Subbaß 16' Pedalkoppel (fest)
Principal 4' Octavenbaß 8' Tremulant
Gedackt 4'   Zimbelstern
Nasat 3'    
Octav 2'    
Superoctav 1'    
Sesquialtera 2f.    
Mixtur 2f.    

In Lauterbach gespielte Stücke:
Anonymus: Herzok Moritz Tantz >>>
Christoph Grimm: Praeludium in G >>>
Hans Leo Hassler: Magnificat primi toni >>>
Samuel Michaelis: Toccata a 3 ex F >>>
August Nörmiger: Churf. Sächs. Junger Herrschaft Erster Mummerey Tantz >>>
August Nörmiger: Churf. Sachs. Witwen Erster Mummerey Tantz >>>
August Nörmiger: Churfürst August säligers Mummerey Tantz >>>
August Nörmiger: Churfürst Christian säliger Tantz >>>
August Nörmiger: Der heiligenn drey Könige Auftzugk >>>
August Nörmiger: Der Mohren Auftzugk >>>
August Nörmiger: Von Gott will ich nicht laßen >>>
Christoph Walter: Fantasia primi toni >>>



LUMPZIG (Stadt Schmölln, Landkreis Altenburger Land)
Ev. Kirche




Erbauer: Johann Gottlob Mende (Leipzig) 1835, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Lumpzig ist ein Ortsteil der Stadt Schmölln im thüringischen Landkreis Altenburger Land, etwa 9 Kilometer nordwestlich von Schmölln. Der Ort liegt im Altenburg-Zeitzer-Lösshügelland, einem Teilstück der Leipziger Tieflandbucht. Im Gemeindegebiet entspricht ein Bach, der tatsächlich den Namen "Kleiner Jordan" trägt. Bekannt ist Lumpzig für den hier hergestellten Altenburger Ziegenkäse sowie die älteste erhaltene Bockwindmühle Thüringens aus dem Jahre 1732. Erstmals urkundlich genannt wurde „Lomzke“ im Jahre 1140. Das Gebiet war damals Teil des alten Pleißenlandes, dessen Besitz später mehrfach zwischen den Albertinern und den Ernestinern wechselte, bis es 1554 zum ernestinischen Herzogtum Sachsen und später bis 1918 zu Sachsen-Altenburg gehörte. Seit 1992 gehörte die Gemeinde Lumpzig zur Verwaltungsgemeinschaft Altenburger Land und 2019 erfolgte die Eingemeindung in die Stadt Schmölln. Die neugotische Saalkirche entstand 1829 bis 1830 nach Plänen des Leipziger Stadtbaudirektors Albert Geutebrück, nachdem die alte Kirche 1802 abgebrannt war. In Georg Dehios „Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler“ lesen wir: „Die bewußt gewählte Lage der Kirche am Ortsrand in Verbindung mit Baumbepflanzung und Landschaft spiegelt das Bestreben der romantischen Architekturauffassung der Neogotik wider, Architektur im Zusammenhang mit der Natur zu inszenieren. Flügelretabel von 1487 aus der 1829 abgetragenen Pfarrkirche in Großbraunstein, 1980 restauriert. Orgel 1835 von Johann Mende, Leipzig.“ Zitat Ende. Johann Gottlob Mende war einer der angesehensten Orgelmacher seiner Zeit. Johann Gottlob Schneider, der berühmte Dresdner Hoforganist, den man seinerzeit bewundernd den „Sächsischen Orgelkönig“ nannte, hatte im Rahmen seiner Tätigkeit mehrfach Orgeln Mendes abzunehmen und sich stets in höchstem Maße lobend geäußert.  
Johann Gottlob Mende wurde 1787 in Siebenlehn im heutigen Landkreis Mittelsachsen geboren. Er erlernte zunächst das Tischlerhandwerk. Als 1811 in Mendes Heimatort durch den Hallenser Orgelbauer Carl Heinrich Albrecht von Knoblauch eine neue Orgel errichtet wurde, finden wir Mende unter dessen Gesellen. Um 1820 machte er sich in Leipzig selbstständig. Rasch gelang es ihm, beachtliche Anerkennung zu erlangen, was sich etwa im 1825 erteilten Auftrag zum Umbau der Orgel in der Leipziger Thomaskirche zeigte. Trotz starker Konkurrenz nahm sein Schaffen danach einen raschen Aufschwung. Mende erbaute neben kleineren Instrumenten nicht wenige stattliche Werke, so etwa 1836 für die Protestantische Kirche in Moskau und 1841 in Podelwitz bei Leipzig. 1844 vollendete Johann Gottlob Mende in der Stadtkirche zu Belgern im Landkreis Nordsachsen ein Instrument mit 24 Stimmen, das fast vollständig erhalten ist. Eine 1845 für Freiberg geschaffene Orgel mit 30 Registern wurde 1976 nach Wismar verkauft, wo sie heute in der wunderbaren spätgotischen Nikolaikirche der Hansestadt ihren Klang optimal entfalten kann. Schon 1843 hatte Mende in der Pauliner- oder Universitätskirche zu Leipzig sein größtes Instrument mit 58 Registern auf drei Manualen und Pedal fertiggestellt. In ihrem Grundbestand trotz mehrfacher Umbauten erhalten geblieben, wurde die Kirche samt ihrer Orgel 1968 auf staatlichen Befehl gesprengt; für einen Ausbau des wertvollen Instruments blieb keine Zeit mehr. Nachdem Johann Gottlob Mende 1850 gestorben war, übernahm sein Mitarbeiter Leopold Kohl die Werkstatt und führte sie einige Jahre gemeinsam mit Mendes Witwe unter dem Namen „Kohl & Mende“ weiter; bevor er 1855 in Bautzen eine neue Firma unter eigenem Namen eröffnete. Zu allen Zeiten hatte Johann Gottlob Mende bedeutsame Schüler und Gesellen; ob Ludwig Weineck und Conrad Geißler aus Eilenburg, Julius Strobel aus Frankenhausen oder auch der junge Friedrich Ladegast und manch andere, alle kamen zu Mende nach Leipzig, um von dem bewunderten Meister zu lernen. 
Die 1835 vollendete Orgel in Lumpzig fasziniert noch heute durch ihre edle Intonation mit den kraftvollen, dabei runden und hervorragend aufeinander abgestimmten Principalen und den feinen Flöten. Im Hauptwerk mit einem Umfang bis zum d3 finden wir den klassischen Principalchor 8', 4' und 2' nebst Quinta 3', grundiert von einem Bordun 16', fein schattiert durch Gedackt und Gambe 8' und bekrönt von einer 3fachen Mixtur. Nicht sehr viel anders pflegten Silbermann und seine Zeitgenossen rund ein Jahrhundert zuvor die Hauptwerke ihrer Orgeln zu disponieren. Das um 1900 leicht dem damaligen Zeitgeschmack angepasste Oberwerk besitzt heute Geigenprincipal, Gedackt, Flöte und Aeoline 8' sowie ein Gedackt 4'. Das Pedal schließlich gibt mit Subbaß und Violon 16' sowie einem Principalbaß 8' das gehörige Fundament, dazu kommen eine Manual- und eine Pedalkoppel. Johann Gottlob Mendes Orgeln stehen klanglich und optisch in der Tradition Gottfried Silbermanns. Es gelang Mende, diese Tradition bruchlos hin zum neuen Klangempfinden der Romantik zu öffnen und mit diesem in glücklicher Weise zu verbinden.

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Hauptwerk, C-d3 Oberwerk, C-d3 Pedal, C-c1  
Bordun 16' Geigenprincipal 8' Subbaß 16' Manualkoppel
Principal 8' Gedackt 8' Violon 16' Pedalkoppel
Gedackt 8' Flöte 8' Principalbaß 8'  
Gambe 8' Aeoline 8'    
Octave 4' Gedackt 4'    
Quinte 3'      
Octave 2'      
Mixtur 3f.      
       
In Lumpzig gespielte Stücke:
Carl Karow: Christ ist erstanden >>>
Carl Karow: Christ, unser Herr, zum Jordan kam >>>
Carl Karow: Christus, der ist mein Leben >>>
August Mühling: Allein Gott in der Höh sei Ehr >>>
August Mühling: Mein Heiland nimmt die Sünder an >>>
August Mühling: Meinem Jesum laß ich nicht >>>
August Mühling: Nachspiel h-moll >>>
August Eberhard Müller: Allegro moderato G-Dur >>>
August Eberhard Müller: Andante d-moll >>>
Johann Gottlob Schneider: Allein Gott in der Höh sei Ehr >>>
Johann Gottlob Schneider: Christus, der ist mein Leben >>>
Johann Gottlob Schneider: Ein feste Burg ist unser Gott >>>
Johann Gottlob Schneider: Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort >>>



MARIENBERG (Erzgebirgskreis)
Ev. Stadtkirche 




Erbauer: Carl Eduard Schubert (Adorf) 1872-1879, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur (Hauptwerk mit Barkerhebel)

Die Große Kreisstadt Marienberg liegt im sächsischen Erzgebirgskreis südöstlich von Chemnitz. Rund 17.300 Einwohnerinnen und Einwohner leben in der Stadt, deren sehenswerter historischer Stadtkern um den Marktplatz in Anlehnung an die italienische Renaissance rechtwinklig angelegt ist. Nachdem 1519 die ersten Silberfunde im Tal des Schlettenbachs gemacht wurden, setzten bergbauliche Erschließungen der Umgegend ein, die Herzog Heinrich den Frommen 1521 zur Gründung der Bergstadt Marienberg veranlassten. Bereits 1523 wurde ihr das Stadt- und Bergrecht verliehen, 1525 erhielt die Stadt ein eigenes Bergamt. 1555 sind bereits über 1000 Zechen im Marienberger Revier nachweisbar. Von 1558 bis 1564 wurde die spätgotische Hallenkirche St. Marien erbaut. Nach einem Stadtbrand 1610 wurde die Kirche wiederaufgebaut, erhielt 1617 einen neuen Altar und 1669 bis 1675 ihre heutigen toskanischen Steinsäulen und das Kreuzgewölbe mit stuckierten Rippen. Die Orgel dieses Gotteshauses ist mit ihren 51 klingenden Stimmen auf drei Manualen und Pedal eines der schönsten und bedeutendsten Werke der Romantik in ganz Deutschland. Erbaut wurde das Instrument 1872 bis 1879 durch Carl Eduard Schubert, der zum Abschluss seiner Arbeiten einen Vierzeiler an die innere Gehäuserückwand anschrieb, der wie ein Motto über seinem ganzen Wirken stehen könnte. „Was ist das Leben? Eine Reise. Wohin? In eine bessere Welt. Wer geht den rechten Weg? Der Weise, der nicht den Schein für´s Wesen hält.“
Carl Eduard Schubert wurde 1830 in Halsbrücke bei Freiberg geboren. Er absolvierte zunächst eine Tischlerlehre und arbeitete dann in der Orgelbauerwerkstatt von Urban Kreutzbach in Borna. Seine eigene Werkstatt errichtete Schubert in Adorf und baute sodann 1858 bis 1860 sein op. 1 für die Kirche im böhmischen Roßbach, heute Hranice. Schubert baute seine Orgeln streng nach – wie er es nennt – „Silbermanns Prinzip“, zeitlebens hielt er an der mechanischen Schleiflade fest und bestand geradezu stur darauf, alle Teile selbst herzustellen und nicht aus einer der ihm verhassten „Orgel-Fabriken“ zu beziehen. Nach diesem Erstlingswerk erbaute Schubert in den 1860er Jahren eine ganze Reihe von meist kleineren Neubauten im Vogtland. 1869 bis 1876 arbeitete er an der Orgel in der Schloßkirche zu Chemnitz. Diese Arbeit führte Schubert fast in den wirtschaftlichen Ruin, es kam, wie es in den Akten heißt, zum Malheur der völligen Auspfändung. Und weiter heißt es: „Sein Streben geht stets dahin, alles, was er schafft, glanzvoll herzustellen, wozu er allerdings mehr Zeit und Geld brauchte als jeder andere Orgelbauer.“ Über der Arbeit an einer kleineren, zweimanualigen Orgel für Großzöbern gelang es Schubert nur langsam, diese schwere Niederlage mit Schloßchemnitz zu verwinden, um sich sodann dem großen Orgelbau in Marienberg zuzuwenden, der die bedeutendste künstlerische Aufgabe seines Lebens und Schaffens werden sollte. Schon 1872 hatte der Meister ein „Project“ vorgelegt, das auf drei Manualen und Pedal nicht weniger als 51 Register vorsah. Im Juni 1872 war der Kontrakt geschlossen worden, demzufolge die Orgel bereits Ende 1874 fertig werden sollte. Doch verzögerten die Schloßchemnitzer Verwicklungen und andere „Calamitäten“ die Arbeiten um fünf volle Jahre. Erst im Herbst 1877 war das Werk bis zum Intonieren herangearbeitet und im August 1879 konnte schließlich die festliche Einweihung stattfinden. Schubert baute auch sein größtes Werk ganz nach „Art der alten Meister“, mit Schleifladen und rein mechanischer Spiel- und Registertraktur. Lediglich das „Erste oder Haupt-Manual“ erhielt einen „pneumatischen Hebel“, eine Barkermaschine, zur Erleichterung der Spielart. Das Obermanual hingegen ist auch klanglich ganz nach Silbermanns Prinzip disponiert.
Nach dem Orgelbau in Marienberg schuf Schubert nur noch einige kleinere Orgeln und ab Mitte der 1880er Jahre musste er, der nie eine Meisterprüfung abgelegt hatte, sich mit kleineren Reparaturen und Stimmungsarbeiten durchschlagen. Zahlreiche menschliche Enttäuschungen, an denen Schubert nicht immer ganz unschuldig war und die andauernde wirtschaftliche Not führten letztlich dazu, dass sich Carl Eduard Schubert am 11. Januar 1900 das Leben nahm. Der Ort, an dem dies geschah, war die Silbermann-Orgel der Peter-und Paulskirche zu Reichenbach. Schuberts Meisterwerk, die Orgel in Marienberg, besitzt 51 Register auf drei Manualen und Pedal. Das Hauptwerk mit Stimmen von weitester Mensur besitzt zunächst den klassischen Prinzipalchor auf Basis des Principal 16' mit den Oktaven 8', 4' und 2', dazu Großquinte 6', Quinte 3' und bekrönt von einer 5fachen Mixtur, einer 4fachen Cimbel und einem 4fachen Cornett. Dazu besitzt das Hauptwerk Gamba, Bordun, ein Dolcissimo und eine Trompete 8', Spitzflöte 4' und eine Terz 1 3/5'. Die Register des Oberwerks bekamen enge Mensur. Hier finden wir Quintadena 16', sodann Principal, Salicional, Lieblich Gedackt und eine Oboe 8', Oktave, Rohrflöte und Flauto traverso 4', Nasat 3', Octave 2', eine Quinte 1 1/2' und ein glitzerndes Octävlein 1', dazu eine Sesquialtera und eine 4fache Mixtur. Das dritte Manual oder Nebenwerk enthält zehn Register von mittlerer Mensur. Es sind dies Bordun 16', Fugara, Rohrflöte, Gemshorn und Quintadena 8', Geigenprincipal, Gemshorn und Flauto dolce 4', eine 2fache Cimbel und ein Fagott 16' mit durchschlagenden Zungen. Das Pedal mit einem Tonumfang bis zum f1 erhielt zwölf „sorgsam abgestimmte“ Fundamentregister. Principalbaß, Violonbaß, Fugarabaß und Subbaß 16', einen Quintbaß 12', Oktavbaß und Cello 8', eine Octave 4', eine 2fache Cimbel und dann den Chor der Zungenstimmen: eine bemerkenswerte Posaune 32' mit durchschlagenden Zungen, sodann eine Posaune 16' und eine Trompete 8' mit aufschlagenden Zungen. Schubert konnte in der Klanggestaltung sein ganzes Genie entfalten und sich als einer der überragenden deutschen Orgelbauer seines Jahrhunderts zeigen; als ein Künstler vom Rang eines Silbermann oder Cavaillé-Coll, der es in einzigartiger Weise verstanden hat, den Glanz, die Klarheit und Transparenz des Barock mit der Monumentalität und der symphonischen Klangfülle der Romantik zu verbinden. 

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Hauptwerk, C-f3 Oberwerk, C-f3 Nebenwerk, C-f3 Pedal, C-f1  
Principal 16' Quintadena 16' Bordun 16' Principalbaß 16' Manualkoppel II-I
Octave 8' Principal 8' Quintadena 8' Violonbaß 16' Manualkoppel III-II
Bordun 8' Lieblich Gedackt 8' Fugara 8' Fugarabaß 16' Manualkoppel III-I
Gamba 8' Salicional 8' Rohrflöte 8' Subbaß 16' Pedalkoppel zu I
Dolcissimo 8' Octave 4' Gemshorn 8' Quintbaß 12' Pedalkoppel zu II
Großquinte 6' Rohrflöte 4' Geigenprincipal 4' Octavbaß 8'  
Octave 4' Flauto traverso 4' Gemshorn 4' Cello 8'  
Spitzflöte 4' Nasat 3' Flauto dolce 4' Octave 4'  
Quinte 3' Octave 2' Cimbel 2f. Cimbel 2f.  
Octave 2' Quinte 1 1/2' Fagott 16' Posaune 32'  
Terz 1 3/5' Octävlein 1'   Posaune 16'  
Cornett 4f. Sesquialtera 2f.   Trompete 8'  
Mixtur 5f. Mixtur 4f.      
Cimbel 4f. Oboe 8'      
Trompete 8'        

In Marienberg gespielte Stücke:
August Eduard Grell: Präludium Nr. 11 D-Dur >>>
August Eduard Grell: Präludium Nr. 12 G-Dur >>>
Christian Heinrich Rinck: Christ fuhr gen Himmel >>>
Christian Heinrich Rinck: Christ, unser Herr, zum Jordan kam >>>
Christian Heinrich Rinck: Christe, du Lamm Gottes >>>
Christian Heinrich Rinck: Durch Adams Fall ist ganz verderbt >>>
Christian Heinrich Rinck: Ermuntre dich, mein schwacher Geist >>>
Christian Heinrich Rinck: Mein Herzens Jesu, meine Lust >>>
Wilhelm Rudnick: Fantasie "Reformation" über "Ein feste Burg" op. 33 >>>
Johann Gottlob Schneider: Dir, dir, o Höchster, will ich singen >>>
Johann Gottlob Schneider: Wer nur den lieben Gott läßt walten >>>
Georg Andreas Sorge: Kleines Praeludium Nr. 21 a-moll >>>
Georg Andreas Sorge: Kleines Praeludium Nr. 22 a-moll >>>



PFAFFRODA (Stadt Olbernhau, Erzgebirgskreis)
Ev. Kirche St. Georg




Erbauer: Gottfried Silbermann (Freiberg) 1715, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Pfaffroda ist ein Ortsteil der Stadt Olbernhau im Erzgebirgskreis in Sachsen. Anfang des 13. Jahrhunderts legten „Pfaffen“ des Klosters Ossegg das Dorf Pfaffroda an, daher kommt auch der Ortsname. 1445 wurden Pfaffroda und der Nachbarort Schönfeld erstmals als Besitz der Herrschaft von Schönberg auf Purschenstein urkundlich erwähnt. Berghauptmann Caspar von Schönberg ließ 1575 bis 1578 das Schloss als Teil einer Reihe von Schutzbauten gegen Überfälle aus Böhmen errichten. 1950 und 1994 erfolgten die Eingemeindungen kleinerer Dörfer im Umland in die Gemeinde Pfaffroda, die ihrerseits 2017 zu einem Stadtteil der Stadt Olbernhau wurde. Die Pfarrkirche St. Georg, unmittelbar neben dem Schloß gelegen, erhielt ihre heutige Gestalt beim Wiederaufbau nach dem Dreißigjährigen Krieg in den Jahren 1665 bis 1671. Die Kirchenpatrone, die Herren von Schönberg, stifteten eine prachtvolle Ausstattung mit Altar, Kanzel und Taufstein. Sie waren es auch, die 1715 die neue Orgel beim damals noch weitgehend unbekannten Gottfried Silbermann bestellten. Der Bauvertrag ist leider nicht erhalten, doch erwähnt Silbermann ihn bei Verhandlungen über einen Orgelbau in der Freiberger Jakobikirche. Daher wissen wir auch, daß die Orgel in Pfaffroda 600 Taler kostete. Zum Vergleich: ein Taler entsprach 24 Groschen. Ein Maurerlehrling bekam damals 5 Groschen Tageslohn. In heutige Euro-Währung umgerechnet und auf ein heutiges Maurer-Lehrlingsgehalt bezogen, hätte die Orgel heute stolze 174.000 Euro gekostet.
Über Gottfried Silbermann sind zahlreiche Bücher und Aufsätze geschrieben worden. Darum hier seine Vita nur in Kurzfassung. Er wurde 1683 in Kleinbobritzsch bei Frauenstein geboren und gilt als der bedeutendste mitteldeutsche Orgelbauer der Barockzeit. Er erlernte sein Handwerk bei seinem älteren Bruder Andreas, der 1701 in Straßburg im Elsaß das Bürgerrecht erwarb und in dieser Gegend ebenfalls einer der berühmtesten Orgelbauer seiner Zeit wurde. 1710 kehrte der junge Meister nach Sachsen zurück und erbaute 1711 seine erste Orgel in seinem Heimatort Frauenstein und begann gleichzeitig mit dem Bau der großen Orgel im Freiberger Dom, die 1714 vollendet wurde und bis heute als das überragende Meisterwerk aus der Werkstatt des strebsamen Orgelbauers gilt. Von den bis zu seinem Tod 1753 errichteten 50 Orgelneubauten Silbermanns sind 31 erhalten und prägen bis heute die Orgellandschaft Sachsens nachhaltig. Ein Jahr nach der Vollendung der Freiberger Domorgel erbaute er als drittes Instrument aus seiner Werkstatt die Orgel in Pfaffroda, die bis heute so gut wie unverändert erhalten ist. Silbermann strebte eine regionale Monopolstellung in Sachsen an und ließ sich diese durch fürstliche Privilegien sichern. Lukrative Aufträge ins Ausland, etwa nach Moskau oder Petersburg lehnte er prinzipiell ab. Silbermann verwendete für seine Orgelbauten nur die besten Materialien, unter anderem hochprozentiges englisches Zinn. Von den Zeitgenossen wurde ihm höchstes handwerkliches und künstlerisches Niveau bescheinigt. Die Orgel in Pfaffroda wurde bereits 1928 erstmals instandgesetzt und 1967 bis 1968 erfolgte eine nach damaligen Grundsätzen stilgerechte Restaurierung durch die Firma Wilhelm Rühle aus Moritzburg. Nach fast 50 Jahren war 2015 – genau 300 Jahre nach der Vollendung durch Gottfried Silbermann - die Zeit für eine erneute Restaurierung des bedeutenden Instruments gekommen, die ebenfalls von der Orgelbauwerkstatt Rühle, nun unter der Leitung seines Sohnes Christoph Rühle, ausgeführt wurde. Die Orgel besitzt 14 Register auf einem Manual und Pedal. Das Manual mit einem Tonumfang vom Ton C bis zum c3 ohne das Cis besitzt zunächst einen original erhaltenen Principal 8' im Prospekt aus Englischem Zinn, sodann Gedackt und Quintadena 8', Octava und Rohrflöte 4', Nassat 3', Octava 2', Quinta 1 1/2', eine Sufflöt 1' und darüber ein 5faches Cornett, eine 3fache Mixtur und eine 2fache Cymbel. Das Pedal, das, wie bei Silbermann üblich, durch „a parte Ventile“ ins Manual einspielt, besitzt zwei Fundamentregister, nämlich Subbaß und Posaunenbaß 16'. Alles in allem eine für Gottfried Silbermann zeitlebens typische Klanggestaltung, die er bis hin zu seinen späten Werken kaum je variierte. Ebenso hielt Silbermann zeitlebens an einer gemildert mitteltönigen Temperatur fest, die auch in Pfaffroda nach genauer Untersuchung des Pfeifenmaterials wieder eingestimmt wurde. 

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Manual, CD-c3 Pedal, CD-c1  
Principal 8' Subbaß 16' Pedalkoppel (fest)
Gedackt 8' Posaunenbaß 16'  
Quintadena 8'    
Octava 4'    
Rohrflöte 4'    
Nassat 3'    
Octava 2'    
Quinta 1 1/2'    
Sufflöt 1'    
Cornett 5f.    
Mixtur 3f.    
Cymbel 2f.    

In Pfaffroda gespielte Stücke:
Johann Sebastian Bach: Allein Gott in der Höh sei Ehr >>>
Johann Sebastian Bach: Herzliebster Jesu >>>
Johann Sebastian Bach: Ich hab mein Sach Gott heimgestellt BWV 708 >>>
Johann Sebastian Bach: Ich hab mein Sach Gott heimgestellt BWV 708a >>>
Johann Sebastian Bach: Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ >>>
Johann Sebastian Bach: Sei Lob und Ehr BWV Anh. 62 >>>
Georg Andreas Sorge: Kleines Praeludium Nr. 19 A-Dur >>>
Georg Andreas Sorge: Kleines Praeludium Nr. 20 A-Dur >>>
Georg Andreas Sorge: Toccata per ogni modi >>>
Nicolaus Vetter (Zuschreibung): Herzliebster Jesu >>>



POMSSEN (Gemeinde Parthenstein, Landkreis Leipzig)
Ev. Wehrkirche




Erbauer: Gottfried Richter (Döbeln) 1671, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Pomßen ist ein Ortsteil der Gemeinde Parthenstein im Landkreis Leipzig, rund 20 Kilometer südöstlich der Universitätsstadt an der alten Straße von Leipzig nach Grimma an der Parthe, einem Nebenfluß der Weißen Elster. Pomßen, eine ursprünglich slawische Gründung und 1255 erstmals urkundlich genannt, war für Jahrhunderte einer der bedeutendsten Adelssitze Sachsens. Mittelpunkt des Rittergutes war eine Wasserburg, auf der zunächst die Familie Pflugk und ab 1536 die Familie von Ponickau residierte, die auch Patronatsherren der Kirche waren. Sie bauten die alte Burg Mitte des 16. Jahrhunderts in ein Schloss um, das 1849 seine heutige Gestalt in Anlehnung an die englische Tudorgotik erhielt. Heute leben rund 770 Einwohnerinnen und Einwohner in Pomßen, das seit 1994 zur neu gegründeten Gemeinde Parthenstein gehört. Die romanische Wehrkirche mit ihrem trutzigen Westturm entstand im 13. Jahrhundert und wurde im 16. und 17. Jahrhundert von den Herren von Ponickau prachtvoll ausgestattet. Nach einem Teileinsturz 1660 erfolgte in den nachfolgenden Jahrzehnten der Einbau neuer Decken, einer neuen Kanzel, einer zweistöckigen Patronatsloge und 1671 der Bau der Orgel hoch oben auf der zweiten Empore, die heute als eine der ältesten Orgeln Sachsens gilt. Manchmal liest man auch, sie sei „die“ älteste Orgel Sachsens, doch muß man mit solchen gut klingenden Superlativen gerade im Orgelbau immer sehr vorsichtig sein. Unbestritten ist sie jedoch eine der kostbarsten und reizvollsten Orgelschätze im Freistaat. 
Lange Zeit nahm man an, dass die Orgel in Pomßen um 1600 entstanden sei und 1671 durch den Orgelbauer Gottfried Richter lediglich umgebaut und um ein selbstständiges Pedal erweitert wurde. Die noch deutlich der späten Renaissance verhafteten Formen des Prospekts und die Tatsache, daß das Pedal etwas umständlich seitlich hinter der Orgel aufgestellt ist, ließen diesen Schluß begründet erscheinen. Bei der 2006 abgeschlossenen Restaurierung konnte durch dendrochronologische Untersuchungen des verwendeten Holzes - das zwischen 1647 und 1664 geschlagen wurde – nachgewiesen werden, daß die gesamte Orgel wohl tatsächlich 1671 erbaut wurde. Gottfried Richter wurde 1643 in Flöha geboren, erwarb 1666 das Bürgerrecht in Döbeln und wirkte in dieser Stadt nicht nur als Orgelbauer, sondern auch als Stadtrichter und Bürgermeister. Sein Grabstein ist neben der Nikolaikirche in Döbeln noch erhalten, er starb 1717. Wo er sein Handwerk erlernte, ist nicht bekannt. Er hatte noch einen jüngeren Bruder George Richter, der ab 1694 mit ihm zusammenarbeitete. Das 1671 mit einer opulenten barocken Orgelpredigt des Pomßener Magisters Weber und unter den Händen des Leipziger Nikolaiorganisten Werner Fabricius eingeweihte Instrument in Pomßen war eine der ersten Arbeiten Richters. Weitere Orgeln entstanden in den folgenden Jahren in Großböhla, in Hartha, in Grimma und 1694 in Teupitz, wo immerhin noch der Prospekt erhalten ist. Drei weitere Instrumente werden heute aufgrund der großen Ähnlichkeit mit der Pomßener Orgel mit großer Sicherheit Gottfried Richter zugeschrieben, jedoch ohne urkundlichen Nachweis. Es ist dies zunächst die Orgel in Lippersdorf im Erzgebirgskreis, als deren Baujahr 1670 gilt - somit wäre sie noch ein Jahr älter als das Werk in Pomßen. Vermutlich etwas später, um 1680 entstand die Orgel in Rossau bei Mittweida und 1693 die Orgel für die Kirche in Seelitz bei Rochlitz, die seit 1797 in Kleinolbersdorf bei Chemnitz steht. In dem Zusammenhang dürfen wir auch der leider 1957 stark veränderten Orgel in Lauterbach bei Marienberg im Erzgebirge die Aufmerksamkeit nicht versagen, die der Pomßener Orgel in vielen technischen und klanglichen Details sehr nahesteht. Die Flügeltüren in Pomßen sind wie die Brüstungsfelder der Emporen mit einem anmutigen Engelskonzert bemalt. Diese Darstellung folgt in allen Einzelheiten einem Kupferstich „Mariä Lobgesang“, den Johann Sadeler 1585 nach einem Altarbild des Antwerpener Malers Marten de Voos gefertigt hatte. Mit allerlei Instrumenten loben darin die geflügelten Heerscharen den Schöpfer.
1727 wurde in Pomßen bei der Trauerfeier für den verstorbenen Kammerherrn Johann Christoph von Ponickau die Bach-Kantate 157 – Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn – aufgeführt. Einer Überlieferung zufolge war Bach in jener Zeit auch mit seinem Rat an Erneuerungsarbeiten an der Pomßener Orgel beteiligt, die 1727 tatsächlich einen Violonbaß anstelle des unmodern gewordenen 2'-Cornetts erhielt. Außer dem Verlust zweier Register und dem Einbau neuer Klaviaturen 1887 durch Gottfried Hildebrandt aus Leipzig blieb das Instrument ansonsten in einem erstaunlich guten Zustand bewahrt, so daß bereits 1934 eine Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes inklusive der Rekonstruktion der frühbarocken "Schnurrpfeifereien" durchgeführt wurde, dem 2006 die denkmalgerechte Restaurierung durch Kristian Wegscheider aus Dresden folgte. Das Manual hat eine sogenannte kurze Oktave im Baß, ist nach oben bis zum c3 ausgebaut und besitzt neun Stimmen, die überwiegend original erhalten sind. Grobgedackt 8', Principal und Kleingedackt 4', Nassat 3', Octava 2', eine Sesquialtera im Diskant sowie die insgesamt fünffache Klangspitze, bestehend aus einer 3fachen Mixtur und einer gedoppelten Cymbel; dazu kommt eine 2006 nach dem Vorbild der Contius-Orgel in Abbenrode rekonstruierte Trompete. Im Pedal, ebenfalls mit kurzer Oktave, finden wir Subbaß 16', Violenbaß 8' sowie die Zungenstimmen Posaunen 16' und Cornetten 2'; dazu kommen eine Pedalkoppel, Tremulant, Cymbelstern und Vogelgesang. Gottfried Richters auf bemerkenswerte Weise rückwärtsgewandte Orgel in Pomßen gewährt uns einen aufregenden klingenden Blick in jene glanzvolle Epoche Kursachsens, in der vor nunmehr 350 Jahren die Herren von Ponickau ihr Gotteshaus so prächtig ausstatten ließen; die Epoche auf der Schwelle zum gerade auch in Sachsen so glanzvollen Barock. 

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Manual, CDEFGA-c3 Pedal, CDEFGA-c1  
Grobgedackt 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Principal 4' Violenbaß 8' Tremulant
Kleingedackt 4' Posaunen 16' Cymbelstern
Nassat 3' Cornetten 2' Vogelgesang
Octava 2'    
Sesquialtera 2f.    
Mixtur 4f.    
Cimbel 2f.    
Trompeten 8'    

In Pomßen gespielte Stücke:
Elias Nikolaus Ammerbach: Gelobet seistu Jesu Christ >>>
Elias Nikolaus Ammerbach: Lobet den Herren >>>
Elias Nikolaus Ammerbach: Puer natus in Bethlehem >>>
Johann Sebastian Bach: Meinen Jesum laß ich nicht, Choral aus BWV 157 >>>
Heinrich Michael Keller: Fuga in C >>>
Heinrich Michael Keller: Gelobet seist du, Jesu Christ >>>
Christian Michael: Courant in A >>>
Christian Michael: Courant in g >>>
Christian Michael: Toccata in e >>>
Jakob Paix: Mir ist ein feins brauns Maidelein >>>
Paul Siefert: Fantasia tertia >>>
Paul Siefert: Variationen "Puer natus in Bethlehem" >>>



REINHARDTSGRIMMA (Stadt Glashütte, Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge)
Ev. Kirche




Erbauer: Gottfried Silbermann (Freiberg) 1730-1731, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Muss man die Silbermann-Orgel in Reinhardtsgrimma überhaupt „vorstellen“? Ist sie doch durch zahlreiche Rundfunk- und Schallplattenaufnahmen seit den 1950er Jahren eine der bekanntesten historischen Orgeln Deutschlands. Schon 1933 äußerte sich der berühmte Helmut Walcha: „Dieses zweimanualige Werk Silbermanns gehört zu den schönsten Orgeln, die ich kenne. Der Klang dieser geradezu bezaubernd schönen Orgel ist eigentlich unbeschreiblich.“ Reinhardtsgrimma ist ein Ortsteil der Stadt Glashütte im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge im Freistaat Sachsen. Die Ortschaft befindet sich etwa 20 km südlich der Landeshauptstadt Dresden und etwa 6 km östlich der Großen Kreisstadt Dippoldiswalde. Sie liegt am Nordhang des Osterzgebirges zwischen den für die Region markanten Flüssen Rote Weißeritz und Müglitz zu beiden Seiten des Lockwitzbaches. Reinhardtsgrimma wurde 1206 erstmals urkundlich erwähnt. 1765–1767 wurde das barocke Schloss in seiner heutigen Form durch Oberlandbaumeister Johann Friedrich Knöbel im Auftrag von Kammerrat Johann Christoph Lippold im spätbarocken Stil mit englischen Park errichtet. 2008 erfolgte die Eingemeindung der heute knapp über 3.000 Einwohnerinnen und Einwohner zählenden Gemeinde Reinhardtsgrimma in die Stadt Glashütte. Die spätgotische Kirche wurde 1742 umgebaut. Der Altar mit dem Relief des Abendmahls stammt aus dem Jahre 1602. Bedeutendstes Ausstattungsstück ist jedoch die 1731 eingeweihte Orgel aus der Werkstatt von Gottfried Silbermann.
Über Gottfried Silbermann sind zahlreiche Bücher und Aufsätze geschrieben worden. Darum hier nur in Kürze seine Vita. Er wurde 1683 in Kleinbobritzsch bei Frauenstein geboren und gilt als der bedeutendste mitteldeutsche Orgelbauer der Barockzeit. Er erlernte sein Handwerk bei seinem älteren Bruder Andreas, der 1701 in Straßburg im Elsaß das Bürgerrecht erwarb und in dieser Gegend ebenfalls einer der berühmtesten Orgelbauer seiner Zeit wurde. 1710 kehrte der junge Meister nach Sachsen zurück und erbaute 1711 seine erste Orgel in seinem Heimatort Frauenstein und begann gleichzeitig mit dem Bau der großen Orgel im Freiberger Dom, die 1714 vollendet wurde und bis heute als das überragende Meisterwerk aus der Werkstatt des strebsamen Orgelbauers gilt. Von den bis zu seinem Tod 1753 errichteten 50 Orgelneubauten Silbermanns sind 31 erhalten und prägen bis heute die Orgellandschaft Sachsens nachhaltig. Silbermanns Orgeln zeigen in ihrer klanglichen, technischen und architektonischen Gestalt ein klares und konsequent angewandtes Konzept. Dies gilt sowohl für die äußere als auch für die musikalische Gestaltung. Von dieser Linie wich Silbermann, dem man eine konservative Haltung nachsagte, zeitlebens nie ab. Silbermann strebte eine regionale Monopolstellung an und ließ sich diese durch fürstliche Privilegien sichern. Lukrative Aufträge ins Ausland, etwa nach Moskau oder Petersberg lehnte er prinzipiell ab. Silbermann verwendete für seine Orgelbauten die besten Materialien, unter anderem hochprozentiges englisches Zinn. Von den Zeitgenossen wurde ihm höchstes handwerkliches und künstlerisches Niveau bescheinigt. Die Intonation des Pfeifenwerks behielt sich der Meister immer selber vor. Soweit bekannt, wurden bei keiner Orgelabnahme Mängel am Instrument festgestellt oder Nachbesserungen gefordert. Auch baute Silbermann in seiner Werkstatt Cembali, Clavichorde und Hammerflügel. Der Vertrag für die Orgel in Reinhardtsgrimma wurde 1729 unterzeichnet und sollte 800 Taler kosten. Sie ist bis heute nahezu im Originalzustand erhalten. Besonders wertvoll ist auch der original erhaltene Prospekt-Principal 8' aus bestem Englischem Zinn.
Gottfried Silbermanns op. 21 in der Dorfkirche zu Reinhardtsgrimma hat im Grunde unverändert die Zeiten bis heute überdauert. Selbst die ansonsten oftmals radikal erneuernden Orgelbauer und Musiker im 19. und frühen 20. Jahrhundert erkannten den außergewöhnlichen Wert des Instruments und so blieb es bei kleineren Überholungen und Stimmungen. Ab 1940 hatte die Firma Jehmlich aus Dresden die Orgel in Pflege und die letzte größere Restaurierung erfolgte 1997 durch den ebenfalls in Dresden ansässigen Orgelbauer Kristian Wegscheider. Die Orgel besitzt 19 Register auf zwei Manualen und Pedal. Das Hauptwerk, das ebenso wie das Hinterwerk vom Ton C bis zum c3 ohne Cis geht, besitzt Principal, Rohrfleute und Quintadena 8', Octava und Spitzfleute 4', Quinta 3', Octava 2' sowie ein 3faches Cornett und eine 4fache Mixtur. Das Hinterwerk ist mit sieben für Silbermann höchst charakteristischen Stimmen besetzt. Wir finden hier Gedackt 8', Rohrfleute 4', Naßat 3', Tertia 1 3/5', Quinta 1 1/2', eine Suffleute 1' sowie eine 2fache Cimbel. Das Pedal, das zwei Oktaven bis zum c1 enthält, besitzt Subbaß und Posaunenbaß 16' sowie einen Octavenbaß 8'. Dazu kommt eine Manualschiebekoppel, eine später hinzugefügte Pedalkoppel und ein Tremulant. Nicht nur der zu Beginn zitierte Helmut Walcha war von dem Instrument in Reinhardtsgrimma begeistert; ich kenne keine Organistin oder keinen Organisten, der nicht beeindruckt wäre von "dem singenden Ton, den herben Prinzipalen, den silbrigen Mixturen und dem warmen, weichen Klang der Flöten", um Walcha nochmals zu zitieren. Und so dürfen auch wir Heutigen dem Organisten Jacob Lehmann aus Dippoldiswalde beipflichten, der zur Einweihung der Orgel in Reinhardtsgrimma 1731 schrieb: „Nun, weil man sich daran nicht sattsam hören kann, so bleibst du, Silbermann, ein silber feiner Mann!“

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Disposition:

Hauptwerk, CD-c3 Hinterwerk, CD-c3 Pedal, CD-c1  
Principal 8' Gedackt 8' Subbaß 16' Manualkoppel
Rohrfleute 8' Rohrfleute 4' Octavenbaß 8' Pedalkoppel
Quintadena 8' Naßat 3' Posaunenbaß 16' Tremulant
Octava 4' Tertia 1 3/5'    
Spitzfleute 4' Quinta 1 1/2'    
Quinta 3' Suffleute 1'    
Octava 2' Cimbel 2f.    
Cornett 3f.      
Mixtur 4f.      

In Reinhardtsgrimma gespielte Stücke:
Johann Sebastian Bach: Partita "O Gott, du frommer Gott" BWV 767 >>>
Johann Sebastian Bach: Präludium und Fuge G-Dur BWV 557 >>>
Gottfried Ernst Pestel: Praeludium ex B >>>
Georg Andreas Sorge: Praeludium C-Dur >>>
Georg Andreas Sorge: Sollt ich meinem Gott nicht singen >>>
Georg Andreas Sorge: Vater unser im Himmelreich >>>



RÜSSEINA (Stadt Nossen, Landkreis Meißen)
Ev. Kirche




Erbauer: Carl Eduard Jehmlich (Dresden) 1871, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Rüsseina ist ein Gemeindeteil der sächsischen Stadt Nossen im Landkreis Meißen. Der Ort liegt etwa 6 Kilometer nord-nordwestlich von Nossen in der Mitte Sachsens. Bereits 1090 wird „Rocina“ als Pfründe des Doms zu Meißen erwähnt. In einem Lexikon aus dem Jahre 1822 lesen wir: „Rüsseina liegt in einer fruchtbaren und angenehmen, auch mehrere Aussichten ins Niederland darbietenden, hügeligen Gegend. Der Ort hat mit Kleßig zusammen 22 Hufen und in 60 Häusern gegen 350 Bewohner. In Rüßeina sowohl, als in Kleßig, ist eine Wassermühle, und in ersterem ein Wirthshaus. Das Dorf ist in Wohlstand, und daher gut gebaut.“ 1994 wurde aus den damaligen Gemeinden Raußlitz, Rüsseina und Ziegenhain die Gemeinde Ketzerbachtal neugebildet. Mit Auflösung der Gemeinde Ketzerbachtal kam der Ort 2014 zur Stadt Nossen. 1782 bis 1786 wurde die bestehende Kirche grundlegend erneuert und erweitert. Während das alte Kirchenschiff in West für Gottesdienste vorerst stehenblieb, wurde damals an den vorhandenen Turm ein zweites, größeres Schiff in der Form eines Saalbaus angebaut – dadurch ist der First des Kirchenschiffs lediglich ca. 1 Meter niedriger als der des Turms. Der imposante Kirchraum bietet über 1.200 Menschen Platz und das war seinerzeit auch notwendig, denn im 18.Jahrhundert waren rund 25 Orte nach Rüsseina gepfarrt. Heute leben in Rüsseina noch knapp 200 Einwohnerinnen und Einwohner. 1785 erbaute der Orgelbauer Richter aus Lommatzsch eine Orgel in die erweiterte Kirche ein. 1871 erfolgte der Bau des heutigen Instruments durch den Königlich Sächsischen Hoforgelbauer Carl Eduard Jehmlich aus Dresden.
Die Geschichte der Orgelbauerdynastie Jehmlich beginnt 1808, als die Brüder Gotthelf Friedrich, Johann Gotthold und Carl Gottlieb im erzgebirgischen Cämmerswalde eine Orgelbaufirma gründeten. Nach kleineren Bauten in Böhmen errichteten sie 1818 ihr erstes Werk in Sachsen in Lauenstein. Diese Orgel war bis 2003 erhalten, dann ist sie einem Brand zum Opfer gefallen. 1826 übersiedelte Johann Gotthold Jehmlich nach Dresden und 1836 wurde er zum Königlich Sächsischen Hoforgelbauer ernannt. Er übernahm in der Folgezeit u. a. die Pflege und Reparatur der großen Silbermann-Orgeln in Dresden und Freiberg. 1862 übernahm sein 1824 geborener und aus Zwickau stammender Neffe Carl Eduard Jehmlich die Werkstatt in Dresden. Auch er erhielt den Titel eines Hoforgelbauers und schuf bis zu seinem Tod 1889 etwa 50 Orgeln, darunter auch für Rußland und Polen. Unverkennbar ist in seinen Bauten noch die Orientierung an der in Sachsen immer noch lebendigen Silbermann-Tradition. Carl Eduard Jehmlich verstand es in vorbildlicher Weise, stilistische Neuerungen mit den Grundsätzen dieser barocken, auf Silbermann zurückgehenden Grundsätze zu verbinden. Herausragende Instrumente dieser zweiten Generation sind beispielsweise die Orgeln für Niederoderwitz, 1874 mit 50 Registern auf 3 Manualen und Pedal erbaut, oder die 1887 erbaute Orgel für die Martin-Luther-Kirche in Dresden-Neustadt mit ebenfalls 3 Manualen und 60 Registern. Beide Instrumente sind in stark umgebauten Zustand bis heute erhalten. Relativ unverändert erhalten ist beispielsweise eine Orgel mit 32 Registern aus dem Jahre 1883 in Neugersdorf, oder die 1866 erbaute Orgel mit 29 Stimmen in Dahlen. Die Orgel in Rüsseina hat nahezu im Originalzustand die Zeiten überdauert und ist darum mit ihren 27 Registern auf zwei Manualen und Pedal ein wichtiges Zeugnis für die Kunst der Orgelbauerfamilie Jehmlich in der zweiten Generation. Nach dem Tod Carl Eduard Jehmlichs übernahmen seine Söhne Emil und Bruno die Werkstatt und erbauten in dritter Generation etwa 450 Orgeln, auch für England, Schweden, die Schweiz und Mexiko. 1888 schufen sie - gemeinsam mit ihrem Vater Carl Eduard - die erste sächsische Orgel mit pneumatischer Traktur. 1938 übernahmen Otto und Rudolf Jehmlich die Werkstattleitung. Bis 1972 wurden etwa 400 Orgeln erbaut, darunter etwa 1963 die Orgel der Dresdner Kreuzkirche mit 76 Registern. Nach der Verstaatlichung 1972 als VEB Orgelbau Dresden übernahm Horst Jehmlich die Leitung. In der Folgezeit entstanden große Instrumente etwa für die Konzerthalle "Georg Philipp Telemann" in Magdeburg mit 62 Stimmen sowie das Instrument für das Berliner Konzerthaus am Gendarmenmarkt, das frühere Schauspielhaus mit 74 Registern. 1990 wurde das Unternehmen reprivatisiert. Seit 2006 ist in sechster Generation Ralf Jehmlich Geschäftsführer.
Die Orgel in Rüsseina wurde 1871 von Carl Eduard Jehmlich als opus 63 mit 27 Stimmen auf zwei Manualen und Pedal errichtet. In der Disposition vereinen sich traditionelle, Silbermannsche Prinzipien mit den klanglichen Einflüssen der Hochromantik. Die beiden Manuale haben je einen Umfang vom Ton C bis zum e3. Das Hauptwerk besitzt 11 Register auf Grundlage eines mächtigen Prinzipalchors auf Basis des Principal 16' mit den Principalen und Oktaven 8', 4' und 2' nebst Quinta 3'. Dazu finden sich die teils sonoren, teils sanften Stimmen Rohrflöte, Gamba und Gemshorn 8' und Spitzflöte 4' sowie als Klangkrone ein 4faches Cornett und eine 4fache Mixtur. Das Oberwerk besitzt 10 wohl gewählte Stimmen, auch hier finden wir mit dem Quintatön ein Register in 16'-Lage. Es folgen Principal, Gedackt, Fugara und Quintatön 8', Octave und Rohrflöte 4', eine Quinte 3', die Octave 2' und eine 3fache Mixtur. Das Pedal, das einen Tonumfang bis zum d1 aufweist, besitzt eine mächtige Disposition mit Principalbaß und Subbaß 16', einem Quintbaß 10 2/3', Octavbaß 8' sowie die beiden Zungenstimmen Posaunenbaß 16' und Trompetenbaß 8'. 2005 wurde die Orgel durch die Jehmlich Orgelbau Dresden GmbH denkmalgerecht restauriert. 

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Disposition:

Hauptwerk, C-e3 Oberwerk, C-e3 Pedal, C-d1  
Principal 16' Quintatön 16' Principalbaß 16' Manualkoppel
Principal 8' Principal 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Rohrflöte 8' Gedackt 8' Quintbaß 10 2/3'  
Gemshorn 8' Quintatön 8' Octavbaß 8'  
Gamba 8' Fugara 8' Posaunenbaß 16'  
Octave 4' Octave 4' Trompetenbaß 8'  
Spitzflöte 4' Rohrflöte 4'    
Quinte 3' Quinte 3'    
Octave 2' Octave 2'    
Cornett 4f. Mixtur 3f.    
Mixtur 4f.      

In Rüsseina gespielte Stücke:
Johann Ludwig Böhner: Ach Herr, mich armen Sünder >>>
Johann Ludwig Böhner: Adagio und Fuge f-moll >>>
Johann Ludwig Böhner: Andante F-Dur >>>
Johann Ludwig Böhner: Andante und Fuge D-Dur >>>
Johann Ludwig Böhner: Es ist das Heil uns kommen her >>>
Johann Ludwig Böhner: Fuga "Ein feste Burg ist unser Gott" >>>
Johann Ludwig Böhner: Fuga f-moll >>>
Johann Ludwig Böhner: Fuga-Nachspiel Es-Dur >>>
Johann Ludwig Böhner: Präludium a-moll >>>
Johann Ludwig Böhner: Präludium B-Dur >>>
Johann Ludwig Böhner: Valet will ich dir geben >>>
Johann Ludwig Böhner: Wer nur den lieben Gott läßt walten I >>>
Johann Ludwig Böhner: Wer nur den lieben Gott läßt walten II >>>
Johann Ludwig Böhner: Variationen "Wer nur den lieben Gott läßt walten" op. 24 >>>
Johann Ludwig Böhner: Variationen "Wer nur den lieben Gott läßt walten" op. 50 >>>



STÖRMTHAL (Gemeinde Großpösna, Landkreis Leipzig)
Ev. Kreuzkirche




Erbauer: Zacharias Hildebrandt (Freiberg) 1722-1723, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

„Höchsterwünschtes Freudenfest, das der Herr zu seinem Ruhme Im erbauten Heiligtume Uns vergnügt begehen lässt.“ So beginnt der Text der Bach-Kantate 194 zur Einweihung der Kirche in Störmthal, die der frisch ernannte Thomaskantor am 2. November 1723 mit seinen Sängern und Instrumentalisten daselbst aufführte. Dass Störmthal heute noch steht, ist nur dem Ende des Braunkohletagebaus Espenhain zu verdanken; denn ursprünglich sollte Störmthal, das 1306 erstmals in einer Urkunde des Klosters Pegau erwähnt wird, bis zum Jahre 2025 mitsamt seiner Kirche, dem alten Pfarrhaus, in dem sich heute ein gemütliches und liebevoll betriebenes Café befindet und all seinen Häusern devastiert, also abgebaggert werden. Die berühmte Orgel von Zacharias Hildebrandt hätte man sicher versetzt, doch der historische Zusammenhang mit Kirche und Ort wäre unwiederbringlich zerstört gewesen. Heute hat Störmthal am Nordostufer des Störmthaler Sees, der durch Flutung des alten Tagebaus entstand und nahe der Autobahn A38, wieder rund 500 Einwohnerinnen und Einwohner und gehört zur Gemeinde Großpösna im Landkreis Leipzig. Eine Kirche besaß der Ort bereits vor der Reformation. Im Jahre 1675 erwarben die Freiherren von Fullen das Rittergut in Störmthal und waren zugleich Patronatsherren der Kirche. Sie hatten hohe Ämter am Dresdner Hof inne, so war Statz Hilmar von Fullen, Rittergutsbesitzer und Kirchenpatron von 1703 bis 1751 „kurfürstlich-sächsischer Kammerherr und Oberhofrichter, auch Obersteuereinnehmer“. Die Kosten der Reise Bachs und seiner Thomaner hatte der Kammerherr übrigens aus seiner Privatschatulle bestritten. 
Zacharias Hildebrandt wurde 1688 in Münsterberg in Schlesien, heute Ziębice, etwa 50 Kilometer südlich von Breslau geboren. Zunächst hatte er wohl bei seinem Vater das Wagnerhandwerk erlernt und kam dann 1713 zu Gottfried Silbermann nach Freiberg, um von ihm die Kunst des Orgelbaus zu erlernen. Hildebrandt zeigte sich als treuer und fleißiger Schüler seines Meisters. 1722 vollendete er sein noch erhaltenes Meisterstück in der Kirche zu Langhennersdorf mit 22 Registern auf zwei Manualen und Pedal, bevor er im gleichen Jahr heiratete und Freiberger Bürgerrecht erwarb. Nach der Orgel in Störmthal mit ihrem „Hocherwünschten Freudenfest“ „erhub sich ein Streit“, denn anläßlich des mit Hildebrandt 1724 veraccordierten Baus der Orgel in Lengefeld im Erzgebirge sah sich Silbermann in einem Privileg verletzt. Der Streit beschäftigte alsbald die Gerichte und konnte erst vor dem König zu einem Kompromiß gebracht werden. Hildebrandt durfte in der Folge in Kursachsen Aufträge nur mit Silbermanns ausdrücklichem Einverständnis annehmen und mußte ihm dafür "von jedem hundert der veraccordierten Arbeit vier Taler ohne alle Weigerung bar und richtig bezahlen. Im Verweigerungsfalle aber will er geschehen lassen, daß Herr Silbermann wider ihn nach Wechselrecht, wo er nur anzutreffen sei, gleich verfahren und die Zahlung eintreiben möge." So lange Silbermann lebte, hatte Hildebrandt hierunter zu leiden. Er verlegte daraufhin seine Werkstatt 1724 zunächst nach Liebertwolkwitz bei Leipzig, 1727 nach Sangerhausen und 1734 nach Leipzig. Seit 1730 durfte er den Titel eines "Fürstlich-sächsisch-weißenfelsischen Hoforgelmachers" führen.  Aus seinem Schaffen erhalten sind die 1728 vollendete Orgel in der Jakobikirche zu Sangerhausen mit 27 Registern, dann zwei kleinere einmanualige Orgeln in Pölsfeld und Sotterhausen, die 1728 bzw. 1730 vollendet wurden; beide Dörfer liegen im Umkreis von Sangerhausen im heutigen Landkreis Mansfeld-Südharz. Und dann natürlich die berühmte, 1746 erbaute Orgel in der Stadtkirche St. Wenzel zu Naumburg mit ihren 53 klingenden Stimmen, die bekanntlich gemeinsam von Johann Sebastian Bach und Gottfried Silbermann examiniert wurde. Nach Silbermanns schwerer Erkrankung stellte Zacharias Hildebrandt gemeinsam mit seinem 1724 in Störmthal geborenen Sohn Johann Gottfried und einigen anderen Gesellen dessen letzte Orgel in der Dresdner Hofkirche fertig. Über dem Bau der Orgel für die Dresdner Dreikönigskirche starb Zacharias Hildebrandt 1757. Sein Sohn vollendete den Bau, blieb in Dresden, avancierte später dort zum Hoforgelmacher und verschied 1775. 
Die Orgel in Störmthal ist außergewöhnlich gut erhalten. Zwar hat man 1905 zwei romantische Streicherstimmen auf pneumatischen Zusatzladen eingebaut, doch hat man dabei das überlieferte Klanggut nicht angetastet. 1934 bereits erfolgte eine erste Restaurierung und Rückführung auf den Originalzustand durch die Firma Hermann Eule aus Bautzen, die 2008 auch die bislang letzten Arbeiten an dem wertvollen Werk ausführten. Die Disposition der 14 Stimmen hat Ulrich Dähnert, der Altmeister der sächsischen Orgelforschung, so beschrieben: "Der kräftige, obertonreiche Klang der Orgel steht in rechtem Verhältnis zur Größe und Beschaffenheit des Raumes. Die Intonation zeichnet sich auch heute noch durch überraschende Schönheit aus und zeugt von der außergewöhnlichen künstlerischen Befähigung des Meisters, der hierin Silbermann keineswegs nachstand. Der kraftvolle, herbe Klang des an Aliquotstimmen reichen Werkes läßt ausgeprägte Eigenart erkennen, die man nicht mit Worten beschreiben kann." Zitat Ende. Im Manual, das bis zum c3 ausgebaut ist, stehen Principal, Gedackt und Quintadena 8', Praestant und Rohrflöte 4', Nasat 3', Octava 2', Tertia 1 3/5', Quinta 1 1/2', eine Sufflet 1' sowie ein 3faches Cornett und eine 3fache Mixtur. Im Pedal finden wir nur Subbaß und Posaune 16', dazu kommen eine Pedalkoppel und ein Tremulant. 

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Disposition:

Manual, CD-c3 Pedal, CD-c1  
Principal 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Gedackt 8' Posaune 16' Tremulant
Quintadena 8'    
Praestant 4'    
Rohrflöte 4'    
Nassat 3'    
Octava 2'    
Tertia 1 3/5'    
Quinta 1 1/2'    
Sufflet 1'    
Cornett 3f.    
Mixtur 3f.    

In Störmthal gespielte Stücke:
Johann Sebastian Bach: Allein Gott in der Höh sei Ehr BWV 677 >>>
Johann Sebastian Bach: Christe, aller Welt Trost BWV 673 >>>
Johann Sebastian Bach: Kyrie, Gott Heiliger Geist BWV 674 >>>
Johann Sebastian Bach: Kyrie, Gott Vater in Ewigkeit BWV 672 >>>
Johann Sebastian Bach: Präludium h-moll BWV 869 >>>
Johann Sebastian Bach: Vater unser im Himmelreich BWV 683 >>>
Johann Sebastian Bach: Wach auf, mein Herz und singe, Choral aus BWV 194 >>>
Johann Sebastian Bach: Wir glauben all an einen Gott BWV 681 >>>
David Heinrich Garthoff: Praeludium und Fuge in d >>>
David Heinrich Garthoff: Praeludium und Fuge in E >>>
Johann Gottfried Walther: Partita "Jesu, meine Freude" >>>



TORGAU (Landkreis Nordsachsen)
Ev. Friedhofskapelle




Erbauer: Johann Christian Friedrich Flemming (Torgau) 1793, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Stadt Friedrichs des Weisen, politisches Zentrum der Reformation, Stadt der Begegnung von sowjetischer und amerikanischer Armee am Ende des Zweiten Weltkriegs – Torgau hat auf vielfältige Weise deutsche und europäische Geschichte mitgeschrieben. Im Norden des Freistaates Sachsen an der Elbe gelegen, entwickelte sich das 973 erstmals urkundlich genannte "Torgove" im Mittelalter zu einem wichtigen Zentrum des Fernhandels. Herren der sie umgebenden Mark Meißen waren die Wettiner. Herzog Ernst machte Torgau nach der Leipziger Teilung 1485 zu seiner Residenz. Martin Luther fand in Ernsts Nachfolger Friedrich dem Weisen einen mächtigen Fürsprecher und 1544 wurde die Schloßkapelle von Schloß Hartenfels als erste Kirche in Deutschland ganz nach den Vorstellungen des Reformators erbaut und von Lucas Cranach ausgeschmückt. Schon 1524 wurde in Torgau das erste evangelische Kirchengesangbuch von Johann Walter herausgegeben. Luthers Ur-Kantor, 1496 in Kahla bei Jena geboren und seit 1526 in Torgau Leiter der ersten städtisch-bürgerlichen Kantorei, schuf damit bis heute gültige Grundlagen für die evangelische Kirchenmusik. Die nach und nach abnehmende Bedeutung Torgaus spätestens ab dem Dreißigjährigen Krieg führte dazu, dass die Bautätigkeit stark nachließ und bis heute ein einzigartig geschlossenes Stadtbild mit Bauwerken aus Spätgotik und Renaissance erhalten ist. Im Zuge des 1810 beschlossenen Ausbaus der Stadt zur Landesfestung wurde der bisherige städtische Friedhof um die Hospitalkirche in die heutige Dommitzscher Straße am Rande Torgaus verlegt und 1811 eröffnet. Zwischen 1900 und 1905 erhielt die Anlage ein neues Portal und eine neue Friedhofskapelle mit Anklängen an den Jugendstil. Das zweckmäßig schlichte Innere wird seit 2011 durch eine historische Orgel aus der Werkstatt des Torgauer Orgelbauers Johann Christian Friedrich Flemming bereichert.
 
Der Stammvater der Torgauer Orgelbauerfamilie Flemming, Johann Christian, stammte aus Uebigau an der Schwarzen Elster in Südbrandenburg, wo er um 1705 geboren wurde. Über seinen Werdegang ist bis jetzt nichts bekannt geworden. 1730 hat er noch in Uebigau geheiratet, ist aber im selben Jahr mit Reparaturarbeiten erstmals in Torgau nachweisbar, wohin er alsbald seine Werkstatt verlegt haben dürfte. Seine ersten eigenen, aber nicht erhaltenen Orgeln entstanden 1738 und 1740 in Leipnitz und Fremdiswalde, beide Orte liegen nahe der Stadt Grimma. 1745 wurde in Torgau sein Sohn Johann Christian Friedrich Flemming geboren, der seine Ausbildung vermutlich in der väterlichen Werkstatt erhielt. Die charakteristischen Dispositionen Flemmings – immer mit Flaute major und minor sowie auch meist, selbst bei kleineren Werken mit einem hellglitzernden 1' – lassen deutlich den Einfluß Johann Ernst Hähnels erkennen. Es wäre durchaus möglich, daß sowohl Vater als auch Sohn Flemming für einige Zeit bei diesem bedeutenden Meister in Lohn und Brot standen, der seine Werkstatt zunächst in Meißen, ab 1756 dann in Wermsdorf bei Oschatz hatte. Jedoch kommen auch andere, aus Hähnels Schule hervorgegangene Orgelbauer als Lehrmeister in Betracht wie etwa Johann Ephraim Hübner in Grimma oder Johann Christian Pfennig in Kröbeln; dieser Ort liegt nur rund 20 Kilometer südlich von Uebigau, woher ja der Vater stammte. Nach dessen Tod 1775 übernahm sein Sohn, der bei seiner Heirat 1771 bereits als „berühmter Orgelbaumeister“ bezeichnet wird, die väterliche Werkstatt und baute erstmals eigenständig 1776 ein Werk für die Dorfkirche zu Radefeld bei Schkeuditz, die mit ihren 11 Registern bis heute erhalten ist. Weitere erhaltene Instrument von Flemming finden wir in Klitzschen bei Mockrehna von 1780, in Panitzsch bei Borsdorf 1786, in Großwig bei Torgau von 1787, in Altherzberg bei Herzberg an der Elster von 1790 und in Leipzig-Lindenthal von 1792. 1793 bis 1795 erbaute Flemming für die Marienkirche seiner Heimatstadt Torgau sein größtes Instrument mit 26 Stimmen auf zwei Manualen und Pedal, die allerdings schon 1871 durch einen Neubau von Conrad Geißler ersetzt wurde. 1793 entstand auch die kleine Orgel, die seit 2011 in der Torgauer Friedhofskapelle steht. Erbaut wurde sie für die Kirche des Dorfes Drebligar, das ist ein Ortsteil der Gemeinde Elsnig und liegt rund 10 Kilometer nordwestlich von Torgau Richtung Dommitzsch. Um 1970 gelangte das kleine Instrument dann nach Torgau und wurde nach der Restaurierung 1987 in der Schloßkirche von Schloß Hartenfels aufgestellt.  
Nach dem Bau einer neuen Orgel in der Torgauer Schloßkirche im Klangstil der Reformationszeit 1994 wurde die kleine Flemming-Orgel als Chororgel in die Marienkirche versetzt. Schließlich fand sie 2011 anläßlich der 200-Jahr-Feier des heutigen Friedhofs auf Initiative des verdienstvollen, langjährigen Torgauer Kantors Ekkehard Saretz einen neuen Platz in der Friedhofskapelle. Das Manual mit einem Umfang bis zum c3 ohne das Cis besitzt die Stimmen Flauto major und Flauto traverso 8', Principal und Flauto minor 4', Octava 2', Quinta 1 1/3' sowie Siff Flauto 1', dazu kommt ein Tremulant. Ursprünglich pedallos konzipiert, verfügt die kleine Orgel heute über ein angehängtes Pedal. 

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Disposition:

Manual, CD-c3 Pedal, CD-c1  
Flauto major 8' angehängt Tremulant
Flauto traverso 8'    
Principal 4'    
Flauto minor 4'    
Octava 2'    
Quinta 1 1/3'    
Siff Flauto 1'    

In Torgau gespielte Stücke:
Michael Gotthard Fischer: Fuga I d-moll >>>
Michael Gotthard Fischer: Fuga II d-moll >>>
Johann Kaspar Kerll: Magnificat quarti toni >>>
Karl Gottlieb Umbreit: Allegretto A-Dur >>>
Karl Gottlieb Umbreit: Commodo f-moll >>>
Karl Gottlieb Umbreit: Sostenuto B-Dur >>>
Johann Baptist Anton Vallade: Praeambulum und Fuge in d >>>
Johann Walter: Herr Christ, der einig Gotts Sohn >>>
Johann Walter: Jesus Christus, unser Heiland >>>



WEISSBACH (Stadt Schmölln, Landkreis Altenburger Land)
Ev. Kirche




Erbauer: Christian Gottlob und Gotthold Heinrich Donati (Altenburg) 1793, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Den Ortsnamen Weißbach finden wir 14 mal in Deutschland, drei Orte davon mit diesem Namen liegen in Thüringen. Das Weißbach, dem unser heutiger Besuch gilt, ist ein Ortsteil der Stadt Schmölln im Landkreis Altenburger Land mit rund 360 Einwohnerinnen und Einwohnern. Der Ort liegt fast direkt an der Autobahn A4 in Sichtweite der Raststätte Altenburger Land Nord und an den Ausläufern des Ronneburger Acker- und Bergbaugebietes. Zwischen 1181 und 1214 wurde der Ort erstmals urkundlich genannt. Mittelpunkt des Ortes ist das bereits im 12.Jahrhundert erwähnte Rittergut. Es befindet sich heute in Privatbesitz und bildet mit dem idyllischen Dorfteich und der danebenstehenden Kirche einen in seiner Gesamtheit unter Denkmalschutz stehenden Ortskern. Weißbach gehörte zum wettinischen Amt Altenburg und gehörte nach verschiedenen Teilungen und Neuordnungen ab 1826 zum Herzogtum Sachsen-Altenburg. 1994 wurde die Gemeinde Weißbach mit ihren beiden Ortsteilen Brandrübel und Selka in die Stadt Schmölln eingemeindet. Die kleine, ursprünglich gotische Saalkirche wurde in den Jahren 1603 und 1676 verändert. Seit 1983 besitzt die Kirche ihre Orgel, die ursprünglich 1793 für die Kirche des rund 4 Kilometer südlich, auf der anderen Seite der Autobahn liegenden Dorfes Wettelswalde gebaut wurde. Geschaffen haben sie die Gebrüder Christian Gottlob und und Gotthold Heinrich Donati aus Altenburg.
Die weitverzweigte sächsisch-thüringische Orgelmachergeschlecht Donat, später Donati wirkte rund zwei Jahrhunderte in Leipzig, Zwickau, Glauchau und Altenburg. Der 1625 in Marienberg im Erzgebirge geborene Christoph Donat ist ihr Stammvater. Neben zahlreichen anderen Instrumenten errichtete er 1672 bis 1674 eine große, dreimanualige Orgel für Luckau in der Niederlausitz, die bis heute erhalten ist. Sein 1659 geborener Sohn Christoph Donat II führte nach dem Tod seines Vaters 1706 die Werkstatt weiter, starb aber selbst bereits im Jahre 1713. Dessen 1694 geborener Sohn Johann Christoph Gottlob nannte sich nun – eleganter klingend – Donati und erlernte nach dem frühen Tod seines Vaters sein Handwerk bei seinem in Zwickau als Hoforgelmacher wirkenden Onkel Johann Jacob Donat. Später wirkte er in Glauchau als Orgelbauer und Assessor am dortigen Landgericht. Er hatte wiederum zwei Söhne, den 1732 zur Welt gekommenen Christian Gottlob Donati und dessen zwei Jahre jüngeren Bruder Gotthold Heinrich Donati. Gemeinsam betrieben sie als Gebrüder Donati ihr Geschäft von Altenburg aus und sind von 1770 bis 1794 als Orgelbauer nachweisbar. 1771 wurde Christian Gottlob Donati zum fürstlich-sächsischen Hoforgelmacher ernannt. Nach dem Tode Christian Gottlob Donatis 1795 wurde sein Bruder Gotthold Heinrich Alleininhaber der Altenburger Werkstatt und erbte auch das Hoforgelbauerprivileg. Von ihren wenigen erhaltenen, gemeinsam errichteten Instrumenten ist die 1793 für die Kirche zu Wettelswalde erbaute Orgel die am ursprünglichsten auf uns gekommene. Mitte der 1970er Jahre wurde die Kirche in Wettelswalde dem Verfall preisgegeben, doch der bereits beschlossene Abriß konnte durch die Friedliche Revolution vor 30 Jahren im letzten Moment abgewendet werden. Die wertvolle Orgel hatte man jedoch schon in die Weißbacher Kirche umgesetzt, wo sie von dem Orgelbauer Hermann Lahmann aus Leipzig 1983 restauriert und wieder aufgestellt wurde. Nach dem Tod von Gotthold Heinrich Donati 1799 übernahm dessen Neffe August Friedrich Wilhelm Donati die Werkstatt, der als letzter Vertreter seiner Firma bis 1814 den Titel eines Hoforgelbauers trug und 1842 in Altenburg starb.
Die 1793 erbaute Donati-Orgel in Weißbach besitzt 9 Register. Bemerkenswert sind die original erhaltenen Registerschilder und das schöne Firmenschild mit der Jahreszahl 1793. Im Manual mit einem Umfang bis zum c3 ohne das Cis finden wir die Stimmen Grobgedackt 8', Principal, Flöte und Quintadena 4', Quint 3', Octava 2', Quinta 1 1/2' sowie eine 3fache Mixtur. Im fest ans Manual gekoppelten und bis zum c1 ausgebauten Pedal steht ein Subbaß 16', darüber hinaus besitzt das Instrument einen Tremulanten, “inliegend im Canal“. Die spätbarocke Eleganz der Weißbacher Orgel kann das klangliche Vorbild Silbermann nicht verleugnen. Schade, dass die Familie Donat-Donati und ihr bedeutendes Schaffen heute etwas im Schatten anderer Orgelbauer der Region wie eben Silbermann oder Trost steht. Die wenigen erhaltenen Instrumente der Familie sind es wert, beachtet und bekannt gemacht zu werden. 

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Disposition:

Manual, CD-c3 Pedal, CD-c1  
Grobgedackt 8' Subbaß 16' Pedalkoppel (fest)
Principal 4'   Tremulant
Flöte 4'    
Quintadena 4'    
Quint 3'    
Octava 2'    
Quinta 1 1/2'    
Mixtur 3f.    

In Weißbach gespielte Stücke:
Johann Sebastian Bach: Fantasie g-moll BWV 917 >>>
Johann Friedrich Doles: Vom Himmel hoch, da komm ich her >>>
Moritz Edelmann: Toccata in D >>>
Werner Fabricius: Gigue in c >>>
Johann Samuel Harsow: Durch Adams Fall ist ganz verderbt >>>
Georg Friedrich Kauffmann: Durch Adams Fall ist ganz verderbt >>>
Georg Friedrich Kauffmann: Schönster Immanuel >>>
Johann Christoph Kellner: Fuge c-moll >>>
Johann Christoph Kellner: Fuge C-Dur >>>
Bernardo Pasquini: Variazioni per il Paggio Todesco >>>
Johann Georg Schübler: Laß mich gehn, denn dort kommt meine Mutter her >>>
Christian Gotthilf Tag: Wer nur den lieben Gott läßt walten >>>
Andreas Werckmeister: Canzona in g >>>



WEISSIG (Stadt Gera, Landkreis Gera)
Ev. Kirche



Erbauer: Christian Ernst Friederici (Gera) 1740, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Das Dorf Weißig bildet zusammen mit den kleineren Nachbardörfern Gorlitzsch und Schafpreskeln den heutigen Ortsteil Weißig der Stadt Gera in Thüringen. 127 Einwohnerinnen und Einwohner leben in Weißig, das ganz im Südwesten der Stadt Gera an der Grenze zum Landkreis Greiz liegt. Weißig gehörte historisch zur Herrschaft Reuß jüngerer Linie und wurde 1533 erstmals urkundlich erwähnt. Die Erbgerichtsbarkeit und das Patronatsrecht über Weißig stand bis 1855 dem Rittergut Zeulsdorf zu. Der Ursprung des Ortes war eine am Schnittpunkt zweier Handelsstraßen gelegene Wegekapelle. 1950 erfolgte die Eingemeindung von Gorlitzsch und Schafpreskeln nach Weißig. Im Rahmen der Gebietsstrukturreform Anfang der 1990er Jahre wurde die Gemeinde vor die Alternative gestellt, nach Gera oder Münchenbernsdorf im Landkreis Greiz eingemeindet zu werden; die Bevölkerung entschied sich mehrheitlich für Gera und so wurde Weißig 1994 ein Ortsteil der Stadt Gera. Durch den Ort führt die Bundesstraße B2. Im Jahre 1728 wurde die alte Straßenkapelle abgerissen und die heutige Kirche errichtet, die 1732 eingeweiht wurde. Auf der Ostempore der Kirche steht ein barockes Orgelpositiv, das 1801 von der Gemeinde gebraucht erworben wurde. Erbaut hat es Christian Ernst Friederici aus Gera und zwar im Jahre 1740 für die Kapelle des Schlosses Lichtenstein, das liegt etwa 12 Kilometer östlich von Zwickau. Es handelt sich um die älteste der wenigen erhaltenen Orgeln dieses bedeutenden Meisters, der in seiner Zeit seinen Kollegen Silbermann und Trost als mindestens ebenbürtig an die Seite gestellt wurde.
Christian Ernst Friederici wurde 1709 in Meerane geboren. Sein Vater Johann Friederici war dort in Meerane Stadtschreiber und Vizebürgermeister. Seine Ausbildung als Orgelbauer erhielt Christian Ernst Friederici bei niemand Geringerem als bei Gottfried Silbermann im sächsischen Freiberg. Anschließend vervollkommnete er seine Fähigkeiten als Orgelbaugehilfe bei Heinrich Gottfried Trost in Altenburg. Etwa 1737 gründete er in Gera eine Klavier- und Orgelbauanstalt. In diese trat 1744 auch sein 1714 geborener jüngerer Bruder Gottfried Christian ein. Friederici führte den Titel eines „Herzoglich gothaischen und altenburgischen Hof- und Landorgelbauers“. Doch bedeutend war Friederici vor allem auf dem Gebiet des Klavierbaus. 1745 baute er den ersten Pyramidenflügel, einen aufrechtstehenden Hammerflügel. Dies war der Beginn einer Entwicklung, die über verschiedene Stufen bis hin zum Pianino führte, das ist unser heute allgemein bekanntes, aufrechtstehendes Klavier. Ab 1758 nahm Friederici die serienweise Fertigung kleiner rechteckiger Hammerklaviere auf, die er „Fortbiens“ bezeichnete. Daraus entwickelten sich die bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts weit verbreiteten Tafelklaviere. Zu den Kunden der Werkstatt Friedericis zählten unter anderen Philipp Emanuel Bach, Leopold Mozart und die Familie Goethe in Frankfurt am Main. So erlernte Johann Wolfgang von Goethe das Klavierspiel auf einem Friederici´schen Klavier. Darüber hinaus entstanden etwa 50 Orgelwerke, von denen allerdings nur ganz wenige die Zeiten bis heute überdauert haben. Christian Ernst Friederici starb im Jahre 1780 in Gera. Das Schloß Lichtenstein, für das Friederici im Jahre 1740 das heute in Weißig stehende Orgelpositiv erbaute, war damals der Sitz der reichsfreien Schönburgischen Herrschaft Lichtenstein. Das prächtige Renaissanceschloß thront noch heute über der kleinen Stadt und ist in jedem Fall ein Besuch wert. Warum man die schöne kleine Orgel 1801 nach Weißig veräußerte, wissen wir nicht. Jedenfalls ist das Instrument dort in der Dorfkirche originalgetreu wieder aufgestellt worden und ist seither klanglich so gut wie unverändert geblieben. Weitere, gut erhaltene und restaurierte Instrumente aus der berühmten Werkstatt der Gebrüder Friederici findet man etwa in der Kirche zu Stanau bei Neustadt an der Orla und in Großdeuben südlich von Leipzig. Doch seine großen Orgeln, etwa die 1766 eingeweihte und von Johann Ludwig Krebs abgenommene in der Jacobi-Kirche zu Chemnitz sind allesamt untergegangen. Charles Burney schrieb 1773 über den Meister: „Friederici in Gera behauptet wohl unter den itztlebenden Orgelbauern und Claviermachern den ersten Platz.“
Das kostbare Orgelpositiv von Christian Ernst Friederici in Weißig ist in seiner Form im Schaffen Friedericis einmalig. 2010 erfolgte eine behutsame und stilgerechte des Instruments durch die Orgelbauwerkstatt Christoph Rühle aus Moritzburg. Die Disposition ist sehr kammermusikalisch angelegt und besitzt einen für die Zeit um 1740 recht bemerkenswerten Tonumfang bis zum f3; und auch das damals zumeist noch ausgesparte Cis ist vorhanden. Die acht wohlgewählten Stimmen sind Grobgedackt 8', Octave und Kleingedackt 4', Quinte 2 2/3', Octave und Flöte 2', eine Superoctave 1', die auf dem Registerschild kurioserweise Suboktave heißt und schließlich eine 3fache Mixtur. Dazu kommt noch ein Zimbelstern. Ein Pedal ist nicht vorhanden. Der leicht scharfe, silberglänzende Klang der Orgel läßt deutlich hören, dass Gottfried Silbermann für Friederici nicht nur Lehrmeister, sondern auch Vorbild für die Gestaltung seiner Instrumente war. Und tatsächlich sahen das auch die Menschen im 18. Jahrhundert so. In einem Gedicht zur Einweihung der nicht mehr vorhandenen Friederici-Orgel in Meerane heißt es denn auch: „Wißt ihr? Alle hundert Jahre tragen einen Silbermann! Wißt Ihr auch, daß Friederici so ein Amt vertreten kann? Jener, sein Gamaliel, hat ihn treulich unterrichtet, dieser sich dem Silbermann und der ächten Kunst verpflichtet.“ 

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Disposition:

Manual, C-f3  
Grobgedackt 8' Cymbelstern
Principal 4' kein Pedal
Kleingedackt 4'  
Quinte 2 2/3'  
Octave 2'  
Flöte 2'  
Superoctave 1'  
Mixtur 3f.  

In Weißig gespielte Stücke:

Johann Heinrich Buttstedt: Aus tiefer Not schrei ich zu dir >>>
Johann Heinrich Buttstedt: Gelobet seist du, Jesu Christ >>>
Johann Heinrich Buttstedt: Vom Himmel hoch, da komm ich her >>>
Christian Herbig: Wir glauben all an einen Gott >>>
Georg Andreas Sorge: Kleines Präludium C-Dur I >>>
Georg Andreas Sorge: Kleines Präludium C-Dur II >>>
Georg Andreas Sorge: Präludium A-Dur >>>



WELTEWITZ (Gemeinde Jesewitz, Landkreis Nordsachsen)
Ev. Kirche




Erbauer: Johann Jakob Donati der Ältere (Altenburg / Zwickau) 1722, Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Weltewitz ist ein Ortsteil der Gemeinde Jesewitz im Landkreis Nordsachsen. Der erstmals 1156 urkundlich genannte Ort ging aus einer slawischen Siedlung hervor, die im Gebiet der wettinischen Pflege Eilenburg lag, aus dem sich später das Amt Eilenburg entwickelt, das 1402 durch Kauf an die Markgrafschaft Meißen überging. Bei der Leipziger Teilung 1485 gelangten Ort und Amt zunächst an den ernestinischen Zweig der Wettiner und nach dem Schmalkaldischen Krieg dann zum albertinischen Kurfürstentum Sachsen. Seit 1815 gehörte Weltewitz zu preußischen Provinz Sachsen, Landkreis Delitzsch. Bereits 1950 wurde das beschauliche Dorf nach Jesewitz eingemeindet, das heute unter dem immer mehr zunehmenden Fluglärm des nahen Flughafens Leipzig-Halle zu leiden hat. Der spätgotische Turm der Kirche entstand im 15. Jahrhundert. Von 1652 bis 1685 wirkte hier als Pfarrer Samuel Rinckart, Sohn des Eilenburger Liederdichters Martin Rinckart, dem wir das berühmte „Nun danket alle Gott“ verdanken. 1694 wurde das Gotteshaus erhöht und verlängert - und 1722 erhielt es die bis heute erhaltene historische Orgel. Das Instrument stammt aus einer der berühmtesten mitteldeutschen Orgelbauerfamilien der Barockzeit, der Familie Donati. Erbaut hat sie Johann Jacob Donati der Ältere, der jüngere Sohn des Stammvaters Christoph Donat. 
Das weitverzweigte sächsisch-thüringische Orgelmachergeschlecht Donat, später Donati wirkte rund zwei Jahrhunderte in Leipzig, Zwickau, Glauchau und Altenburg. Der 1625 in Marienberg im Erzgebirge geborene Christoph Donat ist ihr Stammvater. Neben zahlreichen anderen Instrumenten errichtete er 1672 bis 1674 eine große, dreimanualige Orgel für Luckau in der Niederlausitz, die bis heute erhalten ist. Sein 1659 geborener Sohn Christoph Donat II führte nach dem Tod seines Vaters 1706 die Werkstatt weiter, starb aber selbst bereits im Jahre 1713. Sein 1663 geborener Bruder Johann Jakob Donati - sein Taufpate war übrigens der Leipziger Nicolaiorganist Werner Fabricius - heiratete im Jahre 1701 die Tochter des im Jahr zuvor verstorbenen Zwickauer Orgelmachers Severin Holbeck und erbte nicht nur dessen Werkstatt, sondern auch den Titel eines Altenburg-Gothaischen Hoforgelmachers. 1704 erwarb er das Bürgerrecht in der Residenzstadt Altenburg, behielt aber seine Werkstatt in Zwickau bei. Erstmals ist er 1696 mit Orgelarbeiten in Altkirchen bei Schmölln nachweisbar. 1699 bis 1700 reparierte er die Orgel der Leipziger Thomaskirche und baute 1701 das Instrument in der Schloßkirche zu Altenburg um. Weitere Arbeiten, hauptsächlich in Dorfkirchen des Altenburger Landes, folgten. Außerdem baute er – der wie seine Söhne, Neffen und alle Nachfahren nun den eleganter klingenden Namen Donati verwendete – zahlreiche Clavichorde. Neben dem Instrument in Weltewitz, das 1722 erbaut wurde, sind von ihm noch die Orgeln in Schlunzig bei Zwickau, 1725 vollendet und das 1728 fertiggestellte Werk in Beierfeld im Erzgebirge erhalten und restauriert. Es sind schöne, solide Werke, die klanglich noch spürbar dem von Severin Holbeck geprägten Stil des späten 17. Jahrhunderts verpflichtet sind. 1723 eskalierte ein schon länger schwelender Streit mit Tobias Heinrich Gottfried Trost, der seinerseits das Privileg des Altenburger Hoforgelmachers anstrebte. Als neutraler Gutachter wurde Gottfried Silbermann herangezogen, der die von Donati erbaute Orgel in Treben besuchte und daraufhin den Vorwurf Trosts, Donati würde „mangelhafte Arbeit leisten“, bestätigte, woraufhin Trost das Privileg zugesprochen bekam. Der 1715 geborene Sohn Johann Jacob Donati der Jüngere übernahm nach des Vaters Tod 1732 die Zwickauer Werkstatt, blieb jedoch kinderlos. Ebenfalls in der Werkstatt des Älteren erlernte dessen Neffe Johann Christoph Gottlob sein Handwerk, der später in Glauchau wirkte. Dessen Söhne Christian Gottlob Donati und Gotthold Heinrich betrieben als „Gebrüder Donati“ ihr Geschäft schließlich von Altenburg aus und konnten 1771 das begehrte Hoforgelmacherprivileg für ihre Familie zurückgewinnen. 
Die Orgel in Weltewitz mit ihrem aufwändig geschnitzten Prospekt und den originalen, teilweise bemalten Prospektpfeifen wurde 2008 durch die Firma Alexander Schuke aus Potsdam sorgfältig restauriert. Acht der zehn Register stehen im Manual, das bis zum c3 ausgebaut ist. Vier davon sind in Baß und Diskant geteilt, nämlich Principal 4', Octave 2', Sufflöt 1' und die Sesquialtera. Dazu kommen die vier nicht geteilten Stimmen Grobgedackt 8', Kleingedackt 4', Quinta 3' sowie die 3fache Mixtur. Das Pedal besitzt Subbaß 16' und Octavenbaß 8', dazu kommen eine Pedalkoppel, ein Tremulant und – "Sterne", wie es auf dem Registerschild heißt: Zimbelsterne. Wie alle Orgeln der Familie Donat/Donati steht auch das Instrument in Weltewitz ein wenig im Schatten der sogenannten Großen der Zeit, von Trost und Silbermann vor allem. Dabei hatten sie das Bild der kursächsischen Orgellandschaft in der großen Aufbauphase nach dem Westfälischen Frieden bis ins 18. Jahrhundert entscheidend mitgestaltet. Die Donati und ihre Werke hatten wesentlichen Anteil an jenem großartigen, vielschichtigen und dennoch einheitlich geprägten Bild der mitteldeutschen Orgelbaukunst, die auch den jungen Johann Sebastian Bach prägte.  

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Disposition:

Manual, CD-c3 Pedal, CD-c1  
Grobgedackt 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Principal 4' (B/D) Octavenbaß 8' Tremulant
Kleingedackt 4'   Sterne
Quinta 3'    
Octava 2' (B/D)    
Sufflöt 1' (B/D)    
Sesquialtera 2f. (B/D)    
Mixtura 3f.    

In Weltewitz gespielte Stücke:
Johann Sebastian Bach: Herr Jesu Christ, wahr Mensch und Gott >>>
Johann Sebastian Bach: Jesu, meine Freude BWV Anh. 58 >>>
David Heinrich Garthoff: Praeludium und Fuge in C >>>
David Heinrich Garthoff: Praeludium und Fuge in c >>>
Gottfried Ernst Pestel: Ciacona in C >>>
Hieronymus Florentius Quehl: Aus meines Herzens Grunde >>>
Hieronymus Florentius Quehl: Wach auf, mein Herz und singe >>>
Melchior Schildt: Variationen "Gleichwie das Feuer" >>>
Melchior Schildt: Praeambulum in g >>>
Friedrich Wilhelm Zachow: Wer Gott vertraut >>>
Friedrich Wilhelm Zachow: Wie schön leuchtet der Morgenstern >>>



WETZDORF (Gemeinde Harth-Pöllnitz, Landkreis Greiz)
Ev. Kirche St. Marien



Erbauer: Carl Friedrich Zillgitt (Gera) 1889, Kegelladen, mechanische Spiel- und Registertraktur

Wetzdorf ist ein Ortsteil der Gemeinde Harth-Pöllnitz im thüringischen Landkreis Greiz. Das kleine Dorf mit heute rund 110 Einwohnerinnen und Einwohnern liegt inmitten fruchbarer Ackerflächen rund zwei Kilometer östlich der von Schleiz nach Gera führenden Bundesstraße B2. 1195 wird Wetzdorf erstmals in einer Urkunde des Klosters Pforta erwähnt. Die auf der nahen Burg residierenden Herren von Pullnitz, später von Pöllnitz waren zunächst Dienstmannen der Markgrafen von Meißen, später Vasallen der Vögte von Weida. Nach der Leipziger Teilung 1485 gehörte der Ort zum ernestinischen Teil des Kurfürstentums Sachsen und nach dem Wiener Kongress zum Großherzog Sachsen-Weimar-Eisenach. 1950 erfolgte die Eingemeindung nach Niederpöllnitz, das seinerseits 1995 in der neuen Gemeinde Harth-Pöllnitz aufging. Die im Kern romanische, ehemalige Wallfahrtskirche St. Marien besitzt einen eingezogenen, querrechteckigen Turm und einen spätgotischen Chor. Die schlichte Ausstattung stammt überwiegend aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Die Orgel auf der rückwärtigen Empore wurde 1889 durch Carl Friedrich Zillgitt aus Gera erbaut.  
Carl Friedrich Zillgitt wurde 1863 in Elbing, heute Elbląg rund 60 Kilometer südöstlich von Danzig in der damaligen preußischen Provinz Westpreußen geboren. Über seine ersten 20 Lebensjahre wissen wir nichts. Etwa 1884 ist er als Geselle in der Orgelbaufirma Schlag und Söhne in Schweidnitz nachweisbar, 1886 arbeitete er für rund ein Jahr bei Richard Kreutzbach in Borna, bevor er sich 1887 zunächst in Zwickau selbstständig machte, die Werkstatt jedoch schon kurz darauf nach Gera verlegte. Als ihm 1889 der Orgelbau in Wetzdorf übertragen wurde, hatte er bereits 8 Gehilfen und wird als in Gera wohnhaft bezeichnet. Dies sei, so lesen wir in der Zeitschrift für Instrumentenbau, der beste Beweis dafür, daß eine gute Orgelbauanstalt für die hiesige Gegend eine wirkliche Bedürfnisfrage war. Zillgitt wirkte überwiegend im Gebiet um Gera, betrieb daneben eine eigene Zinnpfeifenproduktion. Doch 1891, kurz nachdem er die Wetzdorfer Orgel fertiggestellt hatte, lieferte er auch eine Orgel nach Helsinki im damals russischen Großfürstentum Finnland. Größere, zweimanualige Instrumente entstanden 1889 in Dorna und in Trebnitz bei Gera mit jeweils 16 Registern und 1893 erbaute er seine mit 24 Stimmen größte Orgel für die Kirche in Langenwetzendorf, ebenfalls im Landkreis Greiz, die nach mehreren Umbauten vor Kurzem erst einer elektronischen „Gloria Concerto“ Platz machen mußte, nachdem der zuständige Kirchenmusiker noch 2015 empfohlen hatte, Zitat: „in dieses Monster keinen Euro mehr zu investieren“. Die wenigen erhaltenen Orgeln Zillgitts, der bereits 1895 mit gerade einmal 32 Jahren starb, sind heute – wie so viele kleinere Instrumente der deutschen Orgelromantik – noch weitgehend vergessen und in ihrem Wert für die regionale Orgellandschaft verkannt. Dass es jedoch auch anders geht, sieht man etwa an der kleinen Zillgitt-Orgel in Teichwitz bei Weida, die der in Wetzdorf ganz ähnlich ist. Dort hatte sich ein rühriger Förderverein gebildet, der über Jahre das Geld für die Restaurierung sammelte, die in der Wiedereinweihung durch Landesbischöfin Junkermann 2013 ihren krönenden Abschluß fand. Doch zurück zu Carl Friedrich Zillgitt, dessen Witwe Minna das Unternehmen zunächst zusammen mit dem Orgelbauer Rudolf Püchel weiterführte, bevor Bernhard Poppe als Geschäftsführer in die Firma eintrat, die er als Inhaber ab 1901 unter dem Namen „Carl Friedrich Zillgitt Nachfolger“ betrieb. Doch auch Bernhard Poppe, Sohn von Ernst Poppe aus dem Schleizer Zweig der berühmten Orgelmacherfamilie, starb mit 32 Jahren im Jahre 1904, was auch für die Firma Zillgitt das endgültige Ende bedeutete. 
Die Orgel in Wetzdorf wurde 1920 durch Emil Heerwagen aus Weimar repariert und erhielt damals auch die noch heute vorhandenen Zink-Prospektpfeifen als Ersatz für die im ersten Weltkrieg an „Kaiser und Vaterland geopferten“ Zinnpfeifen. Seitdem wurden an dem Instrument keine größeren Arbeiten mehr durchgeführt und trotzdem ist es, abgesehen von einigen verstimmten Pfeifen und dem derzeit undichten und daher ein recht erhebliches Windgeräusch produzierenden Balg immer noch gut spielbar. Im Manual finden wir die Register Principal, Bordun, Salicional und Viola di Gamba 8', Octave und Flaut amabile 4' sowie eine Octave 2', im Pedal einen Subbaß 16', dazu kommt eine Pedalkoppel und der mechanische Tuttitritt. Die Orgel in Wetzdorf ist sicher keine Berühmtheit, das will sie aber auch gar nicht sein. Diese soliden, im Prinzip unverwüstlichen Dorforgeln vom Ende des 19. Jahrhunderts gehören dennoch als eine ganz charakteristische Farbnuance zum reichen Kulturerbe der mitteldeutschen Orgellandschaft, in deren faszinierender Vielgestaltigkeit noch manches schöne Werk der Wiederentdeckung harrt.

Link zum klingenden Orgelportrait >>>

Disposition:

Manual, C-f3 Pedal, C-d1  
Principal 8' Subbaß 16' Pedalkoppel
Bordun 8'   Tutti-Tritt
Salicional 8'    
Viola di Gamba 8'    
Octave 4'    
Flaut amabile 4'    
Octave 2'    

In Wetzdorf gespielte Stücke:
Paul Claußnitzer: Jesu, meines Lebens Leben >>>
Paul Claußnitzer: Jesus, meine Zuversicht >>>
Friedrich Kühmstedt: Präludium Nr. 16 G-Dur >>>
Friedrich Kühmstedt: Präludium Nr. 17 f-moll >>>
Friedrich Kühmstedt: Präludium Nr. 18 Es-Dur >>>
Louis Lewandowski: Gesang vor der Heiligung >>>
Louis Lewandowski: Neujahrsgesang >>>
Hermann Riedel: Es ist genug >>>
Hermann Riedel: Jerusalem, du hochgebaute Stadt >>>
Hermann Riedel: Wenn meine Sünd mich kränken >>>